Genehmigung prüfen, Beeinträchtigung verneinen, Umgestaltung zulassen
Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind in Wohnungseigentümergemeinschaften regelmäßig Zündstoff, weil sie sichtbar in Substanz und Erscheinungsbild eingreifen und damit gemeinsame Belange berühren. Im Münchner Fall wollte ein Eigentümer ein bestehendes Loggiafenster in eine zusätzliche Balkontür umgestalten, um den Zugang zu verbessern und den Wohnwert zu erhöhen. Die Gemeinschaft verweigerte die Zustimmung mit dem Hinweis auf mögliche statische Risiken, Beeinträchtigungen der Wärme- und Wasserdichtigkeit sowie Einflüsse auf das Heizungssystem. Das Amtsgericht München ersetzte die Zustimmung und stellte klar, dass eine dauerhafte bauliche Veränderung vorliegt, die über reine Instandhaltung hinausgeht. Maßgeblich war, dass konkrete, rechtlich relevante Beeinträchtigungen anderer Eigentümer nicht nachgewiesen wurden.
Rechtlich wird an § 20 Absatz 3 WEG angeknüpft, der den grundsätzlichen Anspruch auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung vorsieht, sofern andere nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Der Prüfmaßstab verlangt Sachgründe, die über bloße Vermutungen hinausgehen, also belastbare Anhaltspunkte für Schäden, Funktionsstörungen oder Wertminderungen. Statik und Bauphysik sind dabei keine abstrakten Schlagworte, sondern prüfbare Disziplinen, in denen belastete Bauteile, Lastabträge, Wärmebrücken und Feuchtepfade konkret beschrieben werden müssen. Je besser die Planung, desto eher kann eine Veränderung ohne Nachteile realisiert werden, weil Risiken technisch beherrscht, Anschlüsse fachgerecht ausgeführt und Nachweise geführt werden. Die Entscheidung betont, dass theoretische Gefahren ohne Substantiierung die Verweigerung nicht tragen.
Für die Antragstellung folgt daraus eine klare Dokumentationslinie, damit die Gemeinschaft sachgerecht entscheiden kann. Erforderlich sind aussagekräftige Bestands- und Ausführungspläne, statische Berechnungen, ein nachvollziehbares Abdichtungs- und Entwässerungskonzept sowie Angaben zu Materialien, Profilen und Befestigungen im Anschlussbereich. Sinnvoll ist die Benennung eines verantwortlichen Fachbetriebs, der Gewährleistung und Termine übernimmt, und eines Bauleiters, der Schnittstellen koordiniert und Abnahmen dokumentiert. Praktikabel sind Auflagen, die die Ausführung präzisieren, etwa Schutz der Fassade, Staub- und Lärmschutz, zeitliche Einschränkungen und die Pflicht zur unverzüglichen Mangelbeseitigung. Je transparenter der Antrag, desto geringer das Risiko, dass Befürchtungen die Debatte dominieren.
Auch für die Gemeinschaft ergeben sich Leitplanken, um berechtigte Interessen zu schützen, ohne den gesetzlichen Zustimmungsanspruch zu leerlaufen. Eine Verweigerung ist dort tragfähig, wo konkrete, objektivierbare Nachteile zu erwarten sind, etwa Eingriffe in Brandschutzabschnitte, nachweisbare Verschlechterungen des Schallschutzes, Durchfeuchtungsgefahr an exponierten Fassaden oder unzumutbare optische Brüche in einheitlich gestalteten Ansichten. Wo Risiken durch fachliche Auflagen beherrschbar sind, sind Bedingungen dem bloßen Nein vorzuziehen; so bleibt die Balance zwischen Nutzungsinteresse und Gemeinschaftsschutz gewahrt. Wichtig ist ein sauberer Beschluss mit Begründung, der die Abwägung erkennen lässt und Auflagen klar benennt, damit spätere Streitigkeiten reduziert werden. Begleitend sollten Verantwortlichkeiten für Wartung, Dichtigkeit und Folgeschäden geregelt werden, damit Zuständigkeiten nicht im Nachhinein unklar bleiben.
Für die Praxis zeigt das Vorgehen, wie Konflikte in geordnete Bahnen gelenkt werden. Eigentümer erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit mit vollständigen Unterlagen, nachvollziehbaren Nachweisen und frühzeitiger Kommunikation etwaiger Bauabläufe; Verwalter strukturieren das Verfahren durch Fristen, Anhörungen und eine sachorientierte Beschlussvorlage. Nach der Umsetzung empfiehlt sich eine förmliche Abnahme mit Protokoll, Fotodokumentation und Dokumentenablage, die spätere Nachweise erleichtert und Gewährleistungsansprüche handhabbar macht. Der Fall verdeutlicht zugleich, dass Modernisierungen nicht per se unzulässig sind, sondern an der Schwelle konkreter Beeinträchtigungen gemessen werden. Wo konkrete Beeinträchtigungen fehlen und Nachweise stimmen, wird Zustimmung zur Formsache; entscheidend bleibt die saubere Dokumentation des Eingriffs. Wo Verfahren nachvollziehbar gestaltet sind, sinkt die Streitneigung und die Gemeinschaft gewinnt Planungssicherheit.