Insolvenzen häufen sich, Zahlungen sind gefährdet, Schutzmechanismen stärken
Seit 2023 ist die Zahl der Insolvenzen bei Bauträgern und Projektentwicklern deutlich gestiegen, was Käufer von Neubauwohnungen in eine ungewohnte Risikoposition bringt. Mehr als 1.230 betroffene Unternehmen stehen für rund ein Fünftel bis ein Viertel der Branche und illustrieren, dass selbst vermeintlich solide Projekte ins Schlingern geraten können. Für Erwerber bedeutet das, dass bereits geleistete Abschläge gefährdet sind, sobald eine Baustelle stoppt und die Gegenleistung ausbleibt. Selbst wenn ein anderer Anbieter die Fertigstellung übernimmt, sind zusätzliche Zahlungen und Verzögerungen häufig unvermeidlich. Das Zusammenspiel aus Vorleistung, Baupreissteigerungen und Lieferengpässen macht aus einem Einzelfall ein strukturelles Problem.
Die Verbraucherstimmung spiegelt dieses Risiko klar wider und fordert eine verlässliche Absicherung gegen Zahlungsverluste. In einer Umfrage halten rund drei Viertel der Befragten eine gesetzliche Insolvenzabsicherung beim Wohnungskauf für wichtig oder sehr wichtig, während nur eine Minderheit sie für entbehrlich hält. Der Kern der Forderung ist Vertrauen: Kaufpreise sollen erst fließen, wenn ein überprüfbarer Gegenwert entstanden ist, oder sie sollen im Insolvenzfall verlässlich zurückgeholt werden können. Solange ein solches Sicherheitsnetz fehlt, bleibt der Erwerb einer Neubauwohnung in der Bauphase ein Finanzprodukt mit Gegenparteirisiko. Diese Wahrnehmung schwächt die Nachfrage und verteuert Finanzierungen, weil Banken das Risiko ebenfalls einpreisen.
Als Lösungsansatz steht ein Wahlmodell im Raum, das den unterschiedlichen Projektstrukturen Rechnung tragen soll. Entweder wird die Kaufpreisrate von 96,5 Prozent erst bei Abnahme fällig, womit die Vorleistung der Käufer stark reduziert würde. Oder die bisher üblichen Abschlagszahlungen nach Makler- und Bauträgerverordnung bleiben erhalten, werden aber durch eine gesetzlich gesicherte Rückabwicklung im Insolvenzfall flankiert. Ergänzend ist ein Sonderkündigungsrecht vorgesehen, das es Erwerbern erlaubt, sich bei Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers vom Vertrag zu lösen. In der Logik dieses Modells verschiebt sich das Risiko von den Privathaushalten hin zu professionellen Akteuren mit besseren Absicherungs- und Steuerungsmöglichkeiten.
Für die Praxis der Projektabwicklung würde ein solcher Rahmen an mehreren Stellen ansetzen und den Nachweischarakter stärken. Abschläge blieben an prüfbare Baufortschritte gekoppelt, etwa durch unabhängige Bestätigungen, belastbare Fotodokumentation und stichprobenartige Kontrollen. Treuhandlösungen und Bürgschaften könnten sicherstellen, dass Gelder zweckgebunden verwendet werden und bei Störungen verfügbar bleiben. Für Erwerber entstünde eine klare Dokumentationslinie vom ersten Plan bis zur Abnahme, die auch im Streitfall nachvollziehbar ist. Der administrative Aufwand steigt, aber er zahlt auf Transparenz und Planbarkeit ein.
Volkswirtschaftlich verschiebt jede zusätzliche Absicherung Liquiditätskosten in Richtung Anbieter und Finanziers, was Preise beeinflussen kann, zugleich aber Ausfälle bei Privathaushalten reduziert. In einer Übergangsphase werden bestehende Verträge und laufende Projekte auf neue Mechanismen treffen, weshalb Übergangsregeln und klare Stichtage wichtig sind. Für die Branche entsteht ein Anreiz, solide Eigenkapitalquoten, belastbare Kosten- und Zeitpläne sowie transparente Mittelverwendungen vorzuhalten. Für Käufer bleibt entscheidend, wie zuverlässig Nachweise für Baufortschritte sind und wie schnell im Störungsfall Verfahren greifen. Wo Zahlungen an belastbare Nachweise gekoppelt sind, sinkt das Verlustrisiko; entscheidend bleibt die dokumentierte Baufortschrittsprüfung mit klaren Auszahlungsregeln.