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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKE | Systemblick |
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den heutigen Apotheken-Nachrichten: Gerichtliche Relativierung, digitale Überforderung und versorgungsstrategische Brüche im Schatten politischer Steuerungsversäumnisse
Was bleibt also? Die Apotheke als Spiegel einer Gesellschaft, die Versorgung nicht mehr als Aufgabe, sondern als Geschäftsmodell begreift. Die Justiz urteilt, weil die Politik nicht regelt. Die Medien berichten, weil die Realität sie überholt hat. Und das System verlangt Loyalität von denen, die es täglich allein lässt.
Die Geschichte dieses Tages erzählt von Urteilen und Verhaftungen, von Packungsumstellungen und Softwarewechseln, von wirtschaftlicher Überforderung und psychologischer Erosion. Doch in Wahrheit erzählt sie nur eines: Dass ein System kollabiert, wenn die tragenden Säulen übersehen, entwertet und entmutigt werden. Der Markt ist nicht verantwortlich. Er handelt nur innerhalb der Spielregeln. Es ist die Politik, die diese Regeln schreibt – oder schreibt sie eben nicht.
Und solange sie nicht sagen müssen: Wir hätten Verantwortung übernehmen wollen. Aber ihr habt uns allein gelassen. ist noch nicht alles verloren. Aber viel fehlt nicht mehr.
Man könnte es auch anders sagen: Wer Verantwortung delegiert, muss zuerst erklären, wem. Und wenn Apothekerinnen und Apotheker heute Rezepte prüfen, nicht weil sie wollen, sondern weil sie müssen, zeigt das die Verschiebung der Verantwortungsebenen. Das juristische System verlangt die Einhaltung von Regeln, die es selbst nicht operationalisiert hat. Das digitale System überträgt Prozesskontrolle auf Endnutzende. Und das wirtschaftliche System zwingt zur Rationalisierung, wo Empathie gefragt wäre.
Ein Beispiel: Die Paxlovid-Razzien in München. Zwei Apothekenmitarbeitende in Haft. Der Staat reagiert mit Härte – doch die Frage bleibt: Wo waren die Kontrollinstanzen? Wo die institutionellen Sicherungen? Wo das präventive Verständnis dafür, dass eine Grauzone entstehen kann, wenn Prozesse nicht eindeutig definiert und überwacht werden?
Die Antwort ist so unbequem wie bekannt: Die Kontrolle erfolgt post hoc. Die Verantwortung liegt bei der kleinsten Einheit – bei der einzelnen Apotheke, beim einzelnen Menschen.
Ein zweites Beispiel: Die 250 Großhandelsrechnungen im Monat, die Apotheker Norbert Peter herunterlädt, verwaltet, kontiert. Das ist kein Fortschritt. Das ist digitalisierte Delegation. Wenn Lieferanten ihre Prozesse optimieren, indem sie Kosten und Zeitaufwand auf die Apotheke verlagern, dann ist das keine Innovation – es ist ein Systemversagen. Und dieses Versagen zeigt sich dort, wo Apotheken noch arbeiten: im Alltag, in der Betriebswirtschaft, im Kundenkontakt.
Ein drittes Beispiel: Der Gefahrstofffund in Datteln. Dekontaminationszelt, Evakuierung, Unsicherheit. Und mitten in der polizeilichen und feuerwehrtechnischen Krisenbewältigung steht eine Apotheke. Weil sie in der Nähe liegt. Weil sie erreichbar ist. Weil sie – mal wieder – als systemrelevant gilt. Aber was heißt das, wenn niemand bereit ist, Systemrelevanz auch strukturell zu sichern?
Solche Geschichten häufen sich. Sie sind keine Anekdoten mehr. Sie sind Symptom einer Politik, die strukturelle Lücken mit moralischem Applaus füllt – aber keine Ressourcen nachliefert. Die sagt: Ihr seid wichtig, aber nicht handelt, als sei das ernst gemeint. Und währenddessen bricht das Fundament unter ihren Füßen.
Es lohnt sich, den Blick zu weiten. Was passiert, wenn nichts passiert? Apotheker Dr. Wolfgang Scholz hat es formuliert: Wenn der politische Stillstand anhält, übernehmen ausländische Versender bis 2030 die Mehrheit des deutschen Marktes.
Und was bedeutet das konkret? Es bedeutet: Keine wohnortnahe Versorgung mehr. Keine Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Notdienst. Keine Korrektur fehlerhafter Verordnungen vor Ort. Keine Aufklärung in Krisensituationen. Kein geschützter Raum für medizinische Unsicherheit.
Es bedeutet, dass Apotheken nicht mehr schließen – weil es sie dann nicht mehr gibt. Dass der Rückgang nicht mehr schleichend ist, sondern flächendeckend. Dass die Versorgung zwar rechnerisch noch existiert, aber faktisch zerfallen ist. Und es bedeutet: Die Menschen werden es erst merken, wenn sie in der Nacht kein Schmerzmittel mehr bekommen. Wenn das Antibiotikum nicht mehr vorrätig ist. Wenn die vertraute Apothekerin nicht mehr da ist – und der Chatbot keine Verantwortung übernimmt.
2030 ist nicht weit entfernt. Doch der politische Handlungswille ist noch weiter. Es fehlt nicht an Fakten. Es fehlt nicht an Argumenten. Es fehlt an Entschlusskraft. An Prioritätensetzung. An der Fähigkeit, zwischen Markt und Mandat zu unterscheiden.
Die Frage ist nicht, ob Apotheken wirtschaftlich konkurrieren können. Die Frage ist, ob Versorgung überhaupt eine Frage der Konkurrenz sein darf. Denn wer Versorgung dem Wettbewerb überlässt, erhält keine Effizienz – sondern Ausschluss. Und wer Gleichbehandlung zum Kostenfaktor erklärt, erhält kein Gesundheitssystem – sondern ein Geschäftsmodell mit Kollateralschäden.
Die Apotheke ist kein Anachronismus. Sie ist der Ort, an dem Versorgung noch einen Begriff hat. Und genau deshalb ist sie so verletzlich. Es geht nicht um Nostalgie. Es geht um Gegenwart. Und um die Entscheidung, wem wir sie überlassen.
Die Apotheke ist nicht der Ort, an dem der Markt versagt – sie ist der Ort, an dem man es zuerst bemerkt. Wer das versteht, versteht auch, warum politisches Schweigen keine Option mehr ist.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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