ApoRisk® auf Facebook ApoRisk® auf X
  • 04.08.2025 – Jauchs Spot als Scheidepunkt, Gesundheitsverhalten als Offenbarung, Prävention als Fehlversuch
    04.08.2025 – Jauchs Spot als Scheidepunkt, Gesundheitsverhalten als Offenbarung, Prävention als Fehlversuch
    APOTHEKE | Systemblick |  Wie Günther Jauchs Shop-Apotheke-Werbung die Apotheker:innen aufbringt, warum die ePA an der Realität scheitert und Präventionsstrategien unterg...

Für Sie gelesen

Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:

ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Systemblick | 

Jauchs Spot als Scheidepunkt, Gesundheitsverhalten als Offenbarung, Prävention als Fehlversuch

 

Ausgabe Nr. 36 | Reaktionen auf Jauchs Spot, Verhaltensblockaden bei Prävention und Rückkopplungen aus dem Tagesgeschehen verdichten sich zu einer Momentaufnahme des Gesundheitsdiskurses

Apotheken-News: Kommentar von heute

Kommentar von Seyfettin Günder zu den heutigen Apotheken-Nachrichten über die Polarisierung durch Werbefiguren, strukturelle Nutzungsbarrieren in der ePA und die Fehlstellen bei pDL, Impfidee und gesundem Verhalten

Günther Jauch war lange Zeit mehr als nur ein Fernsehmoderator. Er war das freundliche Gesicht der Samstagabendunterhaltung, die menschliche Klammer zwischen Quizformat und Kulturmoderation, jemand, der mit seiner Unaufgeregtheit, seiner Ironie und seinem zurückhaltenden Patriotismus eine seltene Form des Vertrauens in der deutschen Medienlandschaft aufgebaut hat. Dass genau dieser Mann sich für eine der prominentesten Apothekenversandkampagnen der Gegenwart einspannen lässt – und dies ausgerechnet in einer Phase, in der wohnortnahe Apotheken unter massivem Druck stehen –, wirft eine zentrale Frage auf: Was bedeutet es für eine Öffentlichkeit, wenn sich eine ihrer populärsten Integritätsfiguren für ein ökonomisch und gesundheitspolitisch aufgeladenes Thema öffentlich positioniert? Und vor allem: Bleibt das folgenlos?

Es ist kein Zufall, dass sich Karikaturisten wie Til Mette in den letzten Monaten des Themas angenommen haben. Ihre Zuspitzung ist ein Gradmesser für gesellschaftliche Verdichtung. Eine geschlossene Apotheke mit dem ironischen Dank an Günther Jauch funktioniert nur deshalb als Motiv, weil dahinter eine tiefer liegende Irritation steht. Es ist nicht die Werbung an sich, die provoziert – sondern das Unverhältnis zwischen medialer Macht und ökonomischer Realität. Ein Gesicht, das für Vertrauen stand, wird nun zur Projektionsfläche eines ökonomischen Verdrängungsprozesses. Dass dabei ausgerechnet Apotheken getroffen werden, die an der Schnittstelle von Gesundheitsversorgung, Beratung und sozialer Infrastruktur stehen, ist mehr als nur ein medienpolitischer Nebenschauplatz. Es ist ein Signal für die Verschiebung öffentlicher Narrative: Wer spricht für wen – und zu welchem Zweck?

Dass Jauch nicht selbst politische Absichten verfolgt, sondern schlicht einem kommerziellen Engagement nachkommt, steht außer Frage. Doch die Wirkung seiner Rolle lässt sich davon nicht trennen. Wenn selbst Apothekeninhaber:innen, Ärzt:innen und Patient:innen sich öffentlich an ihn wenden, dann geht es längst nicht mehr um eine Fernsehwerbung – sondern um die symbolische Aufladung einer Marktverschiebung. Der Mensch Jauch wird zum Vehikel einer strukturellen Entwertung heilberuflicher Arbeit. Das Vertrauen, das er sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, steht dabei in einem neuen Licht. Denn Vertrauen ist kein beliebig einsetzbares Kapital. Es lebt von Integrität, Kontext und Resonanz.

Die zentrale Frage ist daher nicht, ob Günther Jauch sich in der Bevölkerung unbeliebt macht. Vielmehr geht es um die Frage, ob seine Rolle in der aktuellen Kampagne nicht ein Kippen seiner bisherigen öffentlichen Figur einleitet. Wenn Vertrautheit zur funktionalen Kulisse eines Versandmarktplayers wird, verliert sie ihre Unschuld. Und in Zeiten wachsender gesundheitspolitischer Polarisierung verwandelt sich selbst das vermeintlich Neutrale in das Gegenteil: Die Werbefigur wird zur politischen Figur, nicht weil sie das will – sondern weil die Realität sie dazu macht. Das ist keine Schuldzuweisung, sondern eine Analyse medialer Mechanik.

Dabei wird der Jauch-Effekt nicht isoliert wahrgenommen, sondern eingebettet in ein Klima der strukturellen Frustration. Wenn Apotheken digitale Angebote wie die elektronische Patientenakte nicht sinnvoll nutzen können, weil technische Barrieren, mangelnde Patientenzugänge oder unzureichende Schulungsstrukturen dominieren, dann scheitert Digitalisierung nicht an der Bereitschaft – sondern an der Umsetzbarkeit. Die ePA sollte eine Brücke sein, doch sie wurde zur Schranke. Der Frust darüber speist auch die Empfänglichkeit gegenüber symbolischen Irritationen wie der Shop-Apotheken-Kampagne.

Gleichzeitig zerfällt auch das klassische wirtschaftliche Narrativ. Ein höheres Fixhonorar von 9,50 Euro soll eigentlich ein Signal der Aufwertung sein. Doch in Verbindung mit der Mindestlohnerhöhung und dem realen Druck auf Apothekengehälter verpufft dieser Effekt schon in der Simulation. Die Rechnung geht einfach nicht auf – und die öffentliche Kommunikation dieses Missverhältnisses bleibt zahnlos. Während Politiker:innen symbolisch aufwerten, aber ökonomisch neutralisieren, wächst der Verdacht, dass es gar nicht um Aufwertung geht, sondern nur um Beruhigung.

Vor diesem Hintergrund erhalten auch neue gesundheitspräventive Maßnahmen wie das Impfen in Apotheken oder die Ausweitung pharmazeutischer Dienstleistungen einen ambivalenten Klang. Denn wo Sichtbarkeit fehlt, verfehlt selbst die beste Dienstleistung ihre Wirkung. Ein Konsenspapier ersetzt keine Verankerung im öffentlichen Bewusstsein. Und wo Apotheken von Investitionen in Personal und Infrastruktur abgehalten werden, bleiben Ideen folgenlos – egal wie richtig sie sind. Sichtbarkeit braucht Umsetzung, nicht nur Zustimmung.

Dasselbe gilt für die Debatte um Aluminium in Kinderimpfstoffen. Wissenschaftlich längst geklärt, bleibt sie dennoch ein Dauerbrenner in Verschwörungsmilieus und impfkritischen Kreisen. Eine dänische Studie entkräftet die Vorurteile erneut – doch auch hier zeigt sich: Aufklärung ohne Anschlussfähigkeit verhallt. Apotheken wären hier eigentlich der natürliche Ort für Wissensvermittlung. Doch wenn Beratung unter Zeitdruck steht und Prioritäten verschoben werden, geht genau dieses Potenzial verloren.

Die überarbeitete S3-Leitlinie zu fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) zeigt schließlich exemplarisch, wie strukturelle Gesundheitsbildung aussehen könnte – und wie wenig davon bislang ankommt. Es gibt kein „Gläschen in Ehren“ für Schwangere, nur verharmlosende Mythen. Dass Apotheken auch hier eine Rolle übernehmen könnten, wird selten diskutiert. Dabei sind sie in der Fläche – erreichbar, vertraut, präsent. Doch die Verantwortung, die ihnen oft rhetorisch zugeschrieben wird, steht in keinem Verhältnis zur Ressourcenausstattung.

Günther Jauch hat all das nicht geplant. Aber er wurde zum Katalysator für eine Gemengelage, in der Kommunikation, Verantwortung und Vertrauen neu verhandelt werden müssen. Es geht nicht um ihn. Es geht um das System, das solche Irritationen produziert – und um die Frage, wer in ihm spricht, schweigt oder handelt.

In einer Zeit, in der jedes Versprechen auf Wirkung gegen strukturelle Trägheit anläuft, beginnt die Zukunft dort, wo Kommunikationsräume, Fachstrukturen und persönliche Verantwortung neu zusammenfinden. Apotheken sind keine Relikte, sondern Indikatoren. Sie zeigen, ob ein Gesundheitssystem in der Lage ist, Nähe, Prävention und Technologie in Einklang zu bringen. Wenn ein Gesicht wie Günther Jauch zur Chiffre einer Systemkritik wird, dann nicht, weil er versagt hätte – sondern weil wir darin die Lücke erkennen, die keine Werbung füllen kann. Die wahre Veränderung beginnt nicht im Spot, sondern im Gespräch – geführt in der Apotheke, vor Ort, im Vertrauen.

 

SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

 

Zurück zur Übersicht

Kontakt
Jetzt Ihr persönliches Angebot anfordern!
Rückrufservice
Gerne rufen wir Sie zurück!
Suche
  • Pharmarisk® OMNI: Die Allrisk-Police zu Fixprämien
    Pharmarisk® OMNI: Die Allrisk-Police zu Fixprämien
    Allgefahrenschutz online berechnen und beantragen

Wir kennen Ihr Geschäft, und das garantiert Ihnen eine individuelle und kompetente Beratung.

Sie haben einen Beruf gewählt, der weit mehr als reine Erwerbstätigkeit ist. Sie verfolgen im Dienste der Bevölkerung hohe ethische Ziele mit Energie, fachlicher Kompetenz und einem hohen Maß an Verantwortung. Um sich voll auf Ihre Aufgabe konzentrieren zu können, erwarten Sie die optimale Absicherung für die Risiken Ihrer Berufsgruppe.

Sie suchen nach Möglichkeiten, Ihre hohen Investitionen zu schützen und streben für sich und Ihre Angehörigen nach einem angemessenen Lebensstandard, auch für die Zukunft.

  • Die PharmaRisk® FLEX
    Die PharmaRisk® FLEX
    Eine flexible Versicherung für alle betrieblichen Gefahren
Nutzen Sie unsere Erfahrung und rufen Sie uns an

Unter der kostenfreien Telefonnummer 0800. 919 0000 oder Sie faxen uns unter 0800. 919 6666, besonders dann, wenn Sie weitere Informationen zu alternativen Versicherern wünschen.

Mit der ApoRisk® FirmenGruppe steht Ihnen ein Partner zur Seite, der bereits viele Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland zu seinen Kunden zählen darf. Vergleichen Sie unser Angebot und Sie werden sehen, es lohnt sich, Ihr Vertrauen dem Versicherungsspezialisten für Ihren Berufsstand zu schenken.

  • Die PharmaRisk® CYBER
    Die PharmaRisk® CYBER
    Eine einzige Versicherung für alle Internetrisiken