Gedisa-Bilanz, Marktlogik, Mandat
Es erstaunt viele in der Branche bis heute, wie viel Vorschussvertrauen die Gedisa bei ihrer Gründung erhalten hat, denn in kurzer Zeit wurden hohe Mittel gebündelt, ohne dass ein belastbarer Businessplan öffentlich diskutiert wurde. Die Erwartung war groß, die Skepsis leise, und das versprach Tempo, aber keine belastbare Kontrolle. Wenn Kapital aus Pflichtbeiträgen kommt, fehlt der Preisdruck des freien Marktes, und produktpolitische Entscheidungen werden anfällig für Symbolik. Wer Wirkung will, braucht hingegen die Strenge von Messpunkten, die Entscheidungen im Licht lassen und Prioritäten erklären.
Der Blick auf das Portfolio zeigt genau diese Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, denn neben Eigenentwicklungen stehen zugekaufte Lösungen, die häufig in bestehenden Angeboten der Industrie bereits abgedeckt sind. Ohne transparente Nutzungszahlen bleibt unklar, ob Produkte echten Bedarf stillen oder nur organisatorische Erwartung erfüllen. Aus dieser Unschärfe werden leicht Routinen, in denen Budget geplante Lücken füllt, statt aus Nachfrage zu wachsen. Ein robustes Mandat ist wertvoll, doch es ersetzt nie den Nachweis, dass eine Lösung im Arbeitsalltag trägt.
Die planwirtschaftliche Logik erklärt, warum Redundanzen entstehen, denn Wettbewerb diszipliniert, wo interne Gremien zur Einigung tendieren. Wo Prioritäten nicht über Kundenverhalten, sondern über Sitzungen entstehen, gewinnt die Liste der Projekte schneller an Breite als an Tiefe. Das erhöht die Pflegekosten, verwässert den Fokus und macht es schwer, schwache Produkte geordnet zu beenden.
Gleichzeitig verdient ein Teil des Ansatzes Anerkennung, weil die CardLink-Middleware eine echte Verhandlungshöhe mit Softwarehäusern geschaffen hat und Standards definiert, die vielen nutzen können. Darin liegt die strategische Chance: Infrastruktur stärken, Schnittstellen öffnen, Interoperabilität durchsetzen und den Markt dort wirken lassen, wo er schnellere Innovation erzeugt. Wer Plattformen baut, definiert Regeln, anstatt in jeder Anwendung mitzuspielen, und reduziert so Stillstand durch Vielfalt.
Für die Offizin zählen weniger Überschriften als messbare Erleichterung, daher beginnt der Vergleich mit dem, was täglich auf dem HV-Tisch liegt. Wenn ein Portal langsamer startet als eine etablierte Lösung, wenn Supportwege länger dauern oder Funktionen hinter Erwartungen bleiben, entscheidet der Alltag gegen jede Theorie. Der freie Markt liefert an dieser Stelle harte Benchmarks: Geschwindigkeit, Stabilität, Bedienlogik, Updatekultur und Preis. Wer hier überzeugt, bekommt Akzeptanz ohne Kampagne, wer verliert, wird durch Gewohnheit ersetzt.
Transparenz ist die Währung, die Vertrauen kauft, und sie fehlt, wenn Nutzerzahlen als wettbewerbssensibel etikettiert werden. Ein belastbares Reporting zeigt aktive Lizenzen, Nutzungsintensität, Supporttickets, Entwicklungsaufwand und Abbruchquoten, ohne Geschäftsgeheimnisse zu verletzen. So lassen sich Prioritäten objektiv verschieben, Projekte beenden oder fusionieren und Budgets dorthin lenken, wo sie sichtbar Wirkung erzeugen.
Beschaffungen und Zukäufe verlangen dieselbe Nüchternheit, denn fremdes Geld fühlt sich leichter an als eigenes. Darum braucht es harte Schwellen für jede Akquise: ein klarer Use Case, ein unabhängiger Marktvergleich, ein verbindlicher Meilensteinplan und ein Exitkriterium, das greift, wenn Ziele reißen. So werden symbolische Erwerbungen vermieden und Synergien nicht nur behauptet, sondern belegt. Wer Standards will, misst Standardisierung, statt sie zu proklamieren.
Für Apotheken bedeutet das, Entscheidungen wieder vom Arbeitsplatz her zu denken: Welche Lösung spart heute Minuten, reduziert Fehler und verkürzt Wege für Team und Patienten. Wer Software wie ein Werkzeug behandelt, prüft Passform vor Etikett, und wer seine Daten als Vermögenswert begreift, verlangt saubere Exportwege, klare Verträge und verständliche Kündigungsklauseln. So entsteht Souveränität, die weder Lagerdenken noch Heilsversprechen braucht.
In der Beratungspraxis zeigt sich, dass Projekte mit engem Fokus schneller tragen, weil Schulung, Akzeptanz und Support überschaubar bleiben. Ein Lean-Ansatz senkt Einführungswiderstände und erlaubt, Effekte früh zu messen und Kurskorrekturen zu begründen. Die Belegschaft nimmt Veränderungen eher an, wenn sie spürbar werden, statt als ferne Vision zu erscheinen. Aus kleinen, verlässlichen Schritten entsteht ein Pfad, der aufwärts führt, statt in Rundschreiben zu enden.
Operativ heißt das, Roadmaps zu priorisieren, doppelte Produkte abzulösen und die Rolle der Gedisa auf Regelsetzung und Infrastruktur zu schärfen. B2C-Versuche gehören dorthin, wo sie Wettbewerb gewohnt sind, denn dort werden sie besser und günstiger. Gute Governance trennt Förderauftrag und Produkthaftung sauber, damit kein Interessenkonflikt den Blick trübt. Wer Verantwortung ernst nimmt, akzeptiert, dass nicht jede Idee eine eigene Plattform verdient.
Für Betreiberinnen und Betreiber folgt daraus, den eigenen Werkzeugkasten kritisch zu sortieren und Verträge auf Beweglichkeit zu prüfen. Wartungskosten werden transparent gemacht, Wechselkosten einmal ehrlich durchgerechnet und Schatten-IT konsequent abgeschaltet. So wird Komplexität kleiner, und die Praxis gewinnt Geschwindigkeit, ohne Sicherheit zu opfern. Die nüchterne Bilanz ist keine Demontage, sondern der Anfang einer Phase, in der Wirkung wieder vor Etikett steht.
Die Brücke zum nächsten Thema ist die Frage nach Verantwortung und Haftung im Geteilten, denn wie bei baulichen Eingriffen in Gemeinschaftseigentum trägt auch in der digitalen Infrastruktur am Ende jemand die Folgen fehlender Kontrolle. Wer Standards ernst nimmt, schützt Nachbarn, senkt Risiken und beschleunigt Verfahren, während der freie Markt das Tempo in nützliche Bahnen lenkt. So entsteht ein Umfeld, in dem Investitionen rechnen, weil Nutzen gemessen wird und Entscheidungen überprüfbar bleiben.