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  • 13.09.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Cyberkriminalität, Reformstau und finanzielle Engpässe
    13.09.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Cyberkriminalität, Reformstau und finanzielle Engpässe
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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Cyberkriminalität, Reformstau und finanzielle Engpässe

 

Die wachsenden Bedrohungen durch Cyberangriffe, teure Arzneimittel und das Scheitern politischer Reformen stellen die Existenz vieler Apotheken auf die Probe

Cyberangriffe haben in Deutschland innerhalb des letzten Jahres zu wirtschaftlichen Schäden in Höhe von fast 267 Milliarden Euro geführt, wobei Apotheken besonders gefährdet sind. Während die Cybersicherheit eine wachsende Bedeutung erlangt, sorgt das drohende Scheitern des Apotheken-Reformgesetzes für Unsicherheit in der Branche. Auch die steigenden Kosten für hochpreisige Arzneimittel setzen Apotheken unter Druck, was manche dazu veranlasst, bestimmte Medikamente nicht mehr anzubieten. Zudem zeigen technische Probleme beim E-Rezept und Rückrufe von Medikamenten die Herausforderungen, vor denen Apotheken stehen. Auch neue regulatorische Vorgaben für Arzneimittel wie Tramadol und der Umgang mit Missbrauchspotenzial verschärfen die Situation.

 

Wirtschaftsschäden durch Cyberangriffe stark gestiegen: Apotheken in Gefahr

Innerhalb der letzten zwölf Monate haben Unternehmen in Deutschland durch Cyberangriffe, Daten- und Gerätediebstahl, Spionage und Sabotage wirtschaftliche Schäden in Höhe von fast 267 Milliarden Euro erlitten. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom hervor, die im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt wurde. Der Schaden ist damit um fast 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass zwei Drittel der Verluste auf das Konto von Cyberkriminellen gehen, was die wachsende Bedeutung von Cybersicherheit für Unternehmen aller Größenordnungen unterstreicht.

Die Bitkom-Umfrage zeigt auch, welche Delikte in den letzten Monaten besonders stark zugenommen haben. Neben gezielten Cyberattacken, die häufig den Diebstahl sensibler Daten oder die Störung von Geschäftsprozessen zum Ziel haben, sind auch Fälle von Spionage und Sabotage deutlich angestiegen. Diese Verbrechen gefährden nicht nur die finanzielle Stabilität der Unternehmen, sondern auch deren Ruf und langfristige Marktposition. Besonders betroffen sind laut Bitkom-Analyse kleine und mittelständische Unternehmen, denen es oft an Ressourcen für angemessene Schutzmaßnahmen fehlt.

Ein weiterer besorgniserregender Trend ist der zunehmende Diebstahl von Geräten, die dann für weitere kriminelle Aktivitäten, wie das Ausspähen von Zugangsdaten, genutzt werden. In einer immer stärker digitalisierten Welt steigt das Risiko, Opfer solcher Angriffe zu werden, insbesondere wenn grundlegende Sicherheitsmaßnahmen vernachlässigt werden. Laut Bitkom sind es vor allem ungesicherte Netzwerke und veraltete Softwarelösungen, die Cyberkriminellen den Zugang ermöglichen.

Angesichts dieser Entwicklungen sollten Apothekenbetreiber besonders wachsam sein. Apotheken verwalten eine Vielzahl sensibler Daten – von Patientendaten über Rezeptinformationen bis hin zu Abrechnungen mit Krankenkassen. Diese Daten sind für Cyberkriminelle von großem Interesse und könnten im Falle eines Angriffs erhebliche Schäden nach sich ziehen.

Zunächst müssen Apothekenbetreiber sicherstellen, dass ihre IT-Systeme stets auf dem neuesten Stand sind und regelmäßig aktualisiert werden. Veraltete Software stellt eine der größten Schwachstellen dar, die Cyberkriminelle ausnutzen. Der Einsatz von professionellen Antivirenprogrammen und Firewalls ist unverzichtbar. Da viele Apotheken ihre Netzwerke mit externen Dienstleistern teilen, etwa für Abrechnungs- oder Lieferdienstleistungen, sollten diese Systeme klar voneinander getrennt werden, um Sicherheitslücken zu minimieren.

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Schutz von Patientendaten. Apothekenbetreiber müssen sicherstellen, dass diese nicht nur verschlüsselt übertragen, sondern auch sicher gespeichert werden. Der Zugang zu den Daten sollte streng kontrolliert und auf autorisierte Personen beschränkt sein. Regelmäßige Schulungen des Apothekenpersonals in Bezug auf den sicheren Umgang mit IT-Systemen und die Erkennung von Phishing-Versuchen sind ebenfalls wichtige Maßnahmen zur Prävention.

Es ist außerdem ratsam, eine umfassende Cyberversicherung abzuschließen. Diese kann im Falle eines Angriffs nicht nur finanzielle Schäden abdecken, sondern auch rechtliche und technische Unterstützung bieten, um den Betrieb schnellstmöglich wiederherzustellen.

Die aktuellen Entwicklungen zeigen deutlich, dass die wachsende Cyberkriminalität eine reale und erhebliche Bedrohung für Unternehmen, einschließlich Apotheken, darstellt. In einer Branche, in der Vertrauen und Datenschutz von zentraler Bedeutung sind, können die Folgen eines Cyberangriffs schwerwiegender sein als nur der finanzielle Verlust. Ein Verlust von Patientendaten kann das Vertrauen in die Apotheke und sogar in das Gesundheitssystem insgesamt beeinträchtigen. Daher ist es unerlässlich, dass Apotheken nicht nur ihre technische Infrastruktur auf dem neuesten Stand halten, sondern auch in die Sensibilisierung und Schulung ihrer Mitarbeiter investieren.

In einer Welt, die zunehmend von digitalen Prozessen abhängt, wird Cyberkriminalität in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zunehmen. Apothekenbetreiber sollten daher jetzt aktiv werden und alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sich und ihre Kunden zu schützen. Prävention ist der Schlüssel, denn im Ernstfall kann der entstandene Schaden oft nicht vollständig wieder gutgemacht werden.

 

Das drohende Scheitern des Apotheken-Reformgesetzes

Das geplante Apotheken-Reformgesetz droht zu scheitern. Wie aus politischen Kreisen zu hören ist, wächst der Widerstand gegen den Entwurf, der erhebliche finanzielle Veränderungen für Apotheken und Krankenkassen vorsieht. Schon länger gibt es Bedenken, dass das Gesetz in seiner aktuellen Form weder von den Apothekern noch von den Krankenkassen unterstützt wird. Beide Seiten beklagen die unzureichende Berücksichtigung ihrer Interessen. Nun könnte das Gesetzesvorhaben vor dem Aus stehen, was bei Experten und Interessenvertretern unterschiedliche Reaktionen hervorruft.

Der Entwurf sah ursprünglich vor, den Apotheken ein Honorarplus von insgesamt 2,8 Milliarden Euro zu gewähren. Berechnungen zeigen jedoch, dass die tatsächlichen Kosten bis zu 3,3 Milliarden Euro betragen könnten. Gleichzeitig stand die Einführung von Maßnahmen im Raum, die als „Apotheke light“ bezeichnet wurden – eine Reduktion der bisherigen Pflichten und Dienstleistungen der Apotheken, begleitet von einer Umverteilung der Honorare. Dieser Punkt stieß insbesondere bei den Apothekern auf heftigen Widerstand, die sich gegen den Verlust ihrer traditionellen Aufgaben und des damit verbundenen Einkommens wehren.

Hinzu kommt, dass auch das Thema Skonti ungelöst bleibt. Diese Rabatte, die Apotheken bislang von ihren Lieferanten erhalten konnten, sollten nach dem ursprünglichen Entwurf des Reformgesetzes entfallen. Zwar gibt es Überlegungen, die Skonti auch ohne das Apotheken-Reformgesetz wieder zuzulassen, doch ob dies politisch umsetzbar ist, bleibt fraglich. Sowohl das Gesundheits- als auch das Wirtschaftsministerium stehen hier vor einer schwierigen Entscheidung, denn die Arzneimittelpreis-Verordnung fällt in letzteres Ressort.

Die Krankenkassen beobachten das Gesetzesvorhaben ebenfalls mit Argwohn. Sie warnen vor zusätzlichen Belastungen und haben bereits angekündigt, Proteste gegen höhere Kosten zu organisieren. Es wird erwartet, dass das Finanzministerium ebenfalls kritisch auf die vorgeschlagenen Mehrkosten reagieren wird. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob der Gesetzesentwurf in seiner bisherigen Form weiterverfolgt wird.

Sollte das Apotheken-Reformgesetz letztlich scheitern, stünde nicht nur der Gesundheitsminister vor einem politischen Scherbenhaufen. Auch für die Apotheken würde sich die Lage verschlechtern, da sie auf 2,8 Milliarden Euro Honorar gehofft hatten. Ein Ausbleiben der Skonti würde zusätzlich mit rund 400 Millionen Euro an Einbußen zu Buche schlagen. Branchenvertreter hoffen nun auf eine mögliche Kehrtwende unter einer zukünftigen Regierung und betonen, dass frühzeitige Gespräche und Allianzen unerlässlich sein werden, um die wirtschaftliche Lage der Apotheken zu sichern. Dabei müsse auch das Thema Cannabis als potenzielle neue Einnahmequelle stärker in den Fokus rücken.

Das drohende Scheitern des Apotheken-Reformgesetzes ist ein Schlag für alle Beteiligten. Es zeigt einmal mehr, wie komplex die Interessenlage im Gesundheitswesen ist. Auf der einen Seite die Apotheken, die berechtigterweise höhere Honorare fordern, um die stetig steigenden Kosten decken zu können. Auf der anderen Seite die Krankenkassen und das Finanzministerium, die sich vehement gegen zusätzliche finanzielle Belastungen stemmen.

Es ist ein klassisches Dilemma: Ein Gesetz, das sowohl die Apotheken als auch die Krankenkassen zufriedengestellt hätte, wäre kaum finanzierbar gewesen. Doch das völlige Scheitern des Gesetzes hinterlässt tiefe Spuren, vor allem bei den Apothekern, die sich nun erneut um die Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz sorgen müssen. Die geforderten 2,8 Milliarden Euro Honorarplus waren keineswegs eine überzogene Forderung, sondern notwendig, um den Betrieb vieler Apotheken aufrechtzuerhalten. Das mögliche Ausbleiben der Skonti verschärft die Lage zusätzlich.

Eine Lösung ist nicht in Sicht. Der Gesundheitsminister steht nach einem möglichen Scheitern politisch angeschlagen da, und auch die Apotheken müssen sich auf harte Zeiten einstellen. Für die Zukunft bleibt nur die Hoffnung auf eine neue Regierung, die bereit ist, die drängenden Probleme des Apothekenwesens anzugehen. Doch auch diese Hoffnung birgt Risiken, denn in der Politik gibt es keine Garantien. Es wird entscheidend sein, dass die Apotheken frühzeitig die Weichen stellen, um in zukünftigen Gesetzgebungsverfahren besser vertreten zu sein. Besonders das Thema Cannabis könnte dabei eine Rolle spielen und muss strategisch genutzt werden.

 

Hochpreispräparate: Zwischen Risiko und Rentabilität in Apotheken

Die steigenden Kosten für hochpreisige Arzneimittel setzen deutsche Apotheken zunehmend unter Druck. Vor allem die Diskussion um eine mögliche Reduzierung des prozentualen Aufschlags um ein Drittel beunruhigt viele Apotheker. Für sie geht es nicht nur um Mythen oder Ängste vor finanziellen Einbußen, sondern vielmehr um die Frage, wie sich das Geschäft mit teuren Präparaten langfristig wirtschaftlich gestalten lässt. Einige Apotheken haben bereits begonnen, die Belieferung solcher hochpreisigen Arzneimittel abzulehnen oder ihre Kunden indirekt dazu zu bewegen, andere Bezugsquellen zu suchen. Dies kann jedoch nicht nur das Ansehen der Apotheke schädigen, sondern auch zum Verlust treuer Stammkunden führen, die in vielen Fällen eine wichtige Einnahmequelle darstellen.

Die Frage nach der tatsächlichen Wirtschaftlichkeit der Belieferung solcher Hochpreispräparate beschäftigt die Branche schon länger. Unterschiedliche Einschätzungen existieren – von der Auffassung, dass es sich um ein Verlustgeschäft handelt, bis hin zur Meinung, dass diese Produkte trotz der Risiken weiterhin profitabel sein können. Diese gegensätzlichen Einschätzungen sind auf unterschiedliche betriebswirtschaftliche Ansätze zurückzuführen, insbesondere in Bezug auf die Finanzierung der Medikamente und die oft langwierigen Erstattungsprozesse mit den Krankenkassen.

Ein besonderes Problem stellt die Vorfinanzierung dar, die in Extremfällen bis zu sechs Wochen betragen kann. Gerade bei hochpreisigen Präparaten mit Einkaufskosten von mehreren zehntausend Euro kann dies, in Kombination mit hohen Zinsen, für viele Apotheken zur wirtschaftlichen Belastung werden. Es gibt jedoch auch Apotheken, die mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet sind und daher die Kosten der Vorfinanzierung besser abfedern können. Diese Apotheken können durchaus rentable Erträge erzielen. Jedoch zeigt sich, dass dies keine allgemeine Lösung für die Branche darstellt, da viele Apotheken nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen.

Ein immer wieder ins Spiel gebrachter Lösungsansatz ist die Einführung eines zusätzlichen prozentualen Aufschlags von 5 %, um die finanziellen Risiken für Apotheken zu kompensieren. Bei einem Gesamtumsatz von 45 Milliarden Euro im gesamten Rx-Fertigarzneimittelmarkt, von denen etwa 18 Milliarden Euro auf hochpreisige Arzneimittel entfallen, könnte dies zu zusätzlichen Erträgen von 900 Millionen Euro führen, was rund 53.000 Euro pro Apotheke bedeuten würde. Die zusätzlichen Kosten für die Krankenkassen wären mit rund 1,07 Milliarden Euro, inklusive Mehrwertsteuer, zu beziffern. Eine solche Maßnahme würde Apotheken besser an die Preisentwicklungen hochpreisiger Präparate anpassen, da diese in den letzten Jahren stark gestiegen sind.

Allerdings sehen einige Experten diesen Ansatz kritisch. Sie fordern stattdessen eine grundlegende Reform des gesamten Abrechnungssystems, das den besonderen Risiken im Umgang mit Hochkostenpräparaten gerecht wird. Ein Modell, das den Onlinehandel nachahmt – bei dem Arzneimittel erst nach erfolgter Zahlung abgegeben werden – könnte die Risiken für Apotheken deutlich reduzieren. Technisch wäre dies längst möglich: Eine automatisierte Prüfung der Abgabebestimmungen direkt am Verkaufstisch, eine Online-Freigabe und die sofortige Zahlung bei Abgabe des Präparates würden die Situation grundlegend verbessern. Durch den Wegfall der langen Vorfinanzierungszeiten und die damit verbundenen Zinskosten könnten Apotheken selbst mit einem geringeren prozentualen Aufschlag von 2 bis 3 % wirtschaftlich arbeiten, sofern ein angemessenes Fixhonorar eingeführt würde.

Neben den Hochpreispräparaten, die oft auf Bestellung geliefert werden, gibt es auch Lagerartikel im Rx-Bereich, die auf Vorrat gehalten werden müssen. Für diese Artikel fallen monatlich Lagerkosten von etwa 1,5 % des Einkaufspreises an. Ein Aufschlag von 3 % deckt zwei Monate Lagerzeit ab, während ein Aufschlag von 2 % nur noch etwa 40 Tage abdeckt. Viele Apotheken übertreffen diese Umschlagszahlen allerdings heute schon, sodass die Lagerhaltung von hochpreisigen Präparaten in vielen Fällen dennoch wirtschaftlich bleibt.

Insgesamt zeigt sich, dass das bestehende Abrechnungssystem nicht mehr zu den aktuellen Marktbedingungen passt. Die geringen prozentualen Aufschläge sind nur vertretbar, wenn die Risiken für Apotheken, insbesondere das Erstattungsrisiko durch die Krankenkassen, minimiert werden. Hochkostenpatienten als „persona non grata“ zu behandeln, wäre für viele Apotheken jedoch ein strategischer Fehler. Diese Patienten könnten in Zukunft eine existenzsichernde Einnahmequelle darstellen, insbesondere wenn der Versandhandel mit seinen geringeren Kostenstrukturen versucht, diesen Markt zu erschließen. Der Versandhandel steht bereits in den Startlöchern, um sich die attraktiven Erträge und die langfristige Betreuung dieser speziellen Patientengruppe zu sichern. Ein Umdenken in der Branche und eine Anpassung der Vergütungssysteme sind daher unerlässlich.

Die Debatte um die Belieferung hochpreisiger Arzneimittel verdeutlicht die tieferliegenden strukturellen Probleme im deutschen Apothekenwesen. Seit Jahren kämpft die Branche mit steigenden Kosten, einem wachsenden administrativen Aufwand und den unsicheren Erstattungsprozessen der Krankenkassen. Nun droht mit der möglichen Kürzung des prozentualen Aufschlags um ein Drittel ein weiterer finanzieller Einschnitt, der viele Apotheken an den Rand ihrer Existenz bringen könnte.

Es ist unverständlich, dass die Politik nicht längst auf diese Herausforderungen reagiert hat. Die Vorschläge, den prozentualen Aufschlag zu erhöhen, mögen auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, greifen jedoch zu kurz. Sie lösen nicht die grundlegenden Probleme, die durch die langen Vorfinanzierungszeiten und die Unsicherheit bei der Erstattung entstehen. Stattdessen braucht es tiefgreifende Reformen, die die wirtschaftlichen Risiken für Apotheken verringern.

Ein modernes, digitales Abrechnungssystem, das sich an den Standards des Onlinehandels orientiert, könnte hier Abhilfe schaffen. Technisch ist es längst möglich, Zahlungen direkt bei Abgabe eines Präparates zu verlangen und gleichzeitig die Abgabebestimmungen automatisch zu überprüfen. Dies würde nicht nur die finanzielle Sicherheit der Apotheken erhöhen, sondern auch die Verwaltungskosten senken.

Die Apotheken sollten sich nicht darauf verlassen, dass die Krankenkassen und die Politik ihre Probleme allein lösen. Es liegt auch in der Verantwortung der Branche, proaktiv nach Lösungen zu suchen und die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Die Zeiten, in denen man auf traditionelle Systeme setzen konnte, sind vorbei. Wer jetzt nicht handelt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Hochpreisige Arzneimittel bieten trotz aller Risiken auch große Chancen. Die Betreuung von Hochkostenpatienten könnte für viele Apotheken ein wichtiger Baustein ihrer wirtschaftlichen Zukunft sein. Doch dies setzt voraus, dass die Apotheker bereit sind, neue Wege zu gehen und sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Der Versandhandel wartet nicht – er wird die sich bietenden Möglichkeiten nutzen, wenn die stationären Apotheken nicht rechtzeitig reagieren. Ein Umdenken ist daher dringend erforderlich, um nicht nur den Apothekenmarkt, sondern auch die Versorgung der Patienten langfristig zu sichern.

 

Altersdiskriminierung durch „Digital Native“: Gericht spricht Entschädigung zu

In einem wegweisenden Urteil hat das Arbeitsgericht Heilbronn am 18. Januar 2024 entschieden, dass der Begriff „Digital Native“ in einer Stellenanzeige eine Altersdiskriminierung darstellt. Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für den deutschen Arbeitsmarkt und die Formulierung von Stellenanzeigen haben. Geklagt hatte ein 51-jähriger Diplom-Wirtschaftsjurist, der sich erfolglos auf eine Stelle bei einem Sportartikel-Handelsunternehmen beworben hatte. Die Anzeige, die im April 2023 auf mehreren Internetplattformen veröffentlicht wurde, enthielt die Formulierung: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“.

Der Kläger argumentierte, dass der Begriff „Digital Native“ impliziere, dass nur jüngere Menschen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind, für die Position in Betracht kämen. Das Unternehmen wies diesen Vorwurf zurück, das Gericht jedoch folgte der Argumentation des Klägers. Laut Urteil stellt die Verwendung des Begriffs „Digital Native“ eine altersbezogene Benachteiligung dar, die einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gemäß § 3 Abs. 1 AGG darstellt. Der Kläger erhielt eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern.

Die Richter führten aus, dass der Begriff „Digital Native“ zwar oft verwendet werde, um auf technisches Know-how hinzuweisen, jedoch impliziere, dass nur Personen einer bestimmten Generation gemeint seien. Dies schränke den Bewerberkreis unangemessen ein und benachteilige ältere Bewerber. Das Unternehmen hätte die geforderten Fähigkeiten auch ohne diese Formulierung klar beschreiben können. Eine diskriminierungsfreie Ausschreibung hätte alle Altersgruppen gleichermaßen angesprochen.

Das Urteil könnte insbesondere in Branchen mit hohem Bedarf an digitaler Kompetenz für Unsicherheit sorgen. Viele Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, ihre Stellenanzeigen altersneutral zu formulieren, um potenzielle Diskriminierungsklagen zu vermeiden. Experten raten dazu, bei der Formulierung von Stellenanzeigen präzise die benötigten Fähigkeiten zu benennen, ohne Begriffe zu verwenden, die implizit auf ein bestimmtes Alter hinweisen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn ist ein Meilenstein im Kampf gegen Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Es macht deutlich, dass auch scheinbar harmlose Begriffe wie „Digital Native“ in Stellenanzeigen zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen können. In einer Zeit, in der digitale Kompetenz in vielen Branchen unabdingbar ist, neigen Unternehmen dazu, auf vertraute Begriffe zurückzugreifen, die technisches Know-how suggerieren. Doch diese sprachlichen Abkürzungen können fatale Auswirkungen haben.

Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass es nicht nur um den Inhalt einer Stellenanzeige geht, sondern auch um die impliziten Botschaften, die bestimmte Formulierungen aussenden. „Digital Native“ ist mehr als eine Beschreibung von Fähigkeiten – es ist eine Einladung an eine bestimmte Altersgruppe und gleichzeitig eine Ausgrenzung älterer Bewerber. Diese subtile Form der Diskriminierung kann in einem diversifizierten Arbeitsmarkt nicht akzeptiert werden.

Unternehmen sollten das Urteil als Warnung verstehen und ihre Recruiting-Prozesse überdenken. Es ist nicht nur eine Frage der rechtlichen Absicherung, sondern auch eine Chance, das volle Potenzial eines altersgemischten Teams zu nutzen. Ältere Mitarbeiter bringen Erfahrung und Perspektiven mit, die in vielen Bereichen von unschätzbarem Wert sind – gerade in einer digitalen Welt, in der es nicht nur auf Technik, sondern auch auf Weisheit und langfristige strategische Planung ankommt.

Die Lösung ist einfach: Präzise und neutrale Formulierungen, die klar definieren, welche Fähigkeiten gefordert sind, ohne auf stereotype Altersbegriffe zurückzugreifen. Nur so können Unternehmen sicherstellen, dass sie wirklich die besten Kandidaten für ihre Stellen finden – unabhängig vom Alter.

 

Erleichterungen bei der Identitätsprüfung von Cannabis in Apotheken

Die Prüfung der Identität von Cannabisblüten in Apotheken wurde vereinfacht. Apotheken sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei der Herstellung von Rezepturen nur Ausgangsstoffe zu verwenden, deren Qualität nachgewiesen wurde. Dies betrifft auch Cannabisblüten, die häufig in der Rezepturherstellung zum Einsatz kommen. Bisher musste diese Prüfung nach den strengen Vorgaben des Deutschen Arzneibuchs (DAB) oder anderer anerkannter Monographien durchgeführt werden. Die Alternativmethoden zur Identitätsprüfung wurden jedoch überarbeitet und bieten nun deutliche Erleichterungen für Apotheken.

Laut § 11 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) muss die Qualität der Ausgangsstoffe für Rezepturen festgestellt werden. Bislang erforderte die Herstellung der Untersuchungslösung für Cannabisblüten, dass diese zwei Stunden lang erhitzt werden. Diese zeitaufwändige Maßnahme entfällt nun. Stattdessen reicht es aus, 50 Milligramm der gepulverten Cannabisblüten fünf Minuten in Methanol zu rühren und anschließend zu filtrieren. Diese Änderung beschleunigt die Identitätsprüfung erheblich und spart Apotheken wertvolle Zeit.

Auch das Fließmittel für die Dünnschichtchromatographie, das bei der Prüfung zum Einsatz kommt, wurde angepasst. Ether, das früher genutzt wurde, wird nun durch eine andere Substanz ersetzt. Dadurch werden mögliche Fehlerquellen minimiert, und die Entwicklung der Laufweitenmarker erfolgt schneller und präziser.

Eine weitere Erleichterung betrifft die Identitätsprüfung von eingestellten Cannabisextrakten. Bislang war die Alternativmethode, die bei Cannabisextrakten verwendet wurde, nicht zufriedenstellend. Die neue Methode konzentriert sich nun ausschließlich auf Extrakte, die auf mittelkettigen Triglyceriden basieren. Öle wie Traubenkern- oder Sesamöl werden nicht mehr berücksichtigt, was den Prüfungsprozess vereinfacht und beschleunigt. Da mittelkettige Triglyceride in der Regel als Basis für Cannabisextrakte verwendet werden, ist diese Anpassung praxisnah und effizient.

Diese Änderungen sorgen dafür, dass Apotheken die Qualitätskontrollen von Cannabisblüten und -extrakten deutlich schneller und einfacher durchführen können. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch den Aufwand für die Apothekenmitarbeiter, ohne die Sicherheit und Qualität der Arzneimittel zu beeinträchtigen.

Die vereinfachten Identitätsprüfungen für Cannabisblüten und -extrakte in Apotheken sind eine lang ersehnte Erleichterung. Die bisherige Praxis, Cannabisblüten für zwei Stunden zu erhitzen, war nicht nur zeitaufwendig, sondern auch unnötig kompliziert. Durch die neuen Verfahren wird die Arbeit in den Apotheken erheblich vereinfacht, was den Ablauf im täglichen Betrieb beschleunigt. Angesichts der stetig steigenden Zahl von Rezepturen mit Cannabisblüten und -extrakten ist dies ein wichtiger Schritt, um die Apotheken zu entlasten.

Besonders positiv ist die Vereinfachung der Prüfung von eingestellten Cannabisextrakten. Die Fokussierung auf mittelkettige Triglyceride als Basis schließt mögliche Verwirrungen durch andere Öle aus und sorgt für ein klareres und effizienteres Verfahren. Dass auch das Fließmittel überarbeitet wurde und keine aufwendigen Stoffe wie Ether mehr erforderlich sind, macht die Prüfung noch reibungsloser.

Für Apotheken bedeutet dies nicht nur eine Zeitersparnis, sondern auch eine Reduzierung potenzieller Fehlerquellen. Angesichts des komplexen Regelwerks, dem Apotheken unterliegen, ist jede Vereinfachung willkommen. Es bleibt zu hoffen, dass auch in anderen Bereichen der Rezepturherstellung ähnliche Erleichterungen erfolgen, um die tägliche Arbeit in den Apotheken weiter zu entlasten.

 

Politikversagen bei pharmazeutischen Dienstleistungen: Ein teurer Flop

Die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) sollte den Apotheken in Deutschland neue Perspektiven eröffnen und das Gesundheitssystem entlasten. Doch die Realität sieht anders aus. Thomas Müller, Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium (BMG), brachte es auf den Punkt: Die pDL haben sich als „Flop“ erwiesen. Bei der Zukunftskonferenz der Apothekerschaft ließ Müller keinen Zweifel daran, dass die Erwartungen bislang nicht erfüllt wurden.

Auch Robert-Martin Montag, Bundestagsabgeordneter der FDP, äußerte sich kritisch. Seiner Meinung nach liege das Versagen jedoch nicht bei den Apotheken. Stattdessen sei die Politik der Hauptschuldige. „Da hat die Politik einfach Mist gebaut“, sagte Montag deutlich. Er führte aus, dass es wenig überraschend sei, dass Apotheken ihr knappes Personal nicht für schlecht bezahlte Dienstleistungen einsetzen, wenn man bedenke, dass für die pDL weniger gezahlt werde als für die Meisterstunde in einer Kfz-Werkstatt.

Die Apotheken stehen vor einem Dilemma: Einerseits fehlt es an Anreizen, um die pharmazeutischen Dienstleistungen im gewünschten Umfang anzubieten, andererseits stehen sie unter zunehmendem Druck, den Personalmangel zu bewältigen. Montag kritisierte, dass die Politik die Verteilung von Verantwortlichkeiten in den Apotheken nicht ausreichend verstehe. Er sprach von einer unglücklichen Aufteilung zwischen „Häuptlingen und Indianern“ und machte deutlich, dass eine Reform dringend nötig sei.

Thomas Müller ergänzte, dass der Apothekenalltag dem Personal kaum Zeit für zusätzliche Dienstleistungen lasse. Er forderte eine bessere Organisation und stellte die Frage, ob er nicht selbst zur „Nachhilfestunde in den HV“ (Handverkauf) müsste, um die Herausforderungen der Apotheken besser zu verstehen. Bei der Zukunftskonferenz blieb offen, wie schnell die Politik auf die Kritik reagieren wird. Doch klar ist: Ohne angemessene Vergütung und strukturelle Verbesserungen bleiben die pDL eine vergebene Chance.

Die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen war eine vielversprechende Idee – auf dem Papier. Doch in der Praxis zeigt sich einmal mehr, dass politische Entscheidungen oft weit entfernt von der Realität vor Ort getroffen werden. Robert-Martin Montag bringt es auf den Punkt: Wenn Apotheken für ihre Dienstleistungen schlechter entlohnt werden als Handwerksbetriebe, darf man sich nicht wundern, dass sie ihre Ressourcen anders priorisieren.

Die Verantwortung liegt klar bei der Politik. Apotheken sind systemrelevante Einrichtungen, und ihre Mitarbeiter leisten täglich einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Doch anstatt sie zu entlasten und zu fördern, werden ihnen zusätzliche Aufgaben auferlegt, ohne dass dafür die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das Ergebnis: Frustration und Ineffizienz.

Die Verteilung von Aufgaben innerhalb der Apotheken ist ein weiteres Problem, das dringend angegangen werden muss. Es braucht klare Verantwortlichkeiten und eine faire Bezahlung für alle Beteiligten. Die Metapher von den „Häuptlingen und Indianern“, die Montag verwendet, ist zwar provokant, spiegelt aber eine bittere Wahrheit wider: Ohne eine angemessene Hierarchie und Struktur werden die pDL weiterhin im Sand verlaufen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Politik die Signale aus der Apothekerschaft endlich ernst nimmt. Die Reform der pDL ist nicht nur eine Frage der Vergütung, sondern auch der Wertschätzung für eine Branche, die am Limit arbeitet.

 

Apotheken unter Druck: Finanzielle Engpässe und Reformbedarf gefährden Versorgung

Bei einer Diskussionsveranstaltung der Apothekerkammer Berlin und des Berliner Apotheker-Vereins wurde die Zukunft der Apotheken im Zuge der anstehenden Apothekenreform intensiv beleuchtet. Vertreter aus Politik, Krankenkassen, Ärzteschaft, Apotheken und Patientengruppen debattierten über die zunehmende Unterfinanzierung der Apotheken, die steigende Zahl an Schließungen und die potenziellen Auswirkungen neuer Versorgungsmodelle.

Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage, ob Apotheken in Zukunft lediglich als Abgabestellen für Medikamente fungieren oder weiterhin eine tragende Rolle in der Gesundheitsversorgung einnehmen sollen. Kammerpräsidentin Dr. Ina Lucas betonte, dass die Herausforderungen des Gesundheitssystems nur in enger Zusammenarbeit gelöst werden könnten. Sie warnte jedoch davor, dass Apotheken zunehmend durch rein kommerzielle Abgabestellen ersetzt werden könnten, falls gesetzliche Regelungen nicht rechtzeitig angepasst werden.

Anke Rüdinger, Vorsitzende des Berliner Apotheker-Vereins, stellte die Unterfinanzierung als Kernproblem dar. Sie verwies darauf, dass Apotheken seit Jahren auf eine längst überfällige Anpassung ihrer Honorare warten. Viele Apotheken hätten bereits schließen müssen, weil die Einnahmen die steigenden Kosten für Mieten, Personal und Strom nicht mehr decken könnten. Apothekerin Dena Rostamzadeh verdeutlichte dies anschaulich: „Wir beraten im Jahr 2024 mit dem Gehalt von 2013.“ Auch Kunden würden die angespannte Lage spüren, da Apotheken immer häufiger Schwierigkeiten hätten, Personal zu finden oder in dringenden Fällen schnell benötigte Medikamente bereitzustellen.

Die Diskussion um neue Versorgungsmodelle wurde intensiv geführt. Anne-Kathrin Klemm, Vorstandsmitglied des BKK-Dachverbands, hob hervor, dass Apotheken künftig stärker in Impfkampagnen und die Erstversorgung eingebunden werden sollten, um die ärztliche Versorgung zu entlasten. Dies werde jedoch nur gelingen, wenn die Finanzierung der Apotheken entsprechend verbessert werde. Sie sprach sich zudem für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und eine Anpassung des Bundeszuschusses an die Kassen aus. Der Gesundheitssektor sei zu teuer für den mittelmäßigen Output, den er derzeit liefere, und die Apotheken könnten dazu beitragen, diese Situation zu verbessern, so Klemm.

Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin, zeigte sich kritisch gegenüber den Plänen, Apotheken neue Aufgaben zu übertragen. Er wies darauf hin, dass Impfungen und andere medizinische Dienstleistungen in ärztliche Hände gehörten und Apotheken sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren sollten. Auch Patientensprecherin Nicole Praima unterstrich die Bedeutung der Apotheken, insbesondere für pflegebedürftige Patienten. „Ohne die Apotheke vor Ort wären wir oft aufgeschmissen“, erklärte sie und warnte davor, Apotheken zu sehr zu „verschlanken“, da dies zu Lasten der Patienten gehen würde.

Die Apotheken stehen somit an einem Scheideweg: Einerseits gibt es den Druck, neue Aufgaben zu übernehmen, um ihre finanzielle Basis zu stabilisieren. Andererseits stellt sich die Frage, ob dies ohne eine angemessene Vergütung überhaupt möglich ist. Die Zukunft der Apotheken hängt maßgeblich davon ab, welche Reformen in den kommenden Monaten umgesetzt werden und wie das Gesundheitssystem auf die Herausforderungen der Gegenwart reagiert.

Die Situation der Apotheken in Deutschland ist alarmierend. Seit Jahren kämpfen sie mit massiver Unterfinanzierung, während gleichzeitig der Druck durch Reformen wächst. Es ist ein Paradoxon: Einerseits wird von den Apotheken erwartet, dass sie immer mehr Aufgaben im Gesundheitssystem übernehmen, wie Impfungen oder erweiterte pharmazeutische Dienstleistungen. Andererseits bleibt ihre finanzielle Basis unverändert – oder verschlechtert sich sogar weiter. Die Aussage „Wir beraten im Jahr 2024 mit dem Gehalt von 2013“ bringt die Misere auf den Punkt.

Die Apotheken sind weit mehr als bloße Abgabestellen. Sie sind oft die erste Anlaufstelle für Patienten, gerade in ländlichen Gebieten oder bei akutem Versorgungsbedarf. Diese Rolle kann und sollte nicht unterschätzt werden. Doch ohne eine umfassende Reform des Apothekenhonorars und eine gerechte Finanzierung wird es immer schwieriger, dieses Versorgungsnetz aufrechtzuerhalten.

Es ist richtig, über neue Versorgungsmodelle nachzudenken, aber diese dürfen nicht zu einer weiteren Belastung der Apotheken führen, ohne dass gleichzeitig die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Vorschlag, Apotheken stärker in die Impfversorgung einzubinden, ist sinnvoll, aber nur dann praktikabel, wenn diese Leistungen angemessen vergütet und in den Apothekenalltag integriert werden können.

Die Politik ist gefragt, schnell und entschlossen zu handeln. Die Gefahr, dass Apotheken schließen und das Fremdbesitzverbot fällt, ist real. Sollte dies geschehen, droht eine Kommerzialisierung, die das Gesundheitssystem nachhaltig verändern würde – und nicht zum Besseren. Apotheken müssen als das anerkannt werden, was sie sind: Ein zentraler Pfeiler der Gesundheitsversorgung, der Unterstützung braucht, um zukunftsfähig zu bleiben.

 

E-Rezept-Panne: Apotheker bleibt auf 5.400 Euro Schaden sitzen

Ein Apotheker musste einen finanziellen Verlust von über 5.400 Euro hinnehmen, nachdem er für insgesamt 24 E-Rezepte keine Erstattung erhalten hatte. Der Vorfall ereignete sich zwischen dem 23. Januar und dem 10. Februar und betraf unter anderem das hochpreisige Medikament Amgevita, dessen Preis bei rund 3.200 Euro liegt. Trotz der Einführung des E-Rezeptes, das als sicher und effizient gilt, führte ein technisches Problem dazu, dass die Rezepte nicht ordnungsgemäß abgerechnet wurden.

Nach eigenen Angaben hatte der Apotheker die Rezepte ordnungsgemäß über die Software verarbeitet und mit der sogenannten FiveRx-Prüfung kontrolliert. Diese Prüfung soll sicherstellen, dass die Rezepte korrekt dispensiert und abgerechnet werden. Allerdings stellte sich später heraus, dass für diese Rezepte keine Quittung von der Gematik, der für das E-Rezept zuständigen Gesellschaft, generiert worden war. Ohne diese Quittung, die eine Bestätigung für die erfolgreiche Übertragung des Rezepts an den Gematik-Server darstellt, erfolgt keine Zahlung.

Besonders problematisch: Der Apotheker erhielt keine Fehlermeldung, die ihn auf das Fehlen der Quittung hätte hinweisen können. Erst als er die fehlenden Zahlungen bemerkte, wurde das Problem deutlich. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch bereits zu spät, da die Gematik nach Ablauf von 100 Tagen keine Quittungen mehr erstellt und die entsprechenden Datensätze gelöscht werden.

Der betroffene Apotheker kritisiert zudem, dass es ihm nicht ausreichend erklärt worden sei, wie wichtig die Quittung im Zusammenhang mit der Auszahlung sei. Im stressigen Apothekenalltag sei es kaum möglich, jedes Rezept genau zu prüfen. Noch ärgerlicher für den Apotheker ist, dass seine Apothekenversicherung den Schaden nicht übernehmen wollte. Als Grund wurde angegeben, dass es sich um ein unternehmerisches Risiko handle. Auch ein eingeschalteter Jurist bestätigte diese Einschätzung. Der Apotheker fühlt sich in dieser Situation allein gelassen und ärgert sich, dass er letztlich den Krankenkassen Geld schenkt, während er bei der Abgabe von hochpreisigen Medikamenten ohnehin kaum Gewinn erziele.

Der Vorfall zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass die Einführung des E-Rezeptes zwar auf den ersten Blick viele Vorteile für Apotheken und Patienten bietet, aber in der Praxis noch erhebliche Risiken birgt. Technische Probleme können für Apothekeninhaber schnell zu finanziellen Belastungen führen, insbesondere dann, wenn hochpreisige Medikamente betroffen sind. Der Apotheker im vorliegenden Fall hat alles richtig gemacht und dennoch einen erheblichen Schaden erlitten – ohne dass er eine Möglichkeit hatte, das Problem rechtzeitig zu erkennen oder zu verhindern.

Die Verantwortung liegt dabei nicht nur bei den Apotheken selbst, sondern auch bei den beteiligten Institutionen wie der Gematik und den Softwareanbietern. Es kann nicht sein, dass Apotheken die wirtschaftlichen Risiken allein tragen müssen, wenn technische Systeme versagen. Eine fehlende Quittung darf nicht dazu führen, dass Rezepte schlicht nicht bezahlt werden. Hier bedarf es dringend klarer Regelungen und einer besseren Kommunikation zwischen den Akteuren, um ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden.

Zudem ist die Haltung der Apothekenversicherung und des eingeschalteten Juristen fragwürdig. Natürlich gehört ein gewisses unternehmerisches Risiko zum Betrieb einer Apotheke, doch technische Fehler, die außerhalb der Kontrolle des Betreibers liegen, sollten durch entsprechende Absicherungen aufgefangen werden. Apotheken sind schließlich ein zentraler Baustein im Gesundheitssystem und dürfen nicht durch unklare Abläufe in finanzielle Schieflagen geraten.

Letztlich bleibt die Frage, ob die Krankenkassen nicht mehr Verantwortung übernehmen sollten. Wenn Apotheken Medikamente in Vorleistung abgeben, sollten diese auch sicherstellen, dass technische Probleme keine finanziellen Verluste für die Inhaber bedeuten. Der vorliegende Fall ist ein klares Signal, dass das E-Rezept-System noch nicht ausgereift ist – und dass die Apotheken nicht die Leidtragenden sein dürfen.

 

Haushaltsdebatte: Scharfe Kritik an Spahn und Apothekenreform

In einer kontroversen Haushaltsdebatte im Bundestag sorgte die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta mit einer scharfen Bemerkung über den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für Aufsehen. Im Rahmen eines hitzigen Wortgefechts mit Tino Sorge (CDU) ging es um die Entlastung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sorge forderte, die Belastung durch Empfänger des Bürgergeldes zu reduzieren, um die GKV zu entlasten. Piechotta warf der Union daraufhin vor, das Problem auf Kosten der Schwächsten lösen zu wollen.

In ihrer Rede griff Piechotta Spahn direkt an und erklärte, wenn es der Union darum gehe, die Kosten im Haushalt zu senken, müsse Spahn „ganz vorne im Flugzeug sitzen“. Sie spielte damit auf die hohen Ausgaben an, die während Spahns Amtszeit entstanden seien. Tino Sorge unterbrach sofort und fragte scharf: „Wollen Sie deutsche Staatsbürger abschieben?“ Piechotta stellte klar, dass sie lediglich auf die Haushaltsbelastungen durch Spahns Entscheidungen hingewiesen habe, insbesondere im Zusammenhang mit den hohen Kosten der Corona-Pandemie.

Die Grünen-Politikerin legte in ihrer Kritik nach und verglich die Belastungen des Haushalts durch Spahn mit den langfristigen Auswirkungen von „Long Covid“. Sie prägte den Begriff „Long Spahn“, um auf die finanziellen Nachwirkungen der Gesundheitskrise hinzuweisen. Piechotta argumentierte, dass die Kosten, die Spahn verursacht habe, den Bundeshaushalt noch über Jahre belasten würden.

Im weiteren Verlauf der Debatte ging es auch um die geplante Apothekenreform. Svenja Stadler (SPD) verteidigte die Reform als Maßnahme zur Stärkung der ambulanten Versorgung, während Andrej Hunko von der Basisdemokratischen Partei (BSW) scharfe Kritik äußerte. Hunko warnte vor einer „Dequalifizierung“ des Apothekenwesens und sprach sich gegen die Öffnung hin zu sogenannten „Medikamentenabgabenketten“ aus. Er forderte stattdessen eine Anpassung der Honorare für Apotheker, um die Qualität und Unabhängigkeit der Apotheken zu sichern.

Die Bundestagsdebatte um den Haushalt hat einmal mehr gezeigt, wie polarisiert die politischen Lager in Deutschland sind. Paula Piechottas Angriff auf Jens Spahn mag in erster Linie als politischer Seitenhieb gedacht gewesen sein, doch er verweist auf ein tiefer liegendes Problem: Die enormen Ausgaben, die während der Corona-Pandemie getätigt wurden, werfen nach wie vor lange Schatten auf die Finanzplanung des Bundes. Piechottas Vergleich mit „Long Covid“ ist eine zugespitzte, aber nicht unberechtigte Metapher für die anhaltende Belastung, die durch Spahns Entscheidungen entstanden ist.

Tino Sorge reagierte scharf, als Piechotta Spahn direkt angriff, doch die eigentliche Debatte sollte sich weniger um persönliche Angriffe drehen als um die Frage, wie die finanzielle Stabilität des Gesundheitssystems gesichert werden kann. Die von Sorge vorgeschlagene Entlastung der GKV durch Einsparungen bei Bürgergeldempfängern zielt auf einen sozialen Konflikt, der bereits tief in der Gesellschaft verankert ist: Wer soll die Kosten tragen?

Auch die Debatte um die Apothekenreform zeigt, dass zentrale Bereiche der Gesundheitsversorgung auf der Kippe stehen. Die Reform mag von der SPD als Schritt zur Sicherung der ambulanten Versorgung gelobt werden, doch die Bedenken von Kritikern wie Andrej Hunko sind nicht von der Hand zu weisen. Die Gefahr, dass Apotheken durch die Reform in eine Kette von Medikamentenabgaben eingebunden werden, könnte langfristig die Qualität und Unabhängigkeit der Arzneimittelversorgung gefährden.

Letztlich muss die Politik einen Weg finden, die dringend notwendige Entlastung des Gesundheitssystems zu erreichen, ohne dabei die Schwächsten in der Gesellschaft oder die grundlegende Infrastruktur der Gesundheitsversorgung zu gefährden. Piechottas polemischer Angriff auf Spahn verdeutlicht lediglich, dass der Diskurs um Lösungen noch immer von persönlicher und parteipolitischer Rhetorik geprägt ist – zum Nachteil einer sachlichen Debatte.

 

Kostenlose Apotheken Umschau als E-Paper: Gesund.de erweitert Service

Die Plattform Gesund.de erweitert ihr Angebot: Ab sofort erhalten Kunden, die über die Plattform bestellen, die Apotheken Umschau als kostenfreies E-Paper. Die digitale Ausgabe des beliebten Magazins steht ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung, und auch für die Partnerapotheken entstehen keine finanziellen Aufwände. Damit festigt Gesund.de seine Position als eine der führenden Plattformen im Gesundheitswesen. In Kooperation mit dem Wort & Bild Verlag, dem Herausgeber der Apotheken Umschau und zugleich einer der Gesellschafter der Plattform, sollen vor allem digitalaffine Kundengruppen angesprochen werden.

Gesund.de hat bereits eine mittlere fünfstellige Zahl an E-Papers versandt. Die Zahlen verdeutlichen, dass das Interesse an digitalen Gesundheitsangeboten stetig wächst. Für Maximilian Achenbach, Geschäftsführer von Gesund.de, passt diese Erweiterung der Services ideal zur bestehenden CardLink-Funktionalität der Plattform. Er sieht in der kostenlosen Bereitstellung der Apotheken Umschau einen „weiteren geschätzten Bestandteil des Apothekenbesuchs“, der nun auch digital verfügbar ist. Dr. Peter Schreiner, Vorsitzender der Geschäftsführung, unterstreicht diese Strategie: „Mit der Apotheken Umschau als E-Paper bieten wir das Beste aus beiden Welten – persönliche Beratung in der Apotheke und bequemen Online-Service.“

Für die Apotheken selbst stellt das Angebot eine Win-Win-Situation dar. Sie können ihren Kunden einen zusätzlichen Service bieten, ohne dafür zahlen zu müssen. Dies ist ein entscheidender Vorteil, insbesondere in einer Zeit, in der viele Apotheken unter steigendem Kostendruck stehen. Das Print-Magazin Apotheken Umschau ist mit knapp 16 Millionen Lesern pro Monat das reichweitenstärkste Printmedium in Deutschland. Mit der digitalen Ausgabe wird diese Reichweite nun weiter ausgebaut.

Jan Wagner, verantwortlich für den Vertrieb beim Wort & Bild Verlag, sieht in der Kooperation einen deutlichen Schritt in Richtung Digitalisierung. „Wir zeigen den Menschen, dass die Apotheken Umschau längst mehr ist als ein Printprodukt. Neben dem E-Paper bieten wir Podcasts, KI-gestützte Tools und andere digitale Angebote, um neue Kundengruppen zu erreichen.“ Gleichzeitig hebt Wagner die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Gesund.de hervor. Die Plattform habe sich zu einem „wegweisenden Akteur im Gesundheitssystem“ entwickelt. Diese Partnerschaft unterstreiche das große Vertrauen, das der Wort & Bild Verlag in Gesund.de setzt.

Gesund.de, an dem neben dem Wort & Bild Verlag auch die Branchengrößen Phoenix und Noventi beteiligt sind, hatte bereits im Juli 2024 das CardLink-System für Vor-Ort-Apotheken eingeführt. Dieses System soll Apotheken eine stärkere Bindung an ihre Kunden ermöglichen, indem sie digitale und persönliche Serviceangebote kombinieren. Mit der Apotheken Umschau als kostenfreiem E-Paper wird dieses Angebot nun sinnvoll ergänzt.

Bereits vor zehn Jahren hatte der Wort & Bild Verlag versucht, ein kostenpflichtiges E-Paper als Schwesterprodukt der Apotheken Umschau auf den Markt zu bringen. Die App „Elixier“ sollte auf den Namen der jeweiligen Apotheke laufen und monatlich 75 Euro kosten. Allerdings konnte sich dieses Modell nicht durchsetzen. Heute setzt der Verlag auf eine kostenlose digitale Ausgabe der Apotheken Umschau, die sowohl Apotheken als auch Kunden ohne finanzielle Hürden zur Verfügung steht.

Die Entscheidung, die Apotheken Umschau als kostenloses E-Paper anzubieten, ist ein kluger Schachzug, der gleich mehrere Gewinner schafft. Auf der einen Seite profitieren die Kunden, die nun die Möglichkeit haben, das beliebte Gesundheitsmagazin jederzeit und überall digital zu lesen. Auf der anderen Seite stehen die Apotheken, die ihren Service erweitern können, ohne dass zusätzliche Kosten auf sie zukommen. Dies ist in einer Branche, die zunehmend unter finanziellen und regulatorischen Zwängen leidet, von großem Vorteil.

Für den Wort & Bild Verlag ist dies zudem eine Chance, sein Angebot an die Bedürfnisse der digitalaffinen Generation anzupassen. Während Printprodukte weiterhin wichtig bleiben, liegt die Zukunft eindeutig in der Digitalisierung. Das kostenlose E-Paper ist eine logische Erweiterung des Portfolios, das mittlerweile auch Podcasts und KI-gestützte Tools umfasst. Besonders in einem so stark regulierten und konservativen Bereich wie dem Gesundheitswesen ist es bemerkenswert, wie konsequent der Verlag auf digitale Innovationen setzt.

Nicht zuletzt zeigt die Kooperation mit Gesund.de das Potenzial von Plattformlösungen im Gesundheitssystem. Die Digitalisierung des Apothekenwesens schreitet langsam, aber stetig voran. Plattformen wie Gesund.de spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie Apotheken und Kunden miteinander vernetzen und zusätzliche Serviceangebote ermöglichen. Diese Entwicklung wird langfristig nicht nur das Verhältnis zwischen Apotheke und Kunde verändern, sondern auch den Wettbewerb im Gesundheitswesen verschärfen.

Die Einführung des kostenlosen E-Papers der Apotheken Umschau ist ein vielversprechender Schritt in die Zukunft. Es bleibt abzuwarten, ob die digitale Ausgabe tatsächlich die gleiche Akzeptanz findet wie das Printprodukt. Doch die Weichen für eine erfolgreiche Symbiose aus digitalen und traditionellen Angeboten sind gestellt.

 

Rückruf von Aarane N wegen defektem Sprühkopf ausgeweitet

Der Pharmahersteller Sanofi hat den Rückruf seines Asthma-Medikaments Aarane N weiter ausgeweitet. Bereits Ende August wurde eine Charge des Dosieraerosols zurückgerufen. Nun betrifft der Rückruf auch die Chargen 23009AB und 23009AC, wie das Unternehmen am Freitag bekanntgab. Grund für die Maßnahme sei ein technischer Defekt am Sprühkopf, der bei den betroffenen Chargen nicht ausgeschlossen werden könne.

Aarane N enthält die Wirkstoffe Natriumcromoglicat und Reproterolhydrochlorid und wird zur Behandlung akuter Atemnot, insbesondere bei allergischen Reaktionen und durch Belastung, Stress oder Infektionen ausgelöster Atemnot, angewendet. Das Präparat ist sowohl für die einmalige Anwendung zur Linderung von Atemnot als auch zur gezielten Vorbeugung bei Anstrengungsasthma oder vor dem Kontakt mit Allergenen zugelassen. Eine längerfristige Behandlung erfolgt immer in Kombination mit entzündungshemmenden Medikamenten.

Sanofi betonte, dass Kunden, die eines der betroffenen Produkte besitzen, dieses unverzüglich in Apotheken zurückgeben können. Apotheken erhalten Ersatz für die zurückgegebenen Produkte. Bei einem Ausfall des Sprühkopfs kann das Medikament nicht ordnungsgemäß freigesetzt werden, was für die Patienten im Notfall zu einer akuten Verschlechterung der Symptome führen könnte.

Aarane N kombiniert zwei Substanzen, die unterschiedliche Funktionen bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen erfüllen. Natriumcromoglicat wirkt stabilisierend auf die Mastzellen, indem es den Calciumkanal blockiert, der mit dem IgE-Rezeptor gekoppelt ist. Dies verhindert den Calcium-Einstrom in die Mastzellen und somit die Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Reproterolhydrochlorid ist ein β2-Sympathomimetikum, das zur Entspannung der Bronchialmuskulatur beiträgt und so die Atemwege erweitert. Die Substanz hat keine signifikante Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System, was sie bei inhalativer Anwendung gut verträglich macht.

Sanofi hat versichert, dass die Sicherheitsmaßnahme rein präventiv sei und bisher keine Berichte über gesundheitliche Zwischenfälle im Zusammenhang mit dem Defekt vorliegen. Patienten, die Fragen haben, wird geraten, sich an ihren Arzt oder Apotheker zu wenden.

 

Missbrauchs- und Suchtpotenzial bei Tramadol – Neue Vorgaben für Packungsbeilagen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsgruppe der Europäischen Arzneimittelagentur (CMDh) neue Regelungen für die Packungsbeilagen von Tramadol-haltigen Medikamenten beschlossen. Diese Anpassungen sollen insbesondere auf die Risiken von Missbrauch und Abhängigkeit hinweisen, die mit der Anwendung dieses Schmerzmittels verbunden sind. Tramadol gehört zu den synthetischen Opioiden, die bei mittelstarken bis starken Schmerzen eingesetzt werden. Es wirkt sowohl auf die Opioid-Rezeptoren im Gehirn als auch durch die Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Diese Wirkweise macht es effektiv, birgt jedoch das Risiko einer Abhängigkeit.

Um dem vorzubeugen, werden die Packungsbeilagen zukünftig deutliche Hinweise enthalten. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass eine regelmäßige Anwendung zu Toleranzbildung, Abhängigkeit und Missbrauch führen kann. Zudem sind neue Warnungen vor Wechselwirkungen mit anderen zentral wirksamen Substanzen, wie Gabapentin und Pregabalin, vorgesehen. Diese Kombinationen können schwerwiegende Nebenwirkungen wie Atemdepression, Koma oder sogar den Tod verursachen.

Auch das medizinische Personal wird durch die neuen Vorgaben stärker in die Pflicht genommen. Ärzte sollen künftig mit den Patienten Behandlungspläne entwickeln, die genaue Therapieziele und eine geplante Beendigung der Behandlung umfassen. Die Aufklärung über die Risiken sowie die genaue Überwachung der Behandlung stehen im Mittelpunkt dieser neuen Maßnahmen.

Mit den neuen Regelungen für Tramadol-haltige Medikamente wird ein bedeutender Schritt in Richtung Patientensicherheit gemacht. Die Risiken, die von Opioiden ausgehen, sind bekannt und es ist erfreulich zu sehen, dass hier nun strengere Vorgaben gelten. Der verstärkte Hinweis auf das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial ist längst überfällig, da Tramadol – wie andere Opioide – ein erhebliches Suchtpotenzial aufweist.

Gleichzeitig stellt dies auch höhere Anforderungen an Ärzte, die nun nicht nur über die Risiken aufklären, sondern auch individuelle Behandlungspläne erstellen müssen. Diese Verantwortung ist essenziell, um die Gefahr von Missbrauch zu minimieren und eine sichere Anwendung zu gewährleisten. Auch die klaren Hinweise auf mögliche Wechselwirkungen mit Gabapentin und Pregabalin sind ein wichtiger Schritt, um gefährliche Nebenwirkungen zu verhindern.

Trotz der neuen Maßnahmen bleibt ein hoher Grad an Selbstverantwortung bei den Patienten erforderlich. Die sichere Aufbewahrung von Tramadol und die genaue Befolgung der Dosierungsanweisungen sind entscheidend, um Missbrauch und unerwünschte Wirkungen zu vermeiden. Zusammenfassend ist dies ein begrüßenswerter Schritt, der zeigt, dass beim Einsatz von Schmerzmitteln nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Sicherheit der Patienten im Vordergrund steht. Tramadol bleibt ein nützliches Schmerzmittel, aber der verantwortungsvolle Umgang muss stets im Fokus stehen.

 

Sepsis – Eine unterschätzte Gefahr: Warum Apotheken bei der Früherkennung eine Schlüsselrolle spielen könnten

Sepsis bleibt eine der häufigsten, aber oft unterschätzten Todesursachen weltweit. Schätzungsweise 20 Prozent aller Todesfälle lassen sich laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf diese lebensbedrohliche Reaktion des Immunsystems zurückführen. Auch in Deutschland ist die Situation alarmierend: Jährlich sterben mindestens 60.000 Menschen an den Folgen einer Sepsis – eine Zahl, die Experten zufolge deutlich geringer sein könnte, wenn eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erfolgt.

Sepsis entsteht, wenn eine Infektion außer Kontrolle gerät und das Immunsystem überreagiert. Das Problem: Die Symptome einer Sepsis sind oft schwer zu erkennen, da sie unspezifisch beginnen – etwa mit Fieber, Atembeschwerden oder allgemeinem Unwohlsein. Doch innerhalb weniger Stunden kann sich eine Sepsis zu einem lebensbedrohlichen Notfall entwickeln, bei dem Organe versagen und rascher medizinischer Eingriff erforderlich wird. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als 340.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Sepsis, rund 100.000 von ihnen sterben daran, so das vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderte Projekt „SepsisWissen“.

Apotheken könnten in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Durch ihre direkte Nähe zu Patienten und ihre beratende Funktion sind sie prädestiniert, präventive Maßnahmen anzustoßen und auf mögliche Sepsis-Symptome hinzuweisen. Einfache, aber effektive Maßnahmen wie Impfungen, Hygieneempfehlungen und das Bewusstsein für Frühwarnzeichen einer Infektion könnten einen erheblichen Einfluss auf die Früherkennung und somit auch auf die Überlebensrate haben. Das Projekt „SepsisWissen“ appelliert explizit an Apotheker, sich aktiv in die Prävention und Aufklärung einzubringen. Denn je früher eine Sepsis erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Die Behandlung von Sepsis ist hochkomplex und erfordert in der Regel eine intensivmedizinische Betreuung. Zum Einsatz kommen Antibiotika, Blutdruck stabilisierende Mittel und Maßnahmen zur Organunterstützung. Dennoch können selbst moderne Behandlungsmethoden nicht alle Patienten retten. Die Prävention bleibt daher entscheidend. Impfungen gegen häufige Erreger wie Pneumokokken oder Influenza könnten das Risiko erheblich verringern, dass eine banale Infektion in eine tödliche Sepsis übergeht.

Für Apotheken bedeutet dies nicht nur eine Erweiterung ihres Beratungsspektrums, sondern auch eine potenziell lebensrettende Aufgabe. Durch gezielte Aufklärung über Hygienemaßnahmen, den eigenen Impfstatus und die Symptome von Sepsis können sie einen entscheidenden Beitrag zur Verringerung der Sepsis-Sterblichkeit leisten.

Die Rolle von Apotheken im Kampf gegen Sepsis wird bisher stark unterschätzt. Dabei sind sie ein essenzieller Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems und für viele Menschen die erste Anlaufstelle bei kleineren Gesundheitsproblemen. Diese Nähe zu den Patienten ist ein unschätzbarer Vorteil, wenn es darum geht, lebensbedrohliche Zustände wie Sepsis frühzeitig zu erkennen.

Sepsis entwickelt sich meist schleichend, oft aus harmlosen Infektionen wie einer Erkältung oder einer kleinen Wunde. Gerade hier können Apothekenteams präventiv eingreifen, indem sie Patienten über Risiken informieren und zu einem wachsamen Umgang mit Symptomen raten. Die Vermittlung von Wissen über Sepsis, kombiniert mit Maßnahmen zur Infektionsvermeidung wie Impfungen oder Hygienetipps, könnte Tausende Leben retten.

Doch die Realität sieht anders aus. Die meisten Menschen wissen zu wenig über Sepsis, und auch das medizinische Personal ist oft nicht ausreichend sensibilisiert. Es wäre wünschenswert, dass Apotheken stärker in die Präventionsarbeit eingebunden werden – denn hier sind sie oft näher am Patienten als Arztpraxen oder Krankenhäuser. Ihre Aufgabe beschränkt sich längst nicht mehr nur auf die Medikamentenausgabe. Sie müssen auch zu Bildungszentren für Gesundheitskompetenz werden.

Die Zahlen sind alarmierend. Dass jährlich rund 100.000 Menschen in Deutschland an Sepsis sterben, zeigt, wie dringlich das Thema ist. Ein proaktives Apothekenteam könnte durch Aufklärung und Prävention helfen, diese Zahl signifikant zu senken. Es wird Zeit, die Rolle der Apotheken in der Gesundheitsvorsorge neu zu definieren und sie als erste Verteidigungslinie gegen vermeidbare Todesfälle durch Sepsis zu stärken.

 

Projekt „PharmBePsych“: Telepharmazie als Chance für Apotheken

An der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz startet im Jahr 2025 ein ambitioniertes Forschungsprojekt mit dem Namen „PharmBePsych“, das sich mit der Rolle der Telepharmazie in öffentlichen Apotheken befasst. In Zusammenarbeit mit der Verbändetochter Gedisa und ihrer Tochterfirma Apomondo sollen innovative digitale Betreuungsformen für Patienten mit psychischen Erkrankungen untersucht werden. Dabei ist das Ziel klar: Die Schaffung wissenschaftlicher Evidenz für die erfolgreiche digitale Patientenbetreuung in Apotheken.

Die Diskussion um die Telepharmazie hat in den vergangenen Monaten an Brisanz gewonnen, da Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Zukunftsvision der Apotheke ohne approbierte Apotheker ins Spiel gebracht hat. In Rheinland-Pfalz hingegen wird das Thema von einem anderen Ansatz aus betrachtet. Hier soll das Projekt „PharmBePsych“ die unverzichtbare Rolle der Vor-Ort-Apotheken im Gesundheitswesen unterstreichen, indem digitale Lösungen sinnvoll in die persönliche Patientenversorgung integriert werden.

Die Studie wird von einem interdisziplinären Team aus Apothekern, Fachärzten und Informatikern begleitet. „Es ist wichtig, dass wir digitale Betreuungsformen mit der notwendigen pharmazeutischen Expertise und der persönlichen Begleitung der Patienten verbinden“, sagt Studienleiterin Professor Dr. Kristina Friedland. Besonders im Fokus der Studie stehen Patienten mit psychischen Erkrankungen, die auf eine kontinuierliche und sektorenübergreifende Versorgung angewiesen sind.

Für das Projekt werden Apotheken gesucht, die bereit sind, als sogenannte Kontrollapotheken an der Studie teilzunehmen. Diese Apotheken erhalten Unterstützung in allen Phasen der Studie, einschließlich Schulungen in Pathophysiologie, Pharmakologie und der digitalen Betreuung. „Wir sind ein erfahrenes Team und begleiten die Apotheken Schritt für Schritt“, versichert Friedland.

Die Teilnahme am Projekt wird finanziell honoriert, wobei die Vergütung an die pharmazeutischen Dienstleistungen angelehnt ist. Interessierte Apotheken können sich bis zum 1. Januar 2025 anmelden.

Das Projekt „PharmBePsych“ stellt eine bedeutende Entwicklung im Bereich der Telepharmazie dar und könnte, sofern es erfolgreich ist, neue Maßstäbe für die digitale Patientenbetreuung in öffentlichen Apotheken setzen.

Das Projekt „PharmBePsych“ könnte eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Apotheken in Deutschland sein. In einer Zeit, in der immer mehr digitale Lösungen gefordert werden, um den Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen, zeigt dieses Projekt, wie wichtig die Rolle der Apotheke vor Ort bleibt.

Besonders im Bereich der psychischen Erkrankungen, die in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen, kann eine sektorenübergreifende Versorgung nur dann erfolgreich sein, wenn digitale und persönliche Betreuung eng verzahnt sind. Die Apotheken, die sich an „PharmBePsych“ beteiligen, werden somit nicht nur zu Vorreitern einer modernen Gesundheitsversorgung, sondern auch zu einem unverzichtbaren Bestandteil einer neuen Versorgungsstrategie.

Telepharmazie sollte jedoch nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung zur persönlichen Beratung verstanden werden. Das Projekt zeigt, dass digitale Lösungen in den richtigen Händen – sprich bei qualifizierten Apothekern und medizinischen Fachkräften – eine echte Bereicherung für die Patientenbetreuung darstellen können.

Insgesamt ist „PharmBePsych“ ein Beispiel dafür, wie innovative Konzepte die Zukunft der Apotheken gestalten können, ohne dabei die bewährten Strukturen infrage zu stellen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Projekt die notwendige wissenschaftliche Basis liefert, um die digitale Patientenbetreuung weiter voranzutreiben.

 

Abnehmspritze für Kinder: Hoffnung im Kampf gegen Adipositas

Die Bekämpfung von Adipositas bei Kindern könnte mit einem neuen Medikament einen wichtigen Fortschritt machen. Laut einer aktuellen Studie, die im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, zeigt der Wirkstoff Liraglutid vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von stark übergewichtigen Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren. In der Untersuchung, an der 82 Kinder teilnahmen, erzielte die Liraglutid-Gruppe eine signifikante Verringerung des Body-Mass-Index (BMI) im Vergleich zur Placebo-Gruppe.

Starkes Übergewicht ist bei Kindern zunehmend ein Problem. Viele Experten sind sich einig, dass aus adipösen Kindern oftmals adipöse Erwachsene werden, was zu einer Reihe von gesundheitlichen Risiken führen kann. Bisher beschränkten sich die Behandlungsansätze bei Kindern auf eine Änderung des Lebensstils, was sich in der Praxis häufig als schwierig erweist. Hier setzt Liraglutid an, das bereits zur Behandlung von Diabetes und Adipositas bei Jugendlichen und Erwachsenen zugelassen ist.

In der Studie erhielten 56 der stark adipösen Kinder über einen Zeitraum von 56 Wochen tägliche Injektionen mit Saxenda (Liraglutid), während die übrigen 26 Kinder Placebo-Spritzen bekamen. Begleitend wurden alle Kinder zu gesunder Ernährung und Bewegung beraten. Die Ergebnisse zeigen, dass der BMI in der Liraglutid-Gruppe um 5,8 % sank, während er in der Placebo-Gruppe um 1,6 % anstieg. Der durchschnittliche Gewichtsanstieg lag in der Liraglutid-Gruppe bei 1,6 %, in der Placebo-Gruppe hingegen bei 10 % des Ausgangsgewichts.

Professor Dr. Daniel Weghuber vom Uniklinikum Salzburg, der nicht an der Studie beteiligt war, betont die Bedeutung einer frühzeitigen Intervention bei adipösen Kindern. Da Übergewicht bei vielen Betroffenen bereits im Kleinkindalter auftritt, sei eine medikamentöse Behandlung neben Lebensstilveränderungen eine mögliche ergänzende Therapieoption. Weghuber weist jedoch auch darauf hin, dass langfristige Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Liraglutid, insbesondere bei Kindern, noch fehlen.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Notwendigkeit einer dauerhaften Einnahme des Medikaments. Sobald die Behandlung beendet wird, nehmen die meisten Patienten wieder an Gewicht zu, was Fragen zur Langzeitanwendung aufwirft. Auch wenn keine negativen Auswirkungen auf das Wachstum oder die Pubertät festgestellt wurden, fordern Experten wie Professor Dr. Nerys Astbury von der University of Oxford weitere Langzeitstudien, um mögliche Risiken für die kindliche Entwicklung auszuschließen.

Liraglutid gehört zur Gruppe der Glucagon-like-Peptid-1-(GLP-1)-Rezeptoragonisten, die den Appetit regulieren. Die Substanz hemmt das Hungergefühl und unterstützt so den Gewichtsverlust. Für stark adipöse Kinder könnte das Medikament eine wichtige Ergänzung zur bisherigen Therapie darstellen, insbesondere für jene, bei denen genetische Faktoren eine Rolle spielen. Professor Dr. Martin Wabitsch vom Universitätsklinikum Ulm sieht in der frühen Anwendung von Liraglutid die Hoffnung, dass eine spätere Dosisreduktion oder ein Absetzen des Medikaments möglich sein könnte.

Zudem werden neue Substanzen wie Semaglutid und Tirzepatid derzeit hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Kindern untersucht. Diese Mittel müssen weniger häufig injiziert werden und könnten in Zukunft eine noch effektivere Behandlung darstellen. Für Liraglutid wird eine Zulassung für Kinder ab sechs Jahren erwartet, während ähnliche Studien zu Semaglutid im nächsten Jahr Ergebnisse liefern könnten.

Die Behandlung von Adipositas bei Kindern steht an einem Wendepunkt. Mit der möglichen Zulassung von Liraglutid für jüngere Kinder könnte ein entscheidender Schritt in der Bekämpfung dieser zunehmend verbreiteten Erkrankung gemacht werden. Doch so vielversprechend die Ergebnisse auch erscheinen mögen, sie werfen zugleich neue Fragen auf.

Das Kernproblem bleibt: Adipositas ist eine komplexe Krankheit, die tief in den Lebensstil, die Genetik und das soziale Umfeld eines Kindes eingebettet ist. Es wäre ein Fehler, Liraglutid als Wundermittel zu betrachten, das allein durch regelmäßige Injektionen eine langfristige Heilung ermöglicht. Eine medikamentöse Behandlung kann immer nur Teil einer umfassenden Therapie sein, die Ernährung, Bewegung und eine nachhaltige Änderung des Lebensstils einschließt.

Dennoch lässt sich der medizinische Fortschritt nicht leugnen. Liraglutid könnte insbesondere für jene Kinder eine Chance bieten, deren Adipositas auf genetische Ursachen zurückzuführen ist. Es wäre fahrlässig, diesen Kindern eine solche Therapieoption vorzuenthalten, wenn sie ihnen eine realistische Möglichkeit bietet, ihre Gesundheit zu verbessern. Gleichzeitig müssen langfristige Studien Klarheit darüber bringen, ob die frühe Gabe solcher Medikamente langfristige Nebenwirkungen haben könnte.

Ein weiterer Aspekt betrifft die ethische Frage, ob eine medikamentöse Behandlung von Kindern im jungen Alter richtig ist. Hier stehen Eltern, Ärzte und die Gesellschaft vor schwierigen Entscheidungen. Die psychischen und physischen Belastungen, die mit schwerem Übergewicht im Kindesalter einhergehen, dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Jede Behandlung, die diese Last lindern kann, verdient es, ernsthaft geprüft zu werden.

Letztlich wird die Zukunft zeigen, ob Liraglutid oder ähnliche Substanzen eine nachhaltige Lösung für die Behandlung von Adipositas bei Kindern bieten. Klar ist jedoch: Die Forschung hat einen wichtigen Grundstein gelegt, auf dem weiter aufgebaut werden muss.

 

Hypertonische Kochsalzlösung verkürzt Krankheitsdauer bei Kindern

Eine neue Studie hat erneut gezeigt, dass hypertonische Kochsalzlösung die Dauer von Erkältungen bei Kindern signifikant verkürzen kann. Wie kürzlich auf dem Kongress der European Respiratory Society (ERS) 2024 in Wien vorgestellt, konnten Forscher belegen, dass Nasentropfen mit einer Salzlösung von etwa 2,6 Prozent Natriumchlorid (NaCl) die Symptome einer Erkältung im Durchschnitt um zwei Tage reduzieren. Dies bestätigt frühere Erkenntnisse, die bereits im Juli in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurden.

Die Studie, durchgeführt vom Primary Care Research Center in Southampton, untersuchte insgesamt 407 Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren. Von diesen erkrankten 301 Kinder im Verlauf der Studie an einem Erkältungsinfekt. Die Eltern von 150 der erkrankten Kinder erhielten eine Anleitung, um eine Salzwasserlösung selbst herzustellen, die dann während der Erkältung viermal täglich als Nasentropfen verabreicht werden sollte. Die restlichen 151 Kinder erhielten die übliche Behandlung ohne den Einsatz von NaCl-Tropfen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Kinder, die mit der hypertonischen Kochsalzlösung behandelt wurden, erholten sich im Durchschnitt zwei Tage schneller von der Erkältung als die Kinder der Kontrollgruppe. Darüber hinaus berichteten die Eltern, dass auch andere Familienmitglieder, die den gleichen Haushalt teilen, seltener selbst an einer Erkältung erkrankten. Laut der Studie gaben 82 Prozent der Eltern an, dass sich ihre Kinder durch die Anwendung der Nasentropfen schneller erholten. 81 Prozent erklärten, dass sie die Kochsalztropfen auch in Zukunft einsetzen würden.

Der positive Effekt der Kochsalzlösung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Verkürzung der Krankheitsdauer. Die Forscher betonten zudem, dass die Anwendung der Tropfen dazu beitragen könnte, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren, was angesichts der zunehmenden Antibiotikaresistenzen weltweit von großer Bedeutung ist. Dr. Alexander Möller vom Kinderspital Zürich erklärte gegenüber Medscape: „Diese extrem einfache und kostengünstige Maßnahme hat das Potenzial, weltweit in der Behandlung von Erkältungen bei Kindern eingesetzt zu werden. Eltern haben damit eine sichere und effektive Möglichkeit, die Folgen einer Erkältung zu lindern und die Verbreitung innerhalb der Familie einzudämmen.“

Die Studie zur Wirkung von hypertonischer Kochsalzlösung bei Erkältungen von Kindern liefert wertvolle Erkenntnisse, die in der Behandlung alltäglicher Atemwegsinfekte von großer Bedeutung sein könnten. In Zeiten, in denen der übermäßige Einsatz von Antibiotika zunehmend problematisch wird, eröffnet eine kostengünstige und nebenwirkungsfreie Methode wie die Salzwasser-Nasentropfen eine neue Perspektive. Vor allem Eltern, die nach effektiven, aber schonenden Mitteln suchen, um ihre Kinder zu behandeln, könnten von diesen Ergebnissen profitieren.

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis ist die Reduzierung von Sekundärinfektionen innerhalb der Familie. Dies zeigt, dass die Behandlung eines kranken Kindes mit Kochsalzlösung nicht nur den direkten Patienten unterstützt, sondern auch das Risiko für weitere Ansteckungen in der häuslichen Umgebung senkt. Gerade in Familien mit mehreren Kindern ist dies von nicht zu unterschätzendem Vorteil.

Die Frage, warum eine so einfache Maßnahme erst jetzt verstärkt Aufmerksamkeit erhält, bleibt jedoch offen. Kochsalzlösungen sind seit langem in der Hausmedizin bekannt und bewährt. Dass eine so alte Methode nun durch moderne Forschung erneut validiert wird, verdeutlicht, wie wichtig wissenschaftliche Bestätigung selbst für traditionelle Heilmittel ist. Dies könnte auch Eltern und Fachleuten das Vertrauen geben, solche Maßnahmen verstärkt in den Alltag zu integrieren.

Die Bedeutung dieser Studie reicht daher weit über den medizinischen Nutzen hinaus. Sie zeigt, dass es nicht immer teure Medikamente oder komplizierte Behandlungen sein müssen, um Krankheiten effektiv zu behandeln.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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