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  • 03.06.2025 – Versender riskieren Gesundheit, Preisbindung verliert Boden, Gericht prüft Systemgrenzen
    03.06.2025 – Versender riskieren Gesundheit, Preisbindung verliert Boden, Gericht prüft Systemgrenzen
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Die Apotheken-Nachrichten analysieren die Folgen von Boniaktionen, Temperaturverstößen im Versandhandel, juristischen Verfahren und digi...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Versender riskieren Gesundheit, Preisbindung verliert Boden, Gericht prüft Systemgrenzen

 

Wie Versandapotheken Sicherheitsstandards unterlaufen, Boni die Rx-Gesetzeslogik aufweichen und der BGH die Zukunft der Versorgung verhandelt

Apotheken-News: Themen der Woche

Während die gesetzliche Preisbindung weiterhin für verschreibungspflichtige Medikamente gilt, untergraben viele Versandapotheken diese Vorgabe systematisch durch Bonusaktionen, Gutscheinrabatte und kreative Umgehungskonstruktionen – oft im Windschatten juristischer Unentschiedenheit. Der nächste große Showdown vor dem Bundesgerichtshof ist für den 6. November angekündigt, doch bereits jetzt ist klar: Es geht um mehr als Rechtsauslegung – es geht um die Gültigkeit heilberuflicher Prinzipien in einer durchdigitalisierten Versorgung, die zunehmend von wirtschaftlichen Interessen, Logistikzentralen und Plattformdynamiken getrieben wird. Gleichzeitig geraten GDP-Vorgaben, Temperaturpflichten und Medikationspläne unter Druck, wenn die Zustellung zum dominanten Versorgungsmodell wird – mit Konsequenzen, die sowohl juristisch als auch strukturell längst nicht mehr als Ausnahme, sondern als neue Regel erscheinen.

 

 

Während die gesetzliche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente formal weiterhin als zentraler Pfeiler des Sachleistungsprinzips gilt, untergraben zahlreiche EU-Versandapotheken diese Vorgabe systematisch durch Gutscheinaktionen, Bonussysteme und eine immer raffiniertere Praxis der Umgehung. Juristisch bewegt man sich dabei in einem taktischen Graubereich, der nicht auf tatsächlicher Unklarheit, sondern auf gezieltem Kalkül basiert – im Wissen um langwierige Verfahren, föderale Reaktionsschwäche und einen durchdigitalisierten Apothekenmarkt, der die einst territorial gedachte Versorgung längst hinter sich gelassen hat. Der Bundesgerichtshof wird am 6. November über eine zentrale Frage verhandeln: Ist es rechtens, wenn deutsche Kammern grenzüberschreitende Werbeverstöße sanktionieren – oder hebeln EU-Versandstrukturen nationale Schutzmechanismen aus? Der Streitfall: eine Klage von DocMorris gegen die Apothekerkammer Nordrhein auf Schadensersatz in Höhe von 18 Millionen Euro. Der Vorwurf: Wettbewerbsbehinderung durch Verfügungen gegen Bonusaktionen. Die tiefere Bedeutung: ein Systemtest mit offenem Ausgang.

Parallel zur juristischen Eskalation verdichtet sich die Realität einer strukturellen Schieflage, in der Versender ihre Position durch Logistikzentren, Plattformbindung und algorithmengestützte Patientensteuerung ausbauen, während stationäre Apotheken unter regulatorischen Lasten ächzen, die für ihre Konkurrenten nicht gelten. Temperaturpflichten, GDP-Standards, Beratungspflichten, Rezeptur- und Laboranforderungen – all das ist für Offizinen tägliche Realität, für EU-Versender oftmals lediglich rhetorisches Beiwerk. Dabei zeigt gerade die Versorgungspraxis, wie gefährlich diese Asymmetrie werden kann: Kühlpflichtige Medikamente landen in Gartenhäusern, Betäubungsmittel auf Fußmatten, sensible Arzneimittel in unbeaufsichtigten Abholboxen – dokumentierte Zustellformen, die gegen jede handelsrechtliche, pharmazeutische und ethische Logik verstoßen.

Im Zentrum der Debatte steht eine doppelte Rechtslogik: Während das Arzneimittelgesetz (AMG) durch ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016 in Teilen ausgehebelt wurde, bleibt die aktuelle Preisbindung nach § 129 SGB V bestehen – sie gilt insbesondere für gesetzlich Versicherte, also für den größten Teil der Bevölkerung. Und doch ignorieren viele Versender diesen Unterschied. Sie reklamieren eine vermeintliche Rechtslücke, obwohl ihre Gutscheinaktionen eindeutig in die Leistungspflicht der Kassen eingreifen. Die Shop Apotheke wirbt offen mit 10-Euro-Boni, apodiscounter.de verspricht bis zu 15 Euro Rabatt, DocMorris verknüpft E-Rezepte mit Vorteilsprogrammen. Damit wird nicht nur die Gleichbehandlung verletzt, sondern das gesamte Prinzip der solidarischen Arzneimittelversorgung in Frage gestellt. Und während Ministerin Warken öffentlich beteuert, stationäre Apotheken müssten geschützt werden, bleibt eine gesetzgeberische Reaktion aus. Die Diskrepanz zwischen politischen Aussagen und regulatorischer Ohnmacht wird so zum eigentlichen Krisensignal.

Eine weitere Bruchstelle betrifft die infrastrukturelle Legaldefinition dessen, was eine „Apotheke“ überhaupt ist. Laut deutscher Apothekenbetriebsordnung gehören dazu zwingend Offizin, Labor und Rezepturraum – Standards, die bei vielen EU-Versandapotheken schlicht nicht erfüllt werden. Die sogenannte Länderliste regelt zwar die Mindestvoraussetzungen für grenzüberschreitende Belieferung, doch deren tatsächliche Einhaltung wird kaum überprüft. Der Fall Heerlen – Sitz des DocMorris-Logistikzentrums – zeigt exemplarisch, wie regulatorische Untätigkeit zur Gewohnheit werden kann. Die Frage, warum die zuständigen Behörden dies nicht systematisch unterbinden, bleibt ebenso offen wie brisant.

Gleichzeitig drängen digitale Entwicklungen auf den Markt, die neue Versorgungsformen versprechen, aber strukturell ungelöst bleiben. Die elektronische Medikationsliste (eML) und der elektronische Medikationsplan (eMP) sollen künftig eine vollumfängliche Arzneimitteldokumentation ermöglichen – inklusive OTC, BtM und Grüner-Rezept-Verordnungen. Doch bislang fehlen klare Zuweisungen: Wer ist verantwortlich? Wer haftet? Wer wird honoriert? Ohne eindeutige Rollendefinitionen droht die digitale Modernisierung zum Verwaltungslabyrinth zu werden – mit hoher Datenlast, aber geringer Versorgungswirkung.

Währenddessen zeigen neue Zahlen zur Nacht- und Notdienststatistik, dass sich digitale Fortschritte zumindest in Teilbereichen auszahlen. Seit Juli 2025 erfolgt die Meldung der Rx-Mengen für den Nacht- und Notdienstfonds erstmals elektronisch – ein Schritt, der die Bürokratie verringert, aber auch signalisiert: Wo politischer Wille und technische Klarheit zusammenkommen, funktioniert Digitalisierung ohne Friktionen. Doch solche Beispiele sind selten. Die Realität besteht aus komplexen Übergängen, unklaren Verantwortlichkeiten und einem Wettbewerb, der längst nicht mehr durch Qualität, sondern durch Umgehung dominiert wird.

Ein weiteres Kernproblem betrifft die GDP-Standards, deren Missachtung zunehmend dokumentiert wird. Der Verband „via – Verband innovativer Apotheken“ verweist auf zahlreiche Verstöße bei der Zustellung kühlpflichtiger Arzneimittel durch Versandapotheken. In Abwesenheit verbindlicher Temperaturüberwachung und Zustellnachweise bleibt die pharmazeutische Qualität dem Zufall überlassen. Während stationäre Apotheken für jeden Verstoß haften und regelmäßig überprüft werden, agieren Versender in einem faktischen Kontrollvakuum. Das ist nicht nur ein Wettbewerbsproblem, sondern ein Gefährdungstatbestand – juristisch, medizinisch, ethisch.

Hinzu kommt ein wachsender Konflikt um Datensouveränität und Medikationsverantwortung. Wer kontrolliert künftig die Therapieabfolge, wenn Medikationspläne zwischen verschiedenen Akteuren zirkulieren? Wer korrigiert Medikationsfehler in einer digital fragmentierten Struktur? Wer haftet bei Wechselwirkungen, die nicht mehr vor Ort, sondern im digitalen Fernkontakt entstehen? Apotheken sehen sich hier nicht nur als Erfüllungsgehilfen, sondern als letzte Instanz einer rationalen, patientenzentrierten Arzneimittelversorgung – doch ihr Einfluss schwindet, wenn politische Regulierung dem Versandmodell nachgibt und heilberufliche Verantwortung in algorithmische Prozesse übergeht.

Und während der Streit um Preisbindung, Boni und Werberecht die juristischen Bühnen füllt, bleibt die kulturelle Dimension der Versorgung fast unbeachtet: Apotheke ist nicht nur Ausgabestelle, sondern Kommunikationsraum, Schutzinstanz, psychosoziale Konstante. Wenn dieser Raum durch eine Klick-Logistik ersetzt wird, verliert das System mehr als seine Regelwerke. Es verliert Vertrauen, Nähe und eine der letzten niedrigschwelligen Anlaufstellen für Gesundheitsfragen. Nicht umsonst warnen auch ärztliche Verbände vor einem Strukturbruch, der nicht heilbar ist.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.

Vielleicht ist es genau diese Schieflage, die nicht nur juristisch, sondern existenziell spürbar wird: Wenn Arzneimittel nicht mehr heilberuflich, sondern marktwirtschaftlich verteilt werden, wenn Boni statt Beratung zählen, wenn Temperaturüberwachung dem Zufall und die Preisbindung dem Kalkül überlassen wird – dann braucht es kein weiteres Gesetz, sondern einen gesellschaftlichen Entschluss. Die Frage ist nicht mehr, was erlaubt ist. Sondern: Was wollen wir schützen? Was bleibt, wenn alles geregelt ist – aber nichts mehr hält?

 

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