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  • 23.07.2025 – Recht fordert Umsteuerung, Politik laviert, Versorgung wird zur Systemfrage
    23.07.2025 – Recht fordert Umsteuerung, Politik laviert, Versorgung wird zur Systemfrage
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Apotheken-Nachrichten zur aktuellen Rechtssituation: Das BGH-Urteil entfacht neue Rabattaktionen – Versender wird abgemahnt, Apotheken...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Recht fordert Umsteuerung, Politik laviert, Versorgung wird zur Systemfrage

 

Wie der BGH die Preisbindung neu justiert, Versender wieder Rabatte wagen und Apotheken zwischen Retaxation, ePA-Zwang und Strukturversagen navigieren

Apotheken-News: Bericht von heute

Wenn Gerichte rückwärts urteilen, Plattformen nach vorne drängen und Krankenkassen selbst Vorschläge ignorieren, dann offenbart sich ein Versorgungssystem, das sich selbst entzieht – Apotheken stehen im Zentrum eines strukturellen Vakuums zwischen Digitalzwang, Retaxationspraxis und Preisrechtsillusion, während politische Reformen an ihrer Funktion vorbeigehen, ökonomische Zumutungen real werden und neue Marktakteure durch Werbeoffensiven Sichtbarkeit gewinnen, ohne Verantwortung zu übernehmen; der jüngste BGH-Beschluss zur Preisbindung verschärft diese Lage nicht durch juristische Neuregelung, sondern durch strategische Fehlinterpretation, mit der ausländische Versender sich neue Rabattspielräume verschaffen – die Apothekerkammer Nordrhein hat darauf mit einer offiziellen Abmahnung gegen einen niederländischen Anbieter reagiert, der mit neuen Rabatten auf rezeptpflichtige Arzneimittel warb – Apotheken geraten dadurch nicht nur unter betriebswirtschaftlichen, sondern unter versorgungspraktischen Druck, weil sie gleichzeitig für Datensysteme haften, für Versorgungsfehler aus anderen Betrieben geradestehen und parallel gefährliche Social-Media-Trends, Lieferengpässe und haftungsrechtliche Risiken abfangen müssen, ohne dafür angemessen abgesichert oder politisch eingebunden zu sein – was bleibt, ist ein System, das rettungslos auf Überdehnung gebaut ist und den Sicherstellungsauftrag rhetorisch beschwört, aber in der Praxis immer weiter nach unten delegiert.


Wenn sich Recht nicht mehr an Zukunft orientiert, sondern an Fallarchäologie, wenn Politik nicht mehr aktiv steuert, sondern zögert, und wenn Unternehmen in der Grauzone zwischen legaler Lücke und moralischer Verantwortung operieren, dann entsteht ein Vakuum, das vor Ort nur eine Instanz zu füllen versucht – die Präsenzapotheke. Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs zur Preisbindung bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln hat keine neue Gesetzeslage geschaffen, aber eine alte Instabilität neu aktiviert. Obwohl es sich juristisch um einen Altfall handelt, deuten ausländische Versandapotheken das Urteil als grünes Licht für neue Rabattaktionen. Die Apothekerkammer Nordrhein hat bereits eine Abmahnung verschickt, aber der Schaden ist strategisch: Wo ein einzelnes Urteil zur Auslegungsoffensive wird, verliert das Gesamtsystem an Verbindlichkeit. Präsenzapotheken geraten damit unter Druck – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch moralisch. Sie sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, künstlich teurer zu sein, obwohl sie in Wirklichkeit strukturell unterfinanziert und operativ überlastet sind. Selbst innerhalb der Krankenkassen wächst das Unbehagen: Dirk Bürger vom AOK-Bundesverband schlägt einen Sicherstellungszuschlag für Präsenzapotheken vor – doch in seiner eigenen Organisation findet er damit kein Gehör. Dieser Widerspruch markiert das Zentrum der aktuellen Systemkrise: Eine Versorgung, die noch funktioniert, obwohl die Koordination längst versagt.

Vor Ort manifestiert sich dieses Versagen in der täglichen Praxis. Es sind keine politischen Prinzipien und auch keine rechtstheoretischen Debatten, die den Takt vorgeben, sondern technische Friktionen, bürokratische Hemmnisse und fehlende Verlässlichkeit. Ab Oktober wird die elektronische Patientenakte für Apotheken verpflichtend – eine Maßnahme, die nicht nur technologisch, sondern auch ökonomisch zur Belastung wird. Wer bis dahin nicht vollständig funktionsfähig angeschlossen ist, dem droht eine Kürzung der TI-Pauschale. Doch viele Apotheken kämpfen mit instabilen Systemen, überforderten Anbietern und einer Telematikinfrastruktur, die den Namen kaum verdient. Die Pflicht zur digitalen Anbindung wird damit zur Sanktionsgrundlage – nicht zur Versorgungsverbesserung. Dass diese Dynamik nicht theoretisch bleibt, zeigt der Alltag: Jede kleine Abweichung kann zur Retaxation führen. So etwa im Fall einer Delmenhorster Apotheke, die Kompressionsstrümpfe ordnungsgemäß abgibt, nur um dann eine Rückforderung zu erhalten, weil die Patientin bereits bei anderen Apotheken versorgt worden war. Die Mitarbeiter bestätigen: Ein Abgleich war faktisch unmöglich, die Daten lagen nicht vor. Trotzdem trägt die Apotheke die volle Haftung. Das System fordert Kontrolle, ohne Kontrolle zu ermöglichen. Es bestraft retrospektiv und fordert dabei eine Perfektion, die es selbst nicht liefert.

Gleichzeitig türmen sich die Belastungen auf struktureller Ebene. Die Krankenhausreform, die gerade in der Nachjustierung ist, verspricht Qualität und Konzentration – doch in der Realität bleiben gerade die dezentralen Versorgungsebenen unberührt oder werden systematisch übersehen. Apotheken spielen in den Reformpapieren bestenfalls eine Randrolle. Dabei sind sie es, die das Übergangsmanagement zwischen stationär und ambulant in vielen Fällen auffangen. Anstatt die Rolle der Präsenzapotheken im System neu zu definieren und strukturell zu stärken, wird ihre Existenzfähigkeit untergraben – durch mangelnde digitale Unterstützung, durch politische Ambivalenz und durch eine ökonomische Logik, die den Zusatzaufwand ignoriert. Zugleich expandieren Plattformanbieter, digitale Start-ups und neue Gesundheitsdienstleister mit aggressiven Geschäftsmodellen – häufig außerhalb klassischer Regulierungsgrenzen. So etwa im Fall von Probiotikaanbietern wie Mybacs, die mit plakativen Abo-Modellen und prominenter Werbewirkung auftreten, aber keiner vergleichbaren Aufsicht unterliegen wie Apotheken. Das Marktversprechen ersetzt Versorgungssicherheit – und das System sieht tatenlos zu.

Auch die Krankenkassen geraten in einen gefährlichen Spagat. Einerseits fordern sie Kontrolle, Effizienz und Nachweisbarkeit – andererseits ignorieren sie die strukturelle Überforderung derer, die diese Leistung erbringen sollen. Die KKH meldet einen Rekordschaden durch Abrechnungsbetrug: 5,4 Millionen Euro – verursacht durch Fantasiekurse, nicht erbrachte Leistungen und mutmaßlich manipulierte Medikation. Die Aussage, wonach selbst schwerkranke Patient:innen gepanschte Medikamente erhalten haben könnten, ist nicht nur ein Skandal, sondern eine Anklage gegen das gesamte System. Währenddessen stehen Apotheken mit realen Patienten am HV-Tisch, sollen erklären, korrigieren, ersetzen – und dürfen dabei keine Fehler machen. Denn Fehler bedeuten Kürzung, Risiko, Haftung. In einer Realität, in der Plattformanbieter juristisch unangreifbar erscheinen, werden Apotheken zur moralischen Restinstanz einer zunehmend entfesselten Versorgungskette.

Selbst scheinbar banale Entwicklungen spiegeln diese systemische Entgleisung. Auf Social Media kursiert derzeit das „Jodgitter“ – ein selbst gemaltes Heilmittel, das mit Jodsalbe oder Lugol’scher Lösung auf die Haut gezeichnet wird, um Beschwerden zu lindern. Dahinter steckt keine Evidenz, sondern ein viraler Trend – aber einer, der reale Nebenwirkungen haben kann: von allergischen Reaktionen bis zur Störung der Schilddrüsenfunktion. Wer klärt auf? Wer fängt ab? Wieder sind es die Apotheken. Doch anstatt als strukturtragende Einrichtungen systemisch eingebunden zu werden, werden sie als bloße Leistungserbringer betrachtet – mit allen Pflichten, aber ohne gestalterische Rechte.

Und dann sind da noch die Lieferengpässe – etwa bei Salbutamol-Dosieraerosolen. Monatelang war die Versorgung instabil, Importe mussten einspringen. Patienten zahlten drauf. Erst als die Barmer ihre Bereitschaft zur Kostenübernahme erklärte, folgten DAK und KKH. Doch was sagt es über ein Versorgungssystem aus, wenn Kulanzaktionen von Kassen über Versorgungsstandard entscheiden? Es gibt keine verlässliche Reaktionsarchitektur – nur spontane Einzelentscheidungen. Apotheken sind in diesem Prozess nicht Partner, sondern Puffer. Sie sichern ab, was strukturell nicht gesichert ist – und sie werden sanktioniert, wenn sie dabei ins Straucheln geraten. Der Begriff des „Sicherstellungszuschlags“, wie ihn Dirk Bürger vorgeschlagen hat, ist dabei mehr als eine Finanzierungsidee. Er ist ein Hinweis auf ein Gerechtigkeitsdefizit, das das System nicht länger verdrängen kann.

Während sich Großkonzerne wie Roche mit der Umstellung ihrer Kapitalstruktur auf Partizipationsscheine für die Zukunft rüsten, bleibt die Versorgungsbasis im analogen Kampf um Stabilität stecken. Digitalisierung, Automatisierung, Modernisierung – alles Begriffe, die in der Apothekenrealität mit Misstrauen belegt sind. Zu oft bedeutete „Digitalisierung“ nicht Vereinfachung, sondern neue Kontrolle. Zu oft hieß „Reform“ nicht Unterstützung, sondern Belastung. Zu oft wurde „Modernisierung“ zur Floskel, hinter der sich Rückzug verbarg. Und so erleben wir eine paradoxe Situation: Ein System, das sich nach außen modern gibt, agiert innen wie ein Apparat der Selbstentwertung. Es spricht von Transparenz, aber verweigert Einsicht. Es fordert Innovation, aber scheut Konsequenz. Es lobt die Versorgung, aber schützt sie nicht.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.

Wer heute über Versorgung spricht, darf nicht mehr über Zuständigkeiten debattieren – sondern muss Verantwortung einfordern. Nicht abstrakt, nicht formelhaft, sondern konkret, strukturell, verbindlich. Die Preisbindung ist nicht das Problem – sie ist das Symptom eines Systems, das Orientierung verloren hat. Die Apotheke vor Ort ist nicht zu teuer – sie ist unterfinanziert, überlastet, untergeschützt. Und das Recht? Es muss nicht nur regeln, sondern führen. Wenn Urteile zu strategischer Beliebigkeit führen, dann ist ihre Klarheit wertlos. Politik muss wieder Linie zeigen. Nicht im Stil, sondern in der Substanz. Nicht im Wahlkampf, sondern im Versorgungskern. Denn Versorgung ist kein Feld für marktwirtschaftliche Experimente, sondern ein Raum für demokratische Verlässlichkeit. Apotheken sind keine Variable – sie sind Fundament. Wer das nicht erkennt, wird nicht Reformen schaffen, sondern Verantwortung verspielen. Und wer Verantwortung verspielt, kann kein Vertrauen erwarten. Auch nicht von denen, die täglich an der Basis das retten, was von der Struktur nicht mehr gehalten wird.

 

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