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Steuer & Recht |
Mit Mut und guten Ideen entwickeln Gründerinnen und Gründer Innovationen, sorgen für Wachstum und Arbeitsplätze und dienen nicht zuletzt als Vorbilder für eigenverantwortliches Handeln. Die Berichte aus den 79 regionalen Industrie- und Handelskammern (IHKs) geben jedoch Anlass zur Sorge. Denn ihnen zufolge gerät dieses wichtige Fundament für den Mittelstand nach und nach ins Rutschen.
Im Jahr 2022 interessierten sich rund 154.800 Personen für Informationen und Beratungen zur unternehmerischen Selbstständigkeit – ein Rekordtief in der 20-jährigen Erhebungsgeschichte. Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 brach die Zahl der Gründungsgespräche um 42 Prozent ein. Dieser besorgniserregende Trend erstreckt sich auf die Breite der Wirtschaft. Klassische Branchen wie Handel, Dienstleistungen sowie Gastgewerbe sind besonders stark betroffen. Trotz der Chancenfelder Digitalisierung und Künstliche Intelligenz nimmt das Interesse aber auch in innovativen Zukunftsbranchen wie der Informations- und Kommunikationstechnologie ab.
Ein Teil des Rückgangs erklärt sich aus der demografischen Entwicklung: Die Jahrgänge im gründungsstarken Alter zwischen 18 und circa 35 Jahren dünnen aus. Auch macht der zunehmende Personalmangel Angestelltenverhältnisse deutlich lukrativer. Das bedeutet: Für junge Unternehmen und innovative Start-ups selbst wird es immer schwieriger, geeignete Beschäftigte an Bord zu holen.
Hinzu kommen aktuell weitere Herausforderungen: die Folgen von Russlands Angriff auf die Ukraine, hohe Energiepreise und hartnäckige Inflation, aber auch bürokratische Hürden. All das erhöht die Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Marktentwicklungen und damit letztlich das unternehmerische Risiko. Laut den Berichten der IHKs schieben manche potenziellen Unternehmerinnen und Unternehmer ihr Gründungsvorhaben wegen der Unwägbarkeiten auf, um das Geschäftsmodell eventuell an neue Gegebenheiten anzupassen.
Erfreulich ist das nach wie vor stabile Gründungsinteresse von Frauen. Auf sie entfallen seit 2010 mindestens 40 Prozent der entsprechenden IHK-Beratungsgespräche, aktuell sind es 43 Prozent. Als Motive für den Schritt in die Selbstständigkeit zählen für Gründerinnen insbesondere Flexibilität, finanzielle Anreize sowie die Möglichkeit, einen gesellschaftlichen Beitrag leisten zu können.
Ein weiterer Trend: In der Gründungsberatung gewinnen Finanzierungsfragen wieder an Bedeutung. Steigende Zinsen machen die Fremdkapitalfinanzierung teurer, Investoren mit Beteiligungskapital unterziehen Geschäftsmodelle noch genaueren Prüfungen. Umso schwerer wiegt, dass nach der Einschätzung der IHK-Expertinnen und -Experten immerhin 42 Prozent der Gründungswilligen die Finanzierung ihres Geschäftsmodells nicht sorgfältig genug durchdacht haben. Verbesserungspotenziale beim Businessplan sehen die IHKs unter anderem bei der Herausarbeitung des Alleinstellungsmerkmals und des Kundennutzens sowie bei der Definition der Zielgruppe. Unter dem Strich stellen die IHKs allerdings fest, dass die meisten Gründerinnen und Gründer bei den Beratungen besser vorbereitet waren als in früheren Jahren.
Was also ist zu tun? Fragt man Gründerinnen und Gründer sowie junge Unternehmen (mehr als 600 Antworten), bekommt man klare Hinweise: 69 Prozent nannten stetig wachsende Regulierung und Bürokratie als Ballast für den Unternehmensalltag. Stattdessen sind aus Sicht der jungen Wirtschaft gebündelte, einfache, digitale und schnelle Prozesse am wichtigsten. Denn der Aufwand für Dokumentations- und Meldepflichten, Verwaltungsgänge und die Erfüllung der rechtlichen Vorgaben schreckt Start-ups ab und hemmt sie mehr und mehr. Hilfreich wäre beispielsweise ein Perspektivwechsel: Warum nicht einmal Verwaltungsmitarbeitende oder ihre Vorgesetzten in die Rolle von Existenzgründerinnen beziehungsweise -gründern schlüpfen lassen? Ebenfalls zielführend wären etwa Praktika von Auszubildenden oder auch Studierenden der Verwaltungswissenschaften in jungen Unternehmen.
Als weitere Kritikpunkte nannten die Jungunternehmen in der Befragung das komplizierte Steuerrecht (58 Prozent) und schwer zugängliche Förderungen (33 Prozent) sowie eine veraltete digitale Infrastruktur (20 Prozent). Hinzu kommt nicht zuletzt der Mangel an Fachkräften. Im Juli hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf des sogenannten „Wachstumschancengesetzes“ vorgelegt. Manche der darin vorgesehenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung – beispielsweise soll die Grenze, ab der eine steuerliche Buchführungspflicht gilt, heraufgesetzt werden.
Mit ihrem Report Unternehmensgründung (PDF, 635 KB) bündelt die DIHK die Zahlen und Erfahrungen zum Gründungsservice mit den Ergebnissen einer Online-Befragung von Gründerinnen und Gründern, Start-ups und jungen Unternehmen.
Quelle: DIHK
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