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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken-News der Woche
Der Stillstand beim Rx-Fixum markiert eine gefährliche Leerstelle im Verhältnis zwischen Politik und Apotheken – ein Zustand, der nicht nur symbolische Sprengkraft besitzt, sondern auch das Vertrauen in eine verlässliche Reformbereitschaft untergräbt. Während auf Bundesebene Schweigen dominiert, entfalten Kammern wie die in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder Brandenburg zunehmend konstruktive Kraft: Sie denken Notdienstmodelle neu, mahnen Preisetiketten für Zusatzleistungen an und fordern Ausbildungsperspektiven ein. Zugleich positionieren sich Akteure wie die Bundesapothekerkammer neu, um im berufspolitischen Machtgefüge der ABDA sichtbarer zu werden. Die Debatte um medizinisches Cannabis bringt die Verantwortungslücke digitaler Verschreibungsplattformen ebenso ans Licht wie die Dringlichkeit gesetzlicher Nachschärfung, während der Ruf nach Katastrophenschutz in Apotheken zeigt, dass Versorgung nicht auf Wetterlage hoffen darf. Inmitten dieses Spannungsfeldes entfaltet sich eine neue Perspektive: Apotheken als digitalisierte Versorgungseinheiten mit strategischem Gestaltungsanspruch – sofern Reformimpulse nicht erneut im politischen Vakuum verpuffen.
Apotheken warten, Kammern drängen, Politik laviert
Warum das Rx-Fixum stagniert, welche Gipfel Hoffnung machen und wie „Pharmacy First“ zum Symbol einer Reformvision wird
Die neue Bundesregierung ist im Amt, der Koalitionsvertrag liegt vor – und doch bewegt sich in der Apothekenpolitik nichts. Das auf 9,50 Euro erhöhte Fixum für rezeptpflichtige Arzneimittel wäre mit einem einfachen Verordnungsschritt umsetzbar, ohne parlamentarisches Verfahren, ohne politischen Kraftakt. Trotzdem passiert: nichts. Was als symbolischer Einstieg in eine echte Reform hätte dienen können, verkommt zum Stillstandssignal – ein Zeichen politischer Lähmung, das weder Vertrauen schafft noch Perspektiven eröffnet. Dass der Apothekensektor damit im Niemandsland zwischen Koalitionsrhetorik und realpolitischer Prioritätenliste versackt, kommentierte jüngst auch die Berliner Kammerpräsidentin Ina Lucas mit nüchterner Deutlichkeit: Vor der Sommerpause werde mit keiner Bewegung mehr zu rechnen sein.
Diese Einschätzung basiert auf der internen Analyse der Abda, namentlich vertreten durch Ralf Denda, der die Stabsstelle für politische Strategie leitet. Und sie fügt sich ein in ein größeres Bild: Die Apothekenreform, einst als Zukunftspaket mit Breitenwirkung angekündigt, ist in der Versenkung verschwunden – zumindest auf Bundesebene. Doch während das Bundesgesundheitsministerium andere Agenden verfolgt, formiert sich in den Ländern Widerstand gegen das Abwarten. Lucas selbst hat im Dialog mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner vorsondiert – mit dem überraschenden Ergebnis, dass dieser einem Berliner Apothekengipfel offen gegenübersteht. Ein solcher Gipfel, analog zum Modell aus Bayern, wo Gesundheitsministerin Judith Gerlach ähnliche Impulse setzt, könnte zum Kristallisationspunkt für eine neue Reformlogik werden: dezentral, praxisnah, strategisch.
Dabei geht es nicht mehr nur um Honorarfragen, sondern um eine strukturelle Neudefinition des apothekerlichen Auftrags. Derzeit arbeitet die Berliner Kammer an einem Antrag für den Deutschen Apothekertag, der unter dem programmatischen Stichwort „Pharmacy First“ firmiert. Die Stoßrichtung ist klar: Apotheken sollen in Zukunft mehr Verantwortung bei der Versorgung chronisch Kranker übernehmen können – konkret etwa durch erleichterte Wiederholungsverordnungen bei Dauermedikation. Ein solcher Paradigmenwechsel würde nicht nur die Versorgung stabilisieren, sondern auch ärztliche Ressourcen entlasten. Die politische Botschaft dahinter: Apotheken sind keine Nebendarsteller im System, sondern tragende Versorgungsakteure, deren Leistungsfähigkeit zur Entfaltung gebracht werden muss.
Gleichzeitig steht die Branche unter Druck: Die strukturelle Belastung durch Inflation, Personalmangel und Digitalisierungsdysfunktionalitäten wächst, während politisches Handeln auf sich warten lässt. Dass die Apothekerkammern nun selbst Reformpfade skizzieren und Kooperationsräume ausloten, ist deshalb kein Trotz, sondern pragmatische Selbstbehauptung. Die Visionen von „Pharmacy First“, Notdienstreform und regionalem Katastrophenschutz laufen dabei zusammen in ein Szenario, das die Apotheken neu denken lässt – als koordinierende, vernetzte und digital handlungsfähige Gesundheitsknotenpunkte. Es sind diese Ansätze, die ein Apothekengipfel sichtbar machen könnte – wenn er denn stattfindet, wenn er denn gehört wird.
Während Berlin, Bayern, Brandenburg und Hessen die Initiative ergreifen, bleibt abzuwarten, ob die Abda diese Dynamik strategisch einbettet. Denn der Reformauftrag ist nicht nur ein Ruf nach Geld – sondern nach Struktur, Anerkennung und Verantwortungsfreiraum. Der politische Reflex des Bundes, komplexe Themen wie Apothekenversorgung aufzuschieben, offenbart ein Risiko: Die Reform kommt – aber nicht von oben. Sie kommt von unten, dezentral, mit Vision, aber ohne bundespolitische Führung. In einer solchen Lage sind die Apotheken mehr denn je auf strukturelle Eigenverantwortung, Kammermut und Bündnisfähigkeit angewiesen. Vielleicht ist das kein Nachteil. Aber es ist ein Weckruf.
Sanierung trägt Früchte, Software wird Kern, Marktführung bleibt Anspruch
Wie Noventi 2024 wieder profitabel wird, interne Altlasten abbaut und die Branchenstrategie neu ausrichtet
Die Rückkehr in die schwarzen Zahlen ist für Noventi mehr als ein bilanzieller Erfolg – sie markiert das vorläufige Ende einer strukturellen Selbstprüfung, die das Unternehmen seit 2022 durchlebt hat. Damals begann ein tiefgreifender Sanierungsprozess, der nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze kostete, sondern auch das technologische Portfolio drastisch verschlankte. Drei Softwarelinien wurden konsequent eingestellt, um das Unternehmen auf seine profitabelsten Kernbereiche zu konzentrieren: Rezeptabrechnung und Apothekensoftware. Vorstandsvorsitzender Mark Böhm, der den Sanierungskurs energisch vorantrieb, sieht in der nun veröffentlichten Bilanz für 2024 die Bestätigung des eingeschlagenen Wegs. Im Jahr des 125-jährigen Bestehens zeigt sich: Noventi ist zurück in der Gewinnzone – und will dort bleiben.
Die Neuaufstellung ging nicht ohne Schmerzen, aber offenbar mit Weitblick über die Bühne. Denn der traditionsreiche IT-Dienstleister der Gesundheitsbranche stand noch 2021 unter starkem Druck: steigende Betriebskosten, technische Komplexität, Marktverwerfungen durch die Digitalisierung, ein veralteter Softwarepark und mangelnde Fokussierung auf die zukunftsfähigsten Geschäftsfelder. Die Antwort der damaligen Führung: Schrumpfen, um zu wachsen. Der Rückzug auf das Fundament – sprich: Rezeptabrechnung und Warenwirtschaftssysteme – sollte nicht bloß Kosten senken, sondern auch jene Marktsegmente stärken, in denen Noventi bereits als relevanter Qualitätsanbieter galt. Besonders im Apothekenmarkt ist diese Positionierung entscheidend, da mit jeder E-Rezept-Stufe neue Wettbewerber drängen.
Heute präsentiert sich das Unternehmen stabilisiert, aber nicht selbstzufrieden. Böhm betont, Noventi wolle „nicht nur weiterhin Qualitätsführer in der Rezeptabrechnung bleiben“, sondern auch bei Warenwirtschaft und Softwarelösungen eine Führungsrolle einnehmen. Dieses Ziel sei jedoch nicht mit bloßer Marktpräsenz zu erreichen, sondern setze eine neue Generation digitaler Produkte voraus. Der Fokus liegt daher auf nachhaltigem Wachstum mit modularen, skalierbaren Lösungen – etwa für hybride Versorgungsmodelle, sichere Abrechnungsservices und zunehmend KI-gestützte Prozesse in Apotheken und Arztpraxen.
Dass das traditionsreiche Unternehmen diesen Weg im Jubiläumsjahr 2024 eingeschlagen hat, ist dabei nicht nur symbolisch bedeutsam. Noventi nutzt die runde Zahl, um das eigene Profil als Zukunftsanbieter zu schärfen – mit modernisiertem Selbstverständnis, klarer Markenführung und einem betont lösungsorientierten Blick auf die Herausforderungen im Apotheken- und Gesundheitswesen. Hinter den Kulissen wird weiter restrukturiert, insbesondere im Hinblick auf Unternehmensbeteiligungen und Prozessdigitalisierung. Auch der Personalumbau wird fortgesetzt, jedoch mit dem Ziel, Fachwissen zu halten und gleichzeitig neue digitale Kompetenzen aufzubauen. Für viele Apotheken dürfte das ein wichtiges Signal sein: Der zentrale IT-Partner hat sich neu erfunden – und will im verschärften Marktumfeld nicht nur mithalten, sondern wieder Maßstab setzen.
Cannabisverordnung zurück zum Arzt, Plattformgeschäft unter Druck, Versorgungssicherheit auf dem Prüfstand
Warum Gesundheitsminister Philippi und Apothekerkammerpräsidentin Burs einen Kurswechsel fordern, was die Bundesregierung blockiert und wie Apotheken zwischen Verantwortung und Missbrauchsschutz stehen
Die Debatte über medizinisches Cannabis gewinnt erneut an Brisanz – nicht nur wegen zunehmender Missbrauchsgefahren, sondern vor allem wegen eines regulatorischen Vakuums, das durch die Legalisierungswelle und das Aufblühen digitaler Verschreibungsplattformen entstanden ist. Besonders der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) bringt nun klar auf den Punkt, was viele Fachleute, Apotheker und Ärztinnen gleichermaßen umtreibt: Die niederschwellige Verfügbarkeit von Cannabisblüten über Online-Plattformen untergräbt aus seiner Sicht das medizinische Fundament der Verordnungspraxis. In einem Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ erklärte Philippi, er erwarte von der Bundesregierung, dass die Verschreibung von Cannabis künftig wieder zwingend an eine persönliche ärztliche Erstkonsultation geknüpft werde. Die klare Botschaft: Fernverordnungen ohne tatsächliche ärztliche Untersuchung sind mit einer verantwortungsvollen Gesundheitsversorgung nicht vereinbar.
Rückendeckung erhält Philippi aus der pharmazeutischen Selbstverwaltung. Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, geht sogar noch weiter: Sie fordert, medizinisches Cannabis wieder als Betäubungsmittel einzustufen – mit allen damit verbundenen Dokumentations- und Abgabepflichten. Burs sieht eine gefährliche Entwicklung, bei der Apotheken in die Rolle einer reinen Ausgabestelle gedrängt würden, ohne dass die notwendige ärztliche und rechtliche Kontrolle im Vorfeld stattfinde. Gerade im Spannungsfeld zwischen therapeutischer Nutzung und Freizeitkonsum drohe eine Verwischung der Grenzen, die sowohl dem Versorgungsauftrag als auch der öffentlichen Glaubwürdigkeit schade.
Hintergrund der Forderungen ist die wachsende Zahl von Cannabisrezepten, die über Onlineplattformen wie Telemedizinportale oder Cannabis-Start-ups generiert werden – häufig ohne eine belastbare Diagnose, meist durch formalisierte Fragebögen oder Videocalls mit Ärztinnen und Ärzten, die Patient:innen nie persönlich sehen. Für Apotheken stellt das nicht nur ein ethisches Dilemma dar, sondern auch ein haftungsrechtliches: Die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Abgabe liegt letztlich bei ihnen – auch dann, wenn die Verschreibung auf einem zweifelhaften Weg zustande kam.
Hinzu kommt, dass die rechtliche Sonderstellung von Cannabis seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes im April 2024 ein regulatorisches Niemandsland geschaffen hat. Anders als klassische BtM sind Cannabisblüten nun weder vollständig unter das BtMG gefasst noch mit klar definierten Sanktionsmechanismen versehen. Diese Grauzone nutzen spezialisierte Plattformanbieter, um ein Geschäftsmodell zu etablieren, das Apotheken und Versorgungseinrichtungen zunehmend überfordert. Das erklärte Ziel vieler Anbieter: eine möglichst unkomplizierte und schnelle Belieferung auf Basis digitaler Rezepte, mit geringer Schwelle und hohem Absatzvolumen – ein System, das mit medizinischer Indikation oft nur noch am Rande zu tun hat.
Die Kritik aus Niedersachsen ist daher nicht isoliert zu betrachten, sondern Teil eines sich formierenden bundesweiten Drucks. Auch andere Landesregierungen, ärztliche Berufsverbände und Vertreter der pharmazeutischen Standespolitik fordern ein Zurück zu klaren Standards: Wer Cannabis medizinisch nutzen will, muss sich einer echten ärztlichen Abklärung stellen – nicht einem Algorithmus oder einem standardisierten Videocall. Es geht nicht nur um Sicherheit, sondern um die Glaubwürdigkeit des gesamten Konzepts „medizinisches Cannabis“.
Was bislang jedoch fehlt, ist eine politische Antwort auf Bundesebene. Trotz mehrerer Ankündigungen hat das Bundesgesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD) bislang keine belastbare Nachsteuerung angekündigt. Weder zur Frage der persönlichen Erstkonsultation noch zu einer möglichen Wiedereinstufung als BtM liegt ein Gesetzentwurf vor. Das Cannabisgesetz bleibt damit ein politisches Hybridwesen – zwischen Entkriminalisierung, Marktöffnung und medizinischer Versorgung ohne feste Leitplanken. Für die Apotheken bedeutet das: Unsicherheit im Tagesgeschäft, fehlende Klarheit bei der Rezeptvalidierung und eine zunehmende Belastung in der Verantwortungskette.
Dabei ist klar: Wer die Apotheken stärken und ihre Rolle in der Arzneimittelversorgung sichern will, muss auch verhindern, dass sie zum bloßen Erfüllungsgehilfen einer digitalisierten Verschreibungsindustrie werden. Eine Cannabisverordnung gehört – wie jede andere medizinische Therapie – in die Hände von Ärztinnen und Ärzten, die ihre Patient:innen persönlich kennen, untersuchen und beraten können. Alles andere gefährdet nicht nur die Patientensicherheit, sondern beschädigt langfristig das Vertrauen in ein heilberufliches System, das Verantwortung vor Geschwindigkeit stellen sollte.
Visionen zulassen, Chancen erkennen, Apotheke neu denken
Wie digitale Stärke, systemische Engpässe und Megatrends neue Perspektiven für die Rolle der Apotheke schaffen
Während in der politischen Debatte rund um die Apothekenversorgung häufig Krisenszenarien dominieren, lohnt es sich, den Blick auch auf die konstruktiven Spielräume zu lenken, die sich aus den aktuellen systemischen Verschiebungen ergeben. Die Apotheke der Zukunft ist nicht zwangsläufig eine Institution im Rückzug, sondern kann sich – bei konsequenter strategischer Neuorientierung – als hochdigitalisierter, integrativer Versorgungspunkt profilieren, der zentrale Funktionen im Gesundheitswesen übernimmt. Ausgangspunkt ist dabei eine Tatsache, die im öffentlichen Diskurs oft übersehen wird: Apotheken gehören zu den am stärksten digitalisierten Handelssektoren Deutschlands. Kaum ein anderer Bereich hat Prozesse wie Warenwirtschaft, Rezeptabrechnung, Patientenverwaltung und Logistik in vergleichbarer Tiefe automatisiert. Diese technologische Reife eröffnet substanzielle Effizienzreserven – insbesondere, wenn es gelingt, sie mit neuen Rollenbildern zu verknüpfen.
Vier strukturelle Megatrends sind dabei prägend: der demografische Wandel mit einer älter werdenden, multimorbiden Bevölkerung, die Landflucht und die damit einhergehende Entvölkerung weiter Regionen, die Digitalisierung medizinischer Leistungen und schließlich ein erweiterter Gesundheitsbegriff, der über akute Heilung hinausgeht und Prävention, Lebensqualität und Langzeitmanagement umfasst. Jede dieser Entwicklungen stellt für sich genommen eine Herausforderung dar – zusammengenommen erzeugen sie jedoch auch einen neuen Bedarf an dezentraler, niedrigschwelliger und verlässlicher Versorgungskompetenz. Hier können Apotheken punkten: als sichere Anlaufstellen, als Vermittler zwischen ärztlicher Expertise und Patientenrealität, als Lotsen durch komplexe Therapiepläne, aber auch als kulturell verankerte Gesundheitsorte, die Vertrauen stiften und Präsenz garantieren.
Ein oft beklagter Strukturwandel – wie der Rückgang der Zahl ärztlicher Fachkräfte – kann in diesem Szenario sogar zur Aufwertung der Apotheke führen. Denn je knapper ärztliche Zuwendung wird, desto bedeutsamer werden Beratung, Medikationsanalyse und Therapieerläuterung durch pharmazeutisches Fachpersonal. Was in der Vergangenheit vielfach als „unterwertige Dienstleistung“ wahrgenommen wurde, kann in Zukunft zur Kernfunktion werden: Die Apotheke als Gesundheitsübersetzerin in einem überlasteten System. Das eröffnet nicht nur eine neue Form interprofessioneller Zusammenarbeit, sondern könnte auch die wirtschaftliche Grundlage der Apotheken stärken – etwa durch eine echte Honorierung kognitiver Leistungen, durch koordinierte Versorgungspfade oder durch eine stärkere Einbindung in die Primärversorgung.
Dabei ist es entscheidend, das Apothekenbild nicht im Mangeldenken zu verengen, sondern strategisch weiterzuentwickeln. Statt die Apotheke primär als defizitäre Betriebsform unter Kostendruck zu sehen, muss sie als aktiver Partner in einem sich neu strukturierenden Gesundheitswesen gedacht werden – und zwar nicht nur im urbanen Zentrum, sondern gerade auch dort, wo sonst niemand mehr hinkommt. Die klassische Versorgungslücke wird so zum Transformationsanlass, die therapeutische Komplexität zum Legitimitätsargument, der Fachkräftemangel zum Hebel für mehr pharmazeutische Verantwortung. Entscheidend ist, dass diese Potenziale nicht allein in Strategiepapieren oder Appellen verharren, sondern konkret in politische Entscheidungen, Honorarsysteme und Versorgungsmodelle überführt werden.
Eine solche Vision verlangt allerdings auch Veränderungsbereitschaft von der Berufsgruppe selbst: Die Apotheke der Zukunft wird stärker beratungszentriert, digital abgestützt, interdisziplinär vernetzt und wirtschaftlich hybrider sein. Sie wird neue Kompetenzen aufbauen müssen – von IT bis Gesprächsführung –, aber zugleich alte Stärken neu einbringen: ihre Ortsnähe, ihr Vertrauenskapital, ihre Alltagstauglichkeit. Wer diesen Wandel als Chance begreift, hat die Möglichkeit, aus der derzeitigen Transformationsphase nicht nur intakt, sondern gestärkt hervorzugehen.
Katastrophen kennen keinen Apothekenrand, Versorgung kennt kein Warten, Verantwortung kennt keinen Feierabend
Warum Notfallpläne für Apotheken nicht nur Pflicht, sondern Überlebensprinzip sind – und wieso die Standespolitik schneller denken muss als die Lage eskaliert
Dass der Präsident der Landesapothekerkammer Hessen, Christian Ude, in einer Delegiertenversammlung das „unschönste Thema“ zur Sprache bringt, zeugt von Weitblick – und von Mut. Denn was in der politischen und standesinternen Kommunikation allzu oft verdrängt wird, steht im Ernstfall nicht zur Debatte, sondern vor der Tür: der Katastrophenfall. Ob Blackout, Cyberangriff, Überschwemmung oder militärischer Konflikt – die Szenarien, so unvorstellbar sie erscheinen mögen, verlangen nicht erst im Eintrittsfall eine Antwort. Sie verlangen sie jetzt.
Die Apotheken sind dabei nicht irgendein Teil der kritischen Infrastruktur – sie sind in vielen Regionen deren letzte verlässliche Schaltstelle. Wenn Stromnetze zusammenbrechen, Kommunikationssysteme versagen und Lieferketten implodieren, bleiben Apothekerinnen und Apotheker häufig die letzten Ansprechpartner mit Arzneimitteln, Know-how und menschlicher Stabilität. Doch wie viele Apotheken haben einen Notfallplan? Wie viele verfügen über Kurierreserven, alternative Kommunikationswege, Partnerstrukturen mit Rettungsdiensten oder eine analoge Backup-Dokumentation? Die Antwort ist häufig ernüchternd – weil es keine verbindlichen Anforderungen gibt und weil die politischen Rahmenbedingungen bislang nur rudimentär auf Resilienz setzen.
Christian Udes Wortmeldung war daher mehr als ein Weckruf. Sie war ein strategischer Vorstoß, das Thema in die Mitte der berufsständischen Verantwortung zu rücken. Es geht nicht darum, Panik zu säen, sondern Szenarien durchzudenken, bevor sie Wirklichkeit werden. Nicht morgen soll eine Rakete in Frankfurt einschlagen, aber morgen könnte ein Umspannwerk brennen, ein Serverzentrum ausfallen oder ein Hochwasser Apotheken fluten. Und was dann?
Die Abda wäre gut beraten, das Thema Katastrophenschutz nicht länger als Randnotiz der Standespolitik zu behandeln. Denn Resilienz ist keine Zusatzaufgabe, sie ist der neue Grundauftrag. Gerade in Zeiten, in denen viele Apotheken mit Personalengpässen, finanziellen Sorgen und politischen Hängepartien ringen, braucht es systemisch gedachte Stützstrukturen, nicht nur für den Alltag, sondern für die Stunde null. Dass es dabei nicht um martialische Katastrophenfantasien geht, sondern um nüchterne Versorgungssicherung, unterstreicht Ude mit seiner klugen Relativierung. Die Aufgabe besteht nicht in der Furcht vor dem Schlimmsten, sondern in der Vorbereitung auf das Nötigste.
Dazu zählt auch, die eigene Rolle als koordinierende Einheit im regionalen Versorgungsnetzwerk zu definieren. Wie kommuniziert eine Apotheke im Ausfall des Mobilnetzes? Welche Arzneien werden bei Stromausfall vorrangig benötigt? Welche Standards gelten im Austausch mit Hausärzten, Pflegeeinrichtungen und Behörden? Fragen, die bislang auf Kammer- und Verbandsebene zu selten mit der nötigen Tiefe gestellt wurden.
Dass Hessen nun vorangeht, ist ein ermutigendes Zeichen – und ein impliziter Appell an andere Kammern, insbesondere aber an die Bundesebene. Denn wer Verantwortung in der Fläche fordert, muss Führung in der Strategie zeigen. Der Schutzauftrag der Apotheken endet nicht an der Ladentür, sondern beginnt dort – gerade dann, wenn andere Systeme versagen. Wenn also die Abda jetzt nicht reagiert, wird sie im Ernstfall Teil des Problems statt Teil der Lösung sein. Christian Ude hat das verstanden. Die Standespolitik täte gut daran, ihm nicht nur zuzuhören, sondern zu folgen.
Politik öffnet Türen, Apotheken denken neu, Erinnerung fordert Haltung
Wertschätzung durch Bundesebene wächst, Botendienstmodelle werden neu verhandelt, Overwienings Berufspolitik bleibt Maßstab
Die Apothekerkammer Schleswig-Holstein blickt mit vorsichtiger Zuversicht auf die politische Großwetterlage im Bund: Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen erkennt in Berlin erstmals seit Jahren wieder ein Klima ernsthafter Auseinandersetzung mit den realen Herausforderungen öffentlicher Apotheken. In einem Ton, der von Wertschätzung getragen ist, aber auch mit einer Reformbereitschaft verbunden scheint, sieht Christiansen Anzeichen dafür, dass die politische Klasse gewillt ist, der Apothekerschaft nicht nur finanziell, sondern auch strukturell neue Perspektiven zu eröffnen. Doch seine Zuversicht ist doppelt kodiert: Sie enthält sowohl ein Lob für den beginnenden Dialog – wie er unter Lauterbach kaum möglich war – als auch eine leise Warnung, dass Wertschätzung allein keine Versorgung sichert, wenn letztlich nicht auch strukturelle Verantwortung und ausreichende Mittel bereitgestellt werden. Die entscheidende Frage, so Christiansen, sei weniger das Geld selbst, sondern die Bereitschaft, den Apotheken neue heilberufliche Rollen zuzugestehen – eine Forderung, die vor allem von der Ärzteschaft mit spürbarem Argwohn begleitet werde.
Diese neue Verantwortung könnte auch neue Versorgungsformate erfordern, wie ein zweites Schwerpunktthema der Kammerversammlung zeigte: die rechtliche und strukturelle Bewertung sogenannter Terminallösungen im Einzelhandel. Einige Apotheken mit Versandhandelserlaubnis haben damit begonnen, im Umfeld von Supermärkten Terminals aufzustellen, an denen Patienten ihre Rezepte einwerfen oder Medikamente abholen können. Die rechtliche Zulässigkeit sei laut aktueller Rechtsprechung zwar grundsätzlich gegeben, doch bestehen Zweifel, ob der Betrieb einer Telematik-Komponente außerhalb der geschützten Apothekenumgebung mit der Sicherheitslogik des Systems vereinbar ist. Statt Einzelinitiativen schlug man auf der Kammerversammlung daher vor, über neue Modelle kollektiver Verantwortung nachzudenken – etwa in Form eines gemeinschaftlich betriebenen Botendienst-Terminals durch mehrere regionale Apotheken. Ein innovativer Gedanke, der jedoch nicht nur technischen und rechtlichen Reformbedarf voraussetzt, sondern auch eine bislang selten gelebte Kooperationsbereitschaft zwischen lokal konkurrierenden Betrieben.
Dass politische Führung im Apothekerwesen noch immer Emotionen auslöst, zeigte sich schließlich auch in Christiansens expliziter Würdigung der abgewählten ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Deren Berufspolitik, so Christiansen, habe Maßstäbe gesetzt, und der Koalitionsvertrag der Ampel zur Apothekenpolitik trage in jedem Buchstaben ihre Handschrift. Ihre Abwahl sei Ausdruck einer „innerberuflichen Selbstverunsicherung“ und belege, wie dünn der Rückhalt für exponierte Führungspersönlichkeiten in der Apothekerschaft geworden sei. Christiansens Worte sind dabei weniger bloße Nostalgie als ein Aufruf, sich wieder stärker auf langfristige Strategien und personelle Kontinuität einzulassen – in einem Berufsstand, der sich oft genug selbst im Weg steht. Gerade in Zeiten, in denen neue Spielräume entstehen und alte Koordinaten neu verhandelt werden, könnte ein solches Rückgrat über die politische Wirksamkeit der Apothekerschaft entscheiden.
BAK will Versorgung stärken, Berufspolitik gestalten, Stand innerhalb der Abda schärfen
Von der Klausurtagung zur Rollenklärung – wie sich die Bundesapothekerkammer strategisch neu positionieren und politisch sichtbar machen will
Die Bundesapothekerkammer (BAK) will mehr – mehr Einfluss, mehr Struktur, mehr Profil. Das wurde bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg deutlich, als Kammerpräsident Holger Gnekow gemeinsam mit Stephanie Tiede, frisch gewähltes Vorstandsmitglied der BAK, aus der jüngsten Klausurtagung in Berlin berichtete. Demnach verfolgt die BAK das klare Ziel, ihren Stellenwert innerhalb der ABDA deutlich zu erhöhen – programmatisch, strukturell, kommunikativ. Es geht um nicht weniger als eine Neuausrichtung ihrer Rolle im Gefüge der berufspolitischen Spitzenorganisation. Die BAK wolle, so Gnekow, künftig nicht nur Verwalterin und Gremienakteurin sein, sondern strategisch gestaltend wirken – in zentralen Fragen wie dem öffentlichen Leistungsversprechen der Apotheken, dem Berufsbild, der Nachwuchsgewinnung und der Sicherung des Notdienstes.
Ein konkreter Maßnahmenplan sei zwar noch nicht verabschiedet, wohl aber intern diskutiert. Die Richtung ist klar: Die BAK strebt eine sichtbare Mitgestaltung der großen Linien an. Dazu gehört auch die Klärung der eigenen Rechtsstruktur und des Selbstverständnisses – ein Punkt, der bisher eher als interne Verwaltungsfrage galt, nun aber als strategisches Leitthema neu bewertet wird. Nicht zuletzt dürfte auch die jüngste ABDA-Personalie eine Rolle spielen. Nach dem Wechsel an der Verbandsspitze wächst bei mehreren Teilorganisationen das Bedürfnis, ihr Gewicht neu zu justieren. Der Ton der Hamburger Aussprache ließ erkennen, dass man in der BAK auch die aktuelle Gemengelage innerhalb der ABDA sehr genau beobachtet – inklusive wachsender Differenzierungen zwischen Kammern und Verbänden.
Bemerkenswert ist, dass die Bundesapothekerkammer sich explizit als strategischer Mitgestalter der öffentlichen Wahrnehmung positionieren will. Das Leistungsversprechen der Apotheken gegenüber der Bevölkerung soll konkretisiert und in die politische Kommunikation eingebettet werden. Parallel dazu will man sich im Hinblick auf die anstehenden Reformen – etwa zur Apothekenstruktur, Notdienstvergütung oder Arzneimittelversorgung – proaktiv einbringen. Die bisher oft zurückhaltende Rolle der BAK könnte sich damit wandeln. Tiede sprach von einem „dringenden Bedarf an geschärfter gemeinsamer Identität“, der sowohl die Berufsbilder als auch die politische Kommunikation betreffe. Gerade in einer Phase, in der das Bild des Apothekers in der Öffentlichkeit im Wandel begriffen ist, will man offenbar nicht länger Zuschauer sein.
In internen Kreisen wird die Neupositionierung auch als Reaktion auf eine wahrgenommene Schieflage im Zusammenspiel der ABDA-Gremien verstanden. Die bisherige Gewichtung zugunsten der Verbände, etwa bei politischen Abstimmungen und Presseschwerpunkten, soll aus Sicht der BAK zumindest teilweise korrigiert werden. Ob sich diese neue Selbstverortung tatsächlich in größerer Sichtbarkeit oder gar in neuen Entscheidungsstrukturen innerhalb der ABDA niederschlägt, bleibt vorerst offen. Klar ist jedoch: Die Bundesapothekerkammer will mehr sein als ein Fachdienstleister im Hintergrund. Die Kammerversammlung in Hamburg dürfte dafür der öffentliche Auftakt gewesen sein.
Notdienst neu gedacht, Verantwortung neu verteilt, Versorgung neu ermöglicht
Wie Baden-Württemberg mit innovativen Vorschlägen die Notdienststruktur reformieren will, politische Offenheit erzeugt und neue Versorgungsmodelle anregt
Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg demonstriert derzeit auf bemerkenswerte Weise, wie aktive Standespolitik auf konstruktive Resonanz trifft – zumindest dort, wo man noch zuhört. Mit ihrem Notdienst-Positionspapier hat die LAK nicht nur zentrale strukturelle Schwächen des gegenwärtigen Bereitschaftsdienstsystems benannt, sondern auch konkrete Lösungswege aufgezeigt. Die Forderungen reichen von einer besseren finanziellen Honorierung der Notdienste über die Einführung teilweiser Dienstmodelle bis hin zu einer engmaschigeren ärztlich-apothekerlichen Kooperation. Präsident Martin Braun zeigte sich zufrieden: Die politischen Rückmeldungen seien nicht nur vorhanden, sondern durchweg positiv – ein Echo, das in heutigen Zeiten alles andere als selbstverständlich ist. Mit Nachdruck betont Braun, dass die Apothekerschaft nicht darauf warten dürfe, dass Änderungen von oben diktiert würden. Der Vorstoß sei ein Beleg dafür, wie wichtig eigeninitiatives Handeln auf Landesebene sei.
Tatsächlich offenbart der Vorstoß aus Baden-Württemberg eine strategische Doppellinie: Er adressiert die drängendsten operativen Probleme der Apotheken im Notdienstbetrieb – wie Überlastung, Personalknappheit und mangelnde Wirtschaftlichkeit – und schlägt parallel ein neues, flexibleres System vor, das auf die Versorgungsrealität reagiert. Die vorgeschlagene Einführung honorierter Teil-Notdienste etwa könnte kleinen Apotheken helfen, ohne vollständige 24-Stunden-Dienste handlungsfähig zu bleiben. Besonders praxisnah wirkt auch die Idee, chronisch kranken Patientinnen und Patienten durch ein ärztlich gekennzeichnetes Ampelsystem Rezeptverlängerungen direkt in der Apotheke zu ermöglichen – ohne erneute Verordnung, aber innerhalb klar definierter pharmazeutischer Rahmenbedingungen. Dieser Vorschlag rückt die Apotheken stärker in eine koordinierende Rolle und stärkt die sektorenübergreifende Zusammenarbeit, ohne ärztliche Autorität zu unterlaufen.
Was jedoch ebenfalls sichtbar wird: Während aus der Politik in Baden-Württemberg Zustimmung signalisiert wird, bleibt die Reaktion der ABDA-Spitze in Berlin auffallend zurückhaltend. Auch wenn dies offiziell nicht kommentiert wird, ist der Eindruck nicht zu übersehen: Die Initiative aus dem Südwesten scheint der Bundesebene in ihrer Konsequenz und Entschlossenheit zu unbequem. Dass Berlin schweigt, sollte jedoch kein Argument dafür sein, Initiativen zu unterlassen – im Gegenteil. Gerade die strukturellen Herausforderungen der Arzneimittelversorgung auf dem Land, im Nacht- und Notdienst oder im Umgang mit der ärztlichen Unterversorgung benötigen mutige Impulse von unten.
Im Kern zeigt sich: Wer als Kammer den Mut hat, realitätsnahe und differenzierte Versorgungsvorschläge zu machen, kann die politische Debatte gestalten – nicht in populistischen Losungen, sondern mit fachlich unterfütterter Reformbereitschaft. Baden-Württemberg macht damit vor, was andernorts oft fehlt: die Verbindung aus Verantwortungsübernahme, politischer Kommunikation und pragmatischer Versorgungsinnovation.
Preislogik erzwingen, Reformloyalität hinterfragen, Studienstandort realisieren
Warum neue Apothekenleistungen nur mit Vergütung tragfähig sind, wie Jens Dobbert zur Overwiening-Abwahl Stellung bezieht und Brandenburg auf einen Studienplatz wartet
Preisetiketten sind kein Luxus, sondern politische Notwehr. Das machte Jens Dobbert, Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, auf der Kammerversammlung mehr als deutlich. Wer neue Leistungen von Apotheken verlange, müsse auch sagen, wie sie honoriert werden – und nicht erst nachträglich, wie es in der Vergangenheit allzu oft der Fall war. Der Deutsche Apothekerverband müsse für jede zusätzliche Aufgabe ein Preisschild formulieren, sonst sei die nächste Enttäuschung programmiert. Dobberts Appell ist eine Abrechnung mit dem jahrzehntelangen Gewohnheitsrecht, Apotheken immer wieder in unvergütete Vorleistungen zu treiben. Die Politik hat sich daran gewöhnt, auf Kosten der Apotheken Strukturprobleme zu glätten. Doch diese Zeiten, so Dobbert, müssten ein Ende haben – und zwar unumkehrbar.
Seine Worte fallen in eine Phase, in der sich die Apothekerschaft gerade selbst neu sortiert. Die Abwahl der bisherigen ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wirft noch immer Schatten auf das kollektive Selbstverständnis. Dobbert nutzte die Gelegenheit, um der Abgewählten öffentlich Respekt zu zollen – sie habe „hervorragende Arbeit“ geleistet, sei aber offenbar zur Zielscheibe eines innerverbandlichen Machtwechsels geworden. Von einem „Denkzettel oder was auch immer“ spricht er mit spürbarer Ironie und Skepsis gegenüber dem Vorgang. Dass Nachwuchskräfte der Organisation den Führungswechsel aktiv betrieben hätten, lässt sich aus Dobberts Worten ebenso herauslesen wie sein Zweifel an einem fairen Ablauf hinter den Kulissen. Zwar betont er, dass der Wahlprozess selbst korrekt gewesen sei, aber Vertrauen lasse sich nicht nur an Regeln messen, sondern auch an Haltung. Damit stellt Dobbert eine unbequeme Frage: Was ist eine gute Amtsführung eigentlich noch wert, wenn Loyalität keine politische Währung mehr ist?
Gleichzeitig lenkte Dobbert den Blick nach vorn – auf ein Zukunftsthema, das Brandenburg seit Jahren beschäftigt: den fehlenden Pharmaziestudienstandort im eigenen Bundesland. Seit Jahren kämpft die Kammer für einen Studiengang, um dem drohenden Nachwuchsmangel aktiv zu begegnen. Und obwohl der Wunsch sogar im Koalitionsvertrag verankert ist, bleibt die Umsetzung blockiert. Keine Fortschritte, keine greifbaren Zusagen – trotz mehrerer Anläufe der Kammer. Der Traum von einer eigenen Fakultät bleibt damit ein Symbol: für politische Versprechen ohne Umsetzungsstrategie, für strukturelle Schieflagen, die regional manifest bleiben, und für ein Bundesland, das in der akademischen Arzneimittelausbildung nach wie vor ein weißer Fleck ist.
Dass all dies in Brandenburg zur Sprache kommt, ist kein Zufall. Hier treffen Apothekenthemen nicht nur auf Versorgungslücken, sondern auch auf strukturelle Leere: Apothekensterben auf dem Land, Nachwuchsdefizite, fehlende Studienplätze, wirtschaftlicher Druck durch Reformverschleppung und politische Ausweichmanöver. In dieser Gemengelage gewinnt Dobberts zentrale Botschaft an Wucht: Reformbereitschaft ist gut – aber ohne ökonomische Gegenleistung wird sie zum Selbstbetrug. Wer die Apotheken stärken will, muss Verantwortung übernehmen. Wer sie nur fordert, ohne zu geben, darf sich über den Rückzug nicht wundern.
Glosse: Vertraulichkeit wird zur Schwachstelle, QR zur Eintrittskarte, Versicherungen zum Sprachnebel
Wie Apotheken systematisch getäuscht, Risiken schulterzuckend externalisiert und Schäden mit Bürokratie beantwortet werden
Der deutsche Bürokratieapparat hat viele Talente – und eines davon ist die Fähigkeit, selbst Täuschung mit offizieller Post zu kaschieren. Wenn ein Schreiben im Apothekenbriefkasten landet, wohlformuliert, gestempelt, mit QR-Code und Betreffzeile wie „Systemkompatibilitätsabfrage gemäß § 37 ApBetV“, dann fragt niemand: „Wer schickt mir das?“ – sondern nur: „Habe ich die Frist schon überschritten?“
Und genau hier beginnt der operative Erfolg des Quishings: Nicht weil die Täter besonders clever wären, sondern weil das System selbst zur Einladung wird. Der Mix aus Behördenoptik, digitalem Scheinprozess und betrieblichem Pflichtgefühl erzeugt genau das, was jeder Angriff braucht: willige Opfer mit dem Gefühl, sie hätten gar keine Wahl. Das ist keine Sicherheitslücke – das ist eine Vertrauenstradition mit Zwangscharakter.
Was danach passiert, ist schnell erzählt. Daten werden eingegeben, weil man gelernt hat, Formulare ernst zu nehmen. TANs werden bestätigt, weil der Text das Wort „Verifizierung“ enthält. Und als das Konto dann leer ist, beginnt der große Reigen der Schuldvermeidung. Die Bank verweist auf die Kundensorgfaltspflicht. Die Versicherung auf den Ausschluss analoger Täuschung. Die Apotheke auf den Mangel an Aufklärung. Und der Täter auf sein ausgebuchtes Konto auf den Cayman Islands.
Interessant wird es bei den Versicherern. Denn dort hat sich mittlerweile eine Kunstform etabliert, die zwischen Absicherung und Ausweichverhalten changiert wie eine Nebelmaschine in der Ethikabteilung. Auf die Frage, ob Quishing-Fälle gedeckt seien, folgt kein Nein – sondern ein Konjunktiv-Passiv in zwölf Absätzen. Da ist von „vertraglicher Interpretationsfreiheit“ die Rede, von „kontextualer Risikoauslegung“ und vom „Fehlen eines expliziten digitalen Manipulationsereignisses“. Kurz gesagt: Wenn der Angriff zu schlau war, war er nicht versichert.
Und so steht die Apotheke da – gescannt, beraubt, abgespeist. Mit einem neuen Formular in der Hand, diesmal von der Versicherung. Betreff: „Stellungnahme zur Obliegenheitsfrage im Rahmen der Risikoaktivierung vor Datenfreigabe“. Wer jetzt noch Nerven hat, der hat auch das falsche Berufsfeld.
Dabei wäre Prävention ganz einfach. Keine QR-Codes in Briefen akzeptieren, keine Fristen ohne Rückfrage einhalten, keine Formulare ausfüllen, die einen auffordern, sich selbst zu überführen. Doch leider ist der Apothekenalltag kein Spielfeld für Detektive. Er ist ein Dauerlauf aus Rezeptkontrolle, Lieferengpass und Rückrufmail. Und genau darin liegt die Angriffsfläche: im Funktionieren. Nicht im Scheitern.
So wird Quishing zum logischen Zwischenschritt in einer Welt, in der Vertrauen mehr zählt als Technologie und ein gutes Logo mehr Wirkung hat als eine schlechte Firewall. Wer hier überlebt, tut das nicht wegen seiner Antivirensoftware, sondern wegen seiner Skepsis. Und wer scannt, verliert – nicht weil er dumm war, sondern weil das System ihm das Denken abgewöhnt hat.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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