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  • 17.07.2025 – Recht entscheidet über Marktwege, Prämien lenken Arzneikäufe, Apotheken verlieren Preisautorität
    17.07.2025 – Recht entscheidet über Marktwege, Prämien lenken Arzneikäufe, Apotheken verlieren Preisautorität
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Der BGH erlaubt Boni bei EU-Versendern, zieht aber bei Payback-Punkten die Grenze: Während DocMorris mit 15 Euro wirbt, müssen Apotheken...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Recht entscheidet über Marktwege, Prämien lenken Arzneikäufe, Apotheken verlieren Preisautorität

 

Wie der BGH Boni für Versender erlaubt, Payback-Punkte reglementiert und mit dem Urteil zur Preisbindung die Grundordnung des Apothekenmarkts neu justiert

Apotheken-News: Bericht von heute

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ausländische Versandapotheken nicht an die deutsche Preisbindung gebunden sind – und damit einen Systembruch bestätigt, der das Gleichgewicht im Arzneimittelmarkt dauerhaft verschiebt, denn während Anbieter wie DocMorris Boni von bis zu 15 Euro pro Medikament ausloben dürfen, wird Apotheken vor Ort schon eine Payback-Gutschrift über einen Euro untersagt, was eine strukturelle Wettbewerbsverzerrung erzeugt, die durch Recht legitimiert, aber politisch nicht ausgeglichen wird, denn obwohl die Preisbindung über § 129 SGB V sozialrechtlich verankert wurde, reicht das weder dem BGH noch dem Markt als Grundlage, um das europäische Boni-Prinzip auszubremsen, was zur Folge hat, dass Beratung an Relevanz verliert, Rabatt an Steuerungskraft gewinnt und die Patientinnen und Patienten zu Empfängern eines Systems werden, das ökonomisch effizient, aber versorgungsethisch unterkomplex bleibt, während die Politik zwischen Marktfreiheit und Strukturverantwortung laviert, ohne das gesundheitspolitische Gleichgewicht neu zu definieren, das in einer zunehmend asymmetrischen Versorgungsarchitektur weder durch Paragraphen noch durch Appelle gesichert werden kann.


Wenn ein Urteil nicht einfach nur entscheidet, sondern Strukturen neu sortiert, wenn Recht nicht nur spricht, sondern Geltung umcodiert, und wenn Märkte sich nicht mehr an Regeln orientieren, sondern an Schlupflöchern, dann entsteht ein Raum, in dem Versorgung zur Funktion von Wettbewerbsfreiheit wird und Sicherheit zu einem Argument für Marketing. Genau das ist mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geschehen – und genau deshalb ist dieses Urteil kein Randphänomen, sondern ein struktureller Kipppunkt. Dass ausländische Versandapotheken wie DocMorris oder Shop Apotheke künftig Boni von bis zu 15 Euro pro Medikament gewähren dürfen, während Apotheken vor Ort an nationale Preisbindungsvorgaben gebunden bleiben, zementiert ein System asymmetrischer Geltung. Das Prinzip „Gleiches Produkt – gleiche Regeln“ gilt nicht mehr. Stattdessen gilt: „Gleiche Arznei – unterschiedliche Rechte, je nach Unternehmenssitz und Vertriebsweg.“

In der juristischen Formulierung erscheint das nüchtern: Der BGH sieht keine Notwendigkeit, die Frage der Preisbindung erneut dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Damit wird keine neue Rechtslage geschaffen, aber die bestehende gefestigt. Und genau das hat Folgen: Die durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeführte Verlagerung der Preisbindung vom Arzneimittelgesetz (§ 78 AMG) ins Sozialgesetzbuch (§ 129 SGB V) reicht aus Sicht der Karlsruher Richter nicht aus, um die EuGH-Entscheidung von 2016 zu unterlaufen. Die damalige Feststellung, dass Boni für ausländische Anbieter zulässig seien, bleibt damit in Kraft – auch unter verändertem gesetzgeberischem Rahmen. Das ist rechtlich konsequent und politisch verheerend.

Denn es bedeutet: Die zentrale Verteidigungslinie der ABDA und der Landesapothekerverbände – die Preisbindung als Versorgungsinstrument – verliert ihre Legitimität in der Auseinandersetzung mit europäischen Marktprinzipien. Sie wird nicht beerdigt, aber entleert. Aus einer verbindlichen Norm wird eine optionale Orientierung. Aus einer Schutzfunktion wird ein Wettbewerbsnachteil. Und aus einer gesundheitspolitischen Idee wird ein taktischer Ballast, der strukturell kaum noch trägt.

Gleichzeitig entscheidet der BGH in einem weiteren Verfahren zur Werbewirkung von Payback-Punkten bei Medizinprodukten, dass eine Gutschrift über einen Euro hinaus nicht mehr als „geringwertige Kleinigkeit“ im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes gilt – und damit unzulässig ist. Während also ausländische Versandapotheken mit zweistelligen Bonusbeträgen um Rezeptkunden werben dürfen, unterliegen stationäre Leistungserbringer restriktiven Werbebeschränkungen – selbst dann, wenn es sich nicht um Arzneimittel, sondern um frei verkäufliche Gesundheitsprodukte handelt. Die Paradoxie ist offenkundig: Der Ort der Leistungserbringung, nicht deren Inhalt, entscheidet über die Regelungsdichte. Nationale Anbieter werden diszipliniert, europäische entgrenzt.

Für die betroffenen Apotheken ist das eine doppelte Belastung. Denn sie müssen nicht nur wirtschaftlich gegen ein wachsendes Prämienmarketing ankämpfen, sondern zugleich juristisch höchst differenziert zwischen erlaubten und verbotenen Gutschriften unterscheiden. Die Payback-Entscheidung zeigt: Schon bei einer Gutschrift von mehr als einem Euro greift das Wettbewerbsrecht in Kombination mit dem HWG – sofern nicht ein unmittelbarer Produktbezug besteht. Eine Abgrenzung, die in der Praxis kaum kontrollierbar ist und rechtlich höchst fehleranfällig bleibt. Für Apotheken bedeutet das: Der Versuch, Kundentreue über Bonusprogramme zu fördern, wird nicht nur regulatorisch, sondern auch haftungsrechtlich riskant.

Die Strategie der Versandapotheken hingegen ist klar: Die neue Rechtslage wird sofort umgesetzt – nicht als Zurückhaltung, sondern als Expansion. DocMorris schaltet Stunden nach dem Urteil sein neues Rezeptbonus-Modell frei, Redcare spricht von einem „Meilenstein“, Olaf Heinrich, CEO von Shop Apotheke, betont die Bedeutung des Urteils für die „Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten“. Die Versender besetzen das Framing: Boni sind kein Risiko, sondern eine Befreiung; der europäische Markt ist kein Problem, sondern ein Fortschritt. Versorgung wird hier zur Funktion von Verfügbarkeit, nicht von Beratung, zur Funktion von Komfort, nicht von Nähe. Die Frage, ob eine Struktur gerecht ist, stellt sich aus dieser Perspektive nicht. Relevant ist nur: Ist sie erlaubt?

Die ABDA reagiert vorsichtig. Präsident Thomas Preis betont die Bedeutung der sozialrechtlichen Preisbindung, äußert Bedauern über die Niederlage, aber hofft auf „eine genaue Segelanweisung“ des Gerichts für künftige Verfahren. Auch Dr. Hans-Peter Hubmann vom BAV gibt sich betont sachlich, verweist auf die noch ausstehende Urteilsbegründung und die Relevanz für die weiteren politischen Schritte. Doch unter der Oberfläche dieser Erklärungen brodelt die strategische Ratlosigkeit. Denn wenn Gerichte nicht mehr bereit sind, abstrakte Gefährdungsdelikte anzuerkennen – also rechtliche Verbote aufgrund möglicher, nicht bewiesener Risiken –, dann verlieren viele der bisherigen Argumentationsmuster ihre Wirkung. Die Aussage „Rabatte gefährden die Beratung“ reicht nicht mehr. Die Behauptung, „Boni untergraben die Versorgung“, muss nun bewiesen werden – empirisch, rechtlich, versorgungsethisch.

Rechtsanwältin Christiane Köber formuliert das pointiert: Der BGH fordere „harte Fakten“. Eine bloße Behauptung reiche nicht mehr. Wer die Marktöffnung rechtlich bekämpfen wolle, müsse künftig Zahlen liefern, Versorgungslagen dokumentieren, Wettbewerbswirkungen konkret belegen. Das ist keine juristische Spitzfindigkeit, sondern ein Grundsatzwechsel. Und er bedeutet: Die Verteidigung der Versorgung muss in die Offensive gehen – mit Forschung, Daten, Strukturstudien. Alles andere bleibt symbolisch.

Der politische Auftrag daraus ist unmissverständlich. Wer die Versorgung sichern will, darf sich nicht auf Paragrafen verlassen, die im Binnenmarktrecht keinen Bestand haben. Es braucht neue Konzepte: sozialrechtlich tragfähig, europarechtskonform, versorgungsorientiert. Der Hinweis auf das Sachleistungsprinzip der GKV reicht nicht mehr. Es muss gezeigt werden, warum wohnortnahe Apotheken strukturell notwendig sind – nicht nur als historische Institution, sondern als systemrelevanter Bestandteil eines gerechten Gesundheitswesens.

Derzeit jedoch dreht sich das System in die entgegengesetzte Richtung. Mit jeder neuen Bonuskampagne der Versender wird die Beratung entwertet, mit jedem untersagten Payback-Punkt in der Apotheke wird Kundenbindung erschwert. Die Regulierung trifft jene, die bleiben – und verschont jene, die sich entziehen. Die Gerichte liefern dafür die Legitimation – die Politik schweigt. Was bleibt, ist ein Markt in Schieflage: rechtlich kohärent, aber strukturell brüchig. Wer hier nicht gegensteuert, riskiert nicht nur Marktverzerrung, sondern Versorgungsverlust.

Am Ende steht nicht nur ein Urteil – sondern ein Auftrag. Wer Arzneimittelversorgung nicht dem Markt überlassen will, muss politische Verantwortung übernehmen. Nicht in Sonntagsreden, sondern in Gesetzestexten. Nicht durch Appelle, sondern durch Regelwerke. Nicht gegen Europa, sondern mit Europa. Aber mit Klarheit, mit Struktur, mit Haltung. Denn das Urteil des BGH ist nicht das Problem. Die Reaktion darauf wird es sein.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.

Dies ist kein Urteil, das die Debatte beendet – sondern ein Signal, das die Richtung vorgibt. Die Richter haben keine neuen Regeln geschaffen, aber bestehende in eine neue Ordnung gestellt. Wer sich auf Preisbindung berief, steht nun ohne Argument – nicht weil die Idee falsch, sondern weil ihre Begründung ungenügend war. Damit wird das Recht zur Plattform, aber nicht zur Versorgung. Es erlaubt, was möglich ist, nicht was notwendig wäre. Und es verlangt Beweise dort, wo bisher Haltung genügte. Das ist keine Absage an die Versorgung – sondern ein Strukturversagen der Politik, die zu lange glaubte, das Prinzip sei stärker als die Realität. Doch Prinzipien ohne Wirkung sind Narrative. Und Narrative ohne Nachweis sind keine Verteidigung.

Deshalb liegt die eigentliche Entscheidung jetzt nicht in Karlsruhe – sondern im Bundestag. Dort muss beantwortet werden, wie ein Gesundheitssystem aussehen soll, das flächendeckend, gerecht, zugänglich bleibt, wenn der Markt nicht mehr geordnet, sondern geöffnet wird. Wenn Rabatte lenken, wo Beratung sichern sollte. Wenn Plattformen entscheiden, wo Struktur Verantwortung trug. Wer dann noch glaubt, dass Recht und Realität sich zufällig annähern, verkennt die Dynamik. Denn der Markt wird handeln – sofort. Und die Politik? Sie hat nun eine letzte Chance, nicht nur zu regulieren, sondern zu gestalten. Wer sie nicht nutzt, riskiert nicht weniger als das Ende eines Versorgungsmodells, das auf Gleichheit setzte – und nun den Preis der Freiheit zahlt.

 

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