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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |
Stand: Samstag, 25. Oktober 2025, um 07:07 Uhr
Apotheken-News: Bericht von heute
Ein BGH-Urteil (15. Oktober 2025, IV ZR 86/24) verschiebt die Linie im Verkehrsrechtsschutz: Eine Versicherte kaufte 2017 einen Diesel mit sogenanntem Thermofenster und wollte den Hersteller auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Ihr Rechtsschutzversicherer verweigerte die Deckungszusage mit dem Hinweis, Versicherungsschutz bestehe nur für bereits zugelassene, im Schein benannte Fahrzeuge; das OLG Schleswig folgte dieser Lesart. Der BGH sieht in den VRB 1994 jedoch eine widersprüchliche Klausellandschaft: Neben der Zulassungsklausel nennen weitere Bestimmungen ausdrücklich Deckung „im Zusammenhang mit dem Vertrag über den Erwerb“ hinzuerworbener Fahrzeuge derselben Gruppe sowie Vorsorge- und Fahrerrechtsschutz-Übergänge. Aus Sicht durchschnittlicher Kundinnen und Kunden ist daher Deckung ab Kauf nicht fernliegend; Auslegungszweifel gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Versicherers. Die Vorinstanz muss nun prüfen, in welchem Umfang Deckung konkret zu leisten ist – ein Signal für Dieselgate-Klagen und darüber hinaus für künftige Erwerbssachverhalte.
Die Ausgangslage wirkt auf den ersten Blick schlicht und entfaltet sich doch erst in der Zusammenschau der Allgemeinen Bedingungen. Seit 1997 bestand eine Rechtsschutzversicherung mit Verkehrsbaustein, deren Maßstab die VRB 1994 sind. Im Jahr 2017 erwarb die Versicherungsnehmerin einen gebrauchten Diesel-Pkw, den sie wenige Tage später zuließ, und begehrte gegen den Hersteller Rechtsschutz wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen. Der Versicherer lehnte eine Deckungszusage ab und argumentierte, der Rechtsschutzfall liege bereits im Erwerb und nicht erst in der Zulassung, für die seine Bedingungen Deckung vorsähen. Während das Landgericht die Deckung bejahte, kassierte das OLG Schleswig diese Entscheidung mit Verweis auf eine enge Lesart, wonach nur zugelassene Fahrzeuge in den Schutz fallen.
Der Bundesgerichtshof setzte hier an und stellte die Frage neu: Wie versteht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Bedingungen, wenn er sie im Verbund liest. § 21 Abs. 1 VRB 1994 knüpft zwar an „bei Vertragsabschluss auf den Versicherungsnehmer zugelassene“ Fahrzeuge an, verschweigt aber, was im Moment des Kaufs geschieht. Gleichzeitig erläutern § 21 Abs. 8 S. 4, § 21 Abs. 9 sowie § 23 Abs. 3 S. 4 VRB 1994, dass auch „Rechtsschutzfälle im Zusammenhang mit dem Vertrag über den Erwerb“ hinzuerworbener Fahrzeuge der versicherten Gruppe vom Leistungsversprechen umfasst sein können und dass der Vertrag bei Übergangsphasen als Fahrerrechtsschutz fortwirkt. Diese Verschränkung erzeugt einen Erwartungshorizont, in dem der Erwerb nicht als Deckungslücke erscheint, sondern als vom System gedachter Teil der Mobilitätsbiografie. Wo solche Spannungen bestehen, greift die kundenfreundliche Auslegung.
Die dogmatische Leitplanke dafür liefert § 305c Abs. 2 BGB, der Auslegungszweifel zulasten des Verwenders adressiert. Zweifel entstehen, wenn Wortlaut, Systematik und Zweck der Klauseln verschiedene, vernünftige Lesarten ermöglichen, ohne dass eine eindeutig obsiegt. Der BGH betont, dass Versicherer, die komplexe Mobilitätspfad-Klauseln entwerfen, die Risiken der Unklarheit tragen. Bei der Verkehrsrechtsschutz-Architektur der VRB 1994 sprechen die Erwerbserwähnungen in mehreren Paragrafen, die Vorsorgebrücke und die Fahrerrechtsschutz-Fortführung gegen die starre Idee einer reinen Zulassungsschwelle. Damit wird der Prüfmaßstab gedreht: Nicht die Kundin hat zu beweisen, dass der Erwerb ausdrücklich gedeckt ist, sondern der Versicherer muss darlegen, dass er ihn wirksam ausgeschlossen hat.
Verfahrensrechtlich zieht der BGH die Konsequenz, die Sache an das OLG Schleswig zurückzuverweisen, damit Umfang und Reichweite der Deckung sachverhaltsbezogen bestimmt werden. Dabei rücken klassische Rechtsschutz-Themen in den Blick: der Versicherungsfall-Zeitpunkt, die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage, mögliche Risikoausschlüsse und die Frage, ob Obliegenheiten beachtet wurden. Die Leitentscheidung sagt nicht „Deckung immer“, sondern „Deckung nicht erst ab Zulassung“, und eröffnet so den Raum, die Erwerbssituation als vom Vertrag erfasste Phase zu behandeln. In Dieselgate-Konstellationen gewinnt dies an Brisanz, weil Herstellerrisiken und Wissensstände beim Kauf häufig den Rechtsverfolgungswillen prägen.
Materiellrechtlich entfaltet das Urteil Signalwirkung über das Dieselthema hinaus, weil Autokäufe selten mit Zulassung simultan sind und der Erwerbsakt – Anzahlung, Übergabe, Vertragsanfechtung, Rücktritt – rechtlich dichte Konfliktzonen bildet. Ein Deckungsschutz, der in dieser Phase greift, erlaubt frühzeitige Rechtsberatung, Beweissicherung und abgestufte Vorgehensweisen, bevor Fristen verwirken oder Beweisquellen versiegen. Versicherer behalten das Instrument, Erfolgsaussichten zu prüfen, laufen aber weniger Gefahr, Deckung allein mit formalen Zulassungsargumenten zu versagen. Die Auslegungsregel incentiviert klarere Bedingungswerke: Wer Deckungsbeginn eindampfen will, muss ihn schreiben, statt ihn aus der Schweigelücke zu ziehen. Wo dagegen Erwerbskonflikte als versicherte Risiken gedacht sind, sollte dies ohne Widerspruch belegt sein.
Ökonomisch und organisatorisch verändert sich damit der Erwartungsrahmen für Schadenmanagement und Vertragsgestaltung. Rechtsschutzversicherer werden Übergangssituationen – Kauf, Ersatz, Leasingrückgabe – in Bedingungen und Prozessen deutlicher markieren und ihre Deckungsprüfungen zeitlich vorziehen. Für Versicherte entsteht Planbarkeit, weil die Schwelle zur anwaltlichen Abklärung nicht von der Zulassungsstelle abhängt. Auf der Marktseite wirkt die Entscheidung ordnend, indem sie die heterogene Dieselgate-Prozesslandschaft mit einer prozessualen Grundsicherheit unterlegt, ohne das Haftungsrecht der Hersteller zu präjudizieren. In der Praxis werden Deckungsanfragen strukturierter, wenn Erwerbsverträge, Offenlegungen des Verkäufers und technische Datenblätter von Beginn an angefordert werden.
Kommunikativ hebt das Urteil den Wert einer für Laien lesbaren Vertragsarchitektur. Versicherungsbedingungen, die Mobilitätsrealitäten abbilden, vermeiden spätere Auslegungsstreitigkeiten und senken Transaktionskosten auf allen Seiten. Der BGH knüpft mit seiner Entscheidung an eine Linie an, in der die Kundenerwartung Maß und Mitte bildet, ohne die Vertragsfreiheit zu beschneiden. In einer Zeit, in der Fahrzeugerwerb, digitale Kaufstrecken und Übergangszulassungen parallel laufen, ist der „Erwerbszeitpunkt“ nicht Randerscheinung, sondern Normalfall. Die Entscheidung macht diese Normalität versicherungsrechtlich sichtbar: Wer Verkehrsrechtsschutz verspricht, muss den Weg vom Kauf bis zur Zulassung als zusammenhängenden Pfad denken – oder ihn klar ausnehmen.
Für die Rechtsanwendung in der Fläche bleibt ein offener, aber strukturierter Auftrag: Die Vorinstanz hat zu klären, welche konkrete Klauselkombination galt, welcher Risikoausschluss wirklich trägt und ob die beabsichtigte Dieselklage die Erfolgsaussichten-Schwelle überwinden kann. Der Weg ist vorgezeichnet, der Ausgang sachverhaltsabhängig. Gerade darin liegt die Stärke der Entscheidung: Sie liefert keine One-Size-Fits-All-Lösung, sondern eine präzise Auslegungsregel, die Graubereiche auflöst und die Entscheidungsgründe transparent macht. Die Praxis erhält ein Werkzeug, das weniger nach Schlagworten fragt als nach Text, Kontext und Kundenerwartung.
Zwischen Kaufvertrag und Kennzeichen verläuft im Verkehrsrechtsschutz kein luftleerer Raum, sondern der eigentliche Konfliktkorridor. Wo Bedingungen „Erwerb“ sagen und an anderer Stelle „Zulassung“ verlangen, entsteht eine Lücke, die Kunden nicht schließen können. Der BGH füllt sie, indem er missverständliche Klauseln zugunsten der Versicherten liest. So wird der Weg vom Kauf bis zur Zulassung versicherungsrechtlich sichtbar – und die Deckung beginnt, wo der Streit tatsächlich entsteht.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn Auslegungszweifel nicht länger zum Strafzoll für Kundinnen werden, sondern Versicherer zur Klarheit verpflichten, wandelt sich Vertrauensschutz von der Parole zur Praxis. Wenn der Erwerb als realer Startpunkt von Konflikten ernst genommen wird, kommt Rechtsberatung rechtzeitig und nicht erst nach Formalakten. Wenn Bedingungen widerspruchsfrei werden, sinken Reibungsverluste im Dreieck von Versicherer, Anwalt und Gericht. Und wenn Vorinstanzen mit klarem Maßstab prüfen, entsteht Recht, das nicht nur entscheidet, sondern erklärt.
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