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  • 11.06.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: Strategie erzeugt Wirkung, Recht schafft Raum, Präzision schützt Vertrauen
    11.06.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: Strategie erzeugt Wirkung, Recht schafft Raum, Präzision schützt Vertrauen
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Wenn Apothekenmarketing zur Führungsaufgabe wird, Betriebsergebnisse stagnieren und Plattformen die Verschreibungspflicht umgehen, brauch...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute: Strategie erzeugt Wirkung, Recht schafft Raum, Präzision schützt Vertrauen

 

Warum Apothekenmarketing durch Klarheit gewinnt, wirtschaftliche Stabilität durch Reformen entsteht und digitale Plattformen eine pharmazeutische Grenze überschreiten

Wer heute eine Apotheke führt, verantwortet mehr als Arzneimittel – er verantwortet Sichtbarkeit, Rechtssicherheit und Vertrauensbildung in einem Umfeld, das gleichzeitig digitalisiert, ökonomisiert und juristisch sensibel geworden ist. Die Anforderungen an Marketing und Kommunikation sind ebenso hoch wie an Betriebswirtschaft und Risikoabsicherung: Ein klarer Webauftritt reicht nicht mehr – er muss DSGVO-konform, rechtlich unangreifbar und strategisch durchdacht sein. Parallel dazu geraten Apotheken durch stagnierende Betriebsergebnisse, ausbleibende Honoraranpassungen und wachsenden Wettbewerbsdruck unter strukturellen Druck, wie die neuesten Zahlen der Treuhand Hannover zeigen. Inmitten dieser Gemengelage werden auf der Gesundheitsministerkonferenz 2025 entscheidende Weichen gestellt – unter anderem für die Reform des Apothekenhonorars und den Schutz heilberuflicher Versorgungslogik. Denn gleichzeitig greift die Digitalisierung tief in therapeutische Prozesse ein: Plattformen unterlaufen Rezeptpflichten, Kommerz verdrängt Verantwortung, und die Bundesapothekerkammer warnt vor einem Systemumbau zu Lasten der Arzneimittelsicherheit. Diese Entwicklungen markieren keinen Wandel im Detail, sondern einen Paradigmenwechsel, der politisches Eingreifen, strukturelle Klarheit und unternehmerische Präzision gleichzeitig verlangt.

 

Sichtbarkeit entsteht durch Strategie, Schutz durch Recht, Vertrauen durch Präzision

Warum Apothekenmarketing nur mit fundierter Planung, rechtlicher Absicherung und digitaler Konsequenz Zukunft hat

Die Apotheke ist längst kein rein pharmazeutischer Raum mehr, sondern ein Ort der Begegnung zwischen Gesundheitsversorgung, digitaler Öffentlichkeit und rechtlich regulierter Kommunikation. Dieser Dreiklang ist es, der das Marketing von Apotheken heute grundlegend verändert – nicht nur in seiner Funktion, sondern vor allem in seiner Verantwortung. Während einst ein Schaufenster, ein Notdienstschild oder eine Anzeige im Gemeindeblatt reichten, um Präsenz zu markieren, verlangt die heutige Kundenbindung eine durchstrukturierte Marketingarchitektur, die gleichzeitig Sichtbarkeit, Seriosität und juristische Unangreifbarkeit herstellt. Wer glaubt, Marketing sei ein Nebenprodukt pharmazeutischer Beratung, unterliegt einem folgenschweren Irrtum: Es ist vielmehr ein hochkomplexes Steuerungsinstrument, das zwischen Suchmaschinenlogik, sozialer Erwartung, Versorgungsrealität und wettbewerbsrechtlicher Sensibilität operiert – und das nur dann erfolgreich wirkt, wenn es als integraler Bestandteil apothekerischer Verantwortung verstanden wird.

Diese Verantwortung beginnt mit einer grundlegenden Frage: Für wen werbe ich eigentlich – und wie? Die Zielgruppen klassischer Apotheken haben sich tiefgreifend verändert. Patienten werden zu digitalen Informationskonsumenten, Stammkunden zu Vergleichskäufern, jüngere Generationen zur Bewertungs-Community. Apotheken, die auf ein überkommenes Selbstverständnis als automatisch vertrauenswürdiger Versorger bauen, erleben zunehmend eine Erosion ihres Markenkerns. Sichtbarkeit entsteht nicht mehr durch Standort allein, sondern durch die algorithmisch gesteuerte Auffindbarkeit bei Google, die Tonalität von Bewertungen in Social-Media-Kanälen, die Suchlogik von Online-Plattformen und die rechtliche Korrektheit der Selbstdarstellung. Jede Abweichung – sei es eine irreführende Formulierung zu Wirkungserwartungen, eine fehlerhafte Rabattaktion oder ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz – wird nicht mehr verziehen, sondern sanktioniert. Die Zahl der wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen im Apothekenumfeld nimmt jährlich zu – und zwar nicht wegen böser Absicht, sondern wegen fehlender juristischer Kompetenz im Bereich der öffentlichen Kommunikation.

Daher rückt ein bislang unterschätzter Bereich in den Mittelpunkt: die Absicherung gegen die Risiken des Marketings selbst. Wettbewerbsrechtlich sauber zu kommunizieren, ist keine Formsache, sondern ein tägliches Haftungsfeld. Die feine Trennlinie zwischen patientenorientierter Information und unzulässiger Werbung verläuft nicht intuitiv, sondern juristisch. Dabei reicht bereits ein falsch gesetzter Begriff – etwa „heilend“ statt „lindernd“ – aus, um in das Visier von Mitbewerbern oder Abmahnkanzleien zu geraten. Das Lauterkeitsrecht, reguliert durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), bietet zwar einen rechtlichen Rahmen, doch dessen Anwendung auf den Apothekenalltag verlangt Fachkenntnis, juristische Beratung und vor allem eines: eine branchenspezifische Rechtsschutzversicherung, die diesen sensiblen Bereich tatsächlich abdeckt.

Diese Versicherung wird oft zu spät abgeschlossen – oder gar nicht. Der Irrtum, man sei durch die Betriebshaftpflicht rundum geschützt, ist weit verbreitet. Dabei sind es gerade Marketingmaßnahmen, die in vielen Standardpolicen ausdrücklich ausgenommen oder nur unzureichend gedeckt sind. Eine Apotheke, die beispielsweise auf Facebook eine Kundenzufriedenheitsumfrage durchführt und dabei versehentlich gegen Datenschutzregeln oder das HWG verstößt, steht schnell mit mehreren tausend Euro Anwaltskosten, Abmahngebühren und einer Rufschädigung da, die nicht versicherbar ist – wenn keine spezialisierten Policen greifen. Das Problem verschärft sich, sobald externe Agenturen oder Werbedienstleister ins Spiel kommen, denn die Haftung bleibt in der Regel beim Auftraggeber – also beim Apothekenleiter. Auch das sogenannte „Verschulden bei der Auswahl“ von Agenturen fällt in die Verantwortung der Inhaberinnen und Inhaber.

In einer Zeit, in der Plattformanbieter wie Amazon, DocMorris oder Shop-Apotheke eigene Markenstrategien mit hochprofessionellen Marketingkampagnen verknüpfen, können sich inhabergeführte Apotheken keine Irrtümer in der Außendarstellung leisten. Die Märkte sind nicht nur asymmetrisch in ihrer Kapitalausstattung, sondern auch in der juristischen Risikotragfähigkeit. Während Konzerne eigene Rechtsabteilungen beschäftigen, muss die einzelne Apotheke auf Beratung von außen setzen – und diese ist nur dann wirtschaftlich tragbar, wenn eine belastbare Rechtsschutzdeckung besteht, die auch lauterkeitsrechtliche Auseinandersetzungen, Abmahnverfahren und Unterlassungsklagen explizit einschließt. Doch genau hier offenbart sich ein strukturelles Defizit: Viele Versicherer bieten solche Deckung nur als Zusatzbaustein oder mit massiven Ausschlüssen – z. B. bei Verstößen gegen Informationspflichten im digitalen Raum oder bei Fehlern durch Drittanbieter.

Deshalb ist eine Neujustierung apothekerischen Marketings dringend geboten. Wer sich sichtbar machen will, muss rechtlich unangreifbar auftreten – das ist keine Einschränkung der Kommunikationsfreiheit, sondern eine Bedingung für Vertrauen und Relevanz. Die strategische Planung beginnt nicht beim Werbekanal, sondern bei der juristischen Absicherung. Welche Aussagen sind zulässig? Welche grafischen Darstellungen gelten als irreführend? Wie wirkt sich die Einbindung von Apothekenkunden in Gewinnspiele oder Bewertungsportale auf die rechtliche Haftung aus? Wie müssen Preisaktionen formuliert sein, damit sie nicht als verdeckte Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel gewertet werden? Und wie unterscheiden sich die Regelungen zwischen OTC- und RX-Bereich, zwischen Social-Media-Kommunikation und klassischem Print?

Diese Fragen sind nicht sekundär, sondern konstitutiv für ein modernes Apothekenmarketing. Zugleich erfordert die operative Umsetzung eine technische Infrastruktur, die Fehlerquellen minimiert: automatisierte Prüfprozesse, rechtlich validierte Templates, abgestimmte Abläufe zwischen Vertrieb, IT, Marketing und Leitung. Die Zeiten, in denen der Inhaber einen Aushang schnell selbst formuliert hat, sind vorbei. Heute bedeutet Marketing: strukturierte Prozesse, juristische Klarheit, technische Sicherheit – und ein klar geregeltes internes Verantwortungsgefüge, das die Rolle des Marketings als Führungsaufgabe sichtbar macht. Denn eines ist ebenso klar: Kommunikation ist niemals neutral. Wer spricht, positioniert sich. Wer wirbt, gibt ein Leistungsversprechen. Und wer sichtbar sein will, muss haftbar denken.

Der einzige Ausweg aus dieser Komplexität ist die Integration: Die rechtliche Dimension wird zum Bestandteil der Markenentwicklung, die Sichtbarkeitsstrategie zur Funktion der Versorgungsverantwortung, die Marketingplanung zum Risikomanagement. Das bedeutet auch, dass Apothekenleitungen sich neue Kompetenzen aneignen müssen – nicht durch eigene Weiterbildung im juristischen Detail, sondern durch die gezielte Zusammenarbeit mit spezialisierten Fachpartnern: Rechtsanwälte mit Fokus auf Gesundheitskommunikation, Digitalagenturen mit HWG-Kompetenz, Versicherer mit echter Branchenexpertise.

Nur so entsteht ein Apothekenmarketing, das nicht angreifbar, sondern wirksam ist. Nicht sichtbar um jeden Preis, sondern sichtbar mit Substanz. Nicht als Selbstzweck, sondern als Ausdruck professioneller Versorgungskommunikation in einem Umfeld, das sich schnell, konfliktgeladen und medienvermittelt weiterentwickelt. Apotheken, die diesen Weg gehen, schützen nicht nur sich – sie stärken das Vertrauen der Patientinnen und Patienten, die im digitalen Nebel der Gesundheitsversprechen vor allem eines suchen: eine Orientierung, die Bestand hat.

 

Stagnierender Ertrag, wachsendes Risiko, versäumter Strukturwandel

Wie Apotheken unter Kostendruck und Rechtsunsicherheit leiden, warum Honorarreformen überfällig sind und die Schließungswelle politisch befeuert wird

Das Apothekenjahr 2025 verläuft bislang als paradoxer Drahtseilakt zwischen nominalem Mehrumsatz und realwirtschaftlicher Stagnation. Die betriebswirtschaftlichen Daten, wie sie die Treuhand Hannover in ihrer aktuellen Hochrechnung präsentiert, zeichnen ein klares, aber beunruhigendes Bild: Das Betriebsergebnis der durchschnittlichen Apotheke wird trotz Umsatzwachstum im laufenden Jahr nicht steigen. Im Gegenteil – strukturelle Risiken wie der Verlust an Skontovorteilen, der steigende Kostendruck durch Inflation und Personalbindung sowie der anhaltende Marktanteilsabfluss an Versandhändler sorgen für eine betriebswirtschaftliche Nullrunde.

Während in den politischen Reden noch von Apothekenschutz und Stärkung der Versorgung geredet wird, verschiebt sich die Realität immer weiter in Richtung Defensivhaltung, Investitionsverzicht und strategischer Rückbau – häufig zulasten der ländlichen Versorgung. Die systemische Wirkung entfaltet sich besonders drastisch in Regionen, in denen Apothekenschließungen nicht durch Neugründungen kompensiert werden: Der Markt konsolidiert sich nicht durch Wettbewerb, sondern durch Kapitulation.

Dass der Kassenabschlag – einst pandemiebedingt erhöht – wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt ist, reicht nicht aus, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Denn parallel dazu laufen andere betriebswirtschaftliche Belastungen weiter: Energiekosten, Sachmittelpreise und vor allem Personalkosten entwickeln sich deutlich über dem allgemeinen Verbraucherpreisindex. Gleichzeitig sinkt die Erlöskontinuität bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln, weil Rabattverträge und Lieferengpässe die steuerbare Wirtschaftlichkeit untergraben.

Hinzu kommen regulatorisch erzwungene Mehraufwände – etwa durch das E-Rezept, das in der Praxis mit technischen Ausfällen, Medienbrüchen und steigender Prozesshaftung verbunden ist. Was im politischen Raum als „Digitalisierung“ firmiert, ist auf Apothekenebene vielfach eine unvergütete Belastungsverschiebung. Besonders kritisch wirkt sich die Rechtsprechung des BGH zur Skontopraxis aus, die nun zwingend alternative Einkaufsstrategien erzwingt, aber dabei die Nachkalkulation sämtlicher betrieblicher Einkaufsmodelle voraussetzt – mit offenem Ausgang.

Dass diese juristische Klärung als Rückwirkung auf das Betriebsergebnis nun betriebswirtschaftlich durchschlägt, zeigt die Interdependenz von Recht, Markt und Versorgung. Die betriebswirtschaftliche Prognose der Treuhand Hannover steht in diesem Kontext nicht nur als analytisches Zahlenwerk, sondern als Indikator für einen viel tiefer greifenden Strukturmangel. Der Rückgang der Apothekenzahl wirkt als Hebel, der scheinbar positive Effekte wie Umsatzumverteilung erzeugt – doch die damit einhergehende Verdichtung erhöht zugleich das Schließungsrisiko der verbleibenden Betriebe.

Selbst strukturell stabile Betriebe geraten unter Druck, weil Ausfälle in benachbarten Regionen Rückwirkungen auf Personaleinsatz, Öffnungszeiten und Lieferketten haben. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht zwar eine Honorarreform vor – sie wird jedoch nicht umgesetzt. Berechnungen der Treuhand zeigen: Eine moderate Erhöhung des Fixums könnte nicht nur das Schließungsrisiko messbar senken, sondern auch die Investitionsbereitschaft erhöhen. Doch solange dies ausbleibt, bleibt die Perspektive eingefroren – mit weitreichenden Folgen.

Denn ökonomisch stagnierende Apotheken sind keine stabilen Dienstleister. Sie sind gezwungen, Dienstleistungen zu streichen, Investitionen zu vermeiden und Personalentwicklung einzuschränken. Damit verliert die Apotheke vor Ort an Attraktivität – nicht nur für Patientinnen und Patienten, sondern auch für den beruflichen Nachwuchs. Die Stagnation ist in Wahrheit eine schleichende Schrumpfung, eine betriebswirtschaftlich getarnte Systemerosion.

Inmitten all dessen verlieren politische Appelle ihre Wirkung – wenn ihnen keine strukturellen Entscheidungen folgen. Der Ruf nach Stabilisierung bleibt folgenlos, solange das wirtschaftliche Fundament nicht nachgezogen wird. Der Handlungsspielraum für selbstständige Apothekerinnen und Apotheker wird immer enger – nicht durch Marktversagen, sondern durch das Ausbleiben einer staatlichen Leistungsregulierung, die dem Wert der pharmazeutischen Versorgung entspricht.

Die Zeit der steuerlichen Kompensationen, der Einmalhilfen und des Durchwurschtelns ist vorbei. Was jetzt fehlt, ist ein planbarer, stabilisierender Reformschritt – mit klarem Finanzierungspfad, eindeutiger Rechtsbasis und dem politischen Willen, wohnortnahe Versorgung nicht nur rhetorisch zu erhalten, sondern betriebswirtschaftlich abzusichern. Andernfalls wird die Durchschnittsapotheke 2025 nicht nur stagnieren – sie wird als betriebswirtschaftliche Hülle überleben, bis der Druck endgültig zur Aufgabe zwingt.

 

Gesundheitsminister beraten über Apothekenkrise, Reformstaus und Versorgungslasten

Warum die GMK 2025 ein Warnsignal für Berlin sendet, welche Strukturprobleme sich verdichten und wie die Apothekerschaft politisch interveniert

In Weimar beginnt die diesjährige Gesundheitsministerkonferenz unter dem Eindruck einer strukturellen Erosion im Apothekenwesen, die nicht mehr übersehen werden kann: Der Rückgang inhabergeführter Betriebe, stagnierende Honorare und eine ausufernde Versorgungslast stellen zentrale Herausforderungen dar, die von den Gesundheitsministerinnen und -ministern der Länder explizit auf die Tagesordnung gesetzt wurden. Dass der Punkt „Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen für den Apothekenbereich“ prioritär behandelt wird, markiert eine politische Verschiebung, die über symbolische Gesten hinausgeht. ABDA-Präsident Thomas Preis wertet dies als klares Signal, dass sich die Länderregierung dem Ernst der Lage stellt und die wohnortnahe Arzneimittelversorgung nicht länger als Randthema betrachtet. Die GMK wird damit zum Prüfstein für die Umsetzungsfähigkeit gesundheitspolitischer Zusagen – insbesondere im Hinblick auf die Dynamisierung des Apothekenhonorars, das seit 2013 real entwertet wurde.

Hinter der Forderung nach wirtschaftlicher Stabilisierung steckt weit mehr als ein Ruf nach finanzieller Kompensation: Die Landesministerien erkennen, dass neue Versorgungsaufgaben – etwa in Prävention, Früherkennung und digitaler Prozessbeteiligung – nur auf einer gesicherten wirtschaftlichen Grundlage delegierbar sind. Gerade im Kontext des demografischen Wandels geraten Apotheken dabei in die Rolle eines sekundären Primärversorgers, deren Funktionalität an der wirtschaftlichen Unterdeckung zunehmend zu scheitern droht. Diese Entwicklung artikuliert sich nun erstmals gebündelt auf Länderebene – ein Bruch mit der bisherigen, oft auf Bundesebene isolierten Bearbeitung der Thematik. Insbesondere die Flächenländer und Stadtstaaten positionieren sich hier gemeinsam, weil die strukturellen Spannungen flächendeckend manifest werden: sei es im städtischen Verdichtungsraum mit wachsender Patientenfrequenz oder im ländlichen Raum mit ausdünnender Infrastruktur.

Parallel dazu ist auf der GMK auch der Zugang zu Medizinalcannabis ohne zwingende Erstkonsultation ärztlicherseits Thema, ebenso wie die praktische Etablierung pharmazeutischer Dienstleistungen. Apotheken werden dabei nicht als Abgabestellen, sondern als dezentrale Versorgungsakteure gedacht, die mit ihrer niederschwelligen Zugänglichkeit medizinische Interventionspunkte schaffen, bevor das klassische Versorgungssystem greift. In der Konsequenz verlangt diese Rollenverschiebung jedoch eine Korrektur des bestehenden Finanzierungssystems – nicht nur im Sinne einer Honoraranpassung, sondern als strategische Reallokation politischer Verantwortung. Wenn die Apotheke als Zugangspunkt zur Prävention und digitalen Versorgung definiert wird, muss ihre ökonomische Grundstruktur das auch abbilden.

Die politische Sprache dieser Konferenz wird damit zum Seismographen für die Durchsetzungskraft des Koalitionsvertrags. Preis spricht nicht zufällig von einem „dringenden Thema“, sondern benennt präzise den Erwartungshorizont der Apothekerschaft: keine bloßen Absichtserklärungen mehr, sondern umsetzungsorientierte Weichenstellungen. Dass die GMK überhaupt bereit ist, diese Diskussion auf Ebene der Gesundheitsminister zu führen, signalisiert ein institutionelles Umdenken – nicht zuletzt auch im Hinblick auf föderale Einflussmöglichkeiten im Gesundheitswesen, das in vielen Aspekten stärker von den Ländern gelenkt wird, als gemeinhin angenommen.

Die Positionierung der GMK in Weimar könnte daher ein doppeltes Signal senden: an die Bundesregierung, dass politische Stillstände nicht länger toleriert werden, und an die Apothekerschaft, dass ihre Versorgungsleistung eine strukturelle Rückbindung in die politische Programmatik verdient. Wenn dies nicht gelingt, bleibt die Apothekenpolitik weiterhin ein Ort der Rhetorik ohne Realisierung – mit absehbaren Folgen für eine Gesundheitsversorgung, deren Flächenpräsenz, Alltagsrelevanz und Innovationsfähigkeit von der Existenz wirtschaftlich tragfähiger Apotheken abhängt.

 

Verantwortung im Ministerium, Aufarbeitung im Parlament, Versäumnisse in der Pandemiepolitik

Warum Warken den Maskenbericht offenlegen will, Spahn unter Rechtfertigungsdruck gerät und der Bundestag eine neue Transparenzlinie fordert

Die politisch brisante Diskussion um die Maskenbeschaffungen zu Beginn der Corona-Pandemie hat mit der Ankündigung von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, dem Bundestag Einsicht in zentrale Erkenntnisse eines bislang geheim gehaltenen Sonderberichts zu gewähren, eine neue Dynamik erhalten. Warken reagiert damit auf zunehmenden Druck aus Parlament und Öffentlichkeit, den Umgang ihres Vorgängers Jens Spahn mit Ausschreibungsverfahren und Vertragsvergaben aufzuarbeiten. Die Aussagen der Ministerin markieren einen klaren Kurswechsel im Umgang mit einem Thema, das über Jahre hinweg verschleiert, ausgesessen und parteipolitisch entschärft wurde – obwohl es sich um Entscheidungen handelt, die haushaltsrechtlich, vergabetechnisch und demokratietheoretisch von erheblicher Relevanz sind.

Warken erklärte, dass die Ergebnisse der von Karl Lauterbach eingesetzten Sonderermittlerin Margaretha Sudhof nicht nur im Haushaltsausschuss vorgestellt, sondern auch der Enquete-Kommission zur Pandemieaufarbeitung systematisch zugänglich gemacht würden. Ihre Initiative, im Ministerium eine spezielle Projektgruppe zur schnellen Beantwortung parlamentarischer Fragen einzurichten, signalisiert einen administrativen Strukturwandel, der über das bloße Bereitstellen von Informationen hinausgeht. Während Warken damit ein parlamentarisches Informationsdefizit beheben will, bleibt der Bericht selbst laut Agenturinformationen weiterhin unter Verschluss – ein Umstand, der im Widerspruch zu dem von der Ministerin signalisierten Aufklärungswillen steht und die Glaubwürdigkeit der Transparenzbemühungen gefährden könnte.

Der Vorwurf richtet sich dabei weniger an Warken selbst, sondern an eine politische Verwaltungskette, in der Aktenverfügbarkeit und parlamentarische Kontrolle zu lange gegeneinander ausgespielt wurden. In der Sache geht es um ein logistisches Auftragsverfahren, das 2020 unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an die Firma Fiege vergeben wurde – laut Recherchen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR ohne Ausschreibung, aber mit direktem Bezug zu Spahns Heimatregion.

Der CDU-Politiker verteidigte dieses Vorgehen inzwischen öffentlich und verwies auf die „Jahrhundertkrise“ und eine Beschaffungssituation, in der Geschwindigkeit mehr zählte als Verfahrenstreue. Spahn argumentiert, dass in der Pandemielage der Staat unter dem Imperativ handelte, Versorgung sicherzustellen – auch um den Preis vergaberechtlicher Standards. Der Satz „In der Not ist Haben wichtiger als Brauchen“ steht dabei emblematisch für eine Haltung, die retrospektiv problematisiert wird, politisch aber inmitten der damaligen Lage breite Unterstützung fand.

Die Frage jedoch, ob die Auswahl von Vertragspartnern wie Fiege objektiv, effizient und haushaltsgerecht erfolgte oder parteilich, eilbedürftig und potenziell rechtswidrig, bleibt offen. Dass die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof hier offenbar belastbare Ergebnisse vorgelegt hat, die nun selektiv herangezogen werden sollen, ohne dass der Gesamtbericht vorliegt, nährt Zweifel am Umfang der angekündigten Transparenz.

Für Warken bedeutet das einen Balanceakt: Einerseits will sie mit einem offensiven Informationsangebot parlamentarischen Forderungen begegnen, andererseits bleibt der Zugriff auf den vollständigen Untersuchungsbericht beschränkt – was vor allem von der Opposition scharf kritisiert wird. Christian Görke von der Linksfraktion forderte klare Offenlegung der Spahn-Zeit und warf der Union vor, strukturelle Missstände verharmlosen zu wollen.

Warken wiederum nutzt die Gelegenheit, um sich von ihrem Vorgänger Lauterbach abzugrenzen, der den Bericht zwar in Auftrag gab, aber nicht an den Bundestag weiterleitete. Dass die derzeitige Ministerin diesen Vorgang nun selbst kritisiert, zeigt, dass parteipolitische Loyalität innerhalb der Regierungslinie nicht mehr als hinderliches Dogma gilt – zumindest rhetorisch. Inhaltlich jedoch bleibt der Vorgang von Intransparenz geprägt. Die zentrale Frage lautet, ob und wann der vollständige Bericht öffentlich wird.

Wenn er weiterhin geheim bleibt, bleibt Warkens Ankündigung nur ein taktisches Signal – und die politische Aufarbeitung des Maskenskandals erneut vertagt. Sollte der Bericht hingegen in Gänze verfügbar gemacht werden, könnte dies nicht nur neue juristische und haushaltsrechtliche Bewertungen nach sich ziehen, sondern auch das politische Selbstverständnis der CDU im Umgang mit staatlichem Krisenmanagement neu konturieren.

Denn Warkens Linie stellt nicht nur eine verwaltungstechnische Korrektur dar, sondern auch ein vorsichtiges Neupositionieren der Partei in der postpandemischen Verantwortungsdebatte. Das Vertrauen in die Integrität staatlicher Beschaffungsprozesse hängt wesentlich davon ab, ob politische Entscheider bereit sind, die eigenen Fehler nicht nur zu analysieren, sondern strukturell zu beheben.

Dabei geht es nicht allein um den konkreten Fall Fiege, sondern um die Frage, ob staatliche Krisenreaktion als Ausnahmezustand gelten darf, in dem demokratische Regeln zeitweise suspendiert werden. Genau an diesem Punkt beginnt der eigentliche Konflikt, den die Aufarbeitung erzeugt – und den Warken nun offen moderieren muss. Dass dabei parteiinterne Spannungen ebenso aufbrechen wie parlamentarische Kontrollansprüche an Schärfe gewinnen, ist keine Nebensache, sondern Ausdruck eines demokratischen Gesundungsprozesses, der erst jetzt beginnt.

 

Wenn Plattformen Rezeptpflicht ersetzen, Cannabis zur Handelsware wird und Apotheken die Versorgung schützen

Warum die BAK gegen digitale Verschreibungssysteme interveniert, pharmazeutische Verantwortung verteidigt und regulatorische Schranken einfordert

Der Zugriff auf verschreibungspflichtige Medikamente über digitale Plattformen, insbesondere im Bereich der Medizinalcannabis-Therapie, hat in den vergangenen Monaten eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die Bundesapothekerkammer (BAK) sieht darin nicht nur eine Veränderung von Vertriebskanälen, sondern einen systematischen Angriff auf die Grundlagen ärztlicher Therapiehoheit und pharmazeutischer Verantwortung. Wenn Plattformökonomie dazu führt, dass ein Fragebogen zur ärztlichen Diagnose wird und eine Rezeptausstellung zur bloßen Transaktionsabwicklung verkommt, ist nicht mehr nur das Berufsbild in Gefahr – sondern das Fundament heilberuflicher Indikationslogik.

In ihrer aktuellen Resolution zieht die BAK eine klare Linie. Der Bezug von Arzneimitteln – auch solchen mit erhöhtem Beratungsbedarf wie Cannabispräparate – darf nicht den Algorithmen kommerzieller Plattformanbieter überlassen werden. Das betreffe nicht nur die Abgabe, sondern bereits den verschleierten Zugang zur Verschreibung. Plattformen, die mit minimaler Interaktion eine ärztliche Verordnung generieren, unterlaufen den Zweck der Rezeptpflicht und hebeln das verantwortungsvolle Zusammenspiel aus Diagnose, Beratung und Kontrolle aus. Die BAK sieht darin eine besorgniserregende Entwicklung, die nicht länger unter dem Etikett „digitale Innovation“ durchgewunken werden dürfe.

Denn Arzneimittel sind keine Güter wie jedes andere. Wer sie ohne persönliche Prüfung, ohne tiefgreifende medizinische Anamnese und ohne pharmazeutische Beratung anwendet, setzt nicht nur sich selbst, sondern die öffentliche Gesundheitsarchitektur einem stillen Strukturzerfall aus. Die vermeintliche Erleichterung für Patient:innen, schnell und ohne Reibungsverluste an eine Substanz wie Medizinalcannabis zu gelangen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als massive Schwächung des individuellen Schutzes, den das Gesundheitsrecht seit Jahrzehnten vorsieht. Die BAK bringt es auf den Punkt: Wer Cannabis verschreibt, ohne Patient:innen real zu kennen, verlagert Verantwortung aus dem klinisch-individuellen Raum in den betriebswirtschaftlich standardisierten Algorithmusbetrieb.

Dass Apotheken bereit sind, digitale Versorgungsmodelle aktiv mitzugestalten, stellt die Kammer nicht in Frage. Entscheidend sei jedoch, dass die heilberufliche Kompetenz nicht durch transaktionsbasierte Mechanismen ersetzt werde. Digitale Transformation dürfe niemals pharmazeutische Verantwortung entkernen. Vielmehr müsse sie die Beratungsqualität und die Patientensicherheit technologisch stützen. Der Versuch, diese Prinzipien im Schatten des E-Commerce aufzuweichen, ziele auf den Kern gesundheitspolitischer Steuerung: die kontrollierte, verantwortliche Abgabe von potenten Wirkstoffen unter persönlicher Beratung.

Kritik übt die BAK dabei auch am politischen wie regulatorischen Unentschieden, das diesen Plattformen bislang freien Raum verschafft. Wenn ärztliche Entscheidungen durch automatisierte Systeme ersetzt werden, die von wirtschaftlichen Interessen geprägt sind, brauche es keine Gutachten mehr, sondern klare Eingriffe. Der Appell der Apothekerschaft ist unmissverständlich: Wer Apothekenpflicht und Rezeptpflicht schleift, stellt die Arzneimittelsicherheit zur Disposition. In diesem Kontext ist es kein Zufall, dass Cannabis zum Kristallisationspunkt wird. Die therapeutische Komplexität, das Missbrauchspotenzial und die öffentliche Aufmerksamkeit machen das Thema zum Prüfstein für die Glaubwürdigkeit von Aufsicht, Politik und Heilberufen zugleich.

Die BAK formuliert deshalb keine technikkritische Position, sondern eine normativ-berufsethische: Es gehe nicht darum, Digitalisierung zu verhindern, sondern sie in klare, patientenorientierte Bahnen zu lenken. Es gehe darum, die Rezeptpflicht als Filter medizinischer Vernunft zu bewahren. Es gehe darum, dass Cannabis kein Testfeld für die Aushöhlung heilberuflicher Standards wird. Und es gehe darum, dass Apotheken, die sich seit Jahren in der Pandemie, in der Lieferengpasskrise und in der wohnortnahen Versorgung bewährt haben, nicht durch technologische Umgehungsmodelle entmündigt werden.

 

Versorgung kollabiert, Eltern geraten in Not, Apotheken wehren sich gegen Einzelverträge

Wie die IKK classic durch Vertragskündigungen das System destabilisiert, Familien überfordert und Apothekerinnen zum Widerstand zwingt

Das Gesundheitswesen lebt von verlässlichen Strukturen – und von der Fähigkeit, in kritischen Momenten das Richtige zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu tun. Wenn jedoch genau diese Versorgungslogik von zentralen Akteuren mutwillig ausgehöhlt wird, entstehen Risiken, die sich nicht länger ignorieren lassen. Die Kündigung des Hilfsmittelvertrags durch die IKK classic markiert einen solchen Wendepunkt. Für Apotheken vor Ort bedeutet sie mehr als einen verwaltungstechnischen Umbau: Sie hebelt etablierte Versorgungsprozesse aus, zwingt Betriebe in rechtliche Unklarheit und bringt Patientinnen und Patienten, insbesondere Familien mit kleinen Kindern, in akute Notlagen. Die für den 1. Juli angekündigte Umstellung auf Einzelverträge ist dabei kein technisches Detail, sondern eine strategische Demontage des bisherigen Versorgungspfads.

Apothekerinnen wie Eva Tingelhoff aus Beckum berichten von konkreten Eskalationen im Notdienst, bei denen nur die schnelle, koordinierte Abgabe eines Hilfsmittels lebensentscheidend war. Der Gedanke, dass solche Versorgungssicherheit künftig durch bürokratische Einzelverträge ersetzt werden soll, erscheint ihr nicht nur realitätsfern, sondern unverantwortlich. Ihre Absage an die neue Vertragslogik ist keine Frage persönlicher Befindlichkeit – sondern Ausdruck beruflicher Verantwortung. Dass die Krankenkasse ausgerechnet in einer Zeit steigender gesundheitlicher Anforderungen im Kindes- und Jugendbereich auf fragmentierte Vertragslösungen setzt, wirkt vor diesem Hintergrund wie ein blindes Systemexperiment mit offenem Ausgang.

Was diese Entwicklung für betroffene Familien bedeutet, lässt sich exemplarisch an der Notversorgung eines Kleinkindes im vergangenen Nachtdienst ablesen. Dort musste Tingelhoff unter Hochdruck ein medizinisches Hilfsmittel organisieren – mit Erfolg, weil der bestehende Versorgungsvertrag klare Regeln vorgab und Handlungssicherheit bot. Künftig könnten solche Fälle zu Versorgungslücken führen, weil Apotheken ohne gültigen Einzelvertrag faktisch blockiert sind. Eltern wären gezwungen, mitten in der Nacht nach einer Vertragsapotheke zu suchen – ein realitätsfremdes Szenario, das nicht zuletzt das Kindeswohl gefährdet. Genau an diesem Punkt stellt sich die Frage, wie eine Krankenkasse ihren Versorgungsauftrag noch mit dem ethischen Anspruch des Gesundheitswesens vereinbaren kann, wenn sie Versorgungshürden statt Lösungen schafft.

Die IKK classic argumentiert, dass Einzelverträge mehr Flexibilität bieten und ökonomisch effizienter seien. Doch weder Apotheken noch Patientinnen und Patienten berichten von wahrnehmbaren Verbesserungen – im Gegenteil. Statt wirtschaftlicher Optimierung erleben Betriebe einen unkalkulierbaren Mehraufwand, bei dem die Haftungsfrage ungeklärt bleibt. Wer haftet bei fehlerhafter oder verzögerter Versorgung? Wer trägt die Verantwortung, wenn ein dringend benötigtes Produkt nicht rechtzeitig abgegeben werden darf? Fragen, die aus der Vertragspolitik der IKK klassisch ausgeklammert bleiben, aber im Alltag der Apotheken massiv aufschlagen.

Die politisch-administrative Reaktion auf die Eskalation bleibt bislang aus. Weder auf Landes- noch auf Bundesebene hat sich ein Gremium ernsthaft der Frage angenommen, ob die flächendeckende Versorgung mit Hilfsmitteln unter Einzelvertragsbedingungen überhaupt langfristig gesichert werden kann. Währenddessen müssen Apotheken individuelle Verträge prüfen, verhandeln, abstimmen – ein bürokratischer Kraftakt, der kleinere Betriebe überfordert und die Versorgung in strukturschwachen Regionen zusätzlich destabilisiert. Der Protest aus der Fläche zeigt Wirkung: Immer mehr Apothekerinnen und Apotheker schließen sich der Weigerung an, der neuen Vertragslogik zu folgen. Was als Einzelfall begann, entwickelt sich zum Systemkonflikt.

Besonders prekär ist die Situation bei akuten Versorgungsfällen: In der Nacht, am Wochenende, in der Not. Hier zersetzt der Systemwechsel nicht nur die Logistik, sondern das Vertrauen in das Gesundheitswesen selbst. Wenn Eltern in panischer Suche nach Versorgung durch Städte irren müssen, ist das kein Betriebsunfall – es ist das Ergebnis eines geplanten Strukturbruchs ohne Rücksicht auf Versorgungssicherheit. Die IKK classic täte gut daran, diese Realität zur Kenntnis zu nehmen, bevor ihr Reformexperiment zur Reputationskrise mutiert.

 

Kohfeld übernimmt Schlüsselrolle, Draheim verlässt das Amt, Luft soll zurückkehren

Wie das BMG seine Führungsspitze neu ordnet, politische Erfahrung neu bündelt und parteiinterne Balance wahrt

Im Bundesgesundheitsministerium vollzieht sich ein markanter Umbau an der Verwaltungsspitze: Mit Katja Kohfeld übernimmt eine profilierte Verwaltungsexpertin die Funktion der beamteten Staatssekretärin und tritt damit die Nachfolge von Thomas Steffen an, der in das Bundeswirtschaftsministerium wechselt. Die Personalie steht für mehr als bloßen Personalaustausch – sie markiert eine politische Weichenstellung, eine administrative Neuausrichtung und eine stille Rückbesinnung auf gesundheits- wie parteipolitische Kontinuitäten, ohne das Koalitionsgefüge sichtbar zu erschüttern. Kohfelds berufliche Biografie – von der Techniker Krankenkasse über die Unionsfraktion und das Bundeskanzleramt bis zur Leitung der Unterabteilung „Krankenversicherung“ im BMG – steht für Erfahrung an den Schaltstellen von GKV-Politik, Exekutivkoordination und Systemstabilität. Ihre Beförderung ist kein Symbolakt, sondern Ausdruck strategischer Verdichtung von Fach- und Netzwerkmacht im innersten Kern des Hauses. Der Wechsel an der Spitze der Staatssekretärsebene ist nicht isoliert zu betrachten: Auch Dr. Antje Draheim verabschiedet sich aus dem BMG. Ihr Rückzug hinterlässt nicht nur eine personelle Lücke, sondern öffnet zugleich Interpretationsspielräume über die neue Kräfteordnung zwischen Ministerium, Fraktionen und Kanzleramt. Während sich Draheim öffentlich lediglich bei Kolleg:innen und der früheren Hausleitung bedankt, bleibt ihre weitere berufliche Perspektive bewusst offen. Politisch ist diese Diskretion bemerkenswert – sie erlaubt Lesarten sowohl als freiwilligen Rückzug als auch als Teil eines größeren Gleichgewichtsausgleichs in der Ministerialbürokratie unter der neuen Ministerin Nina Warken.

Besonders sensibel ist die ungeklärte Frage nach dem zweiten beamteten Staatssekretär. Nach außen kursiert der Name Christian Luft – ein erfahrener, aber derzeit pensionierter Verwaltungsexperte, der auf eine beachtliche Laufbahn zurückblickt: vom Kanzleramtsreferenten für Gesundheit über Landesverwaltungsämter bis zum sozialpolitischen Berater der Kanzlerin und Staatssekretär im Bildungsministerium. Sollte Luft tatsächlich zurückkehren, wäre das ein Signal mit doppeltem Boden: zum einen eine Geste der Kontinuität im Umgang mit sozialpolitisch sensiblen Themen, zum anderen ein Ausdruck von Vertrauen in bewährte konservative Steuerungskraft. Gleichzeitig würde seine Rückkehr auch ein parteipolitisches Gegengewicht zur Positionierung Kohfelds bilden, deren Nähe zur CDU unstrittig ist, aber durch ihren Amtsantritt unter einer SPD-Ministerin neu kontextualisiert wird.

In der Summe steht die neue Staatssekretärsarchitektur für eine formalisierte Machtteilung, die Koalitionsrealitäten respektiert, ohne auf die personelle Loyalität zur Union zu verzichten. Kohfelds Ernennung zeigt exemplarisch, wie Gesundheitsverwaltung in Berlin funktioniert: nicht durch plötzliche Kurswechsel, sondern durch klug abgestimmte Personalentscheidungen, die politische Machträume sichern und funktionale Expertise konservieren. Dass gleichzeitig mit Draheim eine SPD-nahe Stimme verschwindet und mit Luft möglicherweise eine Merkel-nahe Figur zurückkehrt, signalisiert eine implizite Verschiebung, die nicht auf offener Bühne ausgetragen, sondern administrativ vollzogen wird. Im Hintergrund laufen diese Umbesetzungen auf eine strategische Festigung der ministeriellen Steuerungsfähigkeit hinaus, in einer Phase, in der das Gesundheitsministerium vor massiven Aufgaben steht – von der Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft über die ePA-Einführung bis zur Stabilisierung der GKV-Finanzen.

Der Vorgang offenbart eine zentrale Regel des Berliner Regierungsbetriebs: Institutionelle Erneuerung wird selten durch große Programmansagen vollzogen, sondern über präzise dosierte Personalpolitik, die Loyalität, Fachkompetenz und politische Deutungsräume neu arrangiert. Dass der Staatssekretärswechsel im BMG ohne öffentliche Reibung erfolgt, ist kein Zeichen von Bedeutungslosigkeit, sondern Ausdruck funktionaler Selbstbeherrschung einer Behörde, die sich gerade neu sortiert. Für die Apothekenlandschaft, die Krankenkassenwelt und die ärztliche Selbstverwaltung ist das mehr als ein interner Akt: Es sind die Personen im Hintergrund, die über Details in der Gesetzgebung, in Verordnungsprozessen und bei der Auslegung von Zuständigkeiten entscheiden – und Kohfeld zählt ab sofort zu den zentralen Figuren dieses unsichtbaren, aber wirkungsmächtigen politischen Mikrokosmos.

 

Wenn Opioide lähmen, Koffein verstärkt und Magenschutz schadet

Wie echte Arzneipartner Therapien sichern, Zweckallianzen helfen und Überversorgung Risiken birgt

Es gibt Konstellationen in der Pharmazie, die wie füreinander gemacht scheinen. Kombinationen, bei denen sich zwei Substanzen ergänzen, unterstützen, gegenseitig ihre Wirkung optimieren oder unerwünschte Effekte neutralisieren. Und es gibt Allianzen, die nur oberflächlich sinnvoll erscheinen, tatsächlich aber mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. In einem komplexer werdenden Versorgungssystem, das durch Multimedikation, Selbstmedikation und Routineverordnungen geprägt ist, wird die Fähigkeit zur Differenzierung zur Kernaufgabe pharmazeutischer Verantwortung. Dr. Verena Stahl bringt dieses Spannungsfeld unter dem Begriff der „Traumpaare der Pharmazie“ auf die Bühne der Interpharm 2025 – und zeigt, wo sich therapeutischer Idealismus und praktische Realität mitunter schmerzhaft unterscheiden.

Besonders klar wird der Unterschied zwischen Notwendigkeit und Zweckgemeinschaft an der Kombination von Opioiden mit Laxanzien. Wer stark wirksame Analgetika verschreibt, setzt beim Patienten nicht nur auf Schmerzfreiheit, sondern ruft zugleich eine der hartnäckigsten und folgenreichsten Nebenwirkungen auf den Plan: die durch Opioide verursachte Obstipation. Und doch ist das Bewusstsein über diese Wirkung im klinischen Alltag oft unvollständig. Patienten, die von massiven Verdauungsproblemen geplagt sind, brechen ihre Opioidtherapie häufig ab – nicht wegen fehlender Schmerzlinderung, sondern wegen unerträglicher gastrointestinaler Belastung. Dabei könnte dieses Dilemma durch eine konsequente, begleitende Gabe eines Laxans entschärft werden. Die Tatsache, dass dies nicht durchgängig geschieht, ist kein kleiner systemischer Fehler, sondern Ausdruck eines grundlegenden Versorgungsversagens – mit schwerwiegenden Folgen für Therapieadhärenz, Lebensqualität und wirtschaftliche Effizienz. Es geht nicht um pharmazeutisches Zubehör, sondern um eine absolut notwendige Kombinationstherapie, deren Unterlassung direkte Schäden verursacht.

Diese Unterschätzung therapeutisch zwingender Kombinationen ist nicht Folge fehlender Evidenz, sondern eines strukturellen Beratungsdefizits. Macrogol, Lactulose, Bisacodyl – die Liste der bewährten Laxanzien ist lang, ihre Wirksamkeit jedoch bei opioidinduzierter Obstipation begrenzt. In solchen Fällen bietet die Gruppe der PAMORA – also peripher wirksame µ-Opioidrezeptorantagonisten – einen gezielteren, wirksameren und zumeist verträglicheren Therapieansatz. Wer in der Beratung zu Opioiden nicht auch PAMORA aktiv mitdenkt, verkennt die therapeutische Realität. Umso gravierender, wenn die Aufklärung dazu unterbleibt. Dabei ist es genau diese Beratungskompetenz, die Apotheken aus der Medikamentenlogistik in die Versorgungsverantwortung hebt.

Doch nicht jede Kombination, die häufig gewählt wird, ist so notwendig wie die von Opioid und Laxans. In der Selbstmedikation dominieren Präparate, die auf den ersten Blick logisch erscheinen, auf den zweiten jedoch kritisch betrachtet werden müssen. Typisch ist das Schmerzmittel mit Koffeinzusatz. Studien zeigen, dass Koffein die Wirkung von Analgetika verstärken kann – schnellerer Wirkungseintritt, geringerer Gesamtverbrauch, höherer subjektiver Nutzen. Eine ideale Allianz? Nicht unbedingt. Denn Leitlinien empfehlen ausdrücklich, zunächst eine Monotherapie zu versuchen. Die Kombination wird zur Option, nicht zur Regel. Sie ist hilfreich, aber nicht notwendig. Die mit Koffein assoziierten Nebenwirkungen – Nervosität, Schlaflosigkeit, kardiovaskuläre Reaktionen – sind dabei keineswegs selten. Wer Kombinationspräparate reflexhaft empfiehlt oder anwendet, betreibt keine gezielte Therapie, sondern eine bequeme Gewohnheitsentscheidung. Das mag kurzfristig funktional sein, unterminiert aber langfristig ein differenziertes Therapieverständnis.

Problematisch wird es immer dann, wenn aus Optionen Automatismen werden – wie bei der Kombination von NSAR und Protonenpumpenhemmern. Was als „Magenschutz“ verharmlost wird, ist in Wirklichkeit eine medikamentöse Hochrisikostrategie, wenn sie ohne Indikationsprüfung erfolgt. In der Praxis sind PPI längst ein Standardzusatz bei Schmerztherapien geworden, ungeachtet des individuellen Risikoprofils. Die Faktenlage ist dabei eindeutig: Nur wer relevante Risikofaktoren mitbringt – Alter über 65, Ulkusanamnese, gleichzeitige Antikoagulation –, profitiert nachweislich von der PPI-Prophylaxe. Für alle anderen gilt: Der Schaden überwiegt den Nutzen. Langfristige PPI-Einnahme erhöht das Risiko für Infektionen, Mikronährstoffmangel, Osteoporose und andere Begleiterkrankungen. Diese Überversorgung ist nicht nur medizinisch problematisch, sondern auch ökonomisch inakzeptabel. Es fehlt nicht an Evidenz, sondern an der Bereitschaft, diese gegen Routinen durchzusetzen.

Der Apotheke kommt in diesem Szenario eine Schlüsselrolle zu. Sie muss nicht nur erkennen, wo Kombinationen notwendig sind, sondern auch dort intervenieren, wo sie überflüssig oder gefährlich werden. Das ist keine Aufgabe für passive Beratungsgespräche, sondern erfordert aktives Steuerungsverhalten: Medikationspläne prüfen, Wechselwirkungen antizipieren, Therapiestrategien hinterfragen, Patientinnen und Patienten über Mythen aufklären. Genau an dieser Stelle beginnt echte pharmazeutische Verantwortung – und nicht beim Ausdrucken eines Beipackzettels.

Die Beratung zur Kombinationsmedikation ist kein Zusatzdienst, sondern eine Kernleistung. Sie entscheidet mit über Therapietreue, Sicherheit und Lebensqualität. Und sie muss – anders als bisher – auch politisch als solche anerkannt und vergütet werden. Denn wer sich dieser Aufgabe stellt, schützt nicht nur den Patienten, sondern auch die Integrität eines Gesundheitssystems, das durch Gewohnheit, Zeitmangel und ökonomischen Druck an Steuerungskraft verloren hat. Arzneimitteltherapie ist nicht additiv, sondern relational. Was zusammengehört, muss zusammen gedacht – und was sich widerspricht, konsequent getrennt werden.

 

Digitale Rezepte entwerten ärztliche Therapie, Plattformlogik ersetzt Indikationsdiagnostik, BAK fordert regulatorischen Gegenzug

Wie Online-Fragebögen die Verschreibungspflicht unterlaufen, warum die Bundesapothekerkammer gegen Kommerzialisierung im Rx-Bereich mobilisiert und welche Erwartungen an die Gesundheitsministerkonferenz gestellt werden

Die fortschreitende Ökonomisierung ärztlicher Verschreibungen über digitale Plattformen hat eine neue Eskalationsstufe erreicht, die aus Sicht der Bundesapothekerkammer nicht länger hinnehmbar ist. Wo früher persönliche Konsultationen zwischen Arzt und Patient Grundlage einer qualifizierten Therapieentscheidung bildeten, reichen inzwischen oft wenige Klicks auf einem digitalen Formular aus, um an Privatrezepte für verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Medizinalcannabis oder GLP-1-Agonisten zur Gewichtsreduktion zu gelangen. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat auf diese Entwicklung mit einer Resolution reagiert, die nicht nur auf rechtliche und medizinethische Missstände hinweist, sondern ein strukturelles Versorgungsproblem offenlegt, das zunehmend durch Marktmechanismen gesteuert wird. Hinter der scheinbaren Vereinfachung des Versorgungsprozesses verbirgt sich ein systemischer Umbau des Arzneimittelzugangs – weg von heilberuflich getragenen Entscheidungsstrukturen, hin zur automatisierten Bedarfserklärung durch Nutzerinnen und Nutzer. Der medizinische Akt der Verschreibung, traditionell Ausdruck ärztlicher Verantwortung, verliert dabei seine Bedeutung und wird in ein kommerzialisiertes Bestellverfahren überführt, das weder Indikationssicherheit noch Therapiebegleitung sicherstellt.

Die BAK identifiziert in ihrer Stellungnahme insbesondere das rasante Wachstum von Plattformen, die seit der Teillegalisierung von Genusscannabis im April 2024 eine Grauzone für Medizinalcannabis-Verordnungen erschließen. Nutzerinnen und Nutzer füllen dort standardisierte Fragebögen aus, deren diagnostische Tiefe selbst für Laien durchschaubar gering ausfällt. Die ärztliche Bewertung, die folgen sollte, reduziert sich auf algorithmisch gelenkte Textbausteine oder automatisierte Rezeptfreigaben. In ihrer Resolution spricht die BAK von einer „Mutation der ärztlichen Entscheidung zur bloßen Bestellung“. Dieses Verfahren unterlaufe nicht nur den Zweck der Verschreibungspflicht, sondern gefährde auch das Verständnis für die Notwendigkeit einer medizinischen Indikationsstellung – eine Entwicklung, die nicht nur einzelne Patientinnen und Patienten betrifft, sondern die Integrität heilberuflicher Systeme insgesamt.

Besonders drastisch ist diese Entwicklung im Umgang mit Medizinalcannabis, dessen Versorgungssystem in Deutschland bereits vor der Teillegalisierung fragil und störanfällig war. Während Apothekerinnen und Apotheker an der Abgabestelle mit komplexen Dokumentationspflichten und wechselnden Erstattungsrealitäten konfrontiert sind, hebeln Onlineplattformen über ihre Dienstleistungsbündel aus Telemedizin, Rezeptausstellung und Lieferlogistik genau diese Sicherungssysteme aus. Die BAK erkennt in dieser Parallelstruktur eine wachsende Gefahr für die Patientensicherheit, weil sowohl die diagnostische Qualität als auch die medizinisch-pharmazeutische Betreuung weitgehend entkoppelt werden. Dass solche Plattformen gerade auch bei vulnerablen Gruppen wie Schmerzpatienten, psychisch Erkrankten oder Jugendlichen eine Rolle spielen, verschärft die Problematik zusätzlich.

BAK-Präsident Armin Hoffmann bringt diese Sorge in der aktuellen Pressemitteilung unmissverständlich auf den Punkt. Die Abgabe von Medizinalcannabis dürfe „nicht den kommerziellen Interessen von digitalen Handelsplattformen unterworfen werden“. Er fordert Politik und Aufsichtsbehörden auf, ihrer Schutzverantwortung gegenüber der Bevölkerung nachzukommen – durch klare gesetzliche Vorgaben und die konsequente Stärkung heilberuflicher Versorgungsstrukturen. Dabei setzt Hoffmann auf die Gesundheitsministerkonferenz, die am 11. Juni in Weimar beginnt. Dort steht das Thema Online-Verschreibungen ausdrücklich auf der Agenda. Die BAK hofft auf ein deutliches Signal der Länder, das sowohl die Regulierungsnotwendigkeit als auch den politischen Willen zur Rückgewinnung heilberuflicher Steuerung in den Mittelpunkt rückt.

Der Konflikt zwischen Plattformökonomie und patientenzentrierter Versorgung kulminiert in der Frage, wem im digitalen Gesundheitswesen künftig das Primat zusteht: denjenigen, die nach Marktregeln skalieren, oder jenen, die nach Berufsrecht therapieren. Die Antwort darauf entscheidet nicht nur über Geschäftsmodelle, sondern über das Menschenbild in der Medizin. Denn wer Verschreibungspflicht digital aushöhlt, verwischt die Grenze zwischen Arzneimittel und Konsumgut, zwischen Heilmittel und Handelsware – mit Folgen für das gesamte Gesundheitswesen. Die Bundesapothekerkammer hat mit ihrer Resolution einen überfälligen Impuls gesetzt. Ob er gehört wird, entscheidet sich nicht im Code der Plattformen, sondern im Handeln der Politik.

 

Sicherung durch Stabilität, Vertrauen durch Länderentscheid, Systemreform durch Apothekenauftrag

Warum Thomas Preis auf die GMK setzt, das Apothekenhonorar mehr als Symbolpolitik ist und Länderinitiativen den Handlungskorridor für Bundespolitik definieren

Die Jahreskonferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister aller Bundesländer ist im politischen Kalender nicht nur eine formale Pflichtübung, sondern zunehmend auch ein Seismograf für systemische Versorgungsfragen, die im politischen Zentrum nicht ausreichend adressiert werden. Dass sich ABDA-Präsident Thomas Preis nun öffentlich auf die GMK in Weimar beruft, ist weder ein PR-Manöver noch ein symbolischer Appell, sondern Ausdruck einer strategisch kalkulierten Erwartung: Die Länder, näher an der realen Versorgungsfläche und frei von legislativer Trägheit, könnten jenen Druck aufbauen, der in Berlin bislang von Koalitionslogik und Prioritätenkonflikten abgefedert wurde. Insbesondere beim Thema Apothekenhonorar, das seit 2013 faktisch eingefroren ist, hofft die Standesvertretung auf mehr als bloße Lippenbekenntnisse. Die wohnortnahe Arzneimittelversorgung ist nicht nur infrastrukturell, sondern auch sozial ein hochgradig instabiles System geworden – mit jeder Schließung, jeder Nicht-Nachfolge, jedem Rückzug aus der Fläche wächst der Riss im Fundament. Dass Preis auf die Länder setzt, ist daher nicht nur eine politische Strategie, sondern ein realistischer Blick auf die verbliebenen Handlungsspielräume innerhalb der föderalen Struktur. Die Länder wissen, dass sie als Adressaten der Bürgerklagen und als Exekutoren von Notfallmaßnahmen in der Verantwortung stehen – und genau daraus erwächst die Chance auf einen länderseitigen Vorstoß, der über das bisherige Maß an Resolutionen hinausgeht.

Wenn Ministerinnen und Minister nun die Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen für den Apothekenbereich aufgreifen, ist das nicht allein ein Achtungserfolg für die ABDA, sondern ein taktischer Wendepunkt: Was bislang als Bundesangelegenheit galt, könnte durch klar positionierte Länderbeschlüsse politischen Imperativ entfalten. Die Möglichkeit dazu besteht, denn mit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sitzt erstmals eine CDU-Politikerin mit Erfahrung in gesundheitspolitischen Schlüsselfeldern wie Versorgungsgerechtigkeit und Systemintegration mit am Tisch – sie kennt die Risiken der strukturellen Unterversorgung, gerade im ländlichen Raum. Dass ausgerechnet Bayern ein bislang wenig beachtetes Thema wie die EU-Abwasserrichtlinie unter dem Deckmantel der Arzneimittelversorgung einbringen will, zeigt zudem, wie vernetzt Versorgungssicherheit mittlerweile diskutiert wird. Ob Medizinalcannabis-Plattformen, pharmazeutische Dienstleistungen oder Verhütungskonzepte – alle diese Themen sind in Weimar nicht nur Debattenpunkte, sondern Zündschnüre für eine umfassendere Apothekenstrategie.

Dabei reicht es nicht, auf die GMK zu hoffen – die Forderung nach wirtschaftlicher Stabilisierung ist keine Formel mehr, sondern eine konkrete Erwartung, die sich nicht auf pauschale Honorarerhöhungen beschränkt, sondern strukturelle Anpassungen verlangt: Dynamisierung, Flexibilisierung, Aufgabenverlagerung. Apotheken sollen in Prävention, Digitalisierung und Frühdiagnostik eingebunden werden – aber ohne ökonomisches Fundament bleibt das politische Wunschdenken. Die Länder könnten, wenn sie wollen, der Bundesregierung eine Frist setzen – nicht als Konfrontation, sondern als Auftragsformulierung. Es wäre der erste Schritt, den Verantwortungsdialog ernsthaft umzulenken.

 

Barbiturate als Wendepunkt, gesellschaftlicher Spiegel, therapeutischer Grenzfall

Wie eine chemische Entdeckung zur Therapiehoffnung wurde, zum politischen Fall verkam und als Warnsignal pharmakologischer Verantwortung mahnt

Die Geschichte der Barbiturate beginnt nicht mit einem therapeutischen Anspruch, sondern mit einem chemischen Zufall – und endet bis heute nicht, weil die Spuren dieser Substanzklasse tiefer in die Gegenwart reichen, als es die klinische Praxis vermuten lässt. Als Adolf von Baeyer im Jahr 1864 die Verbindung Barbitursäure erstmals synthetisierte, war von Schlafmitteln, Antikonvulsiva oder Narkosemitteln noch keine Rede. Es war eine Zeit des Übergangs von der reinen Alchemie zur präparativen organischen Chemie, in der Namen wie Liebig und Wöhler die Grundlagen der modernen Pharmazie legten – und von Baeyer einer von ihnen war. Doch was als Grundlagenforschung begann, wurde zum Ausgangspunkt eines Medikamentsystems, das ganze Gesellschaften prägte, politische Diskussionen entfachte und zugleich in Abhängigkeit, Missbrauch und pharmakologische Sackgassen führte. Denn mit der Einführung von Barbital (Veronal) durch die Bayer AG im Jahr 1904 begann ein Siegeszug, der einerseits revolutionär war – aber schon bald seine gefährliche Kehrseite offenbarte.

Barbiturate galten in der Zwischenkriegszeit als segensreiche Hilfe gegen Schlaflosigkeit, Angstzustände und epileptische Anfälle. In einer Zeit, in der psychische Erkrankungen weder gesellschaftlich akzeptiert noch therapeutisch effektiv behandelbar waren, erschien das Veronal wie eine pharmazeutische Befreiung. Auch die Psychiatrie – durch die Reformen der Weimarer Zeit erstmals auf dem Weg in eine humanere Moderne – sah in Barbituraten eine Möglichkeit, Unruhe und Erregungszustände besser zu managen. Doch gerade diese breite Einsetzbarkeit wurde zum Problem. Die therapeutische Breite der Substanzen war schmal, die Wirkung sedierend, aber bei zu hoher Dosierung tödlich. Bald schon füllten Barbiturate die Medikamentenschränke der wohlhabenden Haushalte – und die Spalten der Polizeiberichte. Suizide mit Veronal oder Luminal waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Einzelfälle, sondern erschreckend häufige Realitäten. Frauen galten dabei als besonders gefährdet, da viele dieser Mittel im Rahmen gynäkologischer Beschwerden oder psychischer Belastung verschrieben wurden – ein frühes Beispiel für die geschlechtsspezifische Medikalisierung seelischer Krisen.

Gleichzeitig wurden Barbiturate auch politisch funktionalisiert: In den USA etwa war das Verbot von Barbituraten – zunächst unter dem Controlled Substances Act – Teil eines breiteren War on Drugs, bei dem gesellschaftliche Kontrolle und rassistisch geprägte Arzneipolitik Hand in Hand gingen. In Deutschland wiederum setzte sich die Diskussion auf andere Weise fort: In der NS-Zeit dienten Barbiturate nicht nur der Therapie, sondern auch der sogenannten „Euthanasie“. In Kinderfachabteilungen wurden sie gezielt zur Tötung eingesetzt, in psychiatrischen Kliniken zur Ruhigstellung und Entmenschlichung. Die Geschichte dieser Substanz ist also untrennbar mit ethischer Grenzüberschreitung, medizinischem Machtmissbrauch und staatlich sanktionierter Gewalt verknüpft. Nach dem Krieg waren es dann v. a. Firmen wie Merck, Hoechst und Knoll, die versuchten, die Barbiturate neu zu positionieren – mit differenzierter Indikation, niedrigeren Dosierungen und kombinatorischen Präparaten, etwa gegen Migräne, Schlafstörungen oder Muskelkrämpfe. Doch die strukturellen Risiken blieben. Anders als Benzodiazepine, die ab den 1960er-Jahren die pharmakologische Nachfolge antraten, waren Barbiturate kaum sicher zu dosieren – und insbesondere mit Alkohol oder anderen ZNS-dämpfenden Substanzen schnell tödlich.

Die pharmazeutische Nutzung der Barbiturate nahm daher ab, wurde aber nie vollständig beendet. In der Anästhesie, der Notfallmedizin und der Epilepsietherapie – insbesondere bei Grand-Mal-Anfällen – behalten ausgewählte Barbiturate wie Phenobarbital eine medizinische Daseinsberechtigung. Doch die medienwirksamen Todesfälle – etwa Marilyn Monroe 1962 – veränderten das Image der Arzneistoffklasse nachhaltig. Die Frage, wie viel pharmakologische Macht ein Medikament besitzen darf, ohne zum Risiko für Patienten, Gesellschaft oder politisches System zu werden, ließ sich an kaum einer Substanz besser diskutieren. Inzwischen sind Barbiturate in vielen Ländern kontrolliert, nur auf Sonderrezept verfügbar und durch neue Substanzklassen in vielen Indikationen ersetzt. Aber ihre Geschichte bleibt ein Fallbeispiel für das Spannungsfeld zwischen pharmazeutischer Innovation und gesellschaftlicher Verantwortung.

Denn was Barbiturate in ihrer Rezeptionsgeschichte offenlegen, ist die strukturelle Ambivalenz medizinischen Fortschritts: Was gestern noch als Therapie galt, wird heute als Risiko gewertet – und könnte morgen wieder anders beurteilt werden. Das zeigt sich auch an der aktuellen Diskussion über assistierten Suizid, über die Verfügbarkeit starker Sedativa oder über die „Wiederentdeckung“ alter Substanzen in der Palliativmedizin. Während viele Barbiturate als gefährlich, veraltet oder zu missbrauchsanfällig gelten, wird ihre Wirkung in extremen klinischen Ausnahmesituationen weiterhin geschätzt. Das betrifft nicht nur die Intensivmedizin, sondern auch die ethische Diskussion um Sterbebegleitung. Wo das Recht auf Selbstbestimmung mit dem Anspruch auf medizinischen Schutz kollidiert, kehren Substanzen wie Pentobarbital – in der Schweiz, in Kanada oder in den Niederlanden – unter neuem Vorzeichen zurück.

Gleichzeitig zeigt die Geschichte der Barbiturate auch, wie eng die pharmazeutische Entwicklung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen verbunden ist. Wer Zugang hatte, wie verordnet wurde, wessen Leben „beruhigt“ werden sollte – all das war nie eine rein medizinische Frage, sondern stets auch eine politische und ökonomische. In den 1950er- und 1960er-Jahren waren es nicht zuletzt aggressive Marketingstrategien, die Barbiturate als Allzweckwaffe für weibliche Erschöpfung, Schlaflosigkeit oder Reizbarkeit positionierten. Die Psychologisierung weiblicher Lebensrealität ging einher mit einer Medikalisierung, die auf Sedierung statt auf soziale Reform setzte. Auch in dieser Hinsicht wurde aus einem Medikament ein Symptom seiner Zeit. Heute wird in der Arzneimittelentwicklung der Fokus stärker auf differenzierte Wirkung, individuelle Pharmakokinetik und Missbrauchsresistenz gelegt – doch auch die Diskussion um neue Abhängigkeitspotenziale, etwa bei Z-Substanzen oder Schlaf-Hypnotika der dritten Generation, zeigt: Die Gratwanderung zwischen therapeutischem Nutzen und gesellschaftlicher Gefahr bleibt bestehen.

Barbiturate sind deshalb mehr als ein abgeschlossener Abschnitt der Pharmageschichte. Sie markieren eine Epoche, in der die Euphorie der chemischen Lösung durch die Realität von Überdosierungen, Missbrauch und moralischer Verantwortung abgelöst wurde. Und sie erinnern daran, dass jede pharmakologische Innovation, so bahnbrechend sie auch erscheinen mag, immer im Kontext ihrer Anwendung, ihres Missbrauchs und ihrer gesellschaftlichen Wirkung betrachtet werden muss. Die Chemie allein macht noch keine Therapie. Doch sie zeigt, wie leicht eine Grenze überschritten werden kann – und wie schwer es ist, sie danach wieder einzuziehen.

 

Sehr seltene Gefahr, neue Prüfpflicht, klare EMA-Vorgabe

Warum Semaglutid mit Sehnervrisiko behaftet ist, welche Meldeverpflichtung sich daraus ergibt und wie Patienten durch rechtzeitige Warnzeichen geschützt werden können

Trotz seiner starken klinischen Effekte gerät Semaglutid zunehmend ins Visier der Pharmakovigilanz – und das nicht aus bloßer Vorsicht, sondern auf Basis robuster Daten. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat im Juni eine Neubewertung des Sicherheitsprofils von Semaglutid vorgenommen, nachdem Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für eine schwerwiegende Schädigung des Sehnervs – konkret: eine nichtarteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION) – aufgetreten waren. Die Ergebnisse großer epidemiologischer Studien, in denen insbesondere Patienten mit Typ-2-Diabetes im Fokus standen, zeigten ein etwa doppelt so hohes Risiko für diese unheilbare Augenerkrankung unter Semaglutid-Anwendung im Vergleich zu Nicht-Anwendern. Zwar ist die absolute Inzidenz mit einem zusätzlichen Fall pro 10.000 Personenjahren äußerst gering, doch gerade die Unumkehrbarkeit und das potenziell vollständige Erblinden bei NAION verleiht dem Signal eine besondere klinische Relevanz. Dass diese Warnung nicht aus bloßer akademischer Vorsicht resultiert, sondern auf konkreten Berechnungen und erfassten Fallzahlen basiert, zeigt auch die Reaktion der EMA: Der PRAC empfiehlt ausdrücklich, die Produktinformationen zu Ozempic, Wegovy und Rybelsus zu aktualisieren – inklusive eines eindeutigen Warnhinweises auf diese potenzielle Sehnervschädigung. Die Empfehlung liegt nun beim Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP), der über die Weiterleitung an die Europäische Kommission entscheidet – ein formaler Akt, aber mit weitreichender Wirkung.

Dabei geht es nicht nur um eine neue Zeile im Beipackzettel, sondern um konkrete Verhaltensregeln für Patienten und ärztliches Personal. Jeder plötzliche Sehverlust, jede auffällige Visusverschlechterung unter laufender Semaglutid-Behandlung muss als potenzielles Alarmsignal gewertet und umgehend ärztlich abgeklärt werden. Im Verdachtsfall ist die Behandlung abzubrechen – und zwar sofort, denn der Verlauf einer NAION ist rasch, irreversibel und bislang therapeutisch kaum beeinflussbar. Die besondere Brisanz: Diese Erkrankung verläuft häufig einseitig, birgt jedoch ein deutlich erhöhtes Risiko, auch das zweite Auge zu betreffen. Damit wird aus einer zunächst scheinbar singulären Komplikation eine potenzielle bilaterale Erblindungsgefahr – ein Szenario, das für betroffene Patienten gravierende Einschnitte in Lebensqualität, Mobilität und Berufsfähigkeit bedeutet. Diese Erkenntnisse werfen zugleich ein Licht auf die kommunikative Verantwortung von Ärzten und Apothekern: Die Aufklärung über seltene, aber potenziell irreversible Nebenwirkungen darf keine Randnotiz bleiben – gerade dann nicht, wenn frühes Erkennen und schnelles Handeln eine Eskalation verhindern können.

Gleichzeitig verdeutlicht der Fall Semaglutid auch ein strukturelles Spannungsfeld: Einerseits stehen GLP-1-Rezeptor-Agonisten wie Semaglutid derzeit für einen enormen Innovationsschub in der Diabetologie und Adipositastherapie, was ihre Marktverbreitung massiv steigen lässt. Andererseits verschieben sich damit auch Risikoprofile – aus statistischer Seltenheit wird durch Masse eine zunehmende gesundheitspolitische Relevanz. Die Verantwortung der Behörden, frühzeitig zu reagieren, aber auch der pharmazeutischen Praxis, diese Signale ernsthaft und ohne Abwiegelung zu kommunizieren, wächst damit parallel zur Verordnungsrate. Ein einmal mehr entscheidender Testfall für das Spannungsdreieck zwischen medizinischem Fortschritt, Patientensicherheit und regulatorischer Präzision.

 

Guter Schutz braucht klare Rezepturen, Weichmacherfreiheit braucht Kontrolle, Verbraucherschutz braucht Konsequenz 

Wenn Apothekenprodukte Vertrauen schaffen, Drogeriemarken beim Schutzversprechen scheitern und Weichmacherwarnungen zur Richtlinie werden

Wer Sonnenschutz in der Apotheke kauft, erwartet nicht nur medizinische Qualität, sondern Sicherheit auf allen Ebenen: Inhaltsstoffe, Wirksamkeit, Deklaration. Die aktuelle Untersuchung von "Ökotest" zu 26 Sonnencremes mit LSF 50 und 50+ zeigt, dass diese Erwartung berechtigt ist – zumindest bei einigen Marken. Vier Produkte aus Apotheken schnitten mit dem Gesamturteil „gut“ ab, darunter Vichy, Eucerin, Ladival und Avène. Sie enthielten keine Weichmacher, keinen kritischen UV-Filter wie Octocrylen und erfüllten den ausgelobten Lichtschutzfaktor. Der Test zeigt aber auch, wie viel Unsicherheit bleibt: Nur 15 der getesteten Produkte hielten ihr Schutzversprechen. Bei zehn Sonnencremes war der LSF im Labortest deutlich geringer als ausgelobt.

Gerade in einem Segment, das Schutz verspricht, wiegt die Diskrepanz zwischen Werbeversprechen und Laborrealität schwer. Dass bekannte Marken wie Garnier oder Rossmann-Produkte wie Alterra und Sun Ozon den angegebenen LSF um bis zu 75 Prozent verfehlten, ist nicht bloß ein Qualitätsproblem, sondern ein Risiko. Besonders schwer wiegt, dass bei Alterra Bio Sonnenblume nicht einmal LSF 20 erreicht wurde. Die Kritik trifft nicht das Prinzip mineralischer UV-Filter, denn Naturkosmetik kann sehr wohl hohen Schutz leisten, wie das Beispiel von Eco Cosmetics zeigt.

Apothekenprodukte wie Vichy Capital Soleil und Eucerin Oil Control zeigen, dass hoher Schutz, angenehme Texturen und unbedenkliche Rezepturen vereinbar sind. Zwar gab es auch hier Kritik – etwa an unklarer Deklaration von Nanopartikeln (Ladival) oder übertriebener Werbesprache ("hypoallergen" bei Vichy) –, doch im Gesamtbild standen sie deutlich besser da als manche Supermarktmarke. Produkte wie ISDIN oder La Roche-Posay, ebenfalls aus dem Apothekensortiment, erhielten nur ein "befriedigend": Der Grund lag unter anderem in PEG-Verbindungen oder einer zu schwachen UV-Wirkung.

Ein weiterer Prüfpunkt war der Weichmacher DnHexP. Er war 2024 in Kinderurin nachweisbar und wird mit dem UV-Filter DHHB in Verbindung gebracht. Zwar gelang es den meisten Herstellern, auf diesen Stoff zu verzichten, doch einige Produkte fielen negativ auf: Dulgon mit auffälligen Mengen, Spuren bei ISDIN, Sebamed, La Roche-Posay und Hawaiian Tropic. Besonders problematisch: Sebamed und Hawaiian Tropic enthielten neben DnHexP auch noch Octocrylen – ein Filter, dessen Abbauprodukt Benzophenon als potenziell krebserregend eingestuft wird. Dass diese Produkte noch im Handel sind, wirft Fragen an die regulatorische Aufsicht auf.

Ökotest hebt hervor, dass Sonnencreme nur die dritte Schutzmaßnahme sein sollte: Kleidung und Meidung intensiver UV-Zeiten zwischen 11 und 15 Uhr bleiben die wichtigsten Instrumente. Dennoch gilt: Wenn Menschen Sonnencreme auftragen, darf sie nicht zur Gesundheitsgefahr werden. Die Kombination aus kontrollierter Zusammensetzung, nachgewiesenem Schutzfaktor und transparenter Deklaration ist keine Kür, sondern Pflicht. Dass das gelingt, zeigen insbesondere einige Apothekenmarken – auch wenn der Weg zur perfekten Sonnencreme noch nicht zu Ende ist.

Professorin Carola Berking vom Universitätsklinikum Erlangen bringt es auf den Punkt: Die Gefahr durch UV-Strahlen ist ungleich größer als das Risiko durch geprüfte Sonnenschutzmittel. Doch genau deshalb muss jedes Produkt, das sich als Schutz versteht, diese Funktion auch zuverlässig erfüllen – ohne Weichmacher, ohne Filterrisiken, ohne Etikettenschwindel. Wer schützen will, darf nicht täuschen. Und wer verkauft, trägt Verantwortung. Auch das ist Verbraucherschutz: wissenschaftlich begründet, regulatorisch überprüft, gesellschaftlich verpflichtend.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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