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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken-News: Bericht von heute
Der Bundesgerichtshof verlangt evidenzbasierte Nachweise dafür, dass ein Verbot von Rx-Boni ausländischer Versandapotheken die Versorgung sichert – ein Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung, der den Patientenschutz entkernt und Apotheken unter Rechtfertigungsdruck setzt, obwohl eine aktuelle Studie nun erstmals empirisch belegt, dass ein solches Boni-Verbot sehr wohl positive Effekte auf Präsenzapotheken, Apothekendichte und Versorgungsqualität entfaltet, was jedoch in ein zunehmend widersprüchliches Marktgefüge eingebettet ist, in dem Plattformen wie Gesund.de Marktanteile aufbauen, während sie gleichzeitig keine genossenschaftliche Kontrolle durch Apotheken gewährleisten und gesetzliche Krankenkassen wie die Innovationskasse neue Wahltarife einführen, die faktisch eine private Parallelversorgung ermöglichen, obwohl dies bislang politisch abgelehnt wurde, was wiederum zeigt, dass Apotheken künftig in einem Spannungsfeld agieren müssen, das zwischen regulatorischer Stabilität, strategischer Plattformbindung und gesundheitspolitischer Fragmentierung oszilliert – eine Entwicklung, die nicht nur ökonomisch, sondern auch ethisch und versorgungspolitisch neu verhandelt werden muss.
Der Bundesgerichtshof hat gesprochen – und das Echo reicht weit über den Gerichtssaal hinaus. In seiner aktuellen Entscheidung zur Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat der BGH klargemacht: Solange keine harten empirischen Daten vorliegen, die belegen, dass das Boni-Verbot für ausländische Versandapotheken zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung notwendig ist, sieht das Gericht keinen Anlass, das Verfahren wieder zu eröffnen. Es ist ein Paradigmenwechsel im juristischen Denken – weg von normativer Vorsorgepolitik, hin zur Beweispflicht für Versorgungsschutz.
Der richterliche Maßstab lautet nicht mehr: „Was gefährdet werden könnte, muss präventiv geschützt werden“, sondern: „Was nicht belegt ist, gilt als nicht existent.“ Ein argumentativer Nullpunkt, der für Apotheken nicht nur gefährlich, sondern geradezu paradox ist – denn flächendeckende Versorgung ist systemisch gesehen ein Möglichkeitsraum, kein messbares Produkt.
Doch eine neue Studie bringt nun Bewegung in diese scheinbar abgeschlossene Sache. Im Auftrag eines gesundheitspolitischen Forschungskonsortiums wurde erstmals systematisch untersucht, wie sich ein konsequentes Verbot von Rx-Boni auf die wirtschaftliche Lage und Versorgungsfunktion von Vor-Ort-Apotheken auswirkt. Das Ergebnis ist eindeutig: Regionen mit klar durchgesetztem Boni-Verbot verzeichnen signifikant stabilere Apothekenzahlen, geringere Schließungsraten und eine messbar höhere Versorgungsdichte – insbesondere in ländlichen Räumen. Parallel steigt die Zahl pharmazeutischer Dienstleistungen, die Beratungsdauer nimmt zu, Medikationsanalysen werden häufiger durchgeführt. Besonders vulnerabel versorgte Gruppen wie chronisch Erkrankte, geriatrische Patient:innen oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität profitieren nachweislich von einer stabileren Apothekenstruktur.
Die Studie stützt sich auf ein Mixed-Methods-Design: Neben einer quantitativen Datenanalyse über die letzten fünf Jahre wurden Interviews mit Apothekenleiter:innen, Versicherten, Ärzten und regionalen Kassenvertretern geführt. Die qualitative Auswertung zeigt, dass der Verlust von Rx-Boni durch Versandapotheken nicht nur ökonomische Wettbewerbsverzerrung bedeutet, sondern in vielen Fällen einen Bruch im Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Versorgungspunkt zur Folge hatte. Apotheken berichten, dass Patient:innen mit Rezepten für hochpreisige Arzneimittel gezielt nach Boni fragen – und bei Verneinung die Versorgung abbrechen oder verzögern. Das bedroht nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Therapietreue.
Doch obwohl diese Ergebnisse nun vorliegen, bleibt der rechtliche Rahmen weiter starr. Denn der EuGH hatte bereits 2016 in der Rechtssache DocMorris gegen das Bundesamt für Arzneimittel entschieden, dass die deutsche Preisbindung nicht mit der EU-Warenverkehrsfreiheit vereinbar sei – zumindest nicht für ausländische Versender. Diese Linie hat der BGH nun faktisch übernommen und verlangt einen empirischen Nachweis, dass das nationale Modell ohne Boni im Interesse der Versorgung erforderlich sei. Doch wie soll man die Zukunft beweisen? Wie soll man belegen, dass etwas, das vermieden wurde, eine Gefahr gewesen wäre?
Der juristische Zirkelschluss ist offensichtlich – und für viele Apotheker:innen eine Zumutung. Noweda-Chef Dr. Michael P. Kuck spricht von einem „Abstellen des Patientenschutzes auf dem Nebengleis“ und einer faktischen Umkehrung der Beweislast. Auch der Verband Pharma Deutschland warnt: Die wirtschaftliche Stabilität der Vor-Ort-Apotheken sei elementar für eine gerechte Versorgung, nicht zuletzt auch für die Umsetzung pharmazeutischer Dienstleistungen und die Impfkompetenz vor Ort. Wenn Apotheken jedoch durch Boni unter Druck gesetzt werden, geraten Gemeinwohlaufgaben ins Hintertreffen.
Gleichzeitig verschieben sich die tektonischen Platten im System: Plattformanbieter wie Gesund.de bauen ihre Reichweite massiv aus. Mit inzwischen mehr als 5000 angeschlossenen Apotheken und einem Außenumsatz im dreistelligen Millionenbereich stilisiert sich Gesund.de zur digitalen Leitapotheke. Doch die Plattform gehört nicht den Apotheken selbst, sondern Konzernstrukturen wie Phoenix oder Noventi – also Unternehmen mit eigenen Interessenlagen, die nicht notwendigerweise auf Versorgungssicherung zielen, sondern auf Marktkapitalisierung, Datenaggregation und Prozessstandardisierung.
Das strukturelle Risiko liegt in der Abhängigkeit: Apotheken geben ihre digitale Sichtbarkeit, ihren Zugang zu Kundendaten und teils auch ihre Logistik an Plattformen ab, ohne nennenswerte Kontrolle über Algorithmen, Margen oder Geschäftsmodelle zu behalten. Damit wiederholt sich ein bekanntes Muster der Plattformökonomie – die Konzentration von Infrastrukturmacht bei wenigen Akteuren, während die Wertschöpfung bei den vielen stattfindet. Der Traum von der Plattform als neutralem Marktplatz entpuppt sich als strategische Fessel.
Noch brisanter wird das Bild, wenn man auf die Entwicklungen in der GKV blickt. Die Innovationskasse hat unter dem Titel „Facharzt privat“ ein Modell eingeführt, das gesetzlich Versicherte zu Halb-Privatpatienten macht. Gegen eine jährliche Prämie von 400 Euro und einen Selbstbehalt von 800 Euro erhalten Versicherte die Möglichkeit, sich beim Facharzt wie Privatversicherte behandeln zu lassen – mit Abrechnung nach GOÄ und einer Erstattung von 50 Prozent durch die Kasse.
Was als Wahlfreiheit verkauft wird, markiert in Wahrheit eine tektonische Verschiebung im solidarischen Versorgungssystem. Wer mehr zahlt, bekommt mehr – das ist keine neue Erkenntnis, aber eine neue Praxis in der GKV. Das Bundesgesundheitsministerium hatte ähnliche Vorschläge in der Vergangenheit noch zurückgewiesen – nun etabliert sich eine parallele Versorgungsstruktur, in der ärztliche Leistung, Wartezeit und Behandlungskomfort käuflich werden. Die gesetzliche Versicherung bleibt zwar erhalten – aber in der Praxis entsteht ein Zwei-Klassen-System, das sich zunehmend professionalisiert.
Was bedeutet das für Apotheken? Sie geraten in ein neues Spannungsfeld: einerseits als Leistungserbringer für standardisierte Versorgung, andererseits als Ansprechpartner für hybrides Patientenverhalten. Wer künftig Rezepte einlöst, kommt mit Fragen nach Erstattungshöhen, Wahltarifen, Plattformverfügbarkeit – und erwartet Beratung, die nicht nur pharmakologisch, sondern auch versicherungslogistisch kompetent ist. Das verändert nicht nur den Alltag, sondern das Rollenverständnis der Offizin grundlegend.
Auch innerhalb der Apotheken verändern sich die Rahmenbedingungen. Das Arbeiten im Homeoffice, bislang vor allem ein Thema für Verwaltung und Abrechnung, gewinnt auch im pharmazeutischen Umfeld an Bedeutung. Doch die rechtlichen Hürden sind hoch: Arbeitszeitgesetz, Datenschutzrecht und Apothekenbetriebsordnung schließen pauschale Lösungen aus. § 7 ApoG, § 3 Abs. 4 und § 20 ApoBetrO definieren klar, was anwesende Verantwortung und räumliche Präsenz bedeutet. Die Bundesapothekerkammer hat zwar Handlungsempfehlungen formuliert – doch in der Praxis bleiben viele Betriebe in einem Graubereich, der rechtlich angreifbar ist und organisatorisch überfordert.
Am Horizont zeigen sich zudem medizinische Perspektiven, die das Versorgungsbild noch komplexer machen. Forschende der University of Pennsylvania haben im Schimmelpilz Aspergillus flavus – eigentlich ein gefürchteter Krankheitserreger – Moleküle mit potenzieller Wirksamkeit gegen Leukämie entdeckt. Was früher als Gift galt, wird heute als Therapiequelle erschlossen. Diese paradoxe Kehrtwende steht sinnbildlich für die Lage des Versorgungssystems: Was einst als stabil galt, wird nun infrage gestellt. Was als gefährlich galt, erscheint als mögliche Lösung. Es ist ein System im Umbruch – und die Apotheke steht mittendrin.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.
Die Apotheke ist nicht mehr nur ein Ort der Arzneiabgabe, sondern ein Kreuzungspunkt systemischer Entwicklungen – rechtlich, ökonomisch, versorgungspolitisch. Der BGH verlangt Beweise, aber was er fordert, ist mehr als Statistik. Es ist der Versuch, ein kulturelles Prinzip in Zahlen zu übersetzen: die Gleichheit des Zugangs, die Verlässlichkeit im Alltag, die Sicherheit im Ernstfall. All das wird nun zur Verhandlungsmasse – vor Gericht, auf Plattformen, in Kassentarifen. Die Frage ist nicht, ob Apotheken überleben. Sondern ob die Gesellschaft noch weiß, was sie an ihnen hat.
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