Ein an der Grenze geplantes Wohngebäude kann von einem Nachbarn regelmäßig nicht mit Rechtsmitteln verhindert werden, wenn auf dem anschließenden Grundstück bereits grenzständige Bebauung vorhanden ist. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
Mit Widerspruch und gerichtlichem Eilantrag ging ein Nachbar gegen eine im vereinfachten Genehmigungsverfahren für die Errichtung eines grenzständigen, zweieinhalbgeschossigen Wohngebäudes erteilte Baugenehmigung vor. Er machte geltend, in seinem Eigentumsrecht verletzt zu werden, weil das Bauvorhaben ohne Abstand zu den Nachbargrundstücken errichtet werde. Die Umgebungsbebauung sei nicht einheitlich durch eine geschlossene Bauweise oder zumindest eine Haus-Hof-Anordnung geprägt mit der Folge, dass zwingend an die Grenze gebaut werden müsste. Sein Eigentum werde auch dadurch beeinträchtigt, dass bei dem Aushub der Baugrube und mit der Baustellenabsicherung teilweise sein Grundstück in Anspruch genommen werde. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab.
Die Baugenehmigung verletze den Grundstücksnachbarn nicht in seinen Nachbarrechten. Das Wohnbauvorhaben erweise sich hinsichtlich seiner Höhe, seines Bauvolumens und seiner Anordnung in der 2. Bautiefe dem Nachbarn gegenüber nicht als rücksichtslos. Eine über die Umgebungsverhältnisse hinausreichende unzumutbare Belastung sei von dem Vorhaben nicht zu erwarten. Die Baugenehmigung könne auch nicht unter Hinweis auf das (nachbarschützende) Abstandsflächenrecht angegriffen werden. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren sei die Prüfpflicht der Baugenehmigungsbehörde im Kern auf das Baugesetzbuch und sonstiges öffentliches-Recht beschränkt; die Einhaltung des Abstandsflächenrechts nach der Landesbauordnung zähle grundsätzlich nicht zu seinem Prüfprogramm. Der Bauherr sei jedoch gleichwohl verpflichtet, diese Abstandsvorschriften mit seinem Bauvorhaben einzuhalten. Insoweit könne der Nachbar hier jedoch keine Verpflichtung der Baubehörde auf (vorläufigen) Erlass einer Baueinstellungsverfügung gegenüber dem Bauherrn verlangen. Ein Verstoß gegen die bauordnungsrechtliche Pflicht zur Einhaltung von Abständen zur Grundstücksgrenze liege nämlich nicht vor. Nach der Rechtsprechung der rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichte dürfe innerhalb des in der Umgebung bebauten Bereichs an einer Grundstücksgrenze auch dann gebaut werden, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits grenzständige Bebauung vorhanden sei; einer zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Sicherung bedürfe es in der Regel dann nicht mehr. Privatrechtliche Gesichtspunkte (Verstöße gegen das Landesnachbarrechtsgesetz; Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks bei der Bauausführung) könnten nicht gegenüber der auf die Beachtung des öffentlichen (Bau-)Rechts beschränkten Baubehörde geltend gemacht werden. Sie müssten gegenüber dem Bauherrn notfalls vor einem ordentlichen Gericht durchgesetzt werden.
VG Mainz, Beschluss 3 L 1338/17 vom 30.11.2017