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  • 14.10.2024 – Apotheken-News: Rekordinvestitionen, Digitalisierung und Reformbestrebungen
    14.10.2024 – Apotheken-News: Rekordinvestitionen, Digitalisierung und Reformbestrebungen
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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Rekordinvestitionen, Digitalisierung und Reformbestrebungen

 

Hohe Übernahmekosten, Lieferengpässe und die Zukunft der Apotheken in Zeiten von Digitalisierung und politischen Veränderungen

Die Apothekenlandschaft in Deutschland verändert sich rasant: 2023 erreichten die Investitionskosten für Übernahmen neue Rekordwerte, während Neugründungen zur Seltenheit werden. Apothekerinnen und Apotheker kämpfen mit wachsenden Herausforderungen, von finanziellen Risiken durch Retaxationen bis hin zu anhaltenden Lieferengpässen, die durch veraltete „Ramschverträge“ verursacht werden. Gleichzeitig bringt die Digitalisierung neue Möglichkeiten, wie E-Rezept-Terminals und Softwarelösungen, die den Workflow optimieren und die Kundenbindung stärken sollen. Auch der Verbraucherschutz wird durch ein Urteil des EuGH zu Rabattaktionen gestärkt. Doch nicht alle Entwicklungen sind positiv: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erhält den Big Brother Award für das umstrittene Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Angesichts dieser Dynamiken stellt sich die Frage, wie Apotheken ihre Rolle als zentraler Anlaufpunkt im Gesundheitswesen behaupten und gleichzeitig auf die steigenden Investitionskosten und regulatorischen Veränderungen reagieren können.


Die Apothekenbranche sieht sich im Jahr 2023 mit tiefgreifenden Herausforderungen konfrontiert. Die Investitionskosten für Apothekenübernahmen erreichten ein Rekordhoch, was die ohnehin geringe Anzahl von Neugründungen weiter sinken ließ. Laut einer Analyse der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) fanden nur 4 % der von ihr begleiteten Apothekengründungen an einem neuen Standort statt, und lediglich 1 % entfielen auf vollständige Existenzgründungen. Der Großteil der Investitionen konzentrierte sich auf Übernahmen, deren Kosten im vergangenen Jahr um 45 % im Vergleich zu 2002 anstiegen und nun durchschnittlich bei 763.000 Euro liegen. Diese steigenden Kosten erschweren insbesondere jungen Apothekerinnen und Apothekern den Einstieg in die Selbstständigkeit. Filialgründungen machen mit 3 % einen weiteren geringen Anteil aus und verdeutlichen die Schwierigkeit, sich in einem zunehmend gesättigten Markt zu etablieren.

Gleichzeitig bewegt sich die Branche in einem komplexen regulatorischen Umfeld, das durch neue gesetzliche Regelungen, wie das Apotheken-Reformgesetz, beeinflusst wird. Zwar gibt es Fortschritte in den politischen Gremien, doch das Gesetz befindet sich nach wie vor in einer Blockadephase. Ein wichtiger Schritt könnte jedoch in der geplanten öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags gesehen werden, bei der die ABDA als Sachverständige eingeladen ist. Ein Kernstück des Gesetzes ist die Gründung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin, das langfristig die Gesundheit der Bevölkerung stärken soll. Trotzdem bleibt die Unsicherheit über den Ausgang der Reform groß, insbesondere für Apothekenbetreiber, die mit hohen Betriebskosten und steigenden Investitionen zu kämpfen haben.

Eine weitere Problematik betrifft die Gefahr von Retaxationen. Krankenkassen verlangen zunehmend Rückzahlungen aufgrund formeller Fehler bei der Abrechnung von Rezepten, was zu erheblichen finanziellen Einbußen führen kann. Hier setzt die Allrisk-Versicherung an, die Apotheken einen umfassenden Schutz gegen solche unvorhersehbaren Risiken bietet. Apothekenbetreiber können sich so gegen Retaxationen absichern, die durch unvollständige Dokumentation oder kleine Fehler bei der Rezeptabwicklung entstehen. Dieser Versicherungsschutz gewinnt in der heutigen Apothekenlandschaft zunehmend an Bedeutung, da finanzielle Stabilität durch Retaxationen ernsthaft gefährdet werden kann.

Im Bereich der Digitalisierung haben sich Apotheken bereits auf den Weg gemacht, ihre Dienstleistungen zu transformieren. Seit Anfang September testet eine Apotheke im Marktkaufcenter ein E-Rezept-Terminal, mit dem Kunden ihre Medikamente bequem per Knopfdruck bestellen können. Ziel dieser Initiative ist es, dem wachsenden Versandhandel Paroli zu bieten und gleichzeitig die Kundenbindung zu stärken. Eine erste Bilanz zeigt positive Rückmeldungen, insbesondere da das Terminal nicht nur E-Rezepte verarbeitet, sondern auch frei verkäufliche Produkte anbietet. Es geht darum, flexibel auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen und den Service kontinuierlich zu verbessern.

Die Digitalisierung spielt auch in anderen Bereichen der Apothekenbranche eine wichtige Rolle, insbesondere bei pharmazeutischen Dienstleistungen. Auf der Expopharm wurde intensiv über Softwarelösungen diskutiert, die den Workflow in Apotheken optimieren sollen. Dabei geht es vor allem um die automatisierte Identifizierung von Patienten, die Anspruch auf spezifische Dienstleistungen haben, wie etwa bei der Neuverordnung von Antihypertensiva. Software kann hier entscheidend helfen, indem sie den Apothekerinnen und Apothekern wichtige Hinweise und Alarme gibt, wenn komplexe Medikationspläne vorliegen. Durch diese digitalen Lösungen können Apotheken effizienter arbeiten und gleichzeitig die Patientensicherheit erhöhen.

Ein weiteres zentrales Thema der Expopharm war die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Experten betonten, dass Apotheken eine entscheidende Rolle dabei spielen könnten, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu verbessern. Laut Apotheker Marc Kriesten haben 58 % der Deutschen eine geringe Gesundheitskompetenz, was dazu führt, dass viele Patientinnen und Patienten grundlegende Informationen zur Arzneimittelanwendung und Gesundheitsvorsorge nicht verstehen. Der Mangel an Hausärzten verschärft diese Problematik zusätzlich, weshalb Apotheken künftig eine immer wichtigere Rolle in der Primärversorgung einnehmen könnten. Kriesten wies darauf hin, dass Apotheken zunehmend Aufgaben übernehmen, die traditionell den Ärzten vorbehalten waren, was eine enge interprofessionelle Zusammenarbeit erforderlich macht.

Doch nicht alle Entwicklungen sind positiv zu bewerten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wurde jüngst mit dem Big Brother Award ausgezeichnet, einem Negativpreis, der seine Bestrebungen zur Nutzung von Gesundheitsdaten kritisiert. Datenschützer und Bürgerrechtler werfen ihm vor, mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und der nationalen Umsetzung des Europäischen Gesundheitsdatenraums das Vertrauen zwischen Ärzten und Patienten zu gefährden. Insbesondere wird bemängelt, dass Patientendaten ohne ausreichende Sicherungen weiterverarbeitet werden könnten, was die Privatsphäre der Patienten gefährdet.

Im Bereich der Verbraucherschutzgesetzgebung sorgte der Europäische Gerichtshof (EuGH) kürzlich für Aufsehen. Er entschied, dass Preisermäßigungen in der Werbung auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage berechnet werden müssen. Diese Entscheidung betrifft unter anderem die Supermarktkette Aldi Süd, die in ihren Prospekten höhere Vergleichspreise heranzog, um die Rabatte höher erscheinen zu lassen. Dieses Urteil stärkt den Verbraucherschutz erheblich, da es für mehr Transparenz bei Rabattaktionen sorgt und den Kunden ermöglicht, tatsächliche Preisvorteile besser zu erkennen.

Zu all diesen Herausforderungen kommt eine anhaltende Diskussion über Ramschverträge, die für viele der aktuellen Lieferengpässe im Gesundheitswesen verantwortlich gemacht werden. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat erklärt, dass diese veralteten Verträge, die auf kostengünstige Medikamente abzielen, die Versorgung erheblich beeinträchtigen. Er zeigt sich jedoch optimistisch, dass durch Reformen im Apothekensektor eine Verbesserung im kommenden Jahr erzielt werden kann.

Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass die Apothekenbranche im Umbruch ist. Die Digitalisierung, steigende Investitionskosten und gesetzliche Änderungen stellen die Apotheken vor große Herausforderungen, aber auch Chancen. Mit neuen Technologien und verbesserten Dienstleistungen könnten Apotheken eine zentrale Rolle im Gesundheitssystem der Zukunft einnehmen, insbesondere in der Versorgung und Beratung von Patienten. Gleichzeitig müssen sie sich jedoch gegen finanzielle Risiken absichern und auf neue regulatorische Vorgaben reagieren, um weiterhin erfolgreich am Markt bestehen zu können.


Kommentar:

Die Apothekerschaft befindet sich in einer Umbruchphase, die von vielfältigen Herausforderungen und Unsicherheiten geprägt ist. Die drastisch gestiegenen Kosten für Apothekenübernahmen und Neugründungen sowie die daraus resultierende Seltenheit von Existenzgründungen erschweren es vor allem jungen Apothekerinnen und Apothekern, ihren Weg in die Selbstständigkeit zu finden. Diese Entwicklung zeigt deutlich, wie hoch der Druck in der Branche geworden ist, insbesondere angesichts eines wachsenden Wettbewerbs durch den Versandhandel und einer zunehmenden Digitalisierung. Die Politik reagiert zwar mit Reformbemühungen, doch der Fortschritt ist schleppend, und viele offene Fragen bleiben ungeklärt.

Besonders beunruhigend sind die anhaltenden Lieferengpässe, die durch veraltete Vertragsstrukturen verstärkt werden. Hier zeigt sich einmal mehr, dass kurzfristige Kostenersparnisse nicht zwangsläufig zu einer verlässlichen Versorgungssicherheit führen. Die Apotheken müssen in diesem Spannungsfeld zwischen wachsendem Kostendruck und steigenden Anforderungen eine Lösung finden, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Auch die Bedrohung durch Retaxationen und deren potenzielle finanzielle Auswirkungen auf Apotheken dürfen nicht unterschätzt werden.

Gleichzeitig bietet die Digitalisierung enorme Chancen, die es zu nutzen gilt. Die Einführung von E-Rezept-Terminals und die Optimierung des Workflows durch intelligente Softwarelösungen können den Arbeitsalltag erleichtern und die Kundenzufriedenheit steigern. Doch diese digitalen Transformationen erfordern Investitionen und eine klare strategische Ausrichtung, um erfolgreich umgesetzt zu werden. Auch die Rolle der Apotheken als Anlaufstelle für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wird sich verändern. Mit der abnehmenden Zahl an Hausärzten und der wachsenden Bedeutung von interprofessionellen Kooperationen wird von Apotheken künftig erwartet, verstärkt in die Primärversorgung einzutreten.

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Branche in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Klar ist jedoch, dass Apotheken sich auf eine immer komplexere und wettbewerbsintensivere Zukunft einstellen müssen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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