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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Ein einziges Medikament kann das komplette Monatsbudget einer Apotheke sprengen – diese Realität trifft immer mehr Betriebe, die sogenannte Hochpreiser bevorraten müssen, während das Zahlungsziel verzögert, der Direktbezug finanzielle Vorleistung verlangt und Retaxationen das wirtschaftliche Fundament erschüttern, doch parallel dazu setzt der EuGH ein Zeichen für mehr Sichtbarkeit und hebt das Werbeverbot für Apotheken in Polen auf, was auch digitale Plattformstrategien in Deutschland neu justieren könnte, während sich derweil die Versorgungslage durch den vorgezogenen Rückzug von Fiasp PumpCart weiter zuspitzt, eine realpolitische Dynamik entsteht beim geplanten Crack-Konsum in Drogenkonsumräumen, eine massive Unterversorgung droht durch die EU-Richtlinie KARL, die Hersteller zur Marktflucht treiben könnte, und Apotheken zusätzlich durch schleppende Anerkennungsverfahren internationaler Fachkräfte ausgebremst werden, wobei der Besuch des CDU-Politikers Rick Ulbricht in einer Zytostatika-Apotheke deutlich zeigt, wie groß die Diskrepanz zwischen politischer Theorie und pharmazeutischer Realität ist.
Zahlungsziel wird zur Zwickmühle, Vorfinanzierung zur Falle, Retaxation zum Damoklesschwert
Warum Hochpreiser Apotheken finanziell an den Rand bringen, wie Direktbezug und Liquidität kollidieren und welche Strategien jetzt den Unterschied machen
Ein einziges Medikament kann das Monatsbudget einer Apotheke sprengen – diese Realität prägt mittlerweile den Alltag vieler Inhaberinnen und Inhaber, wenn es um sogenannte Hochpreiser geht. Gemeint sind Arzneimittel mit extrem hohem Einkaufspreis, oft im fünf- bis sechsstelligen Bereich pro Packung, die meist bei chronischen oder seltenen Erkrankungen zum Einsatz kommen. Zwar ist ihre Abgabe medizinisch und pharmazeutisch gerechtfertigt – doch betriebswirtschaftlich geraten Apotheken dabei regelmäßig in eine gefährliche Schieflage.
Das Kernproblem: Hochpreiser unterliegen häufig Sondervertriebsformen. Viele Präparate sind nur direkt beim pharmazeutischen Hersteller bestellbar, mit Zahlungszielen von 30 Tagen, manchmal sogar weniger. Diese Konditionen mögen auf dem Papier überschaubar wirken, führen in der Praxis jedoch zu massiven Liquiditätsengpässen. Eine Apotheke, die etwa zwei oder drei solcher Präparate in kurzer Zeit vorfinanzieren muss, kann binnen Tagen in existenzielle Bedrängnis geraten – insbesondere, wenn gleichzeitig Retaxationen oder lange Bearbeitungszeiten bei der Kostenerstattung auftreten.
Besonders kritisch sind dabei Konstellationen, in denen der Arzt zwar regelkonform verordnet, die Kasse aber auf formalen Details beharrt. Ein fehlendes Kreuz auf dem Rezept, eine unstimmige Begründung oder eine unklare Indikation können ausreichen, damit der volle Betrag nicht erstattet wird. Im Fall von Hochpreisern bedeutet das nicht selten einen finanziellen Schaden in fünfstelliger Höhe. Gleichzeitig müssen Apotheken den Gesamtbetrag für die Arzneimittel bereits vorfinanzieren, was nicht nur die Betriebskosten gefährdet, sondern in Kombination mit anderen Faktoren – etwa hohem Personalkostenanteil oder geringen Rücklagen – zur akuten Insolvenzgefahr werden kann.
Doch die Bedrohung geht über den Einzelfall hinaus. Die strukturelle Schwächung inhabergeführter Apotheken durch Hochpreiser ist Teil eines größeren Systemversagens: Während sich Hersteller auf margenträchtige Nischen spezialisieren und Großhändler aus steuerlichen oder logistischen Gründen aus dem Vertrieb aussteigen, bleibt die finanzielle Risikoverschiebung an den Apotheken hängen. Inhaberinnen und Inhaber tragen somit Verantwortung und Risiko ohne entsprechenden Handlungsspielraum.
Einige Apotheken versuchen inzwischen, durch gezielte Vorabklärung mit den Kassen, Einholung schriftlicher Kostenzusagen oder Einsatz von Abgabedokumentationen gegenzusteuern. Doch all diese Maßnahmen sind aufwendig, binden Personal und bieten letztlich keine rechtssichere Garantie. Auch Versicherungslösungen wie Retaxschutz-Policen oder Factoringmodelle stoßen bei Hochpreisern oft an Grenzen, da die Summen selbst für spezialisierte Anbieter schwer kalkulierbar sind.
Die politischen Rahmenbedingungen verschärfen die Lage zusätzlich. Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken ist ohnehin angespannt – steigende Lohnkosten, nicht ausgeglichene Honorarerhöhungen und anhaltender Erstattungsdruck lassen kaum finanziellen Spielraum. Vor diesem Hintergrund wird jeder einzelne Hochpreiser zu einem potenziellen Risikoereignis.
Dabei sind Lösungen möglich – zumindest im Ansatz. Eine Option wäre die Einführung staatlich garantierter Rückvergütungsmechanismen bei genehmigten Hochpreiserverordnungen, ähnlich einer vorläufigen Kostendeckung. Auch die Schaffung eines zentralen Abrechnungsfonds oder eines digitalen Echtzeitgenehmigungssystems könnte Entlastung bringen. Ein solcher Mechanismus müsste allerdings gesetzlich geregelt, technisch abgesichert und haftungsfrei für die Apotheken ausgestaltet sein.
In der Zwischenzeit bleibt nur das strategische Risikomanagement auf Betriebsebene. Dazu gehört eine genaue Analyse der Deckungsbeiträge, das Aufsetzen interner Freigabeprozesse für Hochpreisrezepte und eine strikte Priorisierung von Liquiditätsreserven. Außerdem sollte die Apotheke jeden Hochpreisfall intern als Risikoposition behandeln – mit dokumentiertem Ablauf, kommunizierten Zahlungszielen und regelmäßiger Rückmeldung zur Kassenbearbeitung.
Denn klar ist: Hochpreiser sind nicht per se ein Fehler im System – wohl aber ein Symptom eines Systems, das Verantwortung verteilt, aber Risiken einseitig abwälzt. Ohne Gegensteuerung wird das Geschäftsmodell vieler Apotheken genau dort brechen, wo der Patient es am wenigsten erwartet: beim Versuch, ein dringend benötigtes Arzneimittel verfügbar zu machen.
Werbung darf wirken, Markt darf leben, Gesundheit darf sichtbar werden
Warum der EuGH das Apothekenwerbeverbot in Polen gekippt hat, was das für Deutschland bedeutet und welche Rolle digitale Plattformen künftig spielen
Wenn Apotheken in Polen bislang informieren wollten, durften sie es kaum: Öffnungszeiten, Adresse, Telefonnummer – mehr war gesetzlich nicht erlaubt. Werbung war gleichgesetzt mit Unlauterkeit, Sichtbarkeit mit Marktstörung. Doch diese medienfeindliche Regulierung ist Geschichte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem aktuellen Urteil das rigide Werbeverbot für Apotheken in Polen aufgehoben – und damit nicht nur die polnische Apothekenlandschaft grundlegend verändert, sondern ein Signal an ganz Europa gesendet. Die Richter in Luxemburg stellten klar: Die vollständige Unterdrückung jeglicher werblicher Information verletzt die unternehmerische Freiheit, die Dienstleistungsfreiheit und letztlich auch die informierte Entscheidungsfreiheit der Patientinnen und Patienten. Was sich hier juristisch kühl darstellt, entfaltet politisch und wirtschaftlich eine enorme Sprengkraft.
Denn der Fall hat es in sich: Eine Apotheke in Polen wollte auf ihrer Website über Dienstleistungen, Lieferoptionen, Medikamente und Verfügbarkeiten informieren – also genau das tun, was in vielen europäischen Ländern bereits Alltag ist. Doch polnische Behörden verboten dies mit Verweis auf das Gesetz über das Apothekenwesen. Der Fall landete über nationale Instanzen beim EuGH, der nun klar Position bezogen hat: Die rein funktionale Nennung von Adresse und Öffnungszeiten reicht nicht aus, um die Bedürfnisse der Verbraucher zu erfüllen oder der Realität eines modernen Gesundheitsmarktes gerecht zu werden. Besonders bemerkenswert ist, dass das Gericht nicht nur auf wirtschaftliche Grundfreiheiten Bezug nimmt, sondern auch die Dimension von Patientenautonomie betont: Wer Gesundheitsdienstleistungen nutzt, hat Anspruch auf relevante, vergleichbare und aktiv bereitgestellte Informationen – und die darf der Staat nicht mit pauschaler Werbeunterbindung blockieren.
Für Deutschland ist dieses Urteil weit mehr als ein bloßer Seitenblick auf ein Nachbarland. Zwar gelten hierzulande andere Rahmenbedingungen, doch gerade die Diskussion um Informationsfreiheit, Werbebeschränkungen und Markttransparenz gewinnt mit der EuGH-Entscheidung neue Relevanz. Der Konflikt zwischen heilberuflicher Integrität und wettbewerblicher Kommunikation wird in Deutschland seit Jahren ausgetragen – von der ABDA über Kammern bis hin zu Landesbehörden. Auch das Heilmittelwerbegesetz steht immer wieder in der Kritik, weil es nicht eindeutig genug unterscheidet zwischen erlaubter Patienteninformation und verbotener Werbung. Das Luxemburger Urteil bringt hier eine neue argumentative Schärfe ins Spiel, die den Gesetzgeber unter Zugzwang setzt – und gleichzeitig Plattformbetreiber wie Online-Apotheken, Vergleichsportale und Gesundheits-Apps bestärkt, die ihre Informationsangebote als Beitrag zur Versorgungsgerechtigkeit verstehen.
In der Praxis könnten sich aus dem Urteil weitreichende Folgen ergeben. Schon jetzt überlegen juristische Fachkreise, ob das Urteil über Polen hinaus auch das deutsche Berufsrecht berührt. Wenn eine vollständige Werbeuntersagung europarechtswidrig ist – wie steht es dann um restriktive Vorschriften in Deutschland, etwa zur Außendarstellung apothekenpflichtiger Dienstleistungen oder zur Bewerbung von Impfangeboten? Sind digitale Formate, die über Social Media auf Gesundheitsleistungen aufmerksam machen, noch dem Wettbewerbsrecht untergeordnet – oder längst Teil eines verfassungsrechtlich geschützten Kommunikationsraums? Und nicht zuletzt: Welche Rolle spielen künftig Plattformen wie dm oder DocMorris, die Informationsmacht mit Vertriebsmacht kombinieren und damit klassische Apotheken unter doppelten Druck setzen – wirtschaftlich wie reputativ?
Während sich auf EU-Ebene die Tür zu einer liberaleren Informationsordnung öffnet, bleiben die Risiken einer unregulierten Werbeflut keineswegs unbeachtet. Der EuGH urteilt zwar pro Informationsfreiheit, warnt aber zugleich vor gezielten Fehlinformationen, unangemessener Produktbewerbung und gesundheitsschädlichem Marketing. Eine Balance muss also gefunden werden – zwischen notwendiger Transparenz und integritätswahrender Kommunikation. Gerade deshalb ist das Urteil auch ein Weckruf für Aufsichtsbehörden: Wer den Wandel mitgestalten will, muss differenzieren – nicht pauschalisieren. Und wer den Patientenschutz ernst nimmt, darf ihn nicht durch Informationsverhinderung unterlaufen, sondern muss ihn durch klare, geprüfte und zugängliche Information stärken.
Für Apotheken bedeutet das Urteil einen strategischen Wendepunkt. Sichtbarkeit ist kein Makel mehr, sondern Voraussetzung. Wer aufklären, binden und Vertrauen schaffen will, darf nicht auf Informationsverzicht setzen, sondern muss Formate entwickeln, die rechtssicher, aber auch wirksam sind. Das erfordert neue Kompetenzen im Umgang mit Digitalität, mit Kommunikation und mit Kundenbindung jenseits klassischer Vor-Ort-Situationen. Gleichzeitig müssen Apothekerinnen und Apotheker wachsam bleiben: Wo die Tür zur Sichtbarkeit aufgestoßen wird, lauert auch die Gefahr der Kommerzialisierung. Wer sich dem entziehen will, braucht Leitplanken – aber keine Maulkörbe.
Und genau hier liegt die Aufgabe der Standespolitik: Sie muss sich neu positionieren, jenseits veralteter Verteidigungshaltungen. Es geht nicht darum, Apotheken zur Supermarktfiliale umzufunktionieren, sondern darum, ihre Rolle als niedrigschwellige, vertrauensbasierte Informationsanbieter im Gesundheitswesen zu stärken. Eine Rolle, die Sichtbarkeit braucht, um zu wirken – und Rechtssicherheit, um zu bestehen. Das Urteil des EuGH kann dabei ein Hebel sein, kein Hammer. Aber nur, wenn ihn jemand in die Hand nimmt.
Zytostatika brauchen Präzision, Apotheken brauchen Stabilität, Politik braucht Realitätssinn
Wie CDU-Vertreter in Reinräume eintreten, patientennahe Versorgung erleben und das Apothekenhonorar ins Zentrum rücken
Wenn Parteiprogramme auf Praxisalltag treffen und politische Verantwortung in der Reinraumkabine greifbar wird, dann entstehen Momente, in denen gesundheitspolitische Bekenntnisse auf eine harte Bewährungsprobe gestellt werden. Rick Ulbricht, CDU-Landtagsabgeordneter in Sachsen und Mitglied des Gesundheitsausschusses, hat sich genau dieser Konfrontation ausgesetzt: Mitten im laufenden Betrieb der Arkana Apotheke Leipzig ließ er sich nicht nur über die pharmazeutischen Abläufe der Zytostatika-Herstellung informieren – er zog den Kittel über, ging in die sterile Rezepturzone und erlebte hautnah, was es heißt, Verantwortung für die Krebstherapie von Patient:innen zu tragen.
Was Ulbricht in Leipzig sah, war keine akademische Lehrprobe, sondern pharmazeutischer Ernstfall. Die Arkana Apotheke zählt zu den hochspezialisierten Einrichtungen in der Onkologieversorgung, fertigt patientenindividuelle Infusionslösungen unter strengsten aseptischen Bedingungen und sichert damit eine Schlüsselversorgung, ohne die Krebsbehandlung oft gar nicht möglich wäre. Die Einblicke reichten von der Herstellung in der Sicherheitswerkbank über Gespräche mit Apothekenteams bis hin zur Herstellung einer Salbe im Rahmen eines Rezepturversuchs durch den Politiker selbst – inszeniert war daran nichts. Und genau diese Authentizität macht deutlich, wie sehr politische Urteile über Apothekenstrukturen auf praktischer Grundlage getroffen werden müssen.
Denn: Der wirtschaftliche Druck auf Zyto-Apotheken ist immens. Jedes patientenindividuelle Rezept ist eine Einzelanfertigung unter strengster Hygienekontrolle – aufwendig, risikobehaftet und technisch anspruchsvoll. Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen Spielräume durch Festpreise, Inflation und Lieferkettenprobleme eng begrenzt. Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes, machte das gegenüber Ulbricht deutlich: „Unsere Apotheken brauchen keine bloße Anerkennung, sondern klare Rahmenbedingungen – finanziell, strukturell, rechtlich. Die ambulante Versorgung ist kein Anhängsel des Systems, sondern dessen Fundament.“ Der Besuch war vom Verband gezielt organisiert worden, um dieser Forderung Gesicht und Substanz zu geben.
Die politischen Signale blieben nicht aus. Auf seinem Instagram-Kanal äußerte sich Ulbricht in bemerkenswerter Klarheit: Die Eindrücke hätten ihm die enorme Komplexität und Verantwortung der Zyto-Herstellung vor Augen geführt. Präzision, Hygiene und Sicherheit seien auf einem Level, das Respekt und Unterstützung verdiene. Fotos zeigen den Abgeordneten im Reinraum – statt Sitzungssaal – und vermitteln das, was viele Apotheken vermissen: politisches Zuhören mit ernsthaftem Interesse.
Nicht nur in Sachsen wurde dieser politische Realitätssinn sichtbar. Auch im westfälischen Herford zeigte sich CDU-Engagement in Apothekennähe. Dort traf Bundestagsabgeordneter Joachim Ebmeyer auf Jens Kosmiky, Inhaber einer Vor-Ort-Apotheke und Vorstandsmitglied im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL). Das Thema war akut: Apothekensterben, Bürokratieüberlastung, wirtschaftliche Schieflage. Kosmiky skizzierte deutlich die Folgen der seit Jahren unterfinanzierten Apothekenstruktur – rückläufige Betriebsergebnisse, Personalengpässe, fehlende Investitionssicherheit. Ebmeyer hörte nicht nur zu, er verwies auch auf die Regierungsabsicht, das Apothekenfixum auf 9,50 Euro anzuheben – eine Maßnahme, die im Koalitionsvertrag verankert sei und als erster Schritt zur Stabilisierung zu verstehen sei.
Doch Kosmiky machte klar: „Ein Fixum von 9,50 Euro allein wird nicht reichen, wenn wir den Berufsstand wirtschaftlich und strukturell erhalten wollen.“ Denn während die Lohnkosten steigen, Lieferengpässe zunehmen und regulatorische Anforderungen wachsen, bleibt die Vergütung pro abgegebenem Rx-Arzneimittel auf einem Stand, der kaum noch Spielraum lässt. Noch gravierender wirkt sich das bei spezialisierten Apotheken aus, etwa im Bereich Onkologie oder Hämophilie, wo Präzision, Gerätepark und Dokumentation auf Spitzenniveau sein müssen – bei stagnierender Vergütung.
Diese Spannung zwischen Leistung und Entlohnung wird auch von anderen Akteuren deutlich benannt. So forderte der Apothekerverband Sachsen eine stärkere finanzielle Differenzierung je nach Leistungsart, etwa eine gesonderte Honorierung patientenindividueller Rezepturen. Auch sei zu prüfen, wie bestimmte Leistungen – etwa Rezepturberatung, pharmazeutische Interventionen oder Versorgungskoordination bei Multimedikation – eigenständig abrechnungsfähig gemacht werden könnten. Der rein produktbezogene Vergütungsmechanismus greife bei komplexen Patientengruppen oft zu kurz.
Der politische Besuch bei Arkana in Leipzig war daher nicht nur ein Fototermin, sondern ein Signal: Wer Reformen gestalten will, muss sich der Praxis stellen. Die Herstellung von Zytostatika ist nicht digitalisierbar, nicht delegierbar und nicht verschiebbar – sie ist reale Versorgungsarbeit unter realen Bedingungen. Und genau darin liegt die politische Verpflichtung: Diese Strukturen zu schützen, nicht zu schwächen. Die Hospitation zeigt, dass es Wege gibt, Politik und Praxis in einen belastbaren Dialog zu bringen – ohne PR-Gesten, dafür mit fachlicher Tiefe und institutioneller Offenheit.
Dabei wird deutlich, dass nicht nur das Apothekenhonorar justiert werden muss, sondern auch die politischen Narrative. Apotheken sind nicht nur „Orte der Arzneiabgabe“, sondern Versorgungspartner mit Systemverantwortung. Das gilt insbesondere in der Onkologie, wo Zeit, Sicherheit und Koordination über das Behandlungsergebnis entscheiden. Dass Politiker sich dieser Realität stellen, verdient Anerkennung – dass daraus konkrete strukturelle Konsequenzen erwachsen, ist Pflicht.
Ulbrichts Besuch hat eine Wirkung: Sichtbarkeit. Ebmeyers Gespräch mit Kosmiky hat eine Wirkung: Erwartung. Doch das allein reicht nicht. Der flächendeckende Erhalt der Apotheken braucht mehr als Worte – er braucht Systemkorrektur, regulatorische Entlastung und eine Finanzierung, die Qualität sichert, nicht behindert. Die Apothekerverbände liefern die Konzepte, die Politik ist am Zug. Die Zeit der rein symbolischen Nähe ist vorbei – die Wirklichkeit der Versorgung duldet keine Verzögerung mehr.
Leere Schübe, bröckelnde Ketten, wachsender Druck
Wie KARL zur Bedrohung für Generika wird, Minister:innen Alarm schlagen und Apotheken vor dem nächsten Versorgungsbeben stehen
Die Warnung kommt spät, aber sie ist unmissverständlich: Die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder sehen die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln durch die europäische Abwasserrichtlinie KARL massiv bedroht. Was bislang als umweltpolitisches Detail durchging, hat sich im Lichte der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zur politischen Zündschnur entwickelt – und das aus gutem Grund. Denn hinter der „erweiterten Herstellerverantwortung“, die Umweltauflagen auf Produktionsrückstände ausweitet, verbirgt sich ein realer Risikohebel für den Pharmastandort Europa. Vor allem Hersteller von Generika geraten in ein wirtschaftliches Dilemma: Entweder sie stemmen immense Investitionen zur Nachrüstung ihrer Produktionslinien oder sie ziehen sich aus ganzen Märkten zurück. Für Apotheken, die ohnehin unter anhaltenden Lieferengpässen leiden, droht damit die nächste Versorgungskrise.
Die Reaktion der Industrie war vorhersehbar: Schon im Vorfeld hatte der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) vor steigenden Produktionskosten und potenziellen Marktaustritten gewarnt. Doch dass sich nun auch die Länderminister:innen einhellig gegen den vorliegenden Entwurf der EU-Richtlinie positionieren, markiert einen Wendepunkt. Der Tenor ist deutlich: Wenn die Regelungen in dieser Form umgesetzt werden, sind systemrelevante Arzneimittel gefährdet – insbesondere preisregulierte Generika, die schon heute nur noch mit minimalen Margen gehandelt werden. Die GMK spricht in ihrem Beschluss von einem „mit Sorge“ betrachteten Szenario und fordert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) explizit auf, sich auf EU-Ebene für eine Überarbeitung starkzumachen.
Für Apotheken ist das eine bekannte Spirale: Aufwändige Umstellungen in der Herstellung, ausgedünnte Produktportfolios, fehlende Alternativen – und am Ende ein Alltag voller Notlösungen. Schon heute sind Generika wie Furosemid, Metoprolol oder Amoxicillin regelmäßig nicht lieferbar. Wenn nun auch noch umweltpolitisch bedingte Produktionsstopps drohen, verschärft sich die Situation dramatisch. Die Pläne aus Brüssel sehen vor, dass Hersteller nicht nur für die Produktion, sondern auch für die Entsorgung der Arzneimittelrückstände verantwortlich gemacht werden. Das ist aus ökologischer Sicht folgerichtig – aber in der Praxis ein betriebswirtschaftlicher Kraftakt, den viele Anbieter nicht leisten können.
Dabei geht es nicht nur um Produktionsbedingungen in Europa. Viele Generika werden in Asien produziert – etwa in Indien –, wo europäische Umweltauflagen nicht unmittelbar gelten, aber den Import in die EU verteuern oder behindern könnten. Die Folge wäre eine Verlagerung der Risiken auf die Letztversorger: Apotheken, die dann zunehmend ohne Rückgriffsmöglichkeiten dastehen. Schon jetzt berichten viele Offizinen, dass sie mehr Zeit mit dem Organisieren von Ersatzpräparaten als mit pharmazeutischer Beratung verbringen. Die Aussicht auf eine weitere Eskalation ist für die Berufsgruppe schlicht unerträglich – und für Patient:innen potenziell gefährlich.
Die GMK hat diesen Ernstfall erkannt. Ihr Appell richtet sich nicht nur an das BMG, sondern implizit auch an die Europäische Kommission: Es brauche ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Umwelt-, Versorgungs- und Standortinteressen“. Eine Formulierung, die bewusst diplomatisch klingt, aber den politischen Kern trifft. Denn während die Kommission mit KARL die Umweltbelastung durch Arzneimittelrückstände verringern will, droht gleichzeitig ein Kahlschlag bei Produkten des täglichen Bedarfs – ausgerechnet dort, wo die Margen klein und die Versorgung breit aufgestellt ist. Die Umweltziele sind legitim, doch ohne flankierende Maßnahmen wie Investitionshilfen, Übergangsfristen oder eine gezielte Förderung europäischer Generikaproduktion könnten sie zum Bumerang für die Gesundheitsversorgung werden.
Insbesondere das Argument der Bürokratie zieht sich wie ein roter Faden durch die Kritik. Die Verpflichtung zur Rückstandsüberwachung, neue Meldepflichten, komplexe Nachweisführungen – all das bindet Ressourcen, die bei kleinen und mittleren Herstellern schlicht nicht vorhanden sind. Auch die Industrieverbände kritisieren, dass das Ziel einer saubereren Umwelt nicht durch regulatorische Überforderung erreicht werden kann, sondern durch gemeinsame Innovationsanstrengungen. Was fehlt, ist ein politischer Kompromiss, der den Strukturwandel fördert, ohne die Versorgungssicherheit zu opfern.
Apotheken geraten dabei erneut zwischen die Fronten. Schon jetzt klagen viele Inhaber:innen über erschöpfte Teams, zunehmende Retaxationen und immer neue bürokratische Pflichten – mit Lieferengpässen als Dauerbaustelle. Sollte KARL ohne substanzielle Nachbesserung verabschiedet werden, sind Engpasslisten, Präparate-Hopping und Notfallverordnungen künftig nicht mehr Ausnahme, sondern Routine. Damit aber wird nicht nur das Versorgungssystem beschädigt, sondern auch das Vertrauen in eine verlässliche Gesundheitsinfrastruktur.
Was bleibt, ist die Hoffnung auf politische Einsicht. Die GMK hat den Finger in die Wunde gelegt – nun ist das BMG am Zug, bevor sich die leeren Schübe in den Apotheken in eine neue Versorgungskrise verwandeln.
Duldung statt Verdrängung, Sicherheit statt Verbot, Realität statt Tabu
Warum die GMK den gemeinschaftlichen Crack-Konsum prüfen lässt, wie ein neuer §10a BtMG-Absatz wirken soll und was das für Drogenkonsumräume bedeutet
Der Druck in den urbanen Brennpunkten wächst – und die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) antwortet mit einem Schritt, der aufhorchen lässt: Die Minister:innen der Länder fordern das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den gemeinschaftlichen Konsum von Crack in Drogenkonsumräumen (DKR) rechtlich zu ermöglichen. Hintergrund ist die eskalierende Verbreitung der Substanz in deutschen Großstädten – von Frankfurt bis Berlin, von Köln bis Hamburg –, wo Crack längst zur dominierenden Szene-Droge aufgestiegen ist. Der Wunsch nach gesetzlicher Klarheit fußt auf einem pragmatischen Kalkül: Nur wer realitätsnahe Konsummuster duldet, kann drogenpolitische Hilfeangebote überhaupt zugänglich machen.
Im Zentrum der GMK-Forderung steht eine mögliche Erweiterung des §10a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Konkret geht es darum, dass Landesverordnungen künftig festlegen dürfen sollen, dass bei der gemeinschaftlichen Überlassung geringer Crack-Mengen zum unmittelbaren Verbrauch in Drogenkonsumräumen keine Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten nach §29 Abs.1 Satz 1 Nr.6b 2. Alt. erforderlich sind. Die Rechtsgrundlage für DKR – bislang auf individuellen Konsum ausgelegt – könnte damit gezielt um eine Duldungsregel ergänzt werden, die den spezifischen Bedingungen des Crack-Konsums Rechnung trägt.
Denn Crack funktioniert anders als Heroin. Die Wirkung ist ultrakurz, der Konsum oft im Sekundentakt, die Konsummuster hochfrequent. Gruppen konsumieren oft gleichzeitig oder im Wechsel – ein Verhalten, das mit der bisherigen rechtlichen Struktur der DKR nicht vereinbar ist. In der Praxis bedeutet das: Entweder verlagert sich der Konsum auf gefährliche Straßenecken, oder es entsteht ein Graubereich in den Einrichtungen, der von Trägern und Behörden bisher rechtlich nicht abgesichert werden kann. Die GMK setzt daher auf eine gesetzlich definierte „bedarfsweise Duldung“, die rechtssicheres Handeln ermöglicht, ohne die Betreiber:innen in Konflikt mit dem Strafrecht zu bringen.
Die Dringlichkeit ergibt sich nicht nur aus den medizinischen Risiken – Crack verursacht binnen kürzester Zeit körperliche Verwahrlosung, psychotische Schübe, Infektionskrankheiten und massive soziale Desintegration. Auch suchtpolitisch steht viel auf dem Spiel: Nur wenn sich schwer erreichbare Konsument:innen überhaupt auf Hilfsstrukturen einlassen, sind weiterführende Angebote wie Substitution, ärztliche Versorgung oder psychosoziale Betreuung überhaupt möglich. Die von der Deutschen Aidshilfe und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Drogenkonsumräume entwickelten Empfehlungen setzen genau hier an – vom Express-Konsumplatz bis zur Hepatitis-Impfung, von Beratungsmodulen bis zu Grundversorgungsangeboten.
Dass Crack längst kein Randphänomen mehr ist, lässt sich an der Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel ablesen: Dort dominieren Crackraucher:innen inzwischen deutlich das Straßenbild, das Hilfesystem ist überfordert, die Polizei in Dauerstress. Doch statt Repression setzt die GMK nun auf rechtliche Entkrampfung – nicht aus ideologischer Milde, sondern aus gesundheitspolitischer Vernunft. Wer den Konsum nicht duldet, drängt ihn ins Unsichtbare – und damit ins tödlich Gefährliche.
Politisch könnte der Vorstoß Sprengkraft entwickeln. Der Bundesgesetzgeber müsste nicht nur §10a BtMG anpassen, sondern auch im Rahmen der Bundestagsmehrheiten einen drogenpolitischen Perspektivwechsel vollziehen. Die symbolische Bedeutung wäre enorm: Nicht länger die Illusion der Abstinenz dominiert, sondern die Realität des Schadens – und die Absicht, ihn systematisch zu begrenzen.
Behörde verzögert Verfahren, Apotheker verliert Personal, Anerkennung scheitert am System
Wie schleppende Prüfprozesse Approbationen ausbremsen, Integration behindern und Apotheken wirtschaftlich gefährden
Der Verlust von Personal, das nie wirklich anfangen konnte, wird zunehmend zum Alltag für viele Apothekeninhaber, die auf internationale Fachkräfte setzen. In einem aktuellen Fall aus Hessen musste ein engagierter Apotheker den Vertrag mit einem bereits eingeplanten ausländischen Kollegen wieder lösen, weil die zuständige Behörde monatelang weder über das Anerkennungsverfahren entschied noch die obligatorische Fachsprachenprüfung organisierte. Der Bewerber war aus einem Drittstaat angereist, verfügte über eine anerkannte pharmazeutische Ausbildung und hatte sich zielgerichtet auf die deutsche Praxis vorbereitet – doch der bürokratische Stillstand verhinderte nicht nur seinen Einsatz, sondern führte zur endgültigen Aufgabe. Für den Inhaber bedeutete das einen doppelten Verlust: der betriebswirtschaftliche Schaden durch die vakante Stelle und die Enttäuschung über ein integrationswilliges System, das an seiner eigenen Trägheit scheitert.
Im Zentrum des Problems stehen die hochkomplexen und föderal fragmentierten Anerkennungsverfahren, die mit Fristen, Zuständigkeitsdiffusion und Prüfterminstaus einen strukturellen Flaschenhals bilden. Gerade bei Fachkräften aus Drittstaaten – etwa aus Syrien, dem Iran oder der Ukraine – braucht es eine sorgfältige Gleichwertigkeitsprüfung, ergänzt durch eine Kenntnisprüfung oder eine Anpassungsmaßnahme sowie eine erfolgreiche Fachsprachprüfung. Was in der Theorie nachvollziehbar klingt, scheitert in der Praxis oft an mangelnden Kapazitäten, überlasteten Prüfstellen oder schlicht an organisatorischer Nachlässigkeit. In mehreren Bundesländern sind selbst die Fachsprachprüfungen über Monate hinweg ausgebucht, teils ohne transparente Wartelisten oder verbindliche Termine.
Für Apotheken bedeutet das einen Wettbewerbsnachteil: Wer ausbildungswillig ist und internationale Talente einbinden möchte, steht unter hohem Risiko, wenn Behördenverfahren zum unkalkulierbaren Bremsklotz werden. Gleichzeitig wird Integration – ein erklärtes Ziel auf Bundesebene – faktisch verhindert. Wer den langen Atem nicht aufbringt, scheitert nicht an der Qualifikation der Bewerber, sondern am Behördensystem selbst. Und dies birgt nicht nur wirtschaftliche Folgen: Der Fachkräftemangel im Apothekenbereich verschärft sich, während wertvolle Kompetenz verloren geht. Die Nachwuchsfrage wird somit nicht nur zum Problem des demografischen Wandels, sondern auch zur Folge eines Verfahrensversagens im föderalen Verwaltungssystem.
Mary Jane zeigt medizinisches Profil, Plattformen pushen Apothekenbindung, Urteil hebelt Wahlfreiheit aus
Wie sich die weltgrößte Cannabis-Messe neu ausrichtet, warum Medizinalplattformen wachsen und was das Frankfurter Urteil für Apotheken bedeutet
Die „Mary Jane“ in Berlin, inzwischen größte Cannabis-Messe der Welt, schlägt in ihrer diesjährigen Ausgabe ein neues Kapitel auf – thematisch wie strukturell. Im Zentrum steht Medizinalcannabis: ein Marktsegment, das nicht nur durch die neue Gesetzeslage, sondern auch durch eine rasant wachsende Zahl digitaler Versorgungsplattformen an Dynamik gewinnt. Die Veranstalter setzen auf klare Symbolik: Alkohol ist auf dem gesamten Messegelände untersagt, um die medizinische Ausrichtung zu betonen, der Fokus liegt laut Konzept „ausschließlich auf der Hanfpflanze“ – auch auf dem eigens erweiterten Party-Areal. Bereits am ersten Tag sind rund 5.000 Fachbesucher:innen aus etwa 50 Ländern registriert, insgesamt werden über 60.000 Teilnehmer:innen erwartet.
Besonderes Interesse gilt dabei dem Markt für verschreibungspflichtige Cannabispräparate. Veranstalterin Nhung Nguyen betont, dass Deutschland nach einem Jahr Teillegalisierung inzwischen zum globalen Hotspot für medizinisches Cannabis avanciert sei. Das therapeutische Potenzial werde zunehmend erkannt, Berührungsängste bei Ärzt:innen und Apotheker:innen nähmen messbar ab. Eine Schlüsselrolle in dieser Entwicklung spielen digitale Plattformen wie DoktorABC, die sich auf die Vermittlung von Cannabisrezepten samt Auslieferung spezialisiert haben. „Kein Apothekenroulette, keine Wartezeiten, keine Intransparenz“ – so beschreibt die Plattform ihr Leistungsversprechen. Mehr als 500 Apotheken sind direkt angebunden, Daten zu Beständen und Sorten werden in Echtzeit übermittelt. Der gesamte Bestellprozess, einschließlich Folgerezept und Versand, wird vollständig digital abgewickelt.
Für erheblichen Diskussionsstoff sorgt jedoch ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, das der Plattform die automatische Auswahl der beliefernden Apotheke gestattet. Damit wird das Prinzip der freien Apothekenwahl praktisch ausgehebelt – ein Präzedenzfall mit potenzieller Sprengkraft. Denn was auf der Messe als Fortschritt gefeiert wird, könnte im Apothekenrecht als Rückschritt empfunden werden: Patient:innen, die eine Plattform nutzen, verlieren faktisch ihren Anspruch auf freie Wahl – zugunsten von Geschwindigkeit, Verfügbarkeit und Plattformbindung.
Die Mary Jane wird damit zu mehr als einem Messeereignis: Sie ist der symbolische und faktische Schauplatz eines Umbruchs, bei dem sich medizinische Versorgung, Marktsteuerung und Patientenrechte neu austarieren müssen. Zwischen digitalem Convenience-Modell, therapeutischem Anspruch und rechtlichen Grauzonen entsteht ein Zukunftslabor für die Cannabisversorgung – mit ungewissem Ausgang für die Rolle der Apotheken.
Versorgung weicht zurück, Umstellungen starten, Patientensicherheit gerät unter Zugzwang
Warum der Rückzug von Fiasp PumpCart Apotheken belastet, welche Alternativen jetzt greifen müssen und wie Versorger, Ärzt:innen und Versicherer koordiniert handeln sollten
Was als geplante Marktrücknahme bis 2026 angekündigt war, manifestiert sich bereits im laufenden Jahr als akuter Versorgungsengpass: Novo Nordisk kann die Nachfrage nach Fiasp PumpCart nicht mehr decken. Damit steht nicht nur das ursprünglich terminierte Auslaufen des Produkts zur Disposition, sondern auch die Versorgungssicherheit für zahlreiche insulinpflichtige Patient:innen, die auf die Nutzung von PumpCart-Systemen angewiesen sind. Im Zentrum des Problems: Die Versorgungslücke trifft nicht nur auf bekannte Produktionsengpässe, sondern auch auf eine komplexe Versorgungssituation mit nur begrenzt substituierbaren Alternativen – ein Risiko, das Apotheken, Diabetolog:innen und Versicherer gleichermaßen in die Pflicht nimmt.
Zwar verweist der Hersteller auf die Durchstechflasche als nutzbare Variante – insbesondere in Verbindung mit der mylife YpsoPump und Leerampullen –, doch der Umstieg ist in der Praxis alles andere als trivial: Die Handhabung verlangt Patient:innen mehr ab, erhöht die Wahrscheinlichkeit für Anwendungsfehler und setzt zudem koordinierte Schulungen, Beratung und Monitoring voraus. Apotheken tragen in diesem Kontext eine zentrale Rolle: Sie müssen nicht nur alternative Bezugsquellen prüfen, sondern auch im Versorgungsalltag spontane Lösungen mit dem ärztlichen Personal abstimmen, etwa bei defekten Pumpen oder kurzfristigem Ausfall der Standardversorgung.
Die Auswahl geeigneter Ersatzinsuline wie NovoRapid, Insulin lispro oder glulisin ist pharmakologisch möglich, aber mit individuellen Anpassungen verbunden – Dosierung, Wirkeintritt und Stabilität unterscheiden sich teils erheblich. Gerade bei hochsensiblen Patient:innen mit volatiler Glukosekurve kann ein unkoordinierter Wechsel gefährliche Schwankungen auslösen. Die Empfehlung von Novo Nordisk, „bis Ende 2025 umzustellen“, erscheint angesichts des beschleunigten Engpasses nicht mehr ausreichend – Apotheken müssen jetzt handeln, um Versorgungslücken zu antizipieren und vorübergehende Lösungen aktiv zu begleiten.
Die strukturelle Dimension dieser Rückzugsstrategie wird deutlich, wenn man den breiteren Kontext betrachtet: Bereits angekündigt ist auch der Ausstieg aus dem Vertrieb weiterer Basal- und Mischinsuline – darunter Levemir, Actrapid, Actraphane und Protaphane. Novo Nordisk verfolgt damit eine internationale Portfoliobereinigung, die laut eigener Aussage der Stärkung moderner Therapien dienen soll. Doch während das globalstrategisch argumentiert wird, entsteht auf lokaler Ebene ein Risiko für Versorgungsbrüche, das durch die komplexe Umstellungslogistik in der Diabetestherapie verschärft wird.
Für Apotheken bedeutet das mehr als nur Rezeptbearbeitung. Es geht um systemisches Risikomanagement: Die vorausschauende Bevorratung von Alternativen, die Schulung des eigenen Personals im Umgang mit Leerampullen und Durchstechflaschen, die enge Zusammenarbeit mit Ärzt:innen zur Patientenumstellung – und nicht zuletzt um versicherungsrechtliche Absicherung im Fall von Fehlanwendung oder Therapiestörung. Es ist jetzt Aufgabe der Leistungserbringer, gemeinsam mit den Krankenkassen strukturelle Klarheit zu schaffen: Welche Alternativen werden erstattet? Welche Schulungsmaßnahmen sind abrechnungsfähig? Wie wird dokumentiert, wenn ein Umstieg aus therapeutischen Gründen nicht möglich oder nur verzögert machbar ist?
Für Versicherer entsteht ebenfalls Handlungsbedarf: Werden Umstellungskosten getragen? Was geschieht bei einer Folgeschädigung durch Umstellungsfehler? Greifen bestehende Policen auch bei Zulassungslücken oder temporärer Unverfügbarkeit? Diese Fragen sollten jetzt beantwortet werden – bevor aus einer planbaren Transformation ein vermeidbares Versorgungsrisiko wird.
Duldung statt Verdrängung, Sicherheit statt Verbot, Realität statt Tabu
Warum die GMK den gemeinschaftlichen Crack-Konsum prüfen lässt, wie ein neuer §10a BtMG-Absatz wirken soll und was das für Drogenkonsumräume bedeutet
Der Druck in den urbanen Brennpunkten wächst – und die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) antwortet mit einem Schritt, der aufhorchen lässt: Die Minister:innen der Länder fordern das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, den gemeinschaftlichen Konsum von Crack in Drogenkonsumräumen (DKR) rechtlich zu ermöglichen. Hintergrund ist die eskalierende Verbreitung der Substanz in deutschen Großstädten – von Frankfurt bis Berlin, von Köln bis Hamburg –, wo Crack längst zur dominierenden Szene-Droge aufgestiegen ist. Der Wunsch nach gesetzlicher Klarheit fußt auf einem pragmatischen Kalkül: Nur wer realitätsnahe Konsummuster duldet, kann drogenpolitische Hilfeangebote überhaupt zugänglich machen.
Im Zentrum der GMK-Forderung steht eine mögliche Erweiterung des §10a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Konkret geht es darum, dass Landesverordnungen künftig festlegen dürfen sollen, dass bei der gemeinschaftlichen Überlassung geringer Crack-Mengen zum unmittelbaren Verbrauch in Drogenkonsumräumen keine Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten nach §29 Abs.1 Satz 1 Nr.6b 2. Alt. erforderlich sind. Die Rechtsgrundlage für DKR – bislang auf individuellen Konsum ausgelegt – könnte damit gezielt um eine Duldungsregel ergänzt werden, die den spezifischen Bedingungen des Crack-Konsums Rechnung trägt.
Denn Crack funktioniert anders als Heroin. Die Wirkung ist ultrakurz, der Konsum oft im Sekundentakt, die Konsummuster hochfrequent. Gruppen konsumieren oft gleichzeitig oder im Wechsel – ein Verhalten, das mit der bisherigen rechtlichen Struktur der DKR nicht vereinbar ist. In der Praxis bedeutet das: Entweder verlagert sich der Konsum auf gefährliche Straßenecken, oder es entsteht ein Graubereich in den Einrichtungen, der von Trägern und Behörden bisher rechtlich nicht abgesichert werden kann. Die GMK setzt daher auf eine gesetzlich definierte „bedarfsweise Duldung“, die rechtssicheres Handeln ermöglicht, ohne die Betreiber:innen in Konflikt mit dem Strafrecht zu bringen.
Die Dringlichkeit ergibt sich nicht nur aus den medizinischen Risiken – Crack verursacht binnen kürzester Zeit körperliche Verwahrlosung, psychotische Schübe, Infektionskrankheiten und massive soziale Desintegration. Auch suchtpolitisch steht viel auf dem Spiel: Nur wenn sich schwer erreichbare Konsument:innen überhaupt auf Hilfsstrukturen einlassen, sind weiterführende Angebote wie Substitution, ärztliche Versorgung oder psychosoziale Betreuung überhaupt möglich. Die von der Deutschen Aidshilfe und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Drogenkonsumräume entwickelten Empfehlungen setzen genau hier an – vom Express-Konsumplatz bis zur Hepatitis-Impfung, von Beratungsmodulen bis zu Grundversorgungsangeboten.
Dass Crack längst kein Randphänomen mehr ist, lässt sich an der Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel ablesen: Dort dominieren Crackraucher:innen inzwischen deutlich das Straßenbild, das Hilfesystem ist überfordert, die Polizei in Dauerstress. Doch statt Repression setzt die GMK nun auf rechtliche Entkrampfung – nicht aus ideologischer Milde, sondern aus gesundheitspolitischer Vernunft. Wer den Konsum nicht duldet, drängt ihn ins Unsichtbare – und damit ins tödlich Gefährliche.
Politisch könnte der Vorstoß Sprengkraft entwickeln. Der Bundesgesetzgeber müsste nicht nur §10a BtMG anpassen, sondern auch im Rahmen der Bundestagsmehrheiten einen drogenpolitischen Perspektivwechsel vollziehen. Die symbolische Bedeutung wäre enorm: Nicht länger die Illusion der Abstinenz dominiert, sondern die Realität des Schadens – und die Absicht, ihn systematisch zu begrenzen.
Warnsysteme hinken, Versorgungslage kippt, Drogentests verzögern Prävention
Wie Fentanyl den Drogenmarkt verändert, Laborstoffe zur tödlichen Alltagserfahrung werden und Deutschland ein funktionierendes Drug Checking verschläft
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Wie Fentanyl den Drogenmarkt verändert, Laborstoffe zur tödlichen Alltagserfahrung werden und Deutschland ein funktionierendes Drug Checking verschläft
Die Furcht vor einer Opioid-Krise nach amerikanischem Vorbild ist in Deutschland nicht neu, doch die aktuelle Dynamik synthetischer Substanzen verleiht der Debatte eine neue Dringlichkeit. Auf einer internationalen Fachtagung in Frankfurt wurde deutlich, wie schnell sich neue Varianten von Labor-Opioiden verbreiten – und wie gefährlich sie sein können. Der kommissarische Leiter des Frankfurter Drogenreferats, Oliver Müller-Maar, sprach von „enormer Dynamik“, forderte klare Maßnahmen und zeigte sich angesichts steigender Fallzahlen alarmiert. Die Zahlen der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle untermauern die Warnung: Seit 2009 wurden 88 neue synthetische Opioide erfasst – eine Entwicklung, die durch minimale molekulare Modifikationen immer neue Varianten hervorbringt.
Der Freiburger Toxikologe Professor Volker Auwärter verdeutlichte die Herausforderung: Einmal reicht eine Messerspitze zur Tötung, einmal genügt ein Mikrogramm. Substanzen wie Nitazene oder Carfentanyl übersteigen die Potenz von Morphin um ein Vielfaches – und sind aufgrund ihrer geringen Herstellungskosten attraktiv für illegale Märkte. Die Folge: Konsumenten wissen weder, was sie einnehmen, noch wie stark es wirkt. Besonders alarmierend ist der Umstand, dass diese Stoffe zunehmend außerhalb klassischer Drogenmilieus auftauchen – über Online-Shops, bei Freizeitkonsumenten, bei Experimentierenden.
Auch in der klinischen Praxis ist die Entwicklung angekommen. Dr. Nina Kim Bekier vom Frankfurter Bürgerhospital berichtet von einer deutlichen Zunahme an Notfällen im Zusammenhang mit Fentanyl – und einer steigenden Nachfrage nach Opioidentzug. Parallel beobachten Suchthilfeeinrichtungen eine neue Qualität der Heroinstreckung: Immer häufiger werde dem Heroin Fentanyl beigemischt, wie Gesundheitsdezernentin Elke Voitl erklärte. Der Grund liegt auch in geopolitischen Verschiebungen: Der Rückgang des Schlafmohnanbaus in Afghanistan erzeugt eine Lücke, die mit synthetischen Opioiden gefüllt wird – schneller, günstiger, aber deutlich gefährlicher.
Dass die gefährlichen Beimischungen längst den Weg nach Hessen gefunden haben, belegt eine Testreihe vom Januar 2025: In einem Frankfurter Drogenkonsumraum enthielten 21 von 40 getesteten Heroinproben Fentanyl – ein Befund, der das Landeskriminalamt auf den Plan rief. Trotzdem ist ein systematisches Drug Checking weiterhin nicht möglich. Zwar hat die Bundesregierung bereits 2022 einen rechtlichen Rahmen geschaffen, doch Hessen hat bislang keine Durchführungsverordnungen erlassen. Das Frankfurter Modellprojekt bleibt damit blockiert – obwohl sich Expert:innen aus Medizin, Polizei und Suchthilfe weitgehend einig sind: Drogenanalyse rettet Leben.
In der Praxis allerdings prallen Welten aufeinander. Während Auwärter vor Schnelltests warnt, die zu ungenau und manipulationsanfällig seien, kritisieren Drogenberater:innen den Vorschlag von Labortests als realitätsfern – ihre Klientel könne es sich schlicht nicht leisten, tagelang auf ein Ergebnis zu warten. Der Spagat zwischen Präzision und Praxistauglichkeit wird zur strukturellen Herausforderung.
Die Verzögerung bei der Implementierung eines tragfähigen Systems offenbart ein tieferes Problem: Deutschland hat keinen Plan für die rasend schnelle Transformation des Drogenmarkts durch synthetische Substanzen. Die zuständigen Landesbehörden verweigern sich bislang dem Handlungsdruck, während die Wirklichkeit in Konsumräumen, Kliniken und Leichenschauhäusern längst Fakten schafft. Ohne flächendeckendes Drug Checking, ohne Warnsysteme, ohne zeitnahe Informationen über Inhaltsstoffe droht der Staat in der Dynamik synthetischer Opioide zum reaktiven Beobachter zu werden – mit tödlichen Folgen für eine wachsende Zahl von Menschen, die nicht süchtig, sondern schlicht ahnungslos sind.
Produktionsdruck steigt, Umstellung läuft, Sortiment schrumpft
Warum Fiasp PumpCart früher vom Markt geht, was Apotheken jetzt wissen müssen und wie Novo Nordisk seine Insulinstrategie global umbaut
Der angekündigte Rückzug des Insulinprodukts Fiasp PumpCart von Novo Nordisk hat einen kritischen Wendepunkt erreicht: Statt wie ursprünglich geplant bis Ende 2026 aus dem Markt zu verschwinden, kommt es bereits jetzt zu spürbaren Engpässen – mit direkten Konsequenzen für Apotheken, Praxen und Diabetiker:innen. Laut einem aktuellen Informationsschreiben des Herstellers kann die Produktionskapazität die kombinierte Nachfrage nach Fiasp PumpCart und NovoRapid PumpCart nicht mehr decken. Die Folge: Eine sukzessive Reduktion der Liefermengen beginnt bereits im laufenden Jahr. Für Patient:innen bedeutet das nicht nur einen logistischen Mehraufwand, sondern eine notwendige therapeutische Umstellung – mit organisatorischem Vorlauf und technischer Beratungspflicht in Apotheken.
Bereits im Herbst 2024 hatte Novo Nordisk angekündigt, sich im Rahmen einer globalen Sortimentsstraffung von mehreren Altpräparaten zu verabschieden. Neben Fiasp PumpCart betrifft dies auch Levemir sowie die Humaninsuline Actrapid, Actraphane und Protaphane – allesamt Präparate, die noch immer in bestimmten Patientengruppen zur Basisversorgung zählen. Der Strategiewechsel erfolgt laut Hersteller im Zeichen einer weltweiten Modernisierung der Therapieoptionen, birgt jedoch gerade für die Alltagspraxis erhebliche Herausforderungen. Denn während NovoRapid PumpCart weiterhin verfügbar bleibt, ist bei Fiasp-Nutzer:innen ein Wechsel notwendig – entweder auf die Durchstechflasche oder auf alternative schnellwirksame Insuline.
Die empfohlene Lösung für Nutzer:innen der mylife YpsoPump lautet derzeit: Umstieg auf Fiasp in der Durchstechflasche mit manueller Befüllung von Leerampullen. Alternativ kommen Biosimilars von Insulin aspart oder die Wirkstoffe Insulin lispro und Insulin glulisin in Betracht – vorausgesetzt, sie sind für die jeweilige Pumpe technisch zugelassen und klinisch validiert. Die Einzelfallentscheidung bleibt damit eine interdisziplinäre Aufgabe zwischen Diabetolog:innen, Apotheken und Patient:innen. Apotheker:innen müssen kurzfristig lieferfähige Alternativen aufzeigen, Lieferzeiten überwachen und zugleich Beratung zur Umstellung anbieten, ohne den Eindruck von Produktinkonsistenz zu vermitteln.
Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Viele Insulinpumpennutzer:innen sind auf eine reibungslose Versorgung angewiesen – Ausfälle, technische Unsicherheiten oder veränderte Therapieprofile können unmittelbare Auswirkungen auf den Blutzuckerverlauf und die Therapieadhärenz haben. Die nun beschleunigte Marktausdünnung zwingt deshalb nicht nur zu pharmazeutischem Improvisationsgeschick, sondern auch zu präziser Risikoaufklärung. Gleichzeitig wirft sie ein Schlaglicht auf die neue Marktstrategie von Novo Nordisk, das sich mit Blick auf Zukunftstherapien offenbar von etablierter Basisversorgung schrittweise verabschiedet.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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