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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die Schiedsstelle hat mit neuen Regelungen die Retaxgefahren bei Entlassrezepten deutlich entschärft, während das Landgericht Hamburg irreführende Werbung für Prospan® Hustentropfen untersagt hat. Auf politischer Ebene signalisieren die Grünen Unterstützung für die Apotheken, während die Einführung elektronischer T-Rezepte die Digitalisierung vorantreibt, jedoch mit einigen Hindernissen. Gleichzeitig bleibt die Erfüllung der Importquote für Apotheken eine Herausforderung, und die Pandemie sorgt für die Rückkehr zum Dreifach-Grippeimpfstoff durch das Aussterben des B-Yamagata-Stamms. Bundesgesundheitsminister Lauterbach fordert eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Pandemie, während die österreichischen Krankenkassen vor massiven Defiziten stehen. Neue Studien zeigen THC als potenziellen kognitiven „Jungbrunnen“, und mit Orlynvah™ steht eine bahnbrechende Therapie gegen resistente Harnwegsinfektionen zur Verfügung. Fortschritte bei rezeptfreien Allergie-Nasensprays und innovativen Ansätzen gegen chronischen Juckreiz geben Betroffenen neue Hoffnung. Diese Entwicklungen unterstreichen die Dynamik in Gesundheit, Politik und Forschung und zeigen die Vielschichtigkeit der aktuellen Herausforderungen und Lösungen.
Schiedsstelle entschärft Retaxgefahren bei Entlassrezepten – Apotheken atmen auf
Die Schiedsstelle hat am Montag weitreichende Eckpunkte beschlossen, die die Retaxgefahren bei Entlassrezepten erheblich reduzieren sollen. Damit wird eine jahrelange Streitfrage zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband einem Kompromiss zugeführt. Die getroffenen Entscheidungen müssen jedoch noch in konkrete Rahmenvertragsregelungen überführt werden.
Das Thema der Entlassrezepte war seit langem ein Konfliktpunkt zwischen den Parteien. Insbesondere die widersprüchlichen Regelungen zu Standortkennzeichen, Betriebsstätten- und Arztnummern führten häufig zu fehlerhaften Verordnungen, die für Apotheken kaum korrigierbar waren. Rücksprachen mit den verordnenden Ärztinnen oder Ärzten erwiesen sich im Alltag als zeitaufwendig und oft nicht praktikabel. Diese Situation führte immer wieder zu kostspieligen Retaxationen, die Apotheken zusätzlich belasteten.
Nachdem die Mitgliederversammlung des DAV im April 2023 die Vorschläge des GKV-Spitzenverbands abgelehnt hatte, eskalierte der Streit. Der DAV bemängelte, dass die hohen Risiken durch die bestehenden Regelungen untragbar seien. Friedenspflichten mit einzelnen Kassen schufen nur vorübergehende Entlastung, doch zum Jahresende laufen diese Vereinbarungen aus.
Die Schiedsstelle entschied nun mehrheitlich zugunsten der Apotheken. Laut Informationen aus Schiedsstellenkreisen soll die Verpflichtung zur telefonischen Rücksprache bei fehlerhaften Rezepten grundsätzlich entfallen. Nur bei Betäubungsmittel- (BtM) und T-Rezepten bleibt eine genauere Prüfung erforderlich. Dies reduziert den bürokratischen Aufwand für Apotheken erheblich. Allerdings stehen noch technische Details aus, die in die Anlage 8 des Rahmenvertrags eingearbeitet werden müssen.
Eine offene Frage betrifft die Auswahlregeln für die Ersetzung nicht verfügbarer Arzneimittel. Diese soll in einer weiteren Sitzung am 16. Dezember geklärt werden. Für die bisherigen unparteiischen Mitglieder der Schiedsstelle, Rainer Hess und Ingwer Ebsen, wird dies zugleich der letzte Termin vor ihrem Ausscheiden zum Jahreswechsel sein.
Die Entscheidung wird von Apotheken als bedeutender Fortschritt begrüßt. Sie entlastet die Betriebe und trägt dazu bei, die Versorgungssicherheit zu stärken. Dennoch bleibt abzuwarten, wie die konkreten Regelungen ausgestaltet werden und ob diese in der Praxis Bestand haben.
Mit der Entscheidung der Schiedsstelle ist ein wichtiger Schritt zur Entschärfung der Retaxproblematik gemacht. Für Apotheken, die seit Jahren unter einem kaum tragbaren Risiko leiden, stellt dies eine deutliche Erleichterung dar. Die weitgehende Abschaffung der telefonischen Rücksprachepflicht bei fehlerhaften Entlassrezepten ist nicht nur praxisorientiert, sondern auch dringend notwendig.
Die Entlassungsmanagement-Verordnungen sind ein Paradebeispiel dafür, wie komplexe bürokratische Vorgaben die alltägliche Arbeit in Apotheken unnötig erschweren. Dass Betäubungsmittel- und T-Rezepte weiterhin einer genaueren Prüfung unterliegen, ist nachvollziehbar und ein sinnvoller Kompromiss im Sinne der Patientensicherheit.
Dennoch bleibt die Herausforderung, dass andere offene Punkte, wie die Auswahlregeln bei Lieferengpässen, ebenfalls einer praxistauglichen Lösung bedürfen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass solche Regelungen oft an Detailfragen scheitern, die den gewünschten Effekt schmälern.
Apotheken dürfen sich zwar über diesen Teilerfolg freuen, doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Jetzt kommt es darauf an, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die vereinbarten Entlastungen tatsächlich im Alltag ankommen. Hier steht der DAV in der Verantwortung, die Interessen der Apotheken weiterhin mit Nachdruck zu vertreten.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Kompromiss auch als Signal für weitere dringend notwendige Reformen im Apothekenwesen verstanden wird. Die Stärkung der Versorgungssicherheit und die Entlastung der Betriebe müssen dabei stets im Fokus stehen.
Gericht stoppt vergleichende Werbung für Prospan-Hustentropfen
Das Landgericht Hamburg hat entschieden: Engelhard Arzneimittel darf seine Prospan® Hustentropfen nicht länger mit der Aussage bewerben, sie seien den Bronchipret® Tropfen von Bionorica überlegen. Hintergrund ist eine einstweilige Verfügung, die Bionorica gegen die Werbekampagne seines Wettbewerbers erwirkt hat. Das Gericht bewertete die Aussagen als irreführend und wissenschaftlich nicht ausreichend belegt.
Engelhard hatte eine Studie durchgeführt, in der Prospan® Hustentropfen mit dem Efeu-Spezialextrakt EA 575® den Bronchipret® Tropfen gegenübergestellt wurden, einem Kombinationspräparat aus Thymian- und Efeu-Extrakten. Basierend auf den Ergebnissen der Studie warb Engelhard mit der Überlegenheit seines Produkts. Bionorica widersprach dieser Darstellung und beantragte eine Unterlassung.
Am 11. November 2024 folgte das Gericht der Argumentation von Bionorica und untersagte die Werbung. In der Begründung heißt es, die von Engelhard vorgelegte Studie erfülle nicht die grundlegenden Anforderungen an wissenschaftliche Standards und könne keinen belastbaren Vergleich zwischen den Produkten liefern. Die Werbeaussagen seien daher geeignet, Verbraucher in die Irre zu führen.
Die Entscheidung des Gerichts ist ein deutliches Signal an die Branche, dass vergleichende Werbung strengen wissenschaftlichen und rechtlichen Kriterien genügen muss. Engelhard hat bislang keine Angaben gemacht, ob das Unternehmen gegen die Entscheidung vorgehen wird. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und eine Fortsetzung des Rechtsstreits ist möglich.
Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Herstellern zeigt, wie sensibel der Markt für pflanzliche Arzneimittel auf Werbeaussagen reagiert. Gleichzeitig unterstreicht der Fall die Bedeutung wissenschaftlicher Validität in der Kommunikation mit Verbrauchern und Fachkreisen.
Der Richterspruch des Landgerichts Hamburg markiert eine Zäsur in der Werbung für pflanzliche Arzneimittel. Während vergleichende Werbung in anderen Branchen gängige Praxis ist, zeigt dieser Fall, wie hoch die Anforderungen im pharmazeutischen Bereich sind – zurecht. Wer auf den wissenschaftlichen Vergleich setzt, trägt eine besondere Verantwortung. Studienergebnisse dürfen nicht nur aussagekräftig sein, sondern müssen auch höchsten Standards genügen, um Verbrauchern klare Orientierung zu bieten.
Das Urteil erinnert daran, dass Werbung nicht nur verkaufen, sondern informieren soll. Pflanzliche Arzneimittel genießen ein hohes Vertrauen bei Patienten, das durch unzureichend belegte Aussagen leicht Schaden nehmen kann. Gerade in sensiblen Gesundheitsfragen braucht es Transparenz und Fairness – nicht nur, um rechtliche Konflikte zu vermeiden, sondern auch, um die Glaubwürdigkeit der Branche zu schützen.
Engelhard steht nun vor der Herausforderung, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Der Fall sollte der gesamten Branche eine Mahnung sein, wissenschaftliche Sorgfalt vor marktwirtschaftliche Interessen zu stellen. Denn am Ende zählt, dass Patienten sich auf die Qualität und Richtigkeit der beworbenen Informationen verlassen können.
Grüne signalisieren Unterstützung für Apothekenstärkung: Gespräche auf Bundesdelegiertenkonferenz in Wiesbaden
Die finanzielle und strukturelle Lage der Apotheken in Deutschland bleibt ein zentrales Thema in der politischen Diskussion. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Wiesbaden suchte die ABDA am Wochenende den direkten Austausch mit führenden Gesundheitspolitikerinnen und -politikern, um die Bedeutung eines stabilen Apothekensystems für die Versorgungssicherheit zu betonen. Die Gespräche fanden vor dem Hintergrund einer alarmierenden Entwicklung statt: Seit Beginn der Ampelkoalition haben rund 1.500 Apotheken ihre Türen geschlossen.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening appellierte an die Grünen, schnelle Maßnahmen zu ergreifen, um die wirtschaftliche Schieflage vieler Apotheken zu beheben. „Es braucht ein Sofortprogramm, um die flächendeckende Versorgung zu sichern und den Rückgang der Apothekenzahlen zu stoppen“, erklärte sie. Als ein zentraler Lösungsansatz wird eine Reform der Apothekenhonorierung gefordert, um wirtschaftlichen Druck zu verringern. Dabei machte Overwiening deutlich, dass keine Zeit für politische Unstimmigkeiten oder gar Regierungskrisen bleibt.
Die ABDA nutzte die Gelegenheit, nicht nur Forderungen zu stellen, sondern auch konkrete Angebote zu unterbreiten. Die Apothekerschaft sei bereit, eine erweiterte Rolle in der Primärversorgung zu übernehmen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels könne die Expertise der Apotheken im Bereich der Prävention und Gesundheitsberatung eine entscheidende Entlastung für das Gesundheitssystem bringen.
Am Rande der Konferenz fanden zahlreiche Gespräche mit prominenten Grünen-Politikerinnen und -Politikern statt, darunter Paula Piechotta, Kirsten Kappert-Gonther und Janosch Dahmen. Auch der frischgekürte Kanzlerkandidat Robert Habeck wurde eingebunden. Ursula Funke, Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer, überreichte ihm symbolisch eine Apothekentüte mit Informationsmaterial. Funke hob hervor, dass die Verantwortung für die Apothekenhonorierung weiterhin beim Bundeswirtschaftsministerium liege, was aus Sicht der ABDA dringend überdacht werden müsse.
Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes, zeigte sich zufrieden mit der Gesprächsatmosphäre und machte gegenüber Grünen-Chefin Ricarda Lang auf die gravierenden Folgen der Apothekenschließungen aufmerksam. Die Parteispitze signalisierte, dass die Stärkung der Apotheken ein wichtiges Anliegen bleibe. Felix Banaszak, neuer Bundesvorsitzender der Grünen, betonte, dass die Partei die Herausforderungen der Apotheken ernst nehme und an einer Lösung mitarbeiten wolle.
Die ABDA sieht die nächsten Monate als entscheidend. Im Februar stehen wichtige Wahlen an, und die Empfehlungen der Standesvertretung wurden bereits an die Parteien übermittelt. Ziel bleibt es, die Belange der Apotheken fest in den Wahlprogrammen zu verankern und konkrete Zusagen für strukturelle Reformen zu erhalten.
Die Gespräche auf der Grünen-Bundesdelegiertenkonferenz verdeutlichen einmal mehr die existenzielle Krise, in der sich die Apotheken in Deutschland befinden. Es reicht nicht aus, wohlklingende Absichtserklärungen zu formulieren. Die politischen Entscheiderinnen und Entscheider sind aufgefordert, endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen.
Ein Sofortprogramm für die Apotheken ist überfällig. Die anhaltende Schließungswelle gefährdet nicht nur die flächendeckende Versorgung, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystem. Die Grünen haben in Wiesbaden Bereitschaft signalisiert, sich für die Apotheken einzusetzen – jetzt müssen Taten folgen. Dazu gehört eine angemessene Honorierung, die der gesellschaftlichen Bedeutung der Apotheken gerecht wird.
Gleichzeitig ist die Bereitschaft der Apothekerinnen und Apotheker, eine stärkere Rolle in der Primärversorgung zu übernehmen, eine Chance, die das Gesundheitswesen effizienter gestalten könnte. Es ist an der Zeit, diesen Vorschlag ernsthaft zu prüfen und in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Doch dafür braucht es den Willen aller politischen Akteure, pragmatisch und entschlossen zu handeln. Lippenbekenntnisse reichen nicht – die Apotheken brauchen konkrete Unterstützung, und zwar jetzt.
Elektronische T-Rezepte: Ein Schritt in die digitale Zukunft – aber mit Hindernissen
Das Bundesgesundheitsministerium plant, ab dem 1. Juli 2025 T-rezeptpflichtige Arzneimittel ausschließlich in elektronischer Form zu verordnen. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) wurde vorgelegt, um die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Damit soll die Digitalisierung auch in diesem Bereich des Gesundheitswesens voranschreiten. Allerdings bleiben Zweifel, ob der ambitionierte Zeitplan eingehalten werden kann.
T-Rezepte betreffen Arzneimittel mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid, die aufgrund ihrer besonderen Sicherheitsanforderungen bislang auf einem amtlichen Formblatt verschrieben werden mussten. Mit der geplanten Gesetzesänderung wird künftig auch die elektronische Verordnung über die Telematikinfrastruktur möglich sein. Die Rezepte bleiben sechs Tage gültig, unabhängig davon, ob sie in Papierform oder elektronisch ausgestellt wurden.
Neu ist, dass die ärztlichen Personen künftig nicht mehr dokumentieren müssen, dass alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden und die medizinischen Informationsmaterialien vorliegen. Lediglich der Hinweis auf einen möglichen Off-Label-Use bleibt verpflichtend. Diese Vereinfachung soll den administrativen Aufwand erheblich reduzieren und den Verschreibungsprozess beschleunigen. Laut Berechnungen des Ministeriums könnten sich hierdurch Einsparungen von 11.300 Euro ergeben, da die bisherige Anforderung und Verarbeitung der Formblätter entfällt.
Trotz der positiven Ansätze gibt es Unsicherheiten. Die verpflichtende Einführung des E-BtM-Rezepts, die ebenfalls für den 1. Juli 2025 vorgesehen war, musste bereits verschoben werden. Grund hierfür sind fehlende Mittel beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das auch für die Umsetzung der T-Rezepte zuständig ist. Sollten diese Engpässe nicht behoben werden, könnte sich auch die Einführung des elektronischen T-Rezepts verzögern.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens birgt ohne Frage großes Potenzial, die Arbeitsabläufe zu optimieren und die Patientensicherheit zu erhöhen. Doch der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, ob die technische Infrastruktur rechtzeitig bereitgestellt und die Nutzbarkeit für die Beteiligten gewährleistet wird. Für die ärztlichen Personen, Apotheken und nicht zuletzt die Patientinnen und Patienten steht viel auf dem Spiel.
Die Umstellung auf elektronische T-Rezepte ist ein notwendiger und zeitgemäßer Schritt, der die Effizienz im Gesundheitswesen erhöhen soll. Der Ansatz, bürokratische Hürden für Ärztinnen und Ärzte abzubauen, verdient Anerkennung. Gerade bei sensiblen Arzneimitteln wie Lenalidomid oder Thalidomid, die strengen Sicherheitsvorschriften unterliegen, könnte die Digitalisierung die Prozesssicherheit erhöhen.
Doch der Blick auf die Realitäten dämpft die Euphorie. Bereits die Einführung des E-BtM-Rezepts scheiterte an Ressourcenmangel, was die Frage aufwirft, ob das Bundesgesundheitsministerium seine Ziele hier realistisch gesteckt hat. Es ist ein Problem, das sich durch zahlreiche Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen zieht: gute Ideen, aber mangelnde Umsetzungskraft.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Akzeptanz in der Praxis. Ärztliche Personen und Apotheken müssen frühzeitig eingebunden und geschult werden, um die neuen Prozesse effektiv nutzen zu können. Hier entscheidet sich, ob der Übergang reibungslos verläuft oder ob die Digitalisierung zu einem weiteren Bürokratiemonster wird.
Das Ziel der elektronischen T-Rezepte ist richtig und wichtig. Doch ohne eine solide finanzielle und organisatorische Grundlage droht der nächste Digitalisierungsstau – und der Gesundheitssektor kann sich keine weiteren Verzögerungen leisten.
Importquote für Apotheken: Sparziel oft unerreichbar
Seit Jahren steigen die Arzneimittelkosten in Deutschland, weshalb Apotheken eine gesetzlich vorgeschriebene Importquote einhalten müssen. Ziel dieser Regelung, die in §13 Abs. 5 des Rahmenvertrags verankert ist, ist es, durch preisgünstige Importarzneimittel die Ausgaben im Gesundheitssystem zu senken. Doch für viele Apotheken bleibt das Erreichen der Quote eine große Herausforderung.
Die Vorgabe sieht vor, dass Apotheken zwei Prozent ihres theoretischen Umsatzes im „importrelevanten Markt“ pro Quartal durch den Verkauf günstiger Importarzneimittel einsparen. Als Einsparung gilt die Differenz zwischen dem Abgabepreis eines importierten Präparats und dem Originalprodukt, abzüglich gesetzlicher Rabatte. Importarzneimittel gelten nur dann als preisgünstig, wenn sie je nach Preiskategorie zwischen fünf und 15 Prozent günstiger sind als das Original.
Trotz klarer Vorgaben scheitern viele Apotheken an der Umsetzung. Der Grund liegt nicht selten in der Marktverfügbarkeit. „Oft fehlen preisgünstige Importe schlichtweg oder sind nur in geringen Mengen lieferbar“, berichtet eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommen ärztliche Verordnungen, die spezifisch Originalpräparate oder Ausschlussmedikationen betreffen, wodurch Apotheken keinen Spielraum für günstigere Alternativen haben.
Bleibt die Importquote unerfüllt, greift die Bonus-Malus-Regelung. Apotheken, die das Sparziel nicht erreichen, werden finanziell sanktioniert. Im letzten Abrechnungsmonat des Quartals wird der Differenzbetrag zwischen dem Einsparziel und der tatsächlichen Einsparung von der Vergütung abgezogen. Zwar können Apotheken, die in vorherigen Quartalen die Quote übertroffen haben, ein Einsparguthaben nutzen, doch eine Auszahlung dieses Guthabens ist nicht möglich.
Apothekerverbände kritisieren die Regelung scharf. Sie argumentieren, dass Apotheken für Faktoren bestraft werden, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen. Insbesondere Lieferengpässe und Preisbindungen auf dem internationalen Markt erschweren das Erreichen der Quote. Dennoch hält die Politik an der Regelung fest, da sie als effektives Instrument zur Kostensenkung im Gesundheitssystem gilt.
Die Importquote mag gut gemeint sein, doch sie geht an der Realität vieler Apotheken vorbei. In einem ohnehin angespannten Marktumfeld müssen Apotheker mit knappen Ressourcen arbeiten und dabei Vorgaben erfüllen, die oft schlichtweg unerreichbar sind. Die Bonus-Malus-Regelung verschärft diese Situation zusätzlich, da sie Apotheken finanziell belastet, ohne die strukturellen Probleme anzugehen.
Die Politik sollte überdenken, ob eine solche Regelung in der jetzigen Form sinnvoll ist. Viel zielführender wäre es, Apotheken stärker zu unterstützen, beispielsweise durch gezielte Maßnahmen gegen Lieferengpässe oder durch flexiblere Vorgaben. Solange dies nicht geschieht, bleibt die Importquote ein Beispiel für realitätsferne Regulierung – mit Apotheken als den Leidtragenden.
Effekt der Pandemie: Ein Grippevirus ausgerottet – Rückkehr zum Dreifach-Impfstoff
Deutschland passt sich für die Grippesaison 2024/2025 an eine neue Realität an: Erstmals seit 2018 wird wieder ein Dreifach-Impfstoff als Standard für den Grippeschutz empfohlen. Diese Entscheidung basiert auf der Erkenntnis, dass der B-Yamagata-Stamm des Influenza-Virus nicht mehr zirkuliert. Ein außergewöhnlicher Effekt der Corona-Pandemie-Maßnahmen, die nicht nur COVID-19 eindämmten, sondern auch andere Atemwegsviren stark zurückdrängten. „Wir haben einen Grippestamm komplett ausgerottet“, erklärt Professor Dr. Carsten Watzl von der TU Dortmund. Laut Fachmagazin Lancet handelt es sich hierbei um das erste Virus, das durch solche Maßnahmen global eliminiert wurde.
Bereits 2020 hatten Experten darauf hingewiesen, dass B Yamagata weltweit nicht mehr nachweisbar sei. Dennoch blieb ein Restzweifel, da nicht alle Regionen der Welt gleich intensiv überwacht werden. Nun bestätigte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im September 2023, dass die B-Yamagata-Komponente künftig nicht mehr für den Grippeschutz benötigt wird. Der neue trivalente Impfstoff enthält somit Antigene eines Influenza-B-Stamms (B Victoria) sowie zweier Influenza-A-Stämme.
Doch die Umstellung auf den Dreifach-Impfstoff bringt Herausforderungen mit sich. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) können viele Hersteller in der laufenden Saison noch nicht ausreichend trivalente Impfstoffe bereitstellen. Für die Grippesaison 2024/2025 steht daher in Deutschland nur ein abgeschwächter Lebendimpfstoff in trivalenter Form zur Verfügung. Alle anderen Impfstoffe bleiben vorerst tetravalent. Die Verwendung dieser Vierfach-Impfstoffe ist laut Stiko-Empfehlung noch bis maximal zur Saison 2025/2026 zulässig.
Influenza bleibt trotz dieser wissenschaftlichen Fortschritte eine ernstzunehmende Infektionskrankheit. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Erkältungen verursacht die echte Grippe plötzliches hohes Fieber, starke Abgeschlagenheit und Husten. Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen, da Influenza-Komplikationen wie bakterielle Lungenentzündungen oft schwerwiegende Verläufe nehmen können. In der Saison 2017/18 forderte die Grippe allein in Deutschland über 25.000 Todesopfer.
Die Ständige Impfkommission empfiehlt daher weiterhin eine jährliche Impfung im Herbst, insbesondere für Risikogruppen. Obwohl eine Impfung keinen hundertprozentigen Schutz bietet, mildert sie den Krankheitsverlauf und schützt vor lebensbedrohlichen Komplikationen. Der Verzicht auf die B-Yamagata-Komponente macht deutlich, wie sehr sich der Grippeschutz durch die Pandemie verändert hat.
Die Rückkehr zum Dreifach-Impfstoff zeigt, dass auch aus der Corona-Pandemie Lehren gezogen werden können, die weit über COVID-19 hinausreichen. Die Ausrottung des B-Yamagata-Stamms ist ein Meilenstein, der die Wirksamkeit kollektiver Schutzmaßnahmen eindrucksvoll belegt. Doch dieser Erfolg sollte nicht zu falscher Sicherheit führen.
Influenza bleibt ein ernstes Risiko, das jährlich viele Menschenleben fordert. Gleichzeitig mahnt die begrenzte Verfügbarkeit trivalenter Impfstoffe an, wie wichtig eine langfristige Planung und Flexibilität in der Impfstoffproduktion sind. Die Pandemie hat gezeigt, dass schnelle Anpassungen entscheidend sein können – sowohl für den Schutz der Bevölkerung als auch für die Sicherstellung der Versorgung.
Zudem dürfen andere Gesundheitsrisiken nicht aus dem Blick geraten. Die Grippe ist nicht verschwunden, und neue Herausforderungen wie mutierende Virusstämme oder Impfstofflücken könnten die Erfolge der vergangenen Jahre schnell wieder zunichtemachen. Prävention bleibt das A und O, um Infektionskrankheiten einzudämmen – und dafür braucht es klare Kommunikation, verlässliche Impfstoffstrategien und eine informierte Bevölkerung.
Der Dreifach-Impfstoff ist ein Fortschritt, doch die Influenza bleibt eine ständige Mahnung, dass Viren nie wirklich besiegt sind.
Corona-Aufarbeitung: Lauterbach fordert ehrlichen Neuanfang
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich klar für eine umfassende Aufarbeitung des staatlichen Krisenmanagements während der Corona-Pandemie ausgesprochen. In der ARD-Sendung „Hart aber fair“ betonte der SPD-Politiker, dass eine solche Analyse eine zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung nach der Bundestagswahl sein müsse. „Es wird mit das Erste sein, was eine neue Bundesregierung der Bevölkerung schuldet“, erklärte Lauterbach. Ziel sei es, Missverständnisse auszuräumen, gegenseitige Schuldzuweisungen aufzuarbeiten und die Gesellschaft wieder zu einen. Die Polarisierung, die während der Pandemie entstand, dürfe nicht länger ungelöst bleiben.
Lauterbach räumte ein, dass er bereits während der laufenden Legislaturperiode versucht habe, eine systematische Bewertung der Maßnahmen zu initiieren. Dieses Vorhaben sei jedoch an Differenzen innerhalb der Koalition gescheitert. Insbesondere die FDP habe aus seiner Sicht wenig Kompromissbereitschaft gezeigt. „Wir haben es einfach nicht hinbekommen“, gestand Lauterbach offen ein. Dennoch bekräftigte er, dass die Analyse und Transparenz über die getroffenen Entscheidungen essenziell seien, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu stärken.
Kritisch äußerte sich Lauterbach zu bestimmten Maßnahmen der Pandemiepolitik. So bezeichnete er die Schulschließungen als Fehler, der heute mit dem Wissen über die Folgen anders entschieden werden müsste. Auch die Ablehnung der allgemeinen Impfpflicht durch den Bundestag im Jahr 2022 bewertete er rückblickend als richtig, obwohl er sich damals für deren Einführung starkgemacht hatte. Wichtig sei jedoch gewesen, dass die Debatte um diese weitreichende Entscheidung in den Bundestag zurückgebracht wurde, um eine breite gesellschaftliche Diskussion zu ermöglichen.
Positiv hob der Minister hervor, dass Deutschland insgesamt vorsichtiger agiert habe als andere europäische Länder mit ähnlicher Altersstruktur. Dies habe dazu beigetragen, Todesfälle zu reduzieren und die Zahl der Long-Covid-Erkrankungen zu minimieren. Ein weniger vorsichtiger Kurs wäre aus seiner Sicht unverantwortlich gewesen. „Wären wir weniger vorsichtig gewesen, wären noch mehr Menschen gestorben“, argumentierte Lauterbach.
Abschließend appellierte der Minister an die Notwendigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Die Pandemie habe tiefe Risse in der Gesellschaft hinterlassen, die nur durch eine offene und ehrliche Aufarbeitung überbrückt werden könnten. Diese Verantwortung liege bei der nächsten Bundesregierung, die sich dem Thema ohne Vorbehalte widmen müsse.
Die Forderung von Karl Lauterbach nach einer umfassenden Aufarbeitung des Corona-Krisenmanagements ist nicht nur berechtigt, sondern längst überfällig. Die Pandemie hat nicht nur medizinische und wirtschaftliche Herausforderungen offengelegt, sondern auch tiefe gesellschaftliche Gräben aufgerissen, die bis heute nachwirken. Eine ehrliche Analyse der Maßnahmen, von Schulschließungen über Impfkampagnen bis hin zu Kommunikation und Entscheidungsprozessen, ist der erste Schritt, um diese Wunden zu heilen.
Doch diese Aufarbeitung darf nicht zur parteipolitischen Bühne werden. Wenn Lauterbach die Blockadehaltung der FDP anprangert, mag dies zwar sachlich korrekt sein, lenkt jedoch von der gemeinsamen Verantwortung aller politischen Akteure ab. Die Krisenbewältigung war in vielerlei Hinsicht ein Balanceakt zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen, politischen Zwängen und gesellschaftlichen Bedürfnissen. Diese Komplexität gilt es zu analysieren, ohne vorschnelle Schuldzuweisungen.
Gleichzeitig zeigt Lauterbachs Selbstkritik, etwa in Bezug auf die Schulschließungen, eine erfrischende Offenheit, die in der Politik selten ist. Es ist ein Zeichen von Stärke, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Genau diese Haltung ist notwendig, um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen und den gesellschaftlichen Dialog zu fördern.
Die nächsten Jahre bieten eine Chance für einen ehrlichen Neuanfang – politisch, gesellschaftlich und medizinisch. Diese Gelegenheit darf nicht ungenutzt bleiben. Die Pandemie war eine Ausnahmezeit, die außergewöhnliche Maßnahmen erforderte. Doch aus diesen Erfahrungen müssen nun konkrete Lehren gezogen werden, damit Deutschland in zukünftigen Krisen besser gewappnet ist.
Krankenkassen vor Milliardenloch – Versorgung unter Druck
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sieht sich mit alarmierenden finanziellen Aussichten konfrontiert. Für 2024 prognostiziert die Kasse ein Defizit von 481 Millionen Euro, während für das Folgejahr ein noch massiverer Verlust von bis zu 800 Millionen Euro erwartet wird. Die Gründe liegen in einer Kombination aus wirtschaftlicher Rezession, stagnierenden Einnahmen und stetig wachsenden Ausgaben im Gesundheitssektor.
Nach Angaben der ÖGK wird 98 Prozent des Gesamtbudgets von 20,2 Milliarden Euro direkt in Leistungen für die Versicherten investiert. Nur 2 Prozent entfallen auf die Verwaltung. Dennoch stoßen die verfügbaren Mittel an ihre Grenzen. Besonders die anhaltende Rezession mit einem negativen Wirtschaftswachstum von minus 0,6 Prozent belastet die Einnahmeseite erheblich. Stagnierende Beschäftigungszahlen und eine unverändert hohe Arbeitslosenquote von 7 Prozent führen zu geringeren Beitragssteigerungen, was sich negativ auf die finanzielle Lage der Kasse auswirkt.
Zudem treibt die erhöhte Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen die Ausgaben nach oben. Im zweiten Quartal 2024 stiegen die Arztbesuche um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Ausbau neuer Primärversorgungseinheiten (PVE), von denen allein in diesem Jahr 18 eröffnet wurden, spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Diese Zentren bieten umfassende Leistungen und verzeichnen dreimal mehr Patientenfrequenz als klassische Einzelordinationen. Gleichzeitig wird immer mehr medizinische Versorgung aus Krankenhäusern in den niedergelassenen Bereich verlagert. Dies zeigt sich besonders bei bildgebenden Verfahren wie MRT- und CT-Untersuchungen, die in Ballungszentren um 68 Prozent zunahmen, während sie in Krankenhäusern um 17 Prozent zurückgingen.
Ein weiterer Belastungsfaktor sind die steigenden Medikamentenkosten. Obwohl weniger Medikamente verschrieben werden, steigen die Ausgaben aufgrund des häufigeren Einsatzes teurer Präparate. Die ÖGK betont, dass die Kostenstruktur zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät und dringender Handlungsbedarf besteht.
Die Kasse hat nun ihre Selbstverwaltung beauftragt, ein Maßnahmenpaket zur Kostendämpfung zu entwickeln. Es sollen Strategien gefunden werden, um die Finanzlage zu stabilisieren, ohne die Versorgungsqualität zu gefährden. Konkrete Vorschläge stehen jedoch noch aus.
Die prognostizierten Defizite der ÖGK sind alarmierend und werfen Fragen nach der langfristigen Tragfähigkeit des österreichischen Gesundheitssystems auf. Während die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Einnahmenseite belasten, bleibt die Versorgung der Versicherten unverändert anspruchsvoll. Der Ausbau von Primärversorgungseinheiten und die Verlagerung von Leistungen aus den Krankenhäusern in den niedergelassenen Bereich sind grundsätzlich sinnvolle Maßnahmen, die jedoch mit erheblichen Kosten einhergehen.
Es stellt sich die Frage, wie die Balance zwischen Kostenreduktion und Versorgungssicherheit gelingen kann. Einsparpotenziale bei Medikamenten, effizientere Ressourcensteuerung und eine stärkere Fokussierung auf Prävention könnten Ansätze sein. Doch es bleibt klar: Die Politik darf die Krankenkassen nicht alleinlassen. Ohne eine übergreifende Reform des Gesundheitssystems droht die Qualität der Versorgung langfristig zu leiden.
Die ÖGK steht vor der Herausforderung, trotz wirtschaftlicher Zwänge ein funktionierendes System aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig sind die Versicherten gefordert, ihren Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Gesundheitsressourcen zu leisten. Nur durch ein gemeinsames Vorgehen kann das Milliardenloch geschlossen werden.
SPD-Kanzlerfrage: Lauterbach stärkt Scholz und fordert klare Entscheidungen
In der SPD wächst der Druck, die Kanzlerkandidatur für mögliche Neuwahlen zügig zu klären. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich in einer Fernsehdiskussion deutlich hinter Bundeskanzler Olaf Scholz gestellt. In der ARD-Sendung „Hart aber fair“ erklärte Lauterbach: „Klar ist, für mich ist Olaf Scholz gesetzt, der Bundeskanzler.“ Gleichzeitig kritisierte er die parteiinternen Diskussionen um eine mögliche Kandidatur des Verteidigungsministers Boris Pistorius als unnötig und schädlich. „Diese Debatte schwächt uns und muss schnell beendet werden“, betonte Lauterbach.
Die SPD sieht sich aktuell mit internen und externen Herausforderungen konfrontiert. Scholz, der für seine ruhige und abwägende Regierungsführung bekannt ist, steht zunehmend unter Druck, nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern auch durch den Bruch der Ampel-Koalition. Laut Lauterbach habe Scholz bewiesen, dass er auch in schwierigen Zeiten kompetent handle und das Beste aus der Zusammenarbeit mit der FDP gemacht habe. Gleichzeitig sieht sich die Partei mit Forderungen konfrontiert, Boris Pistorius als populäreren Kandidaten ins Rennen zu schicken. Lauterbach lehnt dies jedoch entschieden ab.
Die Kritik des Gesundheitsministers richtete sich nicht nur gegen die internen Unstimmigkeiten, sondern auch scharf gegen die FDP. Laut Berichten von „Zeit“ und „Süddeutscher Zeitung“ soll die FDP seit Wochen an einer Strategie zum Bruch der Ampel-Koalition gearbeitet haben. Lauterbach bezeichnete dieses Vorgehen als „beispiellosen Verrat“ und warf der FDP vor, das Vertrauen der Koalitionspartner massiv verletzt zu haben. „Mit einer Partei, die solch ein Verhalten an den Tag legt, kann man schwerlich regieren“, erklärte Lauterbach. Er stellte klar, dass es für ihn akzeptabel wäre, wenn die FDP bei der nächsten Bundestagswahl nicht erneut in den Bundestag einzieht.
Die SPD steht vor einer entscheidenden Phase. Der Umgang mit der Kanzlerfrage wird nicht nur über den innerparteilichen Zusammenhalt entscheiden, sondern auch über die Außenwirkung der Partei. Eine schnelle Klärung, wie sie Lauterbach fordert, könnte dazu beitragen, Vertrauen in der Wählerschaft zurückzugewinnen und die Position von Olaf Scholz zu festigen. Offen bleibt jedoch, ob sich die Partei auf einen gemeinsamen Kurs einigen kann, bevor der Wahlkampf an Fahrt aufnimmt.
Die SPD steht am Scheideweg. Karl Lauterbachs klare Positionierung für Olaf Scholz als Kanzlerkandidat zeigt, wie tief die Risse in der Partei derzeit gehen. Scholz hat ohne Zweifel bewiesen, dass er in schwierigen Koalitionen bestehen kann, doch seine nüchterne und abwägende Politik wird von manchen als zu zurückhaltend wahrgenommen. Hier könnte ein Boris Pistorius mit seiner volksnahen Art tatsächlich neue Impulse setzen – eine Option, die viele Wähler laut Umfragen durchaus begrüßen würden.
Dennoch bleibt die Frage, ob es klug ist, inmitten einer politischen Krise auf einen Wechsel zu setzen. Lauterbach hat recht, wenn er die internen Diskussionen als schädlich bezeichnet. Ein offener Machtkampf innerhalb der SPD wäre ein Geschenk an die politischen Gegner und würde das ohnehin fragile Vertrauen der Wählerschaft weiter untergraben. Viel entscheidender ist jedoch die Frage, wie die Partei sich langfristig positionieren möchte. Eine klare Linie und ein entschlossenes Auftreten sind essenziell, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen.
Die scharfe Kritik an der FDP mag im Hinblick auf den Koalitionsbruch gerechtfertigt sein, doch die SPD sollte vorsichtig sein, sich zu sehr in Schuldzuweisungen zu verlieren. Der Fokus muss auf einer konstruktiven Zukunftsstrategie liegen, nicht auf der Abrechnung mit dem ehemaligen Partner. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in Geschlossenheit – und genau hier hat die SPD noch viel Arbeit vor sich.
THC als potenzieller Jungbrunnen: Wie Cannabis kognitive Fähigkeiten beeinflussen könnte
Neue Forschungsergebnisse eröffnen spannende Perspektiven in der Diskussion um den therapeutischen Nutzen von Tetrahydrocannabinol (THC). Während bislang vor allem Konzentrationsprobleme, kognitive Einbußen und psychotische Reaktionen als potenzielle Nebenwirkungen im Fokus standen, zeigen aktuelle Studien, dass niedrig dosiertes THC positive Effekte auf die Hirnleistung haben könnte. Insbesondere bei älteren Probanden wurden Verbesserungen der kognitiven Funktionen festgestellt.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Endocannabinoid-System (ECS), das als zentrales Regulationssystem des Körpers zahlreiche Prozesse beeinflusst. Studien legen nahe, dass die Funktion des ECS mit zunehmendem Alter abnimmt, was altersbedingte Einschränkungen der Kognition begünstigt. Forschungen an der Universität Bonn und der Hebrew Universität in Jerusalem zeigen, dass THC in niedrigen Dosen diese Defizite umkehren kann. Bei Mäusen führte die Substanz zu einer Wiederherstellung der synaptischen Plastizität und einer erhöhten Dichte synaptischer Proteine. Zudem verjüngte sich das genetische Profil des Hippocampus, wodurch die Tiere altersbedingte kognitive Verluste überwanden.
Eine neuere Studie der gleichen Arbeitsgruppe weist auf einen weiteren Wirkmechanismus hin: THC stimuliert den mTOR-Signalweg im Gehirn, was die Synthese synaptischer Proteine erhöht und die Neuroplastizität fördert. Gleichzeitig wurden anti-diabetogene Effekte im peripheren Stoffwechsel beobachtet, die auf eine potenzielle Anti-Aging-Wirkung hinweisen.
Klinische Studien stützen diese Ergebnisse teilweise. Im Rahmen des PraxisRegisters Schmerz der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin berichteten ältere Patienten von vergleichbaren Nebenwirkungen wie jüngere, benötigten jedoch geringere THC-Dosen für therapeutische Effekte. Andere Untersuchungen zeigten sogar Verbesserungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Denkgeschwindigkeit, insbesondere bei palliativen Krebspatienten. Forscher betonen jedoch, dass Alter und Dosierung entscheidend für den Effekt sind. Bei jüngeren Menschen führt THC häufiger zu kognitiven Blockaden.
Die aktuellen Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die therapeutischen Potenziale von THC. Besonders im Hinblick auf Demenz und altersbedingte kognitive Einschränkungen könnten cannabinoide Arzneimittel eine wichtige Rolle spielen. Experten fordern jedoch weitere Studien, um Risiken und Nutzen besser abzuwägen.
Die Vorstellung, THC als eine Art "Jungbrunnen" für das Gehirn einzusetzen, mag auf den ersten Blick überraschend erscheinen, doch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeichnen ein differenziertes Bild. Insbesondere die Rolle des Endocannabinoid-Systems als potenzieller Ansatzpunkt für die Behandlung kognitiver Defizite eröffnet vielversprechende Möglichkeiten. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die therapeutische Anwendung von THC erfordert eine genaue Dosierung und ein klares Verständnis der individuellen Reaktionen.
Die Erkenntnisse aus klinischen Studien zeigen, dass niedrige THC-Dosen bei älteren Menschen positiv wirken können, während bei jüngeren Probanden gegenteilige Effekte auftreten. Dies verdeutlicht, wie komplex die Interaktion zwischen Cannabinoiden und dem menschlichen Gehirn ist. Gleichzeitig könnten die beobachteten Effekte auf neuroplastische Mechanismen und die Aktivierung von Signalwegen wie mTOR einen Durchbruch in der Erforschung altersbedingter Erkrankungen markieren.
Angesichts der hohen Erwartungen an cannabinoide Arzneimittel bleibt jedoch eine kritische Bewertung notwendig. Auch wenn THC eine vielversprechende Ergänzung zur bestehenden medikamentösen Behandlung von Demenz und anderen kognitiven Störungen darstellen könnte, bedarf es weiterer fundierter Studien, um Sicherheit und Wirksamkeit in der breiten Anwendung zu garantieren. Nur so kann die medizinische Nutzung von THC aus der Grauzone zwischen Hoffnung und Hype in die Realität überführt werden.
FDA-Zulassung für Orlynvah™: Durchbruch für die orale Antibiotikatherapie bei Harnwegsinfektionen
Mit Orlynvah™ hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Ende Oktober 2024 erstmals ein orales Carbapenem zugelassen. Das innovative Antibiotikum, das Sulopenem-Etzadroxil in Kombination mit Probenecid enthält, richtet sich an erwachsene Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen (uUTIs), die durch Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae oder Proteus mirabilis verursacht werden. Damit steht eine neue Therapieoption zur Verfügung, die insbesondere bei Resistenzen gegenüber herkömmlichen Antibiotika von großer Bedeutung ist.
Orlynvah™ wird über einen Zeitraum von fünf Tagen eingenommen. Pro Tablette enthält das Medikament 500 mg Sulopenem-Etzadroxil, ein Prodrug zur verbesserten Bioverfügbarkeit, sowie 500 mg Probenecid, das die Eliminierung von Sulopenem verlangsamt und dessen Wirkungsdauer verlängert. Die Kombination ist auf unkomplizierte Infektionen der unteren Harnwege beschränkt, da klinische Studien bei komplizierten Infektionen keine ausreichende Wirksamkeit belegen konnten.
Die Zulassung basiert auf zwei umfassenden Phase-III-Studien, REASSURE und SURE 1, in denen die Nichtunterlegenheit von Sulopenem im Vergleich zu herkömmlichen Antibiotika untersucht wurde. In der REASSURE-Studie wurde Sulopenem mit Amoxicillin/Clavulansäure verglichen. Die kombinierte klinische und mikrobiologische Ansprechrate am Tag 12 ± 1 betrug 61,7 % bei Sulopenem und 55 % bei Amoxicillin/Clavulansäure. In der SURE 1-Studie erwies sich Sulopenem gegenüber Ciprofloxacin als überlegen, insbesondere bei Patientinnen mit Ciprofloxacin-resistenten Erregern. Hier lag die Ansprechrate bei Sulopenem bei 48 %, verglichen mit nur 33 % bei Ciprofloxacin.
Die häufigsten Nebenwirkungen von Sulopenem umfassen Diarrhö, Übelkeit, vaginale Pilzinfektionen, Kopfschmerzen und Erbrechen. Weniger als 1 % der Patientinnen brachen die Behandlung aufgrund unerwünschter Wirkungen ab, was für eine gute Verträglichkeit spricht.
Gleichzeitig gibt es deutliche Einschränkungen. Sulopenem zeigt bei komplizierten Harnwegsinfektionen oder als "Step-down"-Therapie nach einer intravenösen Behandlung keine vergleichbare Wirksamkeit. In den Studien SURE 2 und SURE 3 war Sulopenem im Vergleich zu Ertapenem weniger effektiv. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, das Medikament auf spezifische Indikationen zu beschränken, um seinen Nutzen zu maximieren.
Mit Orlynvah™ wird eine wichtige Lücke in der Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen geschlossen. Insbesondere Patientinnen, die auf Standardantibiotika wie Nitrofurantoin, Fosfomycin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol nicht ansprechen oder bei denen Resistenzen vorliegen, profitieren von der neuen Option. Dennoch bleibt die Herausforderung bestehen, Antibiotikaresistenzen durch einen gezielten und verantwortungsvollen Einsatz zu minimieren.
Die Zulassung von Orlynvah™ ist ein Meilenstein für die Antibiotikatherapie. Mit Sulopenem steht erstmals ein orales Carbapenem zur Verfügung, das insbesondere bei Resistenzen gegenüber Ciprofloxacin und anderen häufig eingesetzten Antibiotika eine dringend benötigte Alternative bietet. Der Fokus auf unkomplizierte Harnwegsinfektionen ist dabei sowohl eine Chance als auch eine Einschränkung: Während das Medikament eine neue Therapieoption eröffnet, bleibt sein Einsatz auf spezifische Indikationen beschränkt. Diese Einschränkung ist jedoch kein Mangel, sondern eine notwendige Maßnahme, um die Resistenzproblematik nicht weiter zu verschärfen.
Der verantwortungsvolle Einsatz von Sulopenem muss oberste Priorität haben. Eine zu breite Anwendung könnte den Fortschritt, den Orlynvah™ bietet, gefährden. Antibiotikaresistenzen gehören zu den größten globalen Gesundheitsgefahren, und jedes neue Medikament muss als Teil einer langfristigen Strategie betrachtet werden, diese Krise zu bewältigen.
Die FDA hat mit ihrer Entscheidung eine klare Botschaft gesendet: Innovation in der Antibiotikatherapie wird begrüßt, aber nur unter strengen Bedingungen. Orlynvah™ ist ein Beispiel dafür, wie Fortschritt und Verantwortung Hand in Hand gehen können. Die Zukunft wird zeigen, ob dieses Modell für weitere Innovationen in der Infektionsmedizin Schule machen kann.
Allergie-Nasensprays: Azelastin-Fluticason-Kombination auf dem Weg zur Rezeptfreiheit
Nach jahrelanger Diskussion rückt die rezeptfreie Verfügbarkeit kombinierter Allergie-Nasensprays mit Azelastin und Fluticason näher. Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht hatte im Juli 2024 entschieden, diese Präparate von der Rezeptpflicht zu entbinden, sofern sie strengen Kriterien entsprechen. Nun liegt ein Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor, der die dafür nötige Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) regelt.
Die geplante Ausnahme von der Verschreibungspflicht betrifft Zubereitungen zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer saisonaler allergischer Rhinitis bei Erwachsenen. Dabei ist Voraussetzung, dass die Erstdiagnose durch einen Arzt erfolgt und eine Monotherapie mit einem intranasalen Antihistaminikum oder Glukokortikoid zuvor als unzureichend bewertet wurde. Die maximale Tagesdosis soll 200 Mikrogramm Fluticasonpropionat nicht überschreiten, und die Präparate müssen klar als ausschließlich für Erwachsene gekennzeichnet sein.
Bevor die Verordnung in Kraft treten kann, sind jedoch weitere Schritte erforderlich. Nach dem Stellungnahmeverfahren muss der Bundesrat zustimmen. Erst nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wird die Änderung wirksam, was erfahrungsgemäß mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Allerdings gibt es derzeit keine Präparate auf dem Markt, die den strengen Vorgaben des Referentenentwurfs entsprechen. Hersteller stehen vor der Herausforderung, neue Produkte zu entwickeln, die den regulatorischen Anforderungen gerecht werden.
Die Entscheidung über den OTC-Switch birgt Potenzial für eine deutliche Verbesserung der Patientenversorgung. Für viele Betroffene, die unter starkem Heuschnupfen oder anderen allergischen Beschwerden leiden, könnte der Zugang zu effektiven Kombinationspräparaten deutlich erleichtert werden. Gleichzeitig zeigt der langwierige Prozess, wie komplex die Entlassung eines Medikaments aus der Verschreibungspflicht ist und wie viele Hürden überwunden werden müssen, bevor es tatsächlich in der Apotheke verfügbar ist.
Die geplante Rezeptfreiheit für Azelastin-Fluticason-Nasensprays ist ein überfälliger Fortschritt in der Versorgung von Allergiepatienten. Seit Jahren fordern Fachkreise, den Zugang zu bewährten Kombinationstherapien zu erleichtern. Die nun geplante Regelung zeigt, dass der Gesetzgeber die Bedürfnisse der Patienten ernst nimmt, ohne dabei auf Sicherheit und klare Anwendungsgrenzen zu verzichten. Dennoch wirft der Prozess auch Fragen auf: Warum fehlt es an bereits verfügbaren Präparaten, die die Anforderungen erfüllen? Hier sind Hersteller gefordert, schneller auf regulatorische Änderungen zu reagieren und die Versorgungslücken zu schließen.
Für die Apotheken ergibt sich eine weitere Chance, ihre Rolle als niedrigschwellige Anlaufstelle im Gesundheitssystem zu stärken. Gerade bei saisonalen Erkrankungen wie Allergien können sie durch Beratung und bedarfsgerechte Abgabe von OTC-Produkten eine wesentliche Entlastung für Arztpraxen schaffen. Entscheidend ist, dass die Umsetzung der neuen Regelungen ohne weitere Verzögerungen erfolgt. Denn Patienten brauchen vor allem eines: eine zuverlässige und einfache Lösung für ihre Beschwerden.
Chronischer Juckreiz: Neue Therapien im Fokus der Forschung
Chronischer Juckreiz, auch als Pruritus bezeichnet, stellt eine erhebliche Herausforderung für Betroffene und Mediziner dar. Mit Symptomen wie quälendem Jucken, schlaflosen Nächten und psychischer Belastung beeinträchtigt er die Lebensqualität erheblich. Schätzungsweise 22 Prozent der Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an chronischem Pruritus, wobei die Prävalenz mit zunehmendem Alter steigt. Trotz dieser Belastung sucht etwa die Hälfte der Betroffenen keine medizinische Hilfe – oft aus Scham oder der Annahme, der Juckreiz sei unheilbar.
Die Ursachen des chronischen Juckreizes sind vielfältig und reichen von dermatologischen Erkrankungen wie Neurodermitis über systemische Leiden wie Diabetes oder Lebererkrankungen bis hin zu neurologischen Störungen. Zudem können Medikamente oder psychische Belastungen das Symptom auslösen. Eine exakte Diagnosestellung ist essenziell, da die Behandlung maßgeblich von der Ursache abhängt. Die jüngste deutsche Pruritus-Leitlinie hebt die Bedeutung einer klaren Klassifikation hervor, die zwischen entzündlich-bedingtem, neuropathischem oder durch Kratzen hervorgerufenem Pruritus unterscheidet.
Wissenschaftliche Fortschritte der letzten Jahre haben ein tieferes Verständnis der Pathogenese ermöglicht. Juckreiz wird durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Nerven-, Haut- und Immunzellen ausgelöst. Histamin und andere pruritogene Substanzen spielen eine Schlüsselrolle, während chronisches Kratzen den sogenannten "Juck-Kratz-Zyklus" verstärkt. Infolgedessen entstehen oft Sensibilisierungsprozesse im Nervensystem, die den Juckreiz weiter verschärfen.
Die Therapie des chronischen Pruritus ist ebenso vielschichtig wie seine Ursachen. Topische Behandlungen mit entzündungshemmenden Substanzen wie Glucocorticoiden oder Calcineurin-Inhibitoren sind die erste Wahl bei entzündlich-bedingtem Juckreiz. Neuartige Ansätze wie Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren) oder Biologika, darunter Dupilumab, eröffnen neue Möglichkeiten. Diese Medikamente zielen auf zentrale Entzündungsmechanismen ab und zeigen in Studien signifikante Verbesserungen bei atopischer Dermatitis und anderen pruritischen Erkrankungen.
Neuropathischer Pruritus erfordert andere Ansätze. Lokalanästhetika, Capsaicin-Cremes und systemische Behandlungen wie Gabapentinoide oder Antidepressiva sind wichtige Bausteine. Besonders vielversprechend ist der Einsatz von Opioidrezeptor-Modulatoren wie Difelikefalin, das gezielt auf neuropathische Signalwege einwirkt. Dennoch bleibt die Zulassung dieser Therapien für den breiteren Einsatz eine Herausforderung.
Neben medikamentösen Therapien spielen begleitende Maßnahmen eine wichtige Rolle. Stressabbau, kognitive Verhaltenstherapie und physikalische Ansätze wie Akupunktur können die Lebensqualität der Patienten zusätzlich verbessern. Eine engmaschige Betreuung durch interdisziplinäre Teams ist hierbei entscheidend.
Die Fortschritte in der Pruritusforschung geben Hoffnung. Neue Therapieansätze zielen darauf ab, die Lebensqualität der Patienten nachhaltig zu verbessern. Dennoch bleibt chronischer Juckreiz ein komplexes medizinisches Problem, das weitere Forschung erfordert.
Chronischer Juckreiz ist weit mehr als ein unangenehmes Hautgefühl – er ist ein Symptom mit schwerwiegenden Konsequenzen. Die Tatsache, dass viele Betroffene keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, zeigt, wie wichtig Aufklärung und Enttabuisierung sind. Der Juckreiz, der oft harmlos erscheint, kann auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen und sollte nicht ignoriert werden.
Die jüngsten Fortschritte in der Forschung sind vielversprechend, insbesondere die Entwicklung zielgerichteter Therapien wie Biologika und JAK-Inhibitoren. Sie bieten nicht nur wirksame Linderung, sondern zeigen auch, wie wichtig ein besseres Verständnis der Pathogenese ist. Gleichzeitig darf der Fokus nicht ausschließlich auf medikamentösen Lösungen liegen. Ganzheitliche Ansätze, die auch psychologische und physikalische Therapien einbeziehen, sind unerlässlich, um das Wohlbefinden der Patienten umfassend zu verbessern.
Es liegt nun an den medizinischen Fachgesellschaften und politischen Entscheidungsträgern, den Zugang zu innovativen Therapien zu erleichtern und die Versorgungslücken zu schließen. Chronischer Juckreiz darf nicht länger als Randthema behandelt werden – er verdient die Aufmerksamkeit, die er für eine nachhaltige Verbesserung der Patientenversorgung benötigt.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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