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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken-News: Bericht von heute
Während der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil zur Rx-Preisbindung den europäischen Vorrang für Versender erneut zementiert und damit zentrale Grundprinzipien des deutschen Apothekenmarktes unterläuft, verlängert die Gematik gleichzeitig die CardLink-Zulassungen bis Januar 2027 – ein doppelter Schlag gegen die Gleichwertigkeit von Versorgung, der strukturelle Marktprivilegien zementiert und Vor-Ort-Apotheken regulatorisch zurückwirft, während Cannabis-Plattformen in einem kaum regulierten Graubereich operieren, der medizinische Versorgung in Marketing verwandelt, flankiert von einer digitalen Infrastruktur, die – wie jüngst im Fall Beutling – selbst im Notdienst versagt, ohne dass technische Anbieter oder politische Entscheider Verantwortung übernehmen, was die Versorgungssicherheit zusätzlich gefährdet, während Apotheker wie Daniel Reuschel mit persönlicher Haltung, betrieblichem Mut und therapeutischer Konsequenz gegen strukturelle Entwertung ankämpfen – und damit zeigen, dass Versorgung mehr braucht als Gesetze, Technik oder Plattformen: Sie braucht Klarheit, Haltung und politischen Schutz.
Es ist ein leises Beben, das vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe ausgeht – aber eines, das das deutsche Gesundheitswesen bis in seine Grundstruktur erschüttert. Mit der Entscheidung vom 18. Juli 2025 stellt das oberste deutsche Zivilgericht klar: Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt nicht für EU-ausländische Versandapotheken. Damit ist ein jahrelanger Streit um ein zentrales Prinzip der solidarischen Arzneimittelversorgung juristisch beendet – und politisch neu entfacht. Denn was in der Sprache des Rechts als bloße Klarstellung daherkommt, wirkt in der Realität wie eine tektonische Verschiebung: Die Regeln, unter denen Apotheken in Deutschland wirtschaften, sind ab sofort nicht mehr allgemeingültig. Sie sind teilbar – je nach Herkunft, Geschäftsmodell, Plattformzugehörigkeit.
Während Plattformen wie DocMorris und Shop Apotheke auf Basis dieser Entscheidung ihre Boni offensiv bewerben und mit bis zu 15 Euro pro Rezept locken, erleben Vor-Ort-Apotheken erneut einen Moment fundamentaler Benachteiligung. Die Gerechtigkeit des Sozialrechts, die aus dem Gedanken kollektiver Verantwortung gespeist ist, wird durch das Binnenmarktdenken der EU in ihre Einzelteile zerlegt – und der nationale Rechtsrahmen steht daneben wie ein Zuschauer, dem man das Regelbuch aus der Hand genommen hat.
Die Rechtsprechung folgt damit einem Muster, das sich seit Jahren abzeichnet: Wenn der Markt als normbildend akzeptiert wird, verliert das Sozialrecht seine prägende Kraft. Die Folgen sind tiefgreifend. Apotheken in strukturschwachen Regionen können Preisaktionen der Plattformen nicht kontern. Die Honorarpauschalen stagnieren, die Fixkosten steigen, das Personal fehlt – und nun fallen auch noch die letzten rechtlichen Sicherungen. Die wirtschaftliche Schieflage vieler Betriebe ist keine Folge individueller Fehlentscheidungen, sondern Ergebnis politischer Rahmenbedingungen, die sich gegen die dezentrale Versorgung richten.
Als wäre dieses Signal aus Karlsruhe nicht deutlich genug, setzt die Gematik noch einen drauf. Mit der Entscheidung, die CardLink-Zulassungen von DocMorris und Shop Apotheke bis Januar 2027 zu verlängern – entgegen aller ursprünglichen Ankündigungen –, wird das Interimsinstrument der digitalen Rezeptverarbeitung zur dauerhaften Brückentechnologie für privilegierte Plattformstrukturen. Was einst als Übergangslösung gedacht war, entwickelt sich zur Parallelwelt: Während Vor-Ort-Apotheken mit technischen Auflagen, Dokumentationspflichten und Fristen kämpfen, können digitale Anbieter auf Prozesse zugreifen, die ihnen eine strukturierte und automatisierte Patientenlenkung ermöglichen – teilweise ohne echten pharmazeutischen Kontakt, aber mit ökonomischer Optimierung bis ins letzte Detail.
Dabei steht hinter dieser Verlängerung nicht nur technisches Kalkül, sondern auch ein politisches Versäumnis: Der politische Wille, die Integrität der Versorgung zu schützen, ist kaum mehr zu spüren. Plattformstrategien werden nicht nur geduldet, sondern strukturell bevorzugt. Die Gematik-Entscheidung ist Ausdruck dieser Bevorzugung – und viele Apotheker fragen sich, ob es überhaupt noch eine Rolle spielt, wie man arbeitet, solange man das richtige Geschäftsmodell bedient.
Die strukturellen Asymmetrien werden dabei nicht etwa offen diskutiert, sondern im Gewand der „Pragmatik“ kaschiert. Die CardLink-Verlängerung wird als Notwendigkeit zur Systemstabilität verkauft, obwohl ihre technische Architektur zentralisierte Plattformlogik begünstigt. Der Zugriff auf Patienteninformationen wird einfacher, die Retaxationsrisiken für Plattformen sinken – während Vor-Ort-Apotheken jeden Handgriff dokumentieren, jede Schnittstelle verteidigen und jede Unsicherheit allein ausbaden müssen.
Doch die Strukturrisse verlaufen nicht nur entlang juristischer und digitaler Bruchlinien. Auch die regulatorische Flanke ist längst offen. Die Cannabis-Plattformen, die nach der Gesetzesreform des Jahres 2024 wie aus dem Nichts entstanden sind, geraten zunehmend unter Druck. Anbieter wie cura-medics, HelloDocCare oder Greenpharma24 versprechen einfache Verordnungen, bequeme Abwicklung und günstige Preise. Doch in der Praxis häufen sich Hinweise auf Missbrauch, mangelnde Aufklärung und medizinisch zweifelhafte Routinen. Der Apothekerverband Nordrhein spricht offen von einer „Liberalisierungswelle ohne Kontrollarchitektur“. Erste Verfahren laufen – und die Politik denkt über ein Rollback nach. Was als Schritt in Richtung moderne Versorgung gedacht war, droht zum regulatorischen Rückschritt zu werden. Die Plattformapotheke steht erneut im Zentrum eines Zielkonflikts zwischen Versorgung, Freiheit und Kontrolle – und niemand scheint sagen zu können, wohin dieser Weg führen soll.
Weder das Bundesgesundheitsministerium noch die Landesbehörden haben bisher klare Kontrollen implementiert. Stattdessen erleben wir eine politische Toleranz, die an Gleichgültigkeit grenzt. Die Cannabisplattformen agieren in rechtlichen Grauzonen, ärztliche Ferndiagnosen werden standardisiert, Verordnungen per Klick generiert. Die Apotheke wird hier zur Erfüllungsgehilfin eines Systems, das nicht mehr Versorgung organisiert, sondern Nachfrage monetarisiert. Die Versorgungsfunktion wird zur Abwicklungsroutine. Genau an dieser Stelle aber versagt der Staat: Wenn Verantwortung nicht mehr eingefordert wird, sondern automatisch in Plattformlogiken übergeht, ist das kein Fortschritt – sondern Rückzug.
Während juristische und regulatorische Prozesse um sich greifen, offenbart das System an anderer Stelle seine technologische Fragilität. Am vergangenen Wochenende musste der ostwestfälische Apotheker Martin Beutling einen mehrstündigen Totalausfall der Telematikinfrastruktur in seinem Notdienst verkraften. E-Rezepte waren nicht einlösbar, der Abgleich mit der Krankenkasse unmöglich, sogar das interne System versagte streckenweise. Die Apotheke arbeitete mit Notfallzetteln, Rückfragen und improvisierter Haftungsabwägung. „Es war, als hätten wir 30 Jahre zurückgeschaltet – nur ohne Sicherheit“, sagt Beutling. Für ihn sei das kein Einzelfall mehr, sondern ein strukturelles Problem. In den letzten zwölf Monaten habe er fünf gravierende TI-Störungen dokumentieren müssen. Die Frage, die bleibt: Wenn die Infrastruktur selbst versagt – wer übernimmt die Verantwortung?
Antworten bleiben aus. Die Gematik erklärt sich nicht, die Systemhersteller verweisen auf die Konnektoren, die Apotheken sind allein. Die Politik wiederum hat keinen Notfallmechanismus vorgesehen. Es gibt keine finanzielle Kompensation für Ausfälle, keine technische Redundanz, keine Hotline, die funktioniert. Das gesamte System baut auf lückenhafter Infrastruktur, und die Last trägt derjenige, der vor Ort steht.
Diese Frage ist kein technisches Detail, sondern ein Kernproblem unserer Zeit. Denn überall, wo Systeme gebaut werden, um Verantwortung zu verteilen, wird sie gleichzeitig entkernt. Wer das merkt, sind nicht die Plattformen – sondern die Menschen, die am Tresen stehen, mit echten Rezepten, echten Patientinnen, echten Entscheidungen. Einer von ihnen ist Daniel Reuschel. Nach einem gesundheitlich, wirtschaftlich und emotional verheerenden Jahr 2021 stand seine Apotheke vor dem Aus. Der Druck durch Plattformanbieter, Rabattverträge, gesetzliche Vorgaben und Personalmangel hatte ihn an den Rand der Selbstaufgabe gebracht. Doch er entschied sich anders: für den Neuaufbau, für den Kampf, für das Prinzip. Drei Jahre später steht er wieder hinter seinem HV-Tisch – nicht als Sieger, sondern als Mensch, der sich nicht unterordnen wollte. „Ich bin nicht besser als andere, aber ich habe gelernt: Wer keine Linie hat, wird gezeichnet“, sagt Reuschel. Seine Geschichte ist mehr als eine Anekdote – sie ist ein Gegenbild zum Systemtrend: Haltung statt Optimierung, Präsenz statt Plattform, Mensch statt Mechanik.
Diese Haltung ist es, die das System retten könnte – wenn es denn noch interessiert. Doch die politischen Signale sprechen eine andere Sprache. Der Minister schweigt, die Behörden verlängern Ausnahmegenehmigungen, die Gerichte folgen dem Markt. Die Frage, wer die Verantwortung trägt, wird weitergereicht – bis nichts mehr übrig bleibt, was man noch regulieren, sichern oder gestalten könnte. In dieser Gemengelage wird deutlich: Nicht der Markt gefährdet die Versorgung, sondern der Verzicht auf politische Richtungsgebung.
Die Abkehr von echter Führung ist es, was diesen Systemwandel so gefährlich macht. Denn eine Gesundheitsversorgung, die sich nur noch an technischen Standards, juristischen Lücken und wirtschaftlichen Kalkülen orientiert, hat ihren Kern längst verloren. Sie ersetzt Beziehung durch Prozess, Fürsorge durch Abwicklung und Vertrauen durch Plattformbewertung. Was in dieser Ordnung keinen Platz mehr hat, ist die Apotheke als sozialer Raum, als Aufklärungsort, als Vertrauenspunkt. Und genau darum geht es: Nicht um Preisbindung, nicht um TI, nicht um CardLink – sondern um den Ort, an dem Versorgung beginnt: zwischen Menschen.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.
Denn wenn das Recht seine Schutzfunktion verliert, Technik ohne Verlässlichkeit bleibt, Plattformen in politische Räume drängen und einzelne Menschen um Haltung kämpfen müssen, dann ist nicht nur ein Versorgungsmodell in Gefahr – sondern das Fundament, auf dem Gesundheit und Gesellschaft ruhen: Vertrauen. Und das lässt sich nicht verlängern wie eine CardLink-Lizenz. Man muss es verdienen. Jeden Tag neu.
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