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Steuer & Recht |
Am 11. Juni 2024 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem wegweisenden Urteil (C-221/22 P), dass die Europäische Kommission verpflichtet ist, Zinsen auf zu Unrecht vorläufig eingezogene Geldbußen zu zahlen. Dieses Urteil bezieht sich auf Fälle, in denen von der Kommission verhängte Geldbußen wegen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln von einem Unionsgericht für nichtig erklärt oder reduziert wurden.
Die Entscheidung des EuGH erging im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Telekom AG und der Europäischen Kommission. Im Jahr 2014 hatte die Kommission gegen die Deutsche Telekom eine Geldbuße in Höhe von etwa 31 Millionen Euro verhängt, aufgrund des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem slowakischen Markt für Breitbandtelekommunikationsdienste. Die Telekom zahlte diese Geldbuße vorläufig, obwohl sie gegen den Beschluss vor dem Gericht der Europäischen Union Klage einreichte.
Das Gericht reduzierte später die Geldbuße auf rund 12 Millionen Euro. Die Kommission erstattete diesen Betrag der Deutschen Telekom im Jahr 2019 zurück. Aufgrund der vorläufigen Zahlung der Geldbuße forderte die Telekom Zinsen für den Zeitraum von der Zahlung bis zur Rückerstattung. Nachdem die Kommission dies zunächst ablehnte, klagte die Deutsche Telekom erneut vor Gericht.
Im Januar 2022 urteilte das Gericht erneut zugunsten der Deutschen Telekom und verurteilte die Kommission zur Zahlung von rund 1,8 Millionen Euro als Zinsen. Die Kommission legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel ein, das der EuGH nun zurückwies. Der EuGH bestätigte, dass die Kommission verpflichtet ist, neben der Rückzahlung der vorläufig eingezogenen Geldbuße auch Zinsen für den Zeitraum der Vorenthaltung des Geldbetrags zu zahlen. Diese Zinsen sollen das betroffene Unternehmen pauschal für die Nutzung des Geldbetrags entschädigen.
Das Urteil des EuGH stellt sicher, dass Unternehmen, deren Geldbußen aufgrund fehlerhafter oder übermäßiger Entscheidungen der Kommission reduziert oder aufgehoben werden, angemessen entschädigt werden. Die Zinsen basieren auf dem Refinanzierungszinssatz der Europäischen Zentralbank zuzüglich eines festgelegten Prozentsatzes, um die wirtschaftlichen Nachteile während des Zeitraums der vorläufigen Zahlung auszugleichen.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellt einen bedeutenden Schritt in der Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht der Europäischen Union dar. Es bekräftigt die Verantwortung der Europäischen Kommission, bei der Verhängung und Durchsetzung von Geldbußen höchste rechtliche Standards einzuhalten. Unternehmen, die zu Unrecht finanziell belastet wurden, können nun nicht nur auf die Rückerstattung der eingezogenen Geldbuße hoffen, sondern auch auf eine angemessene Entschädigung in Form von Zinsen.
Die Entscheidung des EuGH, dass diese Zinsen nicht als Verzugszinsen, sondern als pauschale Entschädigung für die wirtschaftlichen Einbußen durch die vorläufige Einziehung der Geldbuße zu verstehen sind, verdeutlicht die Bedeutung fairer Verfahrensweisen im Wettbewerbsrecht. Diese Regelung schützt Unternehmen vor übermäßigen finanziellen Belastungen und fördert das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit der EU.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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