Montagefehler festgestellt, Eigentümerin und Aufbau haften, Prüfsachverständiger haftet nicht
Der Kranumsturz von Bad Homburg bildet ein Lehrstück dafür, wie sich technische Detailfehler in rechtliche Verantwortung übersetzen. Während Montagearbeiten stürzte ein Turmdrehkran um, sein Gegenausleger durchschlug das Dach eines benachbarten Supermarkts; mehrere Personen wurden verletzt, eine junge Frau verstarb noch am Unfallort. Nach dem erstinstanzlichen Urteil bestätigte nun auch das Oberlandesgericht im Kern die Haftung der Kraneigentümerin sowie der mit dem Aufbau betrauten Montagefirma einschließlich ihres Geschäftsführers. Ausschlaggebend war die Feststellung eines fehlerhaften Aufbaus im Bereich eines sicherheitsrelevanten Bolzens, der keinen oder den falschen Federstecker aufwies. Damit verlagert sich die Diskussion von abstrakten Gefährdungen zu konkret verletzten Verkehrssicherungspflichten, die den Schutzzweck gegenüber unbeteiligten Dritten tragen.
Die Richter stellten heraus, dass die Eigentümerin nicht nur Vermieterin eines Arbeitsmittels war, sondern durch die Veranlassung des Aufbaus auf fremdem Grund eine besondere Verantwortung für die sichere Inbetriebnahme traf. In diese Verantwortung greift die Tätigkeit der Montagefirma ein, die mit ihren Mitarbeitern den Aufbau tatsächlich ausführte und dadurch eine Gefahrenquelle in räumlicher Nähe zum Publikumsverkehr schuf. Der Geschäftsführer wurde einbezogen, weil er in die Aufbauhandlung eingebunden war und damit nicht bloß organisatorisch, sondern operativ zur Risikolage beitrug. Entscheidend war weniger die theoretische Möglichkeit eines Fehlers als die beweisgestützte Feststellung eines konkreten Montageversagens an einer elementaren Sicherungsstelle. In der Gesamtschau bejahte das Gericht eine gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Aufbauakteure und der Eigentümerin.
Eine scharfe Zäsur setzte das Gericht gegenüber dem regelmäßig prüfenden Sachverständigen, dessen Haftung verneint wurde. Dessen Vertrag über wiederkehrende Kontrollen entfaltet keine Schutzwirkung zugunsten zufällig betroffener Dritter, die später auf einem Nachbargrundstück geschädigt werden. Zugleich fehlte eine Garantenstellung, die ihn zur Abwendung eines von anderen geschaffenen, akuten Aufbaurisikos verpflichten würde. Prüfaufträge nach Unfallverhütungsvorschriften sind zeitlich und inhaltlich auf den jeweiligen Kontrollumfang begrenzt und ersetzen nicht die Pflicht, jeden konkreten Montagevorgang in Echtzeit zu überwachen. Das Gericht trennt damit die Sphäre der periodischen Zustandsprüfung von der Verantwortung für den einmaligen, fehlerträchtigen Aufbauvorgang.
Aus praktischer Sicht verschiebt das Urteil den Fokus auf Organisation, Dokumentation und Nachweisführung bei temporären Kranaufbauten. Wer Aufbauleistungen beauftragt oder ausführt, braucht eine lückenlose Kette: freigegebene Montageanweisung, qualifikationsgebundene Rollen, Vier-Augen-Prinzip an sicherheitskritischen Verbindern, Checklisten mit individueller Abzeichnung und Fotodokumentation zentraler Sicherungen. Übergabeprotokolle vor Inbetriebnahme dienen nicht der Form, sondern der Beweislast: Sie zeigen, dass der Zustand des Arbeitsmittels zum maßgeblichen Zeitpunkt sicher war. Für Versicherer der Betriebs- und Montagehaftpflicht steigen die Anforderungen an vertragliche Obliegenheiten, Regressmöglichkeiten und an die klare Abgrenzung zu bloßen Beratungs- oder Prüfleistungen Dritter, die nicht in den Aufbau eingreifen. Je transparenter diese Schnittstellen geregelt sind, desto verlässlicher lassen sich Risiken kalkulieren und Verantwortungen zuordnen.
Ungeachtet der ausstehenden Rechtskraft markiert die Entscheidung eine klare Linie für Fälle, in denen Montage und Betrieb in publikumsnahen Kontexten stattfinden. Sie betont, dass nicht nur die Endnutzung, sondern bereits die Errichtung eines Arbeitsmittels mit eigenständigen Gefahren verbunden ist, die organisatorisch beherrscht werden müssen. Selbst wenn spätere Instanzen Nuancen korrigierten, bliebe die Kernaussage: Aufbaufehler an sicherheitskritischen Bauteilen tragen die Haftung in das Herz der Aufbaukette hinein, nicht in den Randbereich periodischer Prüfungen. Wer Kranbetrieb plant, sollte daher Sicherheits- und Qualitätsfunktionen nicht als nachgelagerte Kontrolle, sondern als integralen Bestandteil des Montageprozesses verstehen. Wo Aufbauverantwortung, Dokumentation und Verkehrssicherung zusammenfallen, sinkt das Haftungsrisiko; entscheidend bleibt der nachweisbare, korrekte Montagezustand zum Zeitpunkt des Einsatzes.