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  • 18.07.2025 – Kommentar des Tages – Seyfettin Günder zur Preisbindung, Plattformstrategie und Systemträgheit in der Versorgung
    18.07.2025 – Kommentar des Tages – Seyfettin Günder zur Preisbindung, Plattformstrategie und Systemträgheit in der Versorgung
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Seyfettin Günder analysiert in Ausgabe 6, wie Urteil, Plattformlogik und strukturelle Verantwortung auseinanderfallen – und warum Sprac...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Kommentar des Tages – Seyfettin Günder zur Preisbindung, Plattformstrategie und Systemträgheit in der Versorgung

 

Ausgabe Nr. 6 – Seyfettin Günder kommentiert

Apotheken-News: Kommentar von heute

Wenn Gerichtssprache zu Marktlogik wird, Logos mehr zählen als Leistung und Versorgung zur Geduldsprobe für Betroffene verkommt

Der Bundesgerichtshof urteilt rückwärts, aber der Markt reagiert vorwärts – und zwar rücksichtslos. Was in Karlsruhe als juristische Klärung eines zurückliegenden Sachverhalts zur arzneimittelrechtlichen Preisbindung beschlossen wurde, wirkt heute wie ein regulatorisches Eigentor. Die Entscheidung, die EU-ausländischen Versendern rückwirkend Boni erlaubt, obwohl die sozialrechtliche Bindung längst gilt, verschiebt die Wahrnehmung: Nicht die Gültigkeit von Recht wird gestärkt, sondern die Erschütterbarkeit von Ordnung sichtbar. Dass Redcare daraus sofort eine strategische Rabattoffensive ableitet, belegt, dass Gerichtsurteile längst zur Kulisse ökonomischer Markenführung geworden sind.

dm wiederum zeigt, wie man diese Kulisse nutzen kann, ohne juristisch im Rampenlicht zu stehen: Mit internem Testversand, Logoentwicklung und einer Kommunikationsstrategie, die auf Reichweite statt Rechtssicherheit setzt, bereitet sich die Drogeriekette auf den Einstieg in den Arzneimittelmarkt vor. Nicht als Dienstleistung, sondern als Systemverschiebung – denn wer einmal die Plattform hat, braucht keine Apotheke mehr, sondern nur noch ein Login.

Dass der DAV inmitten dieser tektonischen Marktverschiebungen Andrea König zur Patientenbeauftragten ernennt, ist klug und notwendig – aber nicht ausreichend. König ist keine Marketingfigur, sondern Versorgungsstimme. Doch ihre Wirkung wird sich daran messen lassen müssen, ob sie nicht nur Patientensicht stärkt, sondern auch Systemverantwortung benennt. In einem Umfeld, in dem Marken das Gesundheitsverständnis prägen, braucht es Worte, die Haltung nicht nur behaupten, sondern übersetzen.

Übersetzung ist auch das, was der G-BA nun leisten musste: Die Anerkennung der Liposuktion bei Lipödem als Kassenleistung in allen Stadien ist überfällig – und dennoch mit Hürden gespickt. Wer zwischen BMI 32 und 35 liegt, wer die Waist-to-Height-Grenzwerte kennt, wer sich sechs Monate konservativ behandeln ließ, darf hoffen. Alle anderen müssen weiter kämpfen. Die Lebensrealität vieler Patientinnen bleibt bürokratisiert – trotz richtiger Grundsatzentscheidung.

Die Parallelen zum Urteil des OLG Braunschweig sind frappierend: Auch hier wird Recht formal korrekt, aber real gefährlich ausgelegt. Wer über Fristen informiert, muss nicht mehr erklären, was bei Versäumnis passiert – sagt das Gericht. Was als Verwaltungslogik beginnt, endet als Vertrauensbruch. Nicht nur für Versicherte. Auch für Apothekeninhaber, die sich auf Schutz verlassen wollen und am Ende auf Fristen starren, die niemand richtig deutet.

Gleichzeitig zeigt das Urlaubsrecht, wie tief sich dieses Prinzip durchzieht: Wer nicht nachweislich zur Urlaubsnahme auffordert, verliert jede rechtliche Sicherheit über Verfall – und riskiert Rückforderungen bei Kündigung, Krankheit oder Elternzeit. Es geht längst nicht mehr nur um Paragraphen, sondern um eine Struktur, die Rechenschaft statt Klarheit verlangt.

Und als wäre das nicht genug, verschieben auch Medien zunehmend die Deutungshoheit: Das Medienhaus Nius, gelenkt von CGM-Gründer Gotthardt und rhetorisch aufgeladen durch Julian Reichelt, nutzt das Thema Arzneimittelpreisbindung nicht zur Aufklärung, sondern zur Rahmensetzung. Plattformrhetorik ersetzt Gesundheitspolitik – das eigentliche Problem wird nicht erklärt, sondern instrumentalisiert.

Dabei bräuchte es gerade hier Differenzierung. Eine neue Metaanalyse zum Absetzen von Antidepressiva zeigt: Die Symptome sind in den meisten Fällen mild und temporär. Doch die Angst, die Debatten, die digitalen Panikmechanismen bleiben. Apotheken könnten hier aufklären – wenn sie gefragt würden. Doch sie werden zunehmend ersetzt, verdrängt, vergessen. Von Apps, Foren, Plattformversprechen.

Was also bleibt, ist kein Kommentar, sondern eine Verpflichtung zur Strukturkritik: Wenn Gerichte nicht mehr schützen, wenn Plattformen Versorgung definieren, wenn Sprache zur Marktstrategie wird, dann braucht es einen Ort, der all das in Beziehung setzt. Einen Ort, der Haltung hat – nicht im Slogan, sondern im System.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

SG

Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs

Kontakt: sg@aporisk.de

 

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

 

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