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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken-News von heute
Nach jahrelangem Warten hat das Amtsgericht Düsseldorf den Weg für eine Abschlagszahlung im AvP-Insolvenzverfahren freigegeben, während Pflegeeinrichtungen gleichzeitig an der verpflichtenden Telematik-Anbindung scheitern und Versorgungsapotheken mit wachsendem Aufwand kämpfen, denn von 100 Pflegeeinrichtungen verfügen nur etwa 60 über die notwendige TI-Zugangsstruktur, was den Rezeptfluss verlangsamt und die Sektorgrenzen erneut verschärft, gleichzeitig steigen die Anforderungen im Umgang mit elektronischen Rezepten weiter, etwa durch die verpflichtende Chargendokumentation ohne „KLINIK“-Ersatz, was für Krankenhausapotheken neue Haftungsrisiken birgt, parallel dazu verspricht die Haushaltspolitik zwar mehr Geld für das BMG, doch die Finanzierung auf Pump und das Ausbleiben dringend notwendiger Einzelmaßnahmen wie der Skontoreform oder einer Klarstellung im IKK-Hilfsmittelvertrag erzeugen ein Versorgungsfeld voller Unwuchten, Konflikte und blockierter Prozesse, in dem Apotheken wie so oft als Letzte haften und als Erste liefern müssen.
Gericht gibt AvP-Verteilung frei, Apotheken erhalten Ausgleich, Hoos kündigt Auszahlung für August an
Warum das Düsseldorfer Amtsgericht nun den Weg für eine Teilausschüttung ebnet, wie die Forderungsprüfung abgeschlossen wurde und welche Reserven für spätere Ansprüche bestehen
Nach jahrelangen Verzögerungen und intensiven juristischen Prüfungen hat das Amtsgericht Düsseldorf im Insolvenzverfahren des früheren Apothekenrechenzentrums AvP nun die Abschlagverteilung freigegeben. Damit ist der Weg für eine erste umfassendere Auszahlung an die betroffenen Apotheken frei. Bereits im März hatte Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos das sogenannte Verteilungsverzeichnis beim Gericht eingereicht, nun hat das Gericht die Summe der festgestellten Forderungen sowie den zur Verteilung stehenden Betrag öffentlich bekannt gemacht und das Verzeichnis zur Einsicht der Gläubiger niedergelegt. Die Auszahlung wird – vorbehaltlich der gesetzlichen Einwendungsfristen – voraussichtlich im August erfolgen.
Die geplante Ausschüttung basiert auf einer Vergleichsvereinbarung, die Ende 2023 mit fast allen betroffenen Apotheken geschlossen wurde. Im Rahmen dieses Vergleichs hatten die Gläubiger in drei Tranchen vorab rund 15,4 Prozent ihrer Forderungen als Abschläge erhalten. Im Gegenzug verzichteten sie auf die Geltendmachung möglicher Aussonderungsrechte. Die nun freigegebene Verteilung betrifft ausschließlich Forderungen, die „abschließend geprüft und uneingeschränkt zur Insolvenztabelle festgestellt“ wurden. Gläubiger mit noch bestrittenen oder erst später endgültig festgestellten Forderungen bleiben zunächst außen vor, sollen jedoch bei der Schlussverteilung berücksichtigt werden. Dafür wurden vom Insolvenzverwalter entsprechende Rückstellungen gebildet.
Im konkreten Fall ist eine Ausschüttungsquote von 26 Prozent auf die zur Tabelle festgestellten Forderungen vorgesehen. Angesichts der hohen Zahl an Forderungsanmeldungen – über 2.500 Einzelforderungen mussten auf ihre rechtliche und wirtschaftliche Stichhaltigkeit geprüft werden – hatte sich das Verfahren erheblich verzögert. Nun jedoch geht Hoos davon aus, dass der Auszahlungsprozess nach Ablauf der Einwendungsfrist starten kann. Gläubiger, deren Forderungen zwischenzeitlich durch Korrekturen oder neue Prüfungen verändert wurden, erhalten aktualisierte Auszüge aus der Insolvenztabelle.
Der Insolvenzverwalter weist darauf hin, dass die aktuelle Ausschüttung nur für Gläubiger mit endgültig festgestellten Ansprüchen gelte. Für streitige Forderungen oder solche, deren Prüfung noch nicht abgeschlossen ist, bleibe die Möglichkeit erhalten, in der späteren Schlussverteilung berücksichtigt zu werden. Die im Vergleich vereinbarte Verzichtserklärung auf Aussonderungsrechte steht dabei nicht einer quotenbasierten Beteiligung entgegen, sondern bildete vielmehr die rechtliche Grundlage für die jetzt möglichen Zahlungen.
Für viele Apotheken ist die Auszahlung überfällig. Die AvP-Pleite hatte 2020 bundesweit über 3.000 Betriebe getroffen und für Liquiditätskrisen bis hin zu Betriebsschließungen gesorgt. Seitdem ist das Vertrauen in zentrale Abrechnungsstellen massiv beschädigt. Die Verteilung, die nun ins Rollen kommt, ist daher nicht nur ein finanzieller Schritt, sondern auch ein Signal an die Branche: Die juristische Aufarbeitung schreitet voran – auch wenn sie Jahre dauert. Für die betroffenen Apotheken bedeutet der Augusttermin nun die Aussicht auf einen greifbaren Ausgleich für einen der schwersten Systemschocks der vergangenen Jahrzehnte im Apothekenwesen.
Digitale Versorgung stockt, Heime sind kaum TI-ready, Apotheken bleiben auf Umwegen angewiesen
Warum die Pflichtanbindung an die Telematik-Infrastruktur scheitert, wie Kommunikationsprobleme die Rezeptwege verlängern und was Versorgungsapotheken fordern
Die Digitalisierung der Pflegeversorgung in Deutschland droht an der Wirklichkeit zu scheitern: Obwohl seit dem 1. Juli 2025 Pflegeheime, ambulante Dienste und Tagespflegeeinrichtungen verpflichtet sind, sich an die Telematik-Infrastruktur (TI) anzuschließen, ist der Fortschritt ernüchternd. Nach Angaben der Gematik haben bislang lediglich rund 62 Prozent der Einrichtungen überhaupt eine SMC-B-Karte beantragt – das notwendige Zugangsmittel zur TI. Wirklich »TI-ready« sind damit die wenigsten. Die technische, organisatorische und rechtliche Komplexität stellt für viele Heime eine kaum überwindbare Hürde dar – und blockiert damit auch jene Verbesserungen, die eigentlich mit der sektorenübergreifenden Kommunikation erreicht werden sollten.
Insbesondere heimversorgende Apotheken geraten dadurch in eine doppelte Abhängigkeit: Zum einen können Ärztinnen und Ärzte auch bei der Heimversorgung ihre Verordnungen nicht direkt an die Apotheke senden – die Kommunikation über das sichere KIM-System ist ihnen gesetzlich untersagt, weil sie formal nicht Teil des Heimversorgungsvertrags sind. Zum anderen sind sie darauf angewiesen, dass das Heim in der Lage ist, die Verordnungen digital weiterzuleiten. Die Konsequenz ist eine instabile Dreiecksstruktur: Arztpraxis – Heim – Apotheke. In der Praxis bedeutet das häufige Verzögerungen, Medienbrüche und rechtliche Unsicherheiten bei der Übermittlung der E-Rezept-Token.
Die Bundesverbände der Versorgungsapotheken, insbesondere der BVVA, kritisieren diese Konstellation seit der Einführung des E-Rezepts und fordern eine gesetzliche Öffnung für eine direkte Kommunikation zwischen behandelnden Ärzten und der Vertragsapotheke – zumindest bei bestehenden Versorgungsverträgen. Doch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) blockiert: Die Zuständigkeit der Arztpraxen reiche nicht über die gesetzlichen Grenzen des Heimvertrags hinaus, direkte Token-Zuweisungen seien daher nicht erlaubt. Die Konsequenz ist ein digitales Kommunikationssystem, das ausgerechnet dort versagt, wo es besonders gebraucht wird – in der hochkomplexen und betreuungsintensiven Heimversorgung.
Ein weiteres Hindernis: Selbst wenn Heime bereits angeschlossen sind, ist der Umgang mit den neuen Strukturen nicht automatisch alltagstauglich. Das Einrichten von KIM-Adressen, das sichere Routing der Dokumente, die Schulung des Personals – all dies erfordert Ressourcen, Zeit und IT-Know-how, das in vielen Einrichtungen fehlt. Die Gematik verweist auf »laufende Umstellungsprozesse« und betont, dass sich Veränderungen nicht sofort in den Zahlen widerspiegelten. Diese Verschiebung ins Unbestimmte ist jedoch keine Antwort auf die Versorgungsprobleme, die Apotheken, Ärzte und Pflegekräfte täglich erleben.
Die strukturellen Defizite der TI-Anbindung gefährden somit die Effizienz und Rechtssicherheit in einem sensiblen Bereich der Gesundheitsversorgung. Während auf dem Papier die digitale Verordnung Realität sein soll, bleibt sie in der Praxis Stückwerk. Die Apotheken sind gezwungen, mit analogen Hilfsmitteln, ausgedruckten Token oder mündlichen Übermittlungen zu arbeiten, obwohl gesetzlich längst ein digitaler Ablauf vorgesehen ist. Diese Diskrepanz untergräbt nicht nur das Vertrauen in das System, sondern auch die Glaubwürdigkeit politischer Versprechen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Ein Ausweg wäre eine flexible, praxisnahe Regelung, die den Kommunikationsfluss vereinfacht, Apotheken als festen Teil der Versorgungskette integriert und Heime nicht mit überbordenden technischen Hürden alleinlässt. Solange aber weder das BMG noch die gematik in dieser Frage konkret nachsteuern, bleibt die digitale Versorgung von Pflegebedürftigen ein theoretisches Versprechen – ohne Anschluss an den Alltag.
Chargenpflicht ohne Ausnahme, Klinikkennzeichnung ungültig, Verlängerung beim Stellen bis Jahresende
Warum das E-Rezept jetzt volle Dokumentation erfordert, wieso das Wort „KLINIK“ nicht mehr zählt und welche technische Lücke beim Verblistern weiter besteht
Mit dem Ablauf der Friedenspflicht zur vereinfachten Chargendokumentation bei E-Rezepten ist ein zentrales Provisorium im Medikationsalltag entfallen: Seit dem 1. Juli dürfen Krankenhäuser und krankenhausversorgende Apotheken bei der Belieferung elektronischer Verordnungen nicht länger auf das Ersatzwort „KLINIK“ zurückgreifen. Die im Rahmen der Einführung des E-Rezepts zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband getroffene Vereinbarung zur temporären Duldung dieser vereinfachten Angabe ist ausgelaufen – eine Verlängerung wurde nicht vereinbart. Damit gilt: Für alle authentifizierungspflichtigen Arzneimittel muss nun die tatsächliche Chargenbezeichnung übermittelt werden, andernfalls drohen Retaxationen oder rechtliche Unsicherheiten bei der Abrechnung.
Der Schritt betrifft vor allem Krankenhausapotheken, die E-Rezepte ausstellen oder beliefern, und stellt eine erhebliche technische wie logistische Herausforderung dar. Denn anders als im regulären Apothekenbetrieb ist das Scannen des Securpharm-Codes in der klinischen Routine oft nur eingeschränkt möglich, etwa bei der automatisierten Arzneimittelabgabe oder der zentralen Lagerhaltung. Dass diese Ausnahmeregel nicht verlängert wurde, signalisiert ein Ende des Pragmatismus – und zugleich eine Belastung für jene Versorgungsstrukturen, die ohnehin stark beansprucht sind.
Anders liegt der Fall beim sogenannten „Stellen“ von Arzneimitteln, etwa im Rahmen der Heimversorgung oder des maschinellen Verblisterns. Hier hat der DAV gemeinsam mit dem GKV-Spitzenverband eine Verlängerung der Übergangsregelung durchgesetzt: Bis zum 31. Dezember 2025 dürfen Apotheken weiterhin das Wort „STELLEN“ als Platzhalter im Datenfeld der Chargenbezeichnung eintragen, sofern eine technische Übermittlung im jeweiligen Setting nicht möglich ist. Diese Regelung knüpft an die Änderungsvereinbarung aus Juli 2023 an, in der eine Frist bis Ende Juni vorgesehen war. Grund für die Verlängerung ist das fortbestehende Fehlen technischer Lösungen, insbesondere für automatisierte Prozesse im Verblisterungsbereich.
Ursprünglich war vorgesehen, innerhalb von zwei Jahren die technischen Voraussetzungen zur lückenlosen digitalen Chargenerfassung zu schaffen. Doch auch zum Fristende existieren keine einheitlichen Standards, keine funktionierenden Schnittstellen und keine verpflichtenden Verfahren, die eine rechtssichere Übermittlung aus der Verblisterung heraus ermöglichen würden. Daher bleibt Apotheken faktisch keine andere Wahl, als die Notlösung „STELLEN“ weiterhin zu verwenden – mit dem Segen der Krankenkassen, aber unter der permanenten Last einer technischen Versäumnisstruktur, die nicht in der Verantwortung der Leistungserbringer liegt.
Der Fall zeigt exemplarisch, wie politische Zeitvorgaben, fehlende Systemarchitektur und regulatorischer Druck zu widersprüchlichen Anforderungen führen können: Auf der einen Seite wird die vollständige digitale Abbildung der Arzneimittelabgabe eingefordert, auf der anderen Seite verweigert das System die dafür notwendige Infrastruktur. Dass für das Krankenhaussegment keine vergleichbare pragmatische Regelung mehr gilt, erhöht die Ungleichbehandlung innerhalb der Versorgung und schwächt den koordinierten Übergang ins elektronische Zeitalter.
Kritisch ist zudem, dass diese Regelungen tief in die Abrechnungssystematik eingreifen: Die Angabe „KLINIK“ reicht nun nicht mehr aus, um einer Dokumentationspflicht zu genügen – ein Detail, das bei fehlender technischer Umsetzung im Klinikalltag durchaus zu automatisierten Absetzungen führen kann. Apotheken und Krankenhausverwaltungen müssen sich daher dringend auf eine revisionssichere Lösung einstellen, die gleichzeitig den Vorgaben der Arzneimittelsicherheit und den Anforderungen der E-Rezept-Systeme gerecht wird. Solange aber zentrale Infrastrukturprobleme ungelöst bleiben, wird es auch künftig weitere Provisorien und Übergangsvereinbarungen brauchen – denn Versorgungssicherheit lässt sich nicht per Kalenderdatum digitalisieren.
Gesundheitsetat wächst, Verschuldung explodiert, Haushalt bleibt umstritten
Warum das BMG 2025 deutlich mehr Mittel erhält, der Bundestag im September Klarheit schaffen soll und die Kritik an der 143-Milliarden-Schuldensumme scharf ausfällt
Mit 19,3 Milliarden Euro soll das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im kommenden Jahr deutlich mehr Mittel erhalten als 2024 – ein Anstieg um rund 2,6 Milliarden Euro. Die Erhöhung gilt im Vergleich zum laufenden Etat von 16,7 Milliarden Euro als bemerkenswert, auch wenn der gesundheitspolitische Ausnahmeetat von 66,4 Milliarden Euro im Pandemiejahr 2022 weiterhin unerreicht bleibt. Dennoch: Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat mit der heutigen Vorstellung des Bundeshaushalts 2025 ein klares Signal gesetzt – mehr Investitionen für Gesundheit und Versorgung, gleichzeitig aber eine Finanzierung auf Pump, die die politische Debatte in Schärfe treibt. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sprach von einem »Haushalt für die Zukunft«, die Opposition von einem »finanzpolitischen Amoklauf«.
Im Bundestag präsentierte Klingbeil einen Gesamthaushalt mit Ausgaben von 503 Milliarden Euro – 26 Milliarden mehr als im Vorjahr. Möglich macht das ein massives Sondervermögen von 500 Milliarden Euro, das nach dem Bruch der Ampelkoalition den Übergang zur neuen Bundesregierung stabilisieren sollte. Doch die Neuverschuldung von 143,1 Milliarden Euro steht im Fokus der Kritik. Die AfD wirft der Regierung vor, mit Geld zu arbeiten, »das wir gar nicht haben«. Jeder vierte Euro im Etat stamme aus neuen Schulden, so der haushaltspolitische Sprecher Michael Espendiller. Auch die Grünen kritisieren, dass die Verschuldung zwar hoch, aber nicht strategisch eingesetzt sei. Sebastian Schäfer beklagte, dass Zukunftsinvestitionen kaum Raum bekommen, während bestehende Programme in Schattenhaushalte ausgelagert würden.
Das Bundesgesundheitsministerium liegt im Ressortvergleich an siebter Stelle. Den größten Einzelposten stellt mit 16,8 Milliarden Euro ein Bundeszuschuss an die Gesetzliche Krankenversicherung dar. Für Präventionsmaßnahmen und die Förderung von Gesundheitsverbänden sind 959 Millionen Euro vorgesehen, Pflegevorsorge und soziale Sicherung sollen mit 581 Millionen Euro unterstützt werden. Das Robert-Koch-Institut erhält 192 Millionen Euro. Damit setzt sich der Trend zu einer allmählichen Rückkehr in die gesundheitspolitische Normalität fort – nach den pandemiebedingten Ausnahmeetats und dem abrupten Rückgang im Folgejahr.
Für Ministerin Nina Warken (CDU), die dem Gesundheitsressort seit dem Regierungswechsel vorsteht, ist der Haushaltsentwurf ein doppeltes Signal. Einerseits steigt der Etat, was bei den Ressortverhandlungen nicht selbstverständlich war. Andererseits bleibt das BMG damit weiter deutlich hinter Ministerien wie Arbeit und Soziales (176 Milliarden Euro) oder Verteidigung (62 Milliarden Euro) zurück. Für Warken ergibt sich daraus die Aufgabe, mit begrenzten Mitteln maximalen Wirkungsspielraum zu gewinnen – insbesondere in den Bereichen Versorgungssicherung, Digitalisierung und Prävention, wo die Erwartungen hoch, aber die strukturellen Probleme ungelöst sind.
Der politische Ausblick bleibt spannend: Der Haushaltsentwurf soll bis Mitte September im Bundestag finalisiert werden – also exakt zur Woche des Deutschen Apothekertags (DAT), an dessen Eröffnung Warken persönlich teilnehmen will. Ob sie dort bereits mit finalen Zusagen zur Apothekenreform, zur Digitalisierung oder zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen auftritt, bleibt offen. Klar ist aber: Der Haushalt schafft die Rahmenbedingungen, an denen sich alle weiteren gesundheitspolitischen Schritte messen lassen müssen.
Die Bundesregierung bewertet den Entwurf als Beleg für Investitionsbereitschaft in zentrale Zukunftsfelder. Klingbeil betonte, es gehe um Arbeitsplätze, wirtschaftliche Stabilität und sozialen Zusammenhalt. Doch die politische Wirklichkeit bleibt fragmentiert: Während die große Koalition Handlungsfähigkeit demonstrieren will, bleibt der Spagat zwischen Ausgabensteigerung, Schuldenbremse und gesellschaftlicher Spaltung ein offenes Risiko – zumal schon jetzt die Gespräche für den Haushalt 2026 vorbereitet werden.
Skonto bleibt gedeckelt, Reformpaket soll warten, Apotheken fordern Tempo
Warum die Rücknahme der Skonto-Deckelung politisch gebremst wird, Tanja Machalet auf eine Gesamtlösung setzt und Ministerin Warken beim DAT liefern muss
Die Rückkehr zu alten Skontopraxiszeiten bleibt für Apotheken vorerst Wunschdenken – und das, obwohl eine solche Maßnahme technisch einfach per Verordnung umzusetzen wäre. Doch die Bundesregierung will die Frage offenbar nicht isoliert behandeln. Statt einer kurzfristigen Soforthilfe kündigt sich eine umfassende Apothekenreform an – mit offenem Zeitplan und vielen Fragezeichen. Die SPD-Abgeordnete Tanja Machalet, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und Apothekenberichterstatterin ihrer Fraktion, machte nun deutlich, dass sie eine »Lösung aus einem Guss« für das richtige Vorgehen hält. Auch Unions-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt hatte in ähnlicher Weise auf ein integriertes Reformpaket gepocht.
Für die Apotheken bedeutet das: weiter warten. Und das trotz akuter wirtschaftlicher Not und trotz des politischen Rückenwinds, den die Koalition aus Union und SPD mit ihrem Vereinbarungspapier eigentlich vermittelt hatte. In diesem Papier – Ergebnis der schwarz-roten Arbeitsgruppe Gesundheit – wurde neben einem höheren und dynamisierten Fixum auch die Aufhebung der Skonto-Deckelung angekündigt. Dass nun ausgerechnet diese vergleichsweise einfach zu hebende Bremse nicht kurzfristig gelockert wird, zeigt, wie stark politische Symbolik und Verhandlungstaktik auch in dieser Detailfrage wirken. Denn rechtlich bräuchte es für eine Rücknahme der Skonto-Deckelung kein Gesetz, sondern lediglich eine Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung – also eine Maßnahme, die das Bundesgesundheitsministerium durch Kabinettsbeschluss umsetzen könnte.
Doch aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heißt es lediglich, dass Regelungen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags derzeit »in Bearbeitung« seien. Eine Formulierung, die sich dehnbar zeigt – wie schon seit Monaten. Staatssekretär Georg Kippels ließ zuletzt wissen, man arbeite aktiv an der Umsetzung. Aber ein Datum nennt niemand. Auch Machalet bleibt auf Nachfrage vage. Klar ist lediglich: Die Bundesregierung will die Skonto-Frage nicht separat lösen, sondern im Zusammenhang mit einer größeren Apothekenreform verhandeln. Diese sei komplex, müsse gut vorbereitet sein und solle die Rolle der Apotheken in der regionalen Versorgung nachhaltig stärken.
Auf den Deutschen Apothekertag (DAT), der am 16. September startet, blicken viele nun mit gespannter Erwartung. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat angekündigt, zur Eröffnung persönlich zu erscheinen. Doch bis dahin muss auch der Haushaltsplan für 2025 durch den Bundestag – mit allen daraus folgenden Auswirkungen auf mögliche Reformen. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Etatentwurf bereits eingebracht. Dass ausgerechnet in der Woche des DAT die Haushaltsverabschiedung im Bundestag ansteht, verleiht dem Auftritt von Warken zusätzliche Brisanz. Denn die Apothekerschaft erwartet nun konkrete Zusagen, nicht nur warme Worte.
Der politische Umgang mit der Skonto-Deckelung ist zum Gradmesser für Reformwillen und Handlungstempo geworden. Dass sich Apotheken auch 2025 noch mit den Folgen eines BGH-Urteils aus dem Februar 2023 auseinandersetzen müssen, erscheint vielen als Beleg für politische Langsamkeit in einem Sektor, der längst überdehnt ist. Immerhin hatte der Bundesgerichtshof damals klargestellt, dass Skonti bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als Rabatt zu werten sind – und damit der Preisbindung unterliegen. Die Folge war ein tiefer Einschnitt in die betriebswirtschaftlichen Spielräume vieler Apotheken. Branchenverbände forderten seither eine schnelle Korrektur.
Dass diese Korrektur nun im Kontext einer umfassenden Reform eingebettet werden soll, mag aus Sicht der Politik sinnvoll sein – doch für viele Apothekenbetriebe kommt das faktisch einer Hinhaltetaktik gleich. Die Branche erwartet keine isolierten Wohltaten, wohl aber erkennbare Schritte, die Spielräume schaffen, bevor eine mögliche Reform frühestens 2026 Wirkung entfalten kann. Wie groß der Handlungsdruck ist, zeigt sich nicht zuletzt an den laufenden Betriebsschließungen und an der Debatte über das Apothekenhonorar, das seit Jahren stagniert. Warken und Machalet stehen in der Verantwortung, aus der Ankündigungspolitik auszusteigen – und endlich zu handeln.
Fertigpräparate stoßen an Grenzen, Rezepturen erfordern Fachkunst, Kommunikation braucht Nachschärfung
Warum ärztliche Verordnungen galenisch oft scheitern, wie Apotheken mit Fachwissen nachjustieren und was in der Zusammenarbeit besser werden muss
Nicht jede Rezeptur, die im Praxisalltag verordnet wird, lässt sich galenisch sinnvoll, stabil und pharmazeutisch plausibel umsetzen. Ärztinnen und Ärzte richten ihren Fokus primär auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten – etwa bei Allergien, Wirkstoffkombinationen oder Darreichungsformen –, doch was auf dem Papier therapeutisch plausibel erscheint, kann in der Realität der Rezeptur scheitern. Dr. Andreas Ziegler brachte das Dilemma bei einem Fachvortrag auf den Punkt: „Dafür gibt es die Expertinnen und Experten in der Apotheke.“ Seine Aussage markiert nicht nur eine freundliche Rollenabgrenzung, sondern auch ein strukturelles Problem im System: Verordnung und Herstellung laufen zu häufig in parallelen Bahnen, ohne dass die Bedingungen des einen Sektors im anderen mitgedacht werden.
Das betrifft vor allem den Umgang mit Fertigarzneimitteln in Rezepturen. Diese sind zwar verfügbar, aber galenisch nicht immer stabil, mischkompatibel oder aus analytischer Sicht valide. Nicht selten versuchen Ärztinnen und Ärzte durch die Einbeziehung von Fertigpräparaten in Rezepturen den Aufwand für Patienten zu minimieren oder bekannte Präparate einzubinden. Was jedoch fehlt, ist ein grundlegendes Verständnis für das, was in einer Rezeptur tatsächlich technisch möglich und regulatorisch zulässig ist. Viele Fertigpräparate enthalten etwa Hilfsstoffe, die sich im Kontext einer Rezeptur negativ auswirken können – sei es durch physikalisch-chemische Inkompatibilitäten, mikrobiologische Risiken oder Instabilitäten bei pH-Wert oder Konservierung.
In der Praxis entstehen daraus tägliche Herausforderungen für Apothekerinnen und Apotheker. Sie müssen nicht nur erkennen, welche Probleme sich aus der ärztlich gewünschten Rezeptur ergeben könnten, sondern auch kurzfristig Entscheidungen treffen – etwa zur galenischen Modifikation oder zur Rücksprache mit der verordnenden Stelle. Doch diese Rücksprache ist in der Realität oft mühsam, weil Rückmeldungen aus Arztpraxen nicht sofort erfolgen oder schlicht nicht erwünscht sind. Damit wächst die Verantwortung auf Apothekenseite, nicht nur eine medizinisch wirksame, sondern auch eine technisch herstellbare und haltbare Zubereitung zu gewährleisten – bei voller Haftung für die Qualität.
Ein besonders kritischer Punkt ist die fehlende Plausibilitätsprüfung durch Verordner. Dass es keine verpflichtende Validierung von Rezepturvorgaben durch pharmazeutische Fachleute vor dem Ausstellen eines Rezepts gibt, ist systemisch bedingt – und dennoch problematisch. Denn die Apotheken müssen im Ernstfall haften, obwohl die Rezepturidee aus der Arztpraxis stammt. Der Kontrakt über den Rezepturbestandteil wird somit einseitig: verordnend die eine Seite, produzierend die andere – ohne vorherige technische Abstimmung. Die Apotheke wird zum nachträglichen Reparaturbetrieb ärztlicher Intuitionen.
Hinzu kommt: Nicht jede Rezeptur mit Fertigarzneimitteln ist per se problematisch, doch viele sind es. Laut Dr. Ziegler sind es insbesondere lipophile Lösungen, Suspensionen mit konservierungspflichtigen Anteilen oder Kombinationen von Wirkstoffen mit inkompatiblen Hilfsstoffträgern, die im Alltag zu Problemen führen. Auch die Angabe der Wirkstoffmenge erfolgt mitunter unklar: Bezieht sich die Dosierung auf den reinen Wirkstoff oder auf die Zubereitungsmenge des Fertigpräparats? Solche Unsicherheiten können zu gravierenden Dosierungsfehlern führen – mitunter unbemerkt.
Ein Lösungspfad könnte in standardisierten Abstimmungsverfahren liegen, etwa durch digitale Rückkanäle zwischen Arztsoftware und Apothekensystemen. Auch verpflichtende interprofessionelle Schulungen für ärztliche Verordner über galenische Grundregeln wären denkbar. Doch im Alltag bleibt die Last der Klärung bei den Apotheken – ohne Zeit, ohne Entschädigung, ohne strukturelle Anerkennung. Die Rezeptur wird damit nicht nur zur galenischen Herausforderung, sondern auch zur ethischen Gratwanderung: Was tun, wenn eine unplausible Rezeptur zwar verordnet, aber pharmakologisch dringend gebraucht wird?
Es braucht ein neues Verständnis interprofessioneller Verantwortung. Ärztliche Verordnung darf kein Endpunkt sein, sondern muss in den pharmazeutischen Produktionsprozess eingebettet werden. Apotheken brauchen dabei nicht nur Entscheidungsfreiheit, sondern auch rechtliche und wirtschaftliche Rückendeckung. Denn die Qualität beginnt nicht erst im Labor – sie beginnt beim gegenseitigen Zuhören.
Verträge Druck, Kollegialität auf dem Prüfstand, Versorgung als Druckmittel unter
Warum der IKK-Classic-Hilfsmittelvertrag für Apotheken zur Zerreißprobe wird, der Karlsruher Appell aufhorchen lässt und das Signal an die Politik entscheidend ist
Wenn Apotheken plötzlich gegeneinander arbeiten müssen, weil Krankenkassen mit selektiven Verträgen Bedingungen diktieren, die den gemeinsamen Standpunkt unterlaufen, dann geraten nicht nur Preise unter Druck – es entsteht ein Riss in der Kollegialität. Genau das ist nun rund um den Hilfsmittelvertrag der IKK classic zu beobachten. Während große Teile der Apothekerschaft mit warnenden Worten vor einem Beitritt warnen, ist auf der Website der Kasse längst zu sehen: Zahlreiche Apotheken haben sich angeschlossen – darunter auch Versandriesen wie DocMorris. Vor allem in der Region Karlsruhe sorgt das für Aufsehen und Gegenwehr. Der Verein Karlsruher Apotheker e.V. mit Felix Maertin, Andrea Ulsamer und Patrick Kwik an der Spitze hat sich entschieden, aktiv zu werden – mit einem offenen Appell an 33 Kolleginnen und Kollegen, die im Umkreis von 40 Kilometern Vertragspartner der IKK classic geworden sind. Der Betreff der Nachricht: „Ihr Beitritt zum Hilfsmittelvertrag der IKK Classic – ein Eigentor?“
Die Wortwahl ist diplomatisch, aber bestimmt. Es sei „mit Bedauern“ zur Kenntnis genommen worden, dass Apotheken dem Vertrag beigetreten seien – und dies trotz wiederholter Warnungen zahlreicher Verbände. In der Sache geht es um mehr als die Versorgung mit Applikationshilfen für Arzneimittel: Der Vertrag könnte als Referenzmodell wirken und Preisdruck auf andere Kassen übertragen. Die Karlsruher Gruppe stellt daher die Frage, welches Signal an die Politik gesendet werde, wenn Apotheken ausgerechnet in einem defizitären Bereich Kürzungen akzeptieren – und das inmitten einer Debatte um dringend nötige Honorarerhöhungen. Der politische Flurschaden, so der Tenor, sei erheblich.
Doch die Initiatoren wollen keinen Keil treiben, sondern ein Gespräch eröffnen. Sie betonen, dass es nachvollziehbar sei, wenn Apotheken dem Vertrag aus Sorge um ihre Patientinnen und Patienten beigetreten seien oder keine Zeit gehabt hätten, die Bedingungen im Detail zu prüfen. Dennoch bitten sie um eine ehrliche Reflexion: Was bedeutet ein solcher Schritt für die gemeinsame Verhandlungsposition? Was für das politische Klima? Und welche Wirkung hat die scheinbar normale Versorgung auf die Wahrnehmung der tatsächlichen Lage durch die Versicherten – die so keine Verschlechterung bemerken und sich kaum zur Wehr setzen werden?
Hinzu kommt ein psychologisches Moment: Kolleginnen und Kollegen, die auf gemeinsame Strategien setzen und nicht beitreten, stehen isoliert da – obwohl genau das vermieden werden soll. Der Appell aus Karlsruhe ist deshalb auch ein Aufruf zur Geschlossenheit und strategischen Klarheit. Er schließt mit den Worten: „Was wir jetzt mehr denn je brauchen, ist Zusammenhalt.“
Nicht ohne Grund verweisen die Unterzeichnenden auf einen kritischen DAZ-Artikel, der die Schwächen des Vertrages dokumentiert. Gleichwohl sei es das Recht jeder Apotheke, eigenständig zu entscheiden – aber es sei ebenso legitim, diese Entscheidung zu hinterfragen. Der Brief wirkt wie ein Prüfstein für das, was oft beschworen, aber selten gelebt wird: kollegiale Solidarität in Zeiten ökonomischer Zersplitterung.
Mit ihrer Initiative stoßen Maertin, Ulsamer und Kwik ein Fenster auf – für ein offenes Nachdenken über die Zukunft der Apothekenlandschaft in einem System, das zunehmend auf Einzelabschlüsse, Rosinenpickerei und ökonomischen Druck setzt. Vielleicht greifen auch andere Regionen diesen Impuls auf, denn die IKK classic ist nicht die erste Kasse, die mit selektiven Verträgen experimentiert – und sie wird nicht die letzte sein. Wer darauf mit kollektiver Handlungsfähigkeit antworten will, muss rechtzeitig die Frage stellen: Wollen wir diesen Weg – und wenn nein, was sind wir bereit, dafür zu tun?
Rezeptur kollidiert mit Realität, Fertigpräparate bringen Risiken, Apotheken leisten stille Korrektur
Warum ärztliche Verordnungen oft unplausibel sind, welche galenischen Grenzen Fertigpräparate setzen und wie Apotheken täglich Verantwortung übernehmen
Wenn Rezepturen in der Apotheke scheitern, liegt das nicht selten an realitätsfernen Verordnungen, die galenisch nicht umsetzbar sind. Der Grund: Ärztinnen und Ärzte verordnen primär aus klinischer Perspektive – orientiert an Symptomen, Patientenerwartungen oder bewährten Wirkstoffen – ohne zwingend zu prüfen, ob die galenische Machbarkeit einer Kombination gegeben ist. Fertigarzneimittel, die dabei häufig in die Rezeptur integriert werden, wirken dabei auf den ersten Blick praktisch: Sie sind verfügbar, standardisiert dosiert und für Patientinnen und Patienten bekannt. Doch was therapeutisch gewünscht wird, kann in der Rezepturherstellung physikalisch, chemisch oder mikrobiologisch zum Problem werden. Dr. Andreas Ziegler formulierte es auf einem Fachkongress zugespitzt: „Dafür gibt es die Expertinnen und Experten in der Apotheke.“ Was freundlich klingt, ist Ausdruck eines strukturellen Missverhältnisses zwischen verordnender und herstellender Verantwortung.
Fertigpräparate enthalten neben dem gewünschten Wirkstoff zahlreiche Hilfsstoffe – von Konservierungsmitteln über Puffer bis hin zu Lösungsmitteln –, deren Kompatibilität mit anderen Rezepturbestandteilen weder vorhersehbar noch zuverlässig dokumentiert ist. Wenn beispielsweise ein lipophiles Fertigpräparat mit einem hydrophilen Emulsionsgrundstoff kombiniert werden soll, entstehen Inkompatibilitäten, Phasentrennungen oder Instabilitäten, die die Wirksamkeit oder Haltbarkeit der Rezeptur gefährden. Die Verantwortung zur Behebung liegt bei den Apotheken – ohne dass sie auf die ärztliche Idee Einfluss nehmen konnten.
In der Herstellungspraxis ist daher detektivischer Spürsinn gefragt: Was genau ist im verordneten Fertigpräparat enthalten? Wie hoch ist der Wirkstoffgehalt bezogen auf die Gesamtmenge? Sind pH-Wert, Konservierungssystem, Osmolarität und physikalische Eigenschaften der Rezeptur tragfähig? Dabei fehlt es nicht nur an Informationen über die Zusammensetzung von Fertigarzneien, sondern auch an standardisierten Kommunikationswegen, um auf problematische Verordnungen angemessen reagieren zu können. Rücksprachen mit ärztlichen Praxen sind zeitaufwendig, oft nicht möglich oder nicht willkommen – und dennoch zwingend erforderlich, wenn Patientenversorgung und Haftungssicherheit gewahrt bleiben sollen.
Rechtlich ist die Apotheke dabei in einer besonders heiklen Position. Denn sie übernimmt – trotz aller galenischen Probleme – die Herstellung und haftet im Fall von Instabilitäten oder Wirksamkeitsverlusten. Gleichzeitig kann sie aber nur in sehr begrenztem Rahmen korrigierend eingreifen. Eine vollständige Umstellung der Rezeptur ohne Rücksprache ist nicht zulässig, eine exakte Umsetzung der ärztlichen Vorgabe aber mitunter nicht möglich. Das Ergebnis ist ein systemisches Dilemma: Die Apotheke trägt die Verantwortung für ein Ergebnis, das sie weder beauftragt noch unter optimalen Bedingungen umsetzen konnte.
Hinzu kommt, dass in vielen Fällen gar nicht klar ist, ob sich die verordnete Rezeptur auf den reinen Wirkstoff bezieht oder auf das gesamte Volumen des Fertigpräparats. Dosierungsfehler, Stabilitätsprobleme und Inkompatibilitäten sind dadurch vorprogrammiert. Besonders kritisch wird es, wenn sich mehrere Fertigarzneien in einer Rezeptur begegnen – etwa bei Kombinationen von topischen Antibiotika mit Corticoiden oder bei peroralen Suspensionen mit mehrfach konservierten Bestandteilen.
Lösungsansätze gibt es viele – aber bislang kaum gelebte Praxis. Eine Möglichkeit wäre die Einführung verbindlicher Rezepturformulare mit galenischen Standards, die von ärztlicher Seite verpflichtend zu berücksichtigen wären. Auch digitale Schnittstellen zur direkten Plausibilitätsprüfung zwischen Arztsoftware und Apothekensystem könnten helfen, Kollisionen zu vermeiden. Nicht zuletzt braucht es interprofessionelle Fortbildungsangebote, die medizinisches und pharmazeutisches Wissen in Bezug auf Rezepturherstellung systematisch zusammenführen.
Bis dahin aber bleibt der Alltag in den Rezepturlaboren geprägt von Improvisation, Verantwortung und stillem Professionalismus. Denn während die ärztliche Verordnung als rechtlicher Auftrag gilt, liegt es an den Apotheken, daraus ein Produkt zu machen, das tatsächlich funktioniert. Die Belastung dabei ist nicht nur organisatorischer und technischer Natur, sondern auch ethisch spürbar. Wie oft wird aus Rücksicht auf den Patienten eine nicht optimale Rezeptur dennoch gefertigt – in der Hoffnung, dass sie hilft und nicht schadet?
Was fehlt, ist eine echte Allianz zwischen Arzt und Apotheker: eine Zusammenarbeit, die sich nicht auf das Ausfüllen eines Rezepts beschränkt, sondern die Machbarkeit, Sicherheit und Qualität einer Zubereitung gemeinsam im Blick hat. Erst dann kann die Rezeptur wieder das sein, was sie sein sollte: ein individuell abgestimmtes Arzneimittel, getragen von Expertise auf beiden Seiten.
Malaria-Therapie erreicht Babys, Regulierung setzt Zeichen, Novartis öffnet Zugang
Warum das neue Präparat für Kinder unter 5 kg ein Meilenstein ist – und was WHO und Afrika daraus machen
Die therapeutische Versorgung der jüngsten und zugleich am stärksten gefährdeten Malariapatienten hat eine entscheidende Lücke geschlossen: Mit der nun erfolgten Zulassung von Riamet® Baby / Coartem® Baby steht erstmals eine speziell entwickelte, alters- und gewichtsadäquate Formulierung des Wirkstoffs Artemether/Lumefantrin für Kinder mit einem Körpergewicht zwischen 2 und 5 Kilogramm zur Verfügung. Entwickelt vom Schweizer Pharmakonzern Novartis in Zusammenarbeit mit der Non-Profit-Organisation Medicines for Malaria Venture (MMV), stellt das Medikament einen Paradigmenwechsel dar – nicht nur in der klinischen Praxis, sondern auch im regulatorischen Prozess.
Denn bislang war in dieser vulnerablen Gruppe keine offiziell zugelassene Medikation verfügbar. Ärzte mussten auf Präparate für ältere Kinder zurückgreifen, mit der Folge eines erhöhten Risikos für Über- oder Unterdosierung. Dieser unhaltbare Zustand war besonders kritisch, da Malaria nach wie vor eine der tödlichsten Infektionskrankheiten im Kindesalter darstellt: Drei von vier Todesfällen durch Malaria weltweit betreffen Kinder unter fünf Jahren. Allein in endemischen Regionen Afrikas werden jährlich rund 30 Millionen Kinder geboren – für viele von ihnen war bisher keine standardisierte, evidenzbasierte Therapie verfügbar.
Mit der jetzigen Zulassung hat sich das geändert. Riamet® Baby, wie das Präparat in Europa heißt, bzw. Coartem® Baby, wie es in Afrika vermarktet wird, basiert auf einer neuartigen, flüssig löslichen Darreichungsform der bewährten Artemether/Lumefantrin-Kombination und wurde gezielt für Neugeborene und Kleinkinder entwickelt. Swissmedic, die Schweizer Arzneimittelbehörde, sprach in ihrer Begründung von einem »wichtigen Schritt nach vorn im weltweiten Kampf gegen Malaria« und einer »gravierenden Behandlungslücke«, die nun geschlossen sei. Besonders bemerkenswert: Die Zulassung erfolgte nicht isoliert, sondern im Rahmen eines synchronisierten Kooperationsmodells mit den Zulassungsbehörden von acht afrikanischen Staaten – darunter Kenia, Nigeria, Malawi und Uganda. Ziel war es, regulatorische Prozesse zu beschleunigen und den länderübergreifenden Zugang zum Medikament zeitnah zu ermöglichen.
Die Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war dabei mehr als beratend: Sie begleitete die wissenschaftliche Evaluierung, prüfte Studiendesigns und Validierungsdaten und unterstützte die transnationale Harmonisierung der Zulassungsentscheidungen. Dieses Vorgehen markiert einen Strategiewechsel in der globalen Medikamentenpolitik: Wo früher nationale Einzelverfahren galten, wird nun mit einheitlichen Kriterien gearbeitet, um Versorgung schneller verfügbar zu machen.
Novartis kündigte an, das neue Präparat auf »Not-for-Profit«-Basis in den betroffenen Regionen bereitzustellen. Ein Schritt, der nicht nur wirtschaftliche Barrieren senkt, sondern auch das Vertrauen in die Kooperation zwischen Industrie, Non-Profit-Initiativen und staatlicher Gesundheitsplanung stärkt. Dass dieser Weg gangbar ist, zeigt der aktuelle Fall exemplarisch: Innerhalb von 90 Tagen nach Einreichung sollen nun nationale Zulassungen in den kooperierenden Ländern erfolgen – ein Zeitrahmen, der im globalen Arzneimittelrecht Seltenheitswert besitzt.
Die Bedeutung dieser Zulassung geht über die reine Produktfreigabe hinaus. Sie zeigt, dass medizinischer Fortschritt nicht nur durch Innovation, sondern auch durch regulatorische Intelligenz entsteht. Riamet® Baby ist kein Hightech-Produkt für den Globalen Norden, sondern eine gezielte Antwort auf die strukturelle Unterversorgung des Globalen Südens – mit methodischer Stringenz, wissenschaftlicher Evidenz und ethischer Verantwortung. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Modell Schule macht: bei Tuberkulose, HIV, Dengue oder anderen Erkrankungen, bei denen die jüngsten Patienten bisher zu oft vergessen wurden.
Antibiotika verbessern Chemowirkung, Mikrobiom beeinflusst Prognose, Innsbrucker Team zeigt Praxisnähe
Wie sich die bakterielle Last auf die Effektivität von Gemcitabin auswirkt, warum β-Lactame Überlebensvorteile bringen und welche Tumoren vom neuen Ansatz profitieren könnten
Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den aggressivsten Tumorarten, denn selbst eine vollständige chirurgische Entfernung des Karzinoms bedeutet keine Entwarnung. Die Rückfallquote ist hoch, die Fünfjahresüberlebensrate liegt bei nur 11 Prozent – niedriger als bei jeder anderen Krebsart. Umso bedeutsamer ist ein Ansatz, der in einer aktuellen Studie aus Innsbruck erprobt wurde: Patienten, die nach der Tumoroperation eine adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin erhalten, könnten zusätzlich von einer gezielten Antibiotikatherapie profitieren. Der Grund liegt in einem bislang unterschätzten Faktor – dem Tumormikrobiom.
Als Organ des Magen-Darm-Trakts verfügt das Pankreas über ein eigenes mikrobielles Ökosystem, das auch im Tumorgewebe persistieren kann. Frühere Untersuchungen um Prof. Dr. Steffen Ormanns von der Medizinischen Universität Innsbruck zeigten bereits, dass gramnegative Bakterien im Pankreaskarzinom eine stark aktive Isoform der Cytidin-Deaminase (CDD) exprimieren, die Gemcitabin rasch abbaut – ein Mechanismus, der die Chemowirkung entscheidend verringert. In einer neuen Studie unter Leitung von Dr. Michael Günther wurde nun untersucht, ob auch grampositive Bakterien diesen Effekt auslösen – und ob sich die prognostische Schwächung durch den Einsatz von Antibiotika aufheben lässt.
In der retrospektiven Kohortenstudie analysierten die Forschenden konserviertes Tumorgewebe von 342 Patientinnen und Patienten, bei denen eine Operation und anschließende Gemcitabin-Therapie erfolgt war. Dabei differenzierten sie mithilfe bakterieller Marker zwischen grampositiven und gramnegativen Erregern und bestimmten die Gesamtbakterienlast. Die Ergebnisse waren deutlich: Nicht der bakterielle Typ, sondern die absolute Menge an CDD-exprimierenden Bakterien korrelierte mit dem Therapieerfolg. Je höher die bakterielle Last, desto schlechter das Ansprechen auf Gemcitabin.
Im Abgleich mit den klinischen Verlaufsdaten zeigte sich: Patienten mit hoher bakterieller Last, die zusätzlich mit einem Antibiotikum behandelt wurden (Therapiedauer > 48 Stunden, perioperativ), hatten ein vergleichbares progressionsfreies und Gesamtüberleben wie Patienten mit niedriger bakterieller Last ohne Antibiotika. Besonders eindrücklich war das Ergebnis bei Patienten mit ohnehin niedriger Bakterienlast, die dennoch antibiotisch behandelt wurden: Sie erreichten ein medianes progressionsfreies Überleben (PFS) von 34,8 Monaten und ein Gesamtüberleben (OS) von 56 Monaten – signifikant besser als alle anderen Gruppen. Eine Subgruppenanalyse ergab, dass insbesondere β-Lactam-Antibiotika den günstigsten Effekt zeigten.
Prof. Ormanns betonte, dass es sich um retrospektive Daten handelt, die jedoch ein klares Bild zeichnen: Eine adjuvante antibiotische Therapie kann die Wirksamkeit von Gemcitabin deutlich verbessern – gerade bei hoher mikrobieller Belastung. Der Ansatz sei klinisch praktikabel, da Antibiotikagaben in der perioperativen Phase ohnehin häufig erfolgen. Die Innsbrucker Forschergruppe plant deshalb eine prospektive Beobachtungsstudie sowie eine weitere retrospektive Analyse, um die Ergebnisse weiter zu validieren.
Auch international gibt es Rückenwind: Eine Arbeitsgruppe aus den USA hatte ähnliche Effekte dokumentiert, was die Übertragbarkeit des Ansatzes auf weitere Tumorarten nahelegt. Besonders bei Gallengangs- und Blasenkrebs – ebenfalls karzinomatische Entitäten mit hoher Bakterienlast – könnte der kombinierte Einsatz von Chemotherapie und gezielter Antibiose künftig zu einem neuen Standardmodell werden. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass Onkologie, Mikrobiologie und Pharmakologie interdisziplinär gedacht werden müssen – denn die Wirksamkeit einer Substanz ist nicht allein pharmakokinetisch, sondern zunehmend mikrobiologisch determiniert.
In der Praxis bedeutet das: Eine prätherapeutische Bestimmung der bakteriellen Last im Tumorgewebe könnte helfen, Therapieentscheidungen zu individualisieren – etwa durch die gezielte Auswahl einer ergänzenden Antibiotikagabe, möglicherweise sogar spezifisch auf die Erregerstruktur abgestimmt. Die aktuelle Studie liefert damit nicht nur klinisch relevante Erkenntnisse, sondern einen realitätsnahen, sofort umsetzbaren Impuls für die Praxis – mit hohem Potenzial für die onkologische Zukunft.
Modulation wird präziser, Dreifachkombination verbessert CF-Zielwerte, Deuterierung zeigt Wirkung
Warum Alyftrek® als neue Therapieoption für zystische Fibrose überzeugt, wie die Kombination aus Korrektoren und Potentiator funktioniert und welche klinischen Vorteile Vertex vorlegt
Mit Alyftrek® bringt Vertex Pharmaceuticals eine neue Dreifachkombination für die Behandlung der zystischen Fibrose (CF) auf den europäischen Markt. Die EU-Kommission hat dem Arzneimittel die Zulassung für Patienten ab sechs Jahren mit mindestens einer Nicht-Klasse-I-Mutation im CFTR-Gen erteilt – und damit für einen großen Teil der CF-Betroffenen. Alyftrek kombiniert zwei CFTR-Korrektoren – Tezacaftor und das neue Vanzacaftor – mit einem CFTR-Potentiator namens Deutivacaftor, einer deuterierten Form des bekannten Wirkstoffs Ivacaftor. Die Kombination zielt darauf ab, sowohl die Menge als auch die Funktion des CFTR-Proteins an der Zelloberfläche zu verbessern und damit die krankheitsverursachenden Mechanismen ursächlich zu modulieren.
Zystische Fibrose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselkrankheit, die durch Mutationen im CFTR-Gen verursacht wird. Diese führen zu fehlerhaften Ionenkanälen in den Zellmembranen, wodurch Salz und Wasser nicht mehr ausreichend zwischen Zellen und Schleimhäuten ausgetauscht werden können. Das Resultat ist zäher Schleim, der insbesondere die Lunge und das Verdauungssystem schädigt. Die Entwicklung sogenannter CFTR-Modulatoren gilt als Meilenstein in der Behandlung – wobei zwischen Korrektoren und Potentiatoren unterschieden wird. Während Korrektoren die korrekte Faltung und Membranintegration des CFTR-Proteins fördern, erhöhen Potentiatoren die Kanalöffnungswahrscheinlichkeit des vorhandenen Proteins.
Mit Alyftrek® wurde nun erstmals eine Kombination aus zwei Korrektoren und einem Potentiator zugelassen, bei dem einer der Wirkstoffe gezielt deuteriert wurde. Die Deuterierung – also der Austausch von Wasserstoffatomen durch Deuterium – dient in diesem Fall dazu, die Stoffwechseleigenschaften des Moleküls zu verändern, etwa durch verlängerte Halbwertszeit oder geringere Abbaurate. Im klinischen Vergleich mit der bisherigen Standardkombination Kaftrio® (Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor) plus Kalydeco® (Ivacaftor) war Alyftrek® bezüglich der Lungenfunktionsverbesserung (ppFEV1) nicht unterlegen, zeigte jedoch eine signifikant stärkere Senkung des Schweißchlorids – ein direkter Marker für CFTR-Funktion.
Dosiert wird das neue Medikament gewichtsabhängig einmal täglich mit fetthaltiger Mahlzeit: Bei Kindern unter 40 kg kommen drei Tabletten mit je 50 mg Deutivacaftor, 20 mg Tezacaftor und 4 mg Vanzacaftor zum Einsatz, ab 40 kg sind es zwei Tabletten mit je 125 mg, 50 mg und 10 mg der jeweiligen Wirkstoffe. Kontraindikationen und Interaktionen – insbesondere mit CYP3A-Inhibitoren oder -Induktoren – sind in der Fachinformation geregelt und sollten bei Medikationsanalysen berücksichtigt werden. Kopfschmerzen und Durchfälle gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen laut klinischer Studienlage.
Für die Praxis bietet Alyftrek® eine alltagstaugliche Option: Die Einmaldosierung erleichtert die Therapieadhärenz und ermöglicht zugleich eine gezielte pharmakologische Intervention auf Basis molekulargenetischer Diagnostik. Die Zulassung folgt einem beschleunigten Verfahren unter Berücksichtigung der hohen medizinischen Notwendigkeit bei CF und wird von Fachkreisen als strategischer Fortschritt gewertet – nicht nur wegen der Wirksamkeit, sondern auch wegen des Ansatzes, deuterierte Wirkstoffe therapeutisch nutzbar zu machen. Ab dem 1. August wird das Präparat im ABDA-Artikelstamm geführt und damit in die Apothekenversorgung überführbar.
Kindersicherung versagt, Handhabung bleibt unklar, Qualität muss nachgebessert werden
Warum Apotheken bei Methylphenidat auf Blisterprobleme stoßen, wie Zentiva reagieren will und welche Empfehlungen AMK und Bundesapothekerkammer jetzt geben
Bei Arzneimitteln mit dem ADHS-Wirkstoff Methylphenidat kam es zuletzt zu gehäuften Rückmeldungen aus Vor-Ort-Apotheken: Blister ließen sich schwer oder gar nicht öffnen, Kapseln mussten mit spitzen Gegenständen gelöst oder durch Klopfen herausgelöst werden – ein Zustand, der bei kindergesicherten Verpackungen nicht nur unpraktisch, sondern sicherheitsrelevant ist. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hat zwischen April 2024 und Mai 2025 insgesamt 13 Meldungen zu Methylphenidat Hartkapseln von Zentiva erhalten, die sich auf unzureichende Entnehmbarkeit und Blisterdefekte bezogen. In mindestens einem Teil der Fälle war die Qualitätsabweichung mit einem Präparatewechsel aufgrund von Lieferengpässen oder Rabattverträgen verbunden.
Laut AMK-Vorsitzendem Prof. Dr. Martin Schulz traten die Probleme vorrangig bei kindergesicherten Blistern mit spezieller Abziehlasche auf, die über eine perforierte Ecke geöffnet werden sollen. Doch diese Lasche erwies sich in mehreren Fällen als kaum benutzbar: Trotz starker Kraftanwendung ließ sich die Folie nicht abziehen – oder die Kapseln zerbrachen beim Herausdrücken durch die Versiegelung. Zentiva räumte in einigen Fällen Qualitätsmängel ein und kündigte technische Verbesserungen an. So soll insbesondere die Siegeltemperatur überarbeitet und gemeinsam mit dem Folienhersteller die Versiegelungskonfiguration neu definiert werden.
Doch nicht in jedem Fall erkennt der Hersteller einen Mangel an. Wenn Patientinnen oder Patienten versuchen, die Kapseln durch die Blisterfolie zu drücken, handelt es sich laut Zentiva nicht um einen Produktfehler, sondern um einen Anwendungsfehler – ein Hinweis, der aus Sicht der AMK nicht genügt. Denn auch wenn die korrekte Entnahmeweise in der Packungsbeilage beschrieben ist, werde diese Anleitung häufig übersehen, so Schulz. Die Formulierung »Die Kapsel nicht aus dem Blister herausdrücken« sei zwar korrekt, aber auf der Verpackung zu wenig auffällig. Die AMK empfiehlt, solche Hinweise farblich hervorzuheben und auch grafisch besser sichtbar zu machen – etwa durch Rahmen oder größere Typografie.
Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Armin Hoffmann, fordert eine klare Rückbesinnung auf die Beratungskompetenz der Apotheken vor Ort: Bei allen Unsicherheiten rund um Verpackung, Entnahme oder Handhabung müsse der erste Weg in die Apotheke führen. Hier arbeiteten die Fachleute, die nicht nur auf die Risiken hinweisen, sondern konkrete Lösungen und Hinweise geben könnten – auch bei kindergesicherten Verpackungen, die nicht intuitiv zu öffnen sind.
Die AMK empfiehlt Apotheken daher ausdrücklich, bei der Abgabe der betroffenen Präparate aktiv auf mögliche Entnahmeprobleme hinzuweisen und die Handhabung in die Beratung zu integrieren. In den Fällen, in denen ein Präparatewechsel stattgefunden hat, sollte besonders sensibel darauf geachtet werden, ob sich die Verpackungssystematik verändert hat – und ob Eltern oder Betroffene auf neue Öffnungstechniken eingestellt sind. Denn gerade bei ADHS-Patienten, bei denen Regelmäßigkeit und Routine einen hohen Stellenwert haben, kann ein Wechsel der Arzneimittelform und -verpackung störende Auswirkungen auf die Therapietreue haben.
Zentiva hat angekündigt, die Blistereigenschaften künftig konstruktiv zu verbessern. Konkrete Zeitpunkte für die Umsetzung liegen jedoch noch nicht vor. Parallel rufen AMK und Bundesapothekerkammer dazu auf, alle Verdachtsfälle im Zusammenhang mit kindergesicherten Verpackungen weiterhin konsequent zu melden – über das bekannte AMK-Meldesystem. Denn nicht jeder Anwendungsfehler ist allein auf den Patienten zurückzuführen – oft zeigt sich darin auch ein Konstruktionsdefizit.
Quellenangaben:
Die Informationen zur AvP-Abschlagsverteilung basieren auf Mitteilungen des Insolvenzverwalters Jan-Philipp Hoos sowie der öffentlichen Bekanntmachung durch das Amtsgericht Düsseldorf im Zusammenhang mit dem Verteilungsverzeichnis gemäß § 188 InsO. Die Angaben zur TI-Anbindung von Pflegeeinrichtungen stammen aus aktuellen Daten der Gematik GmbH, Stand Juli 2025. Die Regelungen zur Chargenpflicht bei E-Rezepten und das Auslaufen der Friedenspflicht wurden durch eine gemeinsame Erklärung des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und des GKV-Spitzenverbands sowie durch Hinweise in den Fachinformationen des NNF eRezept-Portals bestätigt. Die Aussagen zur Skontopolitik und zur Position von Tanja Machalet gehen auf deren Äußerungen in der Bundestagsanhörung vom 3. Juli 2025 zurück. Die Zahlen zum Bundeshaushalt 2025 wurden der offiziellen Regierungsveröffentlichung vom 8. Juli 2025 sowie der dazugehörigen Rede von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil entnommen. Die Aussagen zur Rezepturproblematik basieren auf dem Fachvortrag von Dr. Andreas Ziegler im Rahmen des Interpharm-Kongresses 2025. Der offene Brief des Karlsruher Apothekervereins zum IKK-Hilfsmittelvertrag wurde am 4. Juli 2025 über den regionalen Verteiler veröffentlicht und in Auszügen durch die DAZ dokumentiert.
Von Engin Günder, Fachjournalist
Recherchiert und ausgearbeitet im redaktionellen Auftrag von ApoRisk®, dem Fachmakler für versicherbare Apothekenrisiken mit Sitz in Karlsruhe. Der journalistische Bericht entstand unabhängig, faktenbasiert und nach den geltenden Standards publizistischer Sorgfaltspflicht.
Sie haben einen Beruf gewählt, der weit mehr als reine Erwerbstätigkeit ist. Sie verfolgen im Dienste der Bevölkerung hohe ethische Ziele mit Energie, fachlicher Kompetenz und einem hohen Maß an Verantwortung. Um sich voll auf Ihre Aufgabe konzentrieren zu können, erwarten Sie die optimale Absicherung für die Risiken Ihrer Berufsgruppe.
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