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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland / Ausgabe Oktober 2011
Karikatur zum Download auf www.neue-allgemeine.de
Essen - Die Wahl zum
Berliner Abgeordnetenhaus hat gezeigt, dass nicht nur die FDP derzeit in
rauen Gewässern segelt. Dass sich dort Piraten breitgemacht haben, die
inzwischen auch bundesweit auf Beute in Form von Wählerstimmen lauern,
beunruhigt alle Parteien. Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für
Deutschland sieht in Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) den Mann, der
Piraten und anderen Wählerstimmen-Räubern die Stirn bieten und
mithelfen kann, die FDP in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Dazu ist, wie
die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung in ihrer Oktober-Ausgabe
darlegt, ein konsequentes Abarbeiten und Einlösen der offenstehenden
Wahlversprechen notwendig: weg mit den Pick-up-Stellen, weg mit dem
Gesundheitsfonds und eine schnelle Umsetzung der Pflegereform. Denn
wieder einmal sind es insbesondere die alten und kranken Bürger in
unserer Gesellschaft, die unter diesen unausgegorenen Reformen leiden.
Krankenkassen und Patientenverbände können bisher nur ohnmächtig
zusehen.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint
monatlich mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist
deutschlandweit kostenlos in Apotheken erhältlich.
HILFE, DIE PIRATEN KOMMEN!
Warum sich vielleicht jetzt in der Gesundheitspolitik mehr bewegt
Piraten sind nicht immer böse. Sicher, nach der Entdeckung Amerikas
kaperten sie die spanischen Galeonen und raubten eine Ladung Gold nach
der anderen. Doch spätestens seit wir mit Johnny Depp im Film "Fluch der
Karibik" geliebt und gefochten haben, wissen wir: Piraten sind
freiheitsdurstig, mutig und wortgewandt - allerdings auch chaotisch und
unzuverlässig. Jetzt sitzen sie im Berliner Abgeordnetenhaus.
8,9 Prozent der Stimmen hat die Piratenpartei erhalten - fünfmal so viel
wie die FDP. Nur noch 1,8 Prozent der Berliner Wähler sprachen den
Liberalen ihr Vertrauen aus. Damit verschwinden sie auch aus der
Berliner Politik. Warum nur?
Erklärungsversuche für dieses und die anderen Wahldesaster der FDP in
diesem Jahr gibt es unter Experten wie in den Medien so viele wie Sand
am Meer: mangelnde Geschlossenheit, das Scheitern der
Steuersenkungsversprechen, Westerwelle, eine junge, unerfahrene
Führungsmannschaft, neuerdings eine Anti-Europa-Haltung. In jedem dieser
Punkte mag ein Körnchen Wahrheit versteckt sein. Doch reicht das aus,
um zu erklären, dass fast jeder zweite Bundesbürger die FDP für
überflüssig hält? Das hat die Forschungsgruppe Wahlen in einer Umfrage
im Auftrag des ZDF im September 2011 ermittelt.
Mit dem sensationellen Abschneiden der Piratenpartei beschäftigen sich
jetzt die Wahlforscher. Und sie stoßen schnell darauf, dass der
Wahlslogan "Klarmachen zum Ändern" den Nerv vieler junger Wähler
getroffen hat - auch derjenigen, die bisher mit Wahlenthaltung glänzten.
Bluten für die Piraten mussten im Übrigen alle Parteien, auch die FDP.
Viele Unterstützer seien mal Anhänger der Liberalen gewesen, zitiert das
"Handelsblatt" ein neues Mitglied der Piratenpartei.
Und so gilt "Klarmachen zum Ändern" sicher auch - und ganz besonders -
für die FDP, denn Wähler wollen Taten sehen. Und an sichtbaren Taten
hapert es bei der FDP in dieser Legislaturperiode. 2009 errangen die
Liberalen bei der Bundestagswahl einen Stimmenanteil von sensationellen
14,6 Prozent - nicht zuletzt wegen ihres Wahlversprechens, die Steuern
zu senken. Dass eine Steuersenkung angesichts der weltweiten
Schuldenproblematik dann illusorisch wurde, war tragisch und hat sicher
manchen Wähler an der Durchsetzungskraft der FDP in der Koalition
zweifeln lassen. Doch die FDP hat in der Regierung auch das
Gesundheitsministerium besetzt - traditionell das Ressort, in dem sich
auch ein kleinerer Koalitionspartner profilieren kann.
Für die FDP wäre diese Profilierung sicher dann positiv ausgefallen,
wenn sie wenigstens hier - sozusagen als Gegengewicht zum notwendigen
Verzicht auf Steuersenkungen - ihre Wahlversprechen eingelöst hätte.
Doch genau daran scheitert es. Wer kann schon einsehen, dass ein Verbot
der sogenannten "Pick-up-Stellen", in der Koalitionsvereinbarung
festgeschrieben und von allen Bundesländern eindringlich und wiederholt
angemahnt, an fadenscheinigen und nicht nachprüfbaren Einsprüchen
anderer Ministerien scheitert?
"Pick-up-Stellen" sind Abholstellen für Arzneimittel in Drogeriemärkten,
Blumenläden, Kiosken und Tankstellen. Sie werden von ausländischen
Arzneimittel-Versandhändlern, bei denen Kunden ihre Medikamente bestellt
haben, als Zwischenlager genutzt, bis die Päckchen abgeholt werden.
Eine behördliche Kontrolle gibt es nicht.
Beratung bei der Abholung? Fehlanzeige. Wenn solche simplen
Fehlentwicklungen schon nicht korrigiert werden können, darf man sich
nicht wundern, wenn die Bürger der FDP Überflüssigkeit attestieren. In
dieses Bild scheinbarer oder tatsächlicher Untätigkeit passt auch der
Hilferuf des Chefs der Krankenkasse "Deutsche Rentenversicherung
Knappschaft-Bahn-See", Dr. Georg Greve. "Knappschaft appelliert an das
Bundesgesundheitsministerium, die Diskriminierung Älterer und Kranker zu
beenden" - so die provozierende Überschrift einer Pressemitteilung der
Kasse vom 2. September 2011. Massiv greift Greve die Untätigkeit des
Bundesgesundheitsministeriums in Sachen "Gesundheitsfonds" an. Es gebe
offensichtliche "Methodenfehler" bei der Berechnung der Zuweisungen aus
dem Gesundheitsfonds: Für ältere und kranke Versicherte werde den Kassen
zu wenig Geld überwiesen zugunsten von jungen und gesunden
Versicherten. Das habe "erhebliche negative Auswirkungen für die
Versorgung kranker und älterer Menschen", so Greve. Weitere Finanzmittel
zur Versorgung alter und kranker Versicherter würden den Kassen
entzogen, wenn es zu der geplanten Abwertung von stationären Diagnosen
für die Erkrankungen älterer Menschen komme. "Das deutsche
Gesundheitssystem wird seine hochwertige Versorgungsqualität einbüßen",
heißt es in der Presseerklärung.
Falsche Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds bedeuten, dass Kassen mit
vielen alten und kranken Versicherten zu wenig Geld erhalten. Damit ist
auch die Pleite weiterer Krankenkassen vorprogrammiert. Schuld daran
sind allerdings nicht Unwirtschaftlichkeit und mangelnde
Konkurrenzfähigkeit, sondern schlicht die falsche Berechnung der
notwendigen Zuweisungen aus dem Fonds für alte und kranke Menschen.
Damit finde - so die Knappschaft weiter - der von der Politik gewünschte
Wettbewerb unter den Kassen eben nicht statt. Eine Neuberechnung der
Zuweisungen ließe sich nicht nur schnell durchführen, sie hätte vielmehr
schon längst erfolgen müssen. Denn der eigentliche Skandal ist, dass
dem Gesundheitsministerium die falsche Berechnung der Zuweisungen und
die prekären Auswirkungen auf die betroffenen Kassen seit langem bekannt
sind. Es liege ein Gutachten vor, betont die Knappschaft, in dem der
wissenschaftliche Beirat und das Bundesversicherungsamt, das mit der
Verteilung der Beiträge aus dem Fonds an die Kassen betraut ist, auf den
Methodenfehler hinweisen.
Dieses Gutachten werde unter Verschluss gehalten. "An diesem
unerträglichen Zustand, der erhebliche Auswirkungen für die Versorgung
kranker und älterer Menschen hat, soll entgegen dem Rat unabhängiger
Experten offensichtlich keine Veränderung erfolgen" empört sich die
Krankenkasse. Zu Recht.
Den Gesundheitsfonds hat Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor
Jahren einmal als "bürokratisches Monster" bezeichnet. Jetzt zeigt sich,
wie sehr der Fonds dieser Einschätzung zweifelhafte Ehre macht.
Abgesehen davon, dass es nie gelingen wird, die Zuwendungen aus dem
170-Milliarden-Fonds zielgenau und zeitgerecht zu verteilen - jede
Neuberechnung ist mit Diskussionen, Gutachten, Expertenmeinungen und der
Empörung derjenigen Krankenkassen verbunden, die sich ungerecht
behandelt fühlen. Man sollte den Gesundheitsfonds wieder abschaffen.
Auch das wäre ein Zeichen von Stärke und Durchsetzungskraft. Das
Aufschieben der notwendigen Reform der Pflegeversicherung durch das
Bundesgesundheitsministerium sollte in diesem Zusammenhang auch noch
einmal überdacht werden. Zwar meinte Christoph Straub, Chef der BARMER
GEK Krankenkasse, in einem Interview mit der Tageszeitung "Rheinische
Post" vom 21. September 2011, dass eine Pflegereform nicht dringend
anstehe, da die Finanzsituation noch "entspannt" sei. Doch gab er zu,
dass die Reform für die Demenzkranken und die Pflegebedürftigen sehr
wohl notwendig sei. "Bei psychisch kranken Älteren, insbesondere den
Alzheimer-Kranken, herrscht seit Jahren eine klare medizinische Unter-
und Fehlversorgung", sagt Prof. Dr. Hans Gutzmann, Präsident der
deutschen Alterspsychiater.
Heike von Lützau-Hohlbein, Vorsitzende der Deutschen Alzheimer
Gesellschaft, drückt es in einer gemeinsamen Presseerklärung von vier in
diesen Krankheitsbildern engagierten Verbänden so aus: "Die Betroffenen
und ihre Angehörigen brauchen dringend bessere Betreuung, Pflege und
Unterstützung. Doch unsere Politiker reden über die Finanzierung, sie
reden von ‚privater Zusatzpflichtvorsorge', ‚Kapitaldeckung',
‚Demographiereserve' oder ‚Demenzversicherung'. Wann begreifen sie, dass
es in erster Linie um die kranken Menschen geht?" Wähler wollen Taten
sehen. "Klarmachen zum Ändern"?
MONSTER UNTER SICH
Ein Kommentar der Redaktion
Auch Klemens Pawisa, Chef des BKK Landesverbandes Mitte, schlägt Alarm.
Weil das "bürokratische Monster" Gesundheitsfonds in diesem Jahr 5
illiarden Euro Überschuss ansammeln wird. Pawisa fordert eine
Ausschüttung an die Kassen. Die bekommen zu wenig Zuweisungen, um alle
Gesundheitsausgaben zu schultern. Und müssen dafür Zusatzbeiträge
erheben. Die wiederum machen den bürokratischen und aufwändigen
"Sozialausgleich" notwendig.
Bürokratische Monster sind wie Vagabunden. Wenn man sie freundlich
behandelt, kommen sie wieder und bringen andere mit (frei nach Mark
Twain).
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