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Steuer & Recht |
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt über ein Verfahren, in dem ein Wohnungseigentümer verurteilt worden ist, den Bau eines Swimmingpools in dem Teil des Gartens, für den ihm ein Sondernutzungsrecht zusteht, zu unterlassen.
Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit zwei Doppelhaushälften auf einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück. Nach der Gemeinschaftsordnung von 1971 bestimmt sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach dem Gesetz, wobei die Grundstücksnutzung ausschließlich auf den an ihr jeweiliges Sondereigentum anschließenden Teil des Grundstücks beschränkt wird. Ausweislich einer späteren Ergänzung der Gemeinschaftsordnung sind sie insoweit allein für Reparaturen und Instandhaltungen verantwortlich und kostenpflichtig. Die Beklagten beabsichtigen gegen den Willen der Klägerin den Bau eines Swimmingpools in der von ihnen genutzten Hälfte des Gartens. Ein den Bau des Swimmingpools gestattender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt.
Bisheriger Prozessverlauf:
Nachdem die Beklagten mit dem Bau des Swimmingpools begonnen hatten, hat die Klägerin Unterlassungsklage erhoben, die bei Amts- und Landgericht Erfolg gehabt hat. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin schon deshalb einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten baulichen Veränderung, weil es an einem gemäß § 20 Abs. 1 WEG erforderlichen gestattenden Beschluss fehlt. Das Beschlusserfordernis sei weder in der Gemeinschaftsordnung noch in deren späterer Ergänzung abbedungen worden. Es könne offenbleiben, ob die Beklagten einen Anspruch auf einen gestattenden Beschluss gemäß § 20 Abs. 3 WEG haben, weil die Klägerin nicht in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Selbst wenn ein solcher Gestattungsanspruch unterstellt werde, führe dies nämlich nicht dazu, dass es der Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt wäre, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Denn nach der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 1. Dezember 2020 bedürfe jede nicht durch Vereinbarung gestattete bauliche Veränderung einer Gestattung durch Beschluss (sog. Beschlusszwang). Hierdurch werde sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums informiert würden. Zugleich sorge der legitimierende Beschluss für Rechtssicherheit, nicht zuletzt gegenüber Rechtsnachfolgern. Der Wille des Gesetzgebers dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass der die bauliche Veränderung beabsichtigende Wohnungseigentümer dem Unterlassungsanspruch seinen Anspruch auf Gestattung gemäß § 242 BGB entgegenhalten könne. Sonst bliebe ein Verstoß gegen den Beschlusszwang folgenlos. Dies könne allenfalls in ganz eindeutig gelagerten Fällen, in denen ganz offensichtlich keiner der anderen Wohnungseigentümer auch nur ansatzweise beeinträchtigt sei, anders sein; bei dem Bau eines Swimmingpools sei aber das Fehlen jedweder Beeinträchtigung gerade nicht offenkundig.
Die Beklagten meinen dagegen, dass das Beschlusserfordernis durch die Gemeinschaftsordnung und deren Ergänzung abbedungen sei. Selbst wenn man dies anders sehe, könne die Unterlassungsklage keinen Erfolg haben. Denn es sei bloße Förmelei, von ihnen zunächst die Erhebung einer Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zu verlangen, wenn mangels festgestellter Beeinträchtigung der Klägerin gemäß § 20 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Gestattung bestehe. Jedenfalls aber sei das Unterlassungsbegehren rechtsmissbräuchlich, da die Klägerin selbst in der Vergangenheit verschiedene eigenmächtige bauliche Änderungen vorgenommen habe.
Vorinstanzen:
AG Bremen – Urteil vom 12. Mai 2021 – 28 C 48/20
LG Bremen – Urteil vom 8. Juli 2022 – 4 S 176/21
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 20 WEG:
Abs. 1: "Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden".
Abs. 2 (…)
Abs. 3: "Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind".
§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG
"Unterbleibt eine notwendige Beschlussfassung, kann das Gericht auf Klage eines Wohnungseigentümers den Beschluss fassen (Beschlussersetzungsklage)".
Karlsruhe, den 1. Februar 2023
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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