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APOTHEKE | Systemblick |
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den heutigen Apotheken-Nachrichten: Wirtschaftliche Führung, regulatorische Risiken und strukturelle Verantwortung in Zeiten multipler Belastung.
Die deutsche Gesundheitsversorgung steht an einem Scheideweg, dessen Dringlichkeit kaum noch zu übersehen ist. Hinter der Fassade scheinbarer Routine und technischer Stabilität verbirgt sich ein System, das zunehmend unter dem Gewicht seiner eigenen Widersprüche zu zerbrechen droht. Diese Widersprüche manifestieren sich vor allem in der Diskrepanz zwischen den Anforderungen, die an die Apotheken vor Ort gestellt werden, und der unzureichenden Unterstützung, die sie von der politischen und institutionellen Führung erhalten. Die wirtschaftliche Haltung vieler verantwortlicher Akteure fehlt ebenso wie die regulatorische Klarheit und Verbindlichkeit, die notwendig wäre, um Versorgung nachhaltig zu sichern. Es ist ein System, das auf Vertrauen angewiesen ist, aber das Vertrauen systematisch unterminiert.
Die jüngsten Entwicklungen im Preisbindungsrecht zeigen exemplarisch, wie sehr sich Rechtsprechung, Marktkräfte und Versorgungspraxis auseinanderentwickeln. Das Urteil des Bundesgerichtshofs, das sich formal auf einen zurückliegenden Fall bezieht, hat den Markt destabilisiert, indem es den Versandapotheken Spielräume für neue Rabattaktionen eröffnet. Dies wirkt sich unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation der Präsenzapotheken aus, die ohnehin unter einem hohen Kostendruck stehen. Die Abmahnung der Apothekerkammer Nordrhein gegen einen niederländischen Versender ist ein notwendiges Zeichen, doch sie löst nicht die dahinterliegenden strukturellen Probleme. Vielmehr wird die Versorgung zunehmend zum Spielball von Rechtsinterpretationen, die den komplexen Realitäten der Patientenversorgung nicht gerecht werden.
Parallel zu diesen rechtlichen Unsicherheiten steigen die technischen und administrativen Anforderungen an die Apotheken. Die verpflichtende Einführung der elektronischen Patientenakte zwingt die Betriebe, umfangreiche digitale Systeme zu integrieren, deren Zuverlässigkeit vielerorts noch mangelhaft ist. Die drohenden Kürzungen bei Nichtverfügbarkeit der Telematik-Infrastruktur erhöhen den Druck zusätzlich und schaffen neue Risikofaktoren. Vor diesem Hintergrund wird die Verantwortung für eine funktionierende Versorgung immer stärker auf die Apotheken selbst abgewälzt, ohne dass die politischen Rahmenbedingungen eine entsprechende Entlastung oder Unterstützung vorsehen.
Die Institutionen, allen voran die Krankenkassen, verfolgen eine widersprüchliche Strategie: Sie fordern Kontrolle und Effizienz, doch wenn es um systemische Sicherstellung geht, fehlen verbindliche Konzepte. Der Vorschlag eines Sicherstellungszuschlags für Vor-Ort-Apotheken, wie ihn ein Vertreter des AOK-Bundesverbands formuliert hat, wird intern kaum diskutiert. Damit zeigt sich eine systemische Blockadehaltung, die nicht nur die Apotheken belastet, sondern auch die Versorgungssicherheit gefährdet. Die Betriebe tragen Verantwortung für Abläufe, die sie nicht vollständig kontrollieren können, und stehen dabei zwischen den Anforderungen digitaler Infrastruktur, rechtlicher Haftung und ökonomischem Existenzkampf.
Diese Herausforderungen werden durch die zunehmende Marktdurchdringung digitaler Gesundheitsanbieter verschärft, die häufig unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen agieren. Neue Akteure drängen in die Nischen der Versorgung, bieten innovative, aber auch unregulierte Produkte an und erweitern das Spektrum gesundheitlicher Angebote. Apotheken müssen trotz dieser Konkurrenz ihre Beratungs- und Versorgungsqualität aufrechterhalten und fungieren dabei als letzte Schutzinstanz gegen Fehlentwicklungen, Fehlversorgung und Pseudowissenschaft. Diese Rolle ist existenziell für das Gesundheitssystem, wird aber weder ausreichend anerkannt noch angemessen honoriert.
Hinzu kommen die erheblichen Risiken durch Abrechnungsbetrug und nicht fachgerechte Leistungen, die im vergangenen Jahr Rekordschäden bei der KKH verursacht haben. Diese Fälle sind nicht nur ein finanzielles Problem, sondern greifen tief in die Patientensicherheit ein und verdeutlichen die Schwachstellen des Systems. Apotheken werden damit nicht nur als Dienstleister, sondern als Wächter der Versorgung in Anspruch genommen, ohne dass sie hierfür ausreichend Ressourcen oder Schutz erhalten. Diese Diskrepanz führt zu einer Überforderung der Betriebe und gefährdet mittelfristig die Versorgungsqualität.
Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Führungswende notwendig. Es braucht eine wirtschaftliche Haltung auf allen Ebenen der Versorgung, die klare Verantwortung übernimmt und den Akteuren vor Ort die notwendige Sicherheit und Unterstützung gibt. Regulatorische Schwächen müssen geschlossen und digitale Transformationsprozesse so gestaltet werden, dass sie die Versorgung stärken, statt sie zu belasten. Gleichzeitig müssen Ausbildungsdefizite angegangen und Beratungspflichten klar definiert werden, um die Qualität der Versorgung langfristig zu sichern.
Die Führungsspitze im Gesundheitssystem muss erkennen, dass Versorgung keine abstrakte Aufgabe ist, sondern eine reale, menschliche und komplexe Herausforderung, die nur mit verbindlicher Steuerung und systematischer Verantwortung zu bewältigen ist. Ohne diese Einsicht droht die Versorgung, die heute noch funktioniert, in den nächsten Jahren erheblich zu erodieren. Die Zeit für Lippenbekenntnisse ist vorbei; es bedarf mutiger Entscheidungen, klarer Prioritäten und konsequenter Umsetzung.
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss. Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln. Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist. Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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