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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die verpflichtende Einführung des E-Rezepts hat für viele Apotheken weniger Digitalisierungserleichterung als vielmehr Betriebsstörungen, Honorardruck und Versorgungsunsicherheit gebracht – parallel entstehen durch Plattformen wie Zava oder DoktorABC neue Modelle, die die freie Apothekenwahl systematisch aushebeln, durch Gerichte bestätigt und politisch kaum reguliert, während gleichzeitig Retaxationen und technische Fehler zu wirtschaftlichen Schäden führen, Versicherungen zum Überlebensfaktor werden und die Gesundheitsministerkonferenz erstmals seit Langem eine bessere pDL-Vergütung fordert, während Kammern vor Apothekensterben, juristische Rückrufe wie bei Clopidogrel vor Sicherheitsrisiken und politische Debatten um Fahrtauglichkeit und Krisenmanagement im Maskenskandal vor Verantwortungslücken warnen.
Digitale Technik stottert, Apothekenhonorar schrumpft, Versicherungen werden Pflicht
Wie das E-Rezept Apotheken unter Druck setzt, warum Retaxationen zunehmen und eine spezielle Versicherung über betriebliche Zukunft mitentscheidet
Seit der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts sind viele Apotheken mit der digitalen Realität konfrontiert, die weder zuverlässig noch gewinnbringend funktioniert. Der Apothekeninhaber Florian Sedlmeier bringt es auf den Punkt: „Kein Tag ist mehr ruhig.“ Gemeint sind nicht etwa Kundenschlangen oder Personalengpässe, sondern die Unsicherheit im Betriebssystem selbst. Immer wieder kommt es zu Ausfällen, Übertragungsfehlern und unleserlichen Verordnungen, die nicht selten aufwendige Rücksprachen mit Ärzten oder Krankenkassen erforderlich machen – verbunden mit Zeitverlust, Kundenfrust und wirtschaftlichem Risiko. Der Gewinn schrumpft nicht, weil weniger verkauft würde, sondern weil mehr Aufwand bei stagnierenden Honoraren entsteht – ein Effekt, der sich bundesweit beobachten lässt.
Dabei geht es nicht um Einzelfälle, sondern um systemische Probleme. Die elektronische Verordnung soll eigentlich Sicherheit und Effizienz bringen, erzeugt jedoch neue Fehlerquellen: kryptische Signaturdaten, unklare Austauschregeln, nicht abgerechnete Rezepte – und daraus resultierende Retaxationen. Wenn ein Verordnungsfehler oder eine technische Abweichung bei der Verarbeitung nicht rechtzeitig erkannt wird, droht der Kasse ein formaler Ablehnungsgrund. Die Apotheke bleibt dann auf dem Schaden sitzen. Das betrifft nicht nur ein paar Euro, sondern je nach Wirkstoff und Packungsgröße schnell dreistellige Beträge – bei höherpreisigen Präparaten sogar deutlich mehr.
Hinzu kommt der Umstand, dass sich viele Kassen durch die digitalen Verordnungen in einer neuen Kontrollposition wähnen. Die maschinelle Lesbarkeit und rückverfolgbare Dokumentation des E-Rezepts lädt dazu ein, selbst kleinste formale Abweichungen zu beanstanden – selbst dann, wenn die Arzneimittelversorgung korrekt und patientengerecht erfolgt ist. Aus Sicht vieler Apothekeninhaber verschiebt sich damit das Machtverhältnis weiter zu Lasten der Leistungserbringer: Sie tragen das Risiko, aber nicht die Verantwortung für die fehlerhafte Technik.
Genau an diesem Punkt wird der Abschluss einer sogenannten Retax-Versicherung zunehmend zu einem betriebswirtschaftlich relevanten Faktor. Wer seine Rezeptabrechnungen nicht vollständig gegen Rückforderungen abgesichert hat, geht ein strukturelles Risiko ein – zumal nicht nur E-Rezepte betroffen sind. Auch klassische Papierrezept-Fälschungen nehmen in bestimmten Segmenten wieder zu, insbesondere bei GLP-1-Wirkstoffen, Zytostatika und Betäubungsmitteln. In beiden Fällen – ob digital oder analog – muss die Apotheke im Schadenfall belegen, dass sie korrekt gehandelt hat. Die Beweislast liegt dabei in vielen Fällen nicht bei der Kasse, sondern beim Betrieb.
Moderne Retax-Versicherungen übernehmen dabei nicht nur den finanziellen Ausgleich bei unverschuldeten Retaxationen, sondern bieten auch juristische Unterstützung bei Einsprüchen, automatisierte Prüfungen der Abrechnungsdaten oder sogar technische Tools zur Rezeptvalidierung. Für inhabergeführte Apotheken ist das keine Luxusabsicherung mehr, sondern ein Instrument der wirtschaftlichen Resilienz. Denn die Kombination aus hohem Arzneimittelwert, digitaler Komplexität und wachsender juristischer Unsicherheit stellt eine konkrete Existenzbedrohung dar – und das in einer Branche, die ohnehin unter Fachkräftemangel, Fixum-Stagnation und wachsendem Konkurrenzdruck durch Plattformanbieter leidet.
Die gesundheitspolitische Debatte über das E-Rezept blendet diesen Aspekt meist aus. Statt über Rückforderungen, Verrechnungsunsicherheiten und IT-Störungen wird über Akzeptanzquoten und Nutzerzahlen gesprochen – ein technokratischer Fokus, der die Praxisbelastung in den Apotheken ignoriert. Es fehlt an verbindlichen Kulanzregeln für technische Fehler, an klarer Haftungsverteilung bei Systemausfällen und an einem strukturellen Entlastungskonzept für betroffene Betriebe. Bis dahin bleibt das E-Rezept ein zweischneidiges Instrument: digital, aber nicht stabil – verpflichtend, aber nicht zuverlässig – und für viele Apotheken ein unberechenbares Risiko, das nur noch durch strategische Absicherung kontrollierbar wird.
Plattform lenkt Rezept, System verliert Kontrolle, Versorgung wird umgelenkt
Wie digitale Anbieter Apotheken umgehen, Gerichte die Tür öffnen und Telemedizin neue Risikozonen schafft
Was als digitaler Komfort begann, hat sich in wenigen Jahren zu einer strukturellen Verschiebung des Gesundheitswesens entwickelt: Plattformen wie GoSpring, DoktorABC oder Zava übernehmen inzwischen nicht nur ärztliche Konsultationen, sondern auch Rezeptausstellungen und die Weiterleitung der Verordnungen – direkt an eine mit ihnen kooperierende Versandapotheke. Die freie Apothekenwahl, gesetzlich eigentlich garantiert, wird dabei faktisch ausgehebelt. Das Ganze erfolgt unter dem Deckmantel der Telemedizin, rechtlich geschickt aufgestellt und durch die jüngste Rechtsprechung bestätigt. Das Landgericht Frankfurt hat geurteilt, dass solche Plattformketten zulässig seien, wenn sie „systemisch geschlossen“ seien – was übersetzt bedeutet: Wenn die Plattform alles selbst regelt, kann sie die freie Wahl der Apotheke beschneiden.
Die Auswirkungen für die Apothekenlandschaft sind tiefgreifend. Denn mit dieser Entscheidung wird nicht nur ein Präzedenzfall geschaffen, sondern ein Einfallstor geöffnet, durch das digitale Anbieter mit weitreichenden Interessen durchmarschieren können. Was bislang als Einzelphänomen galt, wird durch diese Legitimierung zur Systemoption. Dabei ist es kein Zufall, dass es gerade verschreibungspflichtige Lifestyle-Medikamente wie Abnehmspritzen oder Erektionshilfen sind, mit denen diese Plattformen wachsen – denn hier lässt sich schnell, unkompliziert und profitabel agieren, ohne die regulatorischen Hürden klassischer Versorgung zu fürchten.
Besonders brisant: Die Plattformen gestalten nicht nur die Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten und die Verordnung, sondern steuern über Partnerapotheken auch die Auslieferung. Patientinnen und Patienten bemerken kaum, dass sie nicht mehr selbst entscheiden, wo sie ihr Medikament beziehen. Der Versand läuft automatisiert – und mit jeder Bestellung wird das bestehende Apothekennetz schwächer. Die Rolle der Apothekerin als unabhängige Instanz, als Beraterin, als Sicherheitsfilter: Sie entfällt.
Dahinter steht nicht nur eine technologische Entwicklung, sondern ein Machtkampf um die Steuerung medizinischer Prozesse. Wer das Rezept lenkt, lenkt die Versorgung – und wer die Versorgung lenkt, kontrolliert die Marktmechanismen. Die Plattformisierung des Gesundheitswesens bedeutet eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen ärztlicher, pharmazeutischer und wirtschaftlicher Verantwortung. Und es ist auffällig, dass inmitten dieser Entwicklung der Gesetzgeber schweigt, die Behörden abwarten und selbst Aufsichtsinstanzen wie Kammern oder Kassen oft nur reagieren, wenn der Schaden bereits da ist.
Noch ist der Einfluss der Plattformen auf wenige Indikationen und Szenarien begrenzt. Doch mit jedem Urteil, das ihre Praxis legitimiert, mit jeder regulatorischen Lücke, die nicht geschlossen wird, wächst ihr Radius. Schon heute testen Anbieter neue Kombimodelle, in denen digitale Erstdiagnose, rezeptgenerierende KI und vollautomatisierte Dispensierung zusammenfließen. Für stationäre Apotheken bedeutet das: Wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird, werden sie schleichend aus der Wertschöpfungskette gedrängt – nicht durch politischen Willen, sondern durch unterlassene Regulierung.
Deshalb braucht es jetzt klare gesetzliche Vorgaben, um die freie Apothekenwahl real durchsetzbar zu halten, die Rolle der Apotheke als fachliche Kontrollinstanz zu schützen und Plattformmodelle nicht weiter zum Graubereich zu machen. Ansonsten wird aus einem Versorgungsversprechen eine strukturelle Entsorgung der wohnortnahen Apotheke – gesteuert aus der Cloud.
Plattformmodelle hebeln Apothekenwahl aus, ärztliche Ferndiagnosen werden legitimiert, rechtlicher Grundsatz kippt Versorgungstradition
Warum das Frankfurter Urteil digitale Rezeptketten stützt, welche Konsequenzen für die Apothekenfreiheit folgen und wie Patientenautonomie strukturell unterlaufen wird
Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit einer Reihe von Urteilen eine Grundsatzfrage neu beantwortet: Plattformen, die ärztliche Konsultation, Verschreibung und Arzneimittelabgabe in einem digitalen Ablauf bündeln, dürfen die freie Apothekenwahl einschränken – ohne dass dies als unzulässige Beschneidung der Patientenrechte gewertet wird. Damit erhalten kommerzielle Anbieter wie Zava, DoktorABC oder GoSpring nicht nur juristischen Rückhalt, sondern auch eine faktische Aufwertung als neue, intermediäre Instanzen in der Arzneimittelversorgung. Die klassische Versorgungskette – persönliche ärztliche Diagnose, Rezept, freie Apothekenwahl – wird durch ein Plattformmodell ersetzt, in dem die Patientenlenkung systemisch automatisiert ist.
Der juristische Dreh- und Angelpunkt: Das Gericht erkennt keine Wettbewerbsverzerrung und keine Einschränkung der Apothekenfreiheit, sofern das Plattformmodell als geschlossenes System operiert. Eine individuelle Wahlfreiheit entfalle dann nicht, sondern sei von Beginn an durch die Teilnahme am digitalen System bewusst eingeschränkt worden. Die Richter folgen damit der Argumentation der Anbieter, dass Patienten mit dem Onlinezugang freiwillig ein integriertes Versorgungspaket wählen – inklusive Versandapotheke. Ob die ärztliche Beratung dabei nur formaler Natur ist oder die Rezeptverordnung rein auf Eigenangaben basiert, spielte für das Gericht keine Rolle.
Kritiker schlagen Alarm. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) warnt vor einem strukturellen Aushöhlen der Versorgungssicherheit und einem massiven Kontrollverlust über Verschreibung, Abgabe und Beratung. Denn de facto betreiben die Plattformen virtuelle Rezeptfabriken mit angeschlossenem Versandhandel – außerhalb jeder wohnortnahen Kontrolle und oft auf Basis von Selbstdiagnoseformularen. Die freie Apothekenwahl wird so nicht nur technisch, sondern kulturell unterlaufen. Auch die Datenschutzstruktur solcher Plattformen bleibt fraglich: Patientendaten, Beratungsinhalte und Arzneimittelverordnung laufen über kommerzielle Schnittstellen, die nicht an öffentlich-rechtliche Aufsichtsroutinen gebunden sind.
Zugleich stellt das Urteil eine Systemfrage an das Berufsrecht: Wenn apothekenfreie Rezeptabwicklung per Klick möglich ist und von Gerichten gedeckt wird, steht nicht nur der Versorgungsauftrag der Vor-Ort-Apotheken, sondern auch das ärztliche Berufsbild unter Druck. Denn telemedizinisch minimierte Konsultationen hebeln das ärztliche Ermessen im klassischen Sinn aus. Rezeptpflicht verliert ihre Kontrollfunktion – sie wird zur bloßen Transaktionsbestätigung in einem digital-ökonomischen Durchlaufprozess.
Die Bundesregierung hat bislang keine klare Linie gegen solche Entwicklungen gezogen. Weder das BMG noch die gematik haben regulatorische Leitplanken geschaffen, um die Apothekenwahl aktiv zu schützen oder die Rezeptvergabe im Plattformmodell strenger zu fassen. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass man die Marktlogik – getrieben von Effizienz, Bequemlichkeit und Technologiedynamik – schweigend akzeptiert. Dabei liegt der Kernkonflikt offen zutage: Gesundheitssysteme, die auf persönliche Verantwortung, vertrauensvolle Beratung und standortgebundene Kontrolle ausgelegt sind, geraten unter technologischen Legitimationsdruck – nicht durch explizite Reform, sondern durch gerichtsfeste Gewöhnung.
Pharmazeutische Versorgung braucht Planung, Vergütung braucht Stabilität, Apotheken brauchen Sicherheit
Warum die GMK eine bessere pDL-Finanzierung fordert, wie Brandenburg den Impuls setzt und welche Versorgungsfragen jetzt beantwortet werden müssen
Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) in Weimar hat mit einer überraschend deutlichen Mehrheit den Weg für eine neue Dynamik in der Finanzierung pharmazeutischer Dienstleistungen (pDL) geebnet. Ein Antrag des Landes Brandenburg, initiiert von der parteilosen Gesundheitsministerin Britta Ernst, fordert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) explizit dazu auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen, um Apotheken eine verlässliche und auskömmliche Vergütung für erbrachte pharmazeutische Leistungen zu garantieren. Der Beschluss markiert einen politischen Impuls mit strukturellem Potenzial – und rückt die Versorgungsrealität in Apotheken erstmals wieder ins Zentrum gesundheitspolitischer Gestaltungsverantwortung.
Der Hintergrund: Die Finanzierung pharmazeutischer Dienstleistungen erfolgt derzeit über einen begrenzten Fonds, gespeist aus Zuschlägen gemäß der Arzneimittelpreisverordnung. Zwar können aktuell alle pDL-Leistungen formal vergütet werden – doch die Dynamik der Versorgungsanforderungen, insbesondere im Präventions- und Onkologiebereich, lässt die mittelfristige Tragfähigkeit des Systems fraglich erscheinen. Vor allem bei einer Ausweitung des pDL-Angebots auf breitere Bevölkerungsgruppen droht eine strukturelle Unterfinanzierung, wie sie bereits in anderen Bereichen des Gesundheitssystems zu Versorgungslücken geführt hat.
Die Länderposition ist klar: Eine wirtschaftlich risikofreie Erbringung pharmazeutischer Leistungen sei im Interesse aller Beteiligten – sowohl der Patientinnen und Patienten als auch der Apotheken. Diese stünden in vielen Regionen nicht nur unter wirtschaftlichem Druck, sondern übernähmen durch die pDL vielfach Aufgaben, die im ärztlichen Bereich nicht mehr flächendeckend geleistet werden könnten. Gerade im ländlichen Raum, wo Praxisdichte und Versorgungsqualität unter Druck geraten, sind es häufig die Apotheken, die durch ihre niedrigschwellige Erreichbarkeit und kompetente Beratung präventive Versorgungslücken schließen.
Im Zentrum steht somit nicht nur die Frage nach einer gerechten Entlohnung für konkret erbrachte Leistungen, sondern die Anerkennung der Apotheken als systemrelevanter Partner im Primärversorgungssystem. Die von Brandenburg angestoßene Initiative benennt ein Kernproblem: Apotheken müssen wie jede andere Einrichtung im Gesundheitswesen darauf vertrauen können, dass für Leistungen, die sie regelhaft anbieten, auch die Finanzierung strukturell gesichert ist. Das derzeitige Modell sei dafür weder planbar noch ausbaufähig – und enthalte im Gegenteil sogar das Risiko, dass Investitionen in pDL-Infrastruktur (z. B. Messtechnik, Fortbildung, Verbrauchsmaterialien) sich nicht amortisieren.
Die politische Stoßrichtung ist damit formuliert: Das BMG soll nicht nur evaluieren, sondern handeln. Die Forderung lautet auf eine rechtliche Verankerung, die Apotheken nicht länger auf den Goodwill eines ausgelagerten Fonds verweist, sondern ihnen einen gesicherten Anspruch auf pDL-Vergütung eröffnet. Eine solche Lösung müsse, so der Ton der GMK, nicht nur die derzeitige Finanzierungslücke adressieren, sondern auch einen Anreiz zur Weiterentwicklung pharmazeutischer Dienstleistungen schaffen.
Auch gesundheitspolitisch könnte der Schritt Signalwirkung entfalten: Die Stärkung von pDL ist nicht nur eine Frage betriebswirtschaftlicher Sicherung, sondern Teil einer größeren Strategie, Versorgung patientenzentriert und sektorenübergreifend auszurichten. Apotheken erfüllen in dieser Architektur eine Schnittstellenfunktion, die bislang politisch zu wenig in strukturelle Verantwortung überführt wurde. Die GMK bringt hier nicht nur ein Finanzierungsanliegen auf die Tagesordnung, sondern auch die Frage, welchen Platz Apotheken in der künftigen Versorgungsplanung einnehmen sollen – als passive Arzneimittelabgabestellen oder als aktive Leistungserbringer mit abgestimmter Systemfunktion.
Damit bekommt die ohnehin belastete Debatte um Apothekenhonorierung und Versorgungsrollen einen neuen Zungenschlag. Während der Bund bislang zögerlich auf strukturelle Eingriffe reagierte und sich hinter Verordnungen und Fondsregelungen versteckte, fordern die Länder nun Verbindlichkeit. Dass dieser Vorstoß aus Brandenburg kommt, einem Flächenland mit besonders ausgeprägten Versorgungsherausforderungen im ländlichen Raum, verleiht dem Antrag eine besondere Legitimität. Er basiert nicht auf Lobbydruck, sondern auf Versorgungspraxis.
Was bleibt, ist die politische Umsetzung. Der GMK-Beschluss ist kein Gesetz – aber ein klarer Auftrag. Sollte das BMG untätig bleiben, wäre dies nicht nur ein Rückschlag für Apotheken, sondern auch für die Glaubwürdigkeit föderaler Gesundheitssteuerung. Die Forderung ist ebenso einfach wie unabweisbar: Wer pharmazeutische Dienstleistungen einfordert, muss sie auch absichern.
Illegale Plattformen stoppen, Rx-Versand unterbinden, Apothekensiegel schaffen
Warum die AKNR Strafrecht, Gesetzesnovellen und Vollzugsreformen fordert, wie Patientenschutz durch Versandverbot gesichert werden soll und welche Rolle die Bundesnetzagentur künftig spielen muss
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) positioniert sich mit bemerkenswerter Schärfe gegen die wachsende Grauzone des digitalen Arzneimittelvertriebs. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution fordert sie nicht weniger als einen Systemwechsel: Weg von regulatorischer Nachsicht gegenüber digitalen Gesundheitsplattformen – hin zu einem aktiv durchgesetzten Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Der Tenor ist klar: Der Patientenschutz müsse wieder zur Leitplanke des Gesundheitsrechts werden. Angesichts offenkundiger Missstände beim Online-Vertrieb sei die bisherige Gesetzeslage nicht mehr haltbar.
Die Kammerversammlung erkennt zwar die Potenziale digitaler Versorgung, konstatiert aber zugleich, dass ausgerechnet dort, wo ärztliche Konsultationen über Fragebögen automatisiert, Verschreibungen algorithmisch erzeugt und Arzneimittel anonym per Paketdienst versandt werden, die Risiken exponentiell steigen. Die AKNR sieht darin eine schleichende Aushebelung der Verschreibungspflicht und ein Einfallstor für Missbrauch. Dass Arzneimittelbestellungen mit wenigen Klicks, ohne persönlichen Arztkontakt und unter Umgehung des Apothekenrechts möglich sind, werde nicht nur zur Gefahr für die individuelle Gesundheit, sondern untergrabe die Grundlage der Arzneimittelsicherheit insgesamt.
Daher sei ein Rx-Versandverbot nicht nur legitim, sondern laut AKNR auch europarechtskonform – gestützt auf das Subsidiaritätsprinzip und vergleichbare Regelungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten. Sollte der Gesetzgeber diesen Schritt nicht gehen, hält die Kammer eine Reihe flankierender Maßnahmen für zwingend erforderlich: Ein Abgabeverbot für Arzneimittel, die auf Basis reiner Fragebogenkonsultationen verschrieben wurden, die Erweiterung des Versandverbots nach Apothekenbetriebsordnung um weitere Wirkstoffe sowie die Schaffung strafrechtlicher Sanktionen gegen irreführende Werbung im Gesundheitsbereich.
Die Kritik trifft dabei nicht nur gesetzgeberische Untätigkeit, sondern auch strukturelle Vollzugsdefizite. Insbesondere internationale Plattformen seien bislang kaum effektiv zu sanktionieren. Die AKNR will das ändern: Die Bundesnetzagentur soll – analog zu ihrer Funktion bei Telekommunikationsverstößen – die Befugnis erhalten, illegale Gesundheitsplattformen technisch vom Netz zu nehmen. Damit würde erstmals ein Verwaltungsmechanismus geschaffen, der digitale Verstöße nicht nur dokumentiert, sondern unmittelbar unterbindet. Gleichzeitig werde der Rechtsweg für betroffene Betreiber offen gehalten – ein Verfahren, das Patientenschutz und rechtstaatliche Prinzipien verbinden könnte.
Zur strukturellen Neuordnung schlägt die Kammer ein verbindliches Gütesiegel für Gesundheitsplattformen vor. Analog zur DIMDI-Registrierung von Versandapotheken soll eine kontrollierte Siegelvergabe an Plattformen die Einhaltung fachlicher Standards dokumentieren und so für Transparenz sorgen. Die Plattformen müssten sich einer Registrierung unterziehen, wobei das Siegel bei Verstößen entzogen werden könnte. Für Patienten würde das bedeuten: Sichtbare Qualitätssicherung im digitalen Raum – mit potenziell massiver Wirkung auf Marktstruktur und Wettbewerbsdynamik.
Dass die Debatte längst auf eine wirtschaftspolitische Ebene übergreift, zeigt die Rede von ABDA-Präsident Thomas Preis. Er zeichnet ein Bild systematischer Marktverzerrung: Apotheken würden unter fairen kaufmännischen Regeln operieren, während internationale Versender auf Risikokapital und Verluststrategien setzen – mit dem Ziel, Marktanteile zu erobern und die stationäre Versorgung zu schwächen. Seine Diagnose ist scharf: Die Plattformen zerstörten mit selektiven Angeboten die Versorgungsstruktur und gefährdeten das Gesundheitswesen, während Apotheken von der Politik im Stich gelassen würden.
Die Konsequenz dieser Gemengelage sei nicht nur eine politische, sondern eine wirtschaftliche Zeitenwende: Wenn Politik weiterhin auf regulatorische Untätigkeit und Plattformoffenheit setzt, riskiert sie nicht nur den Versorgungsauftrag, sondern auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem selbst. Der Ruf nach Fairness, Transparenz und verlässlicher Kontrolle ist keine Besitzstandswahrung, sondern ein Aufruf zur Systemstabilität – und zur Rückbesinnung auf die Prinzipien patientenzentrierter Versorgung.
Apothekensterben beschleunigt sich, Teilzeit dominiert den Arbeitsmarkt, Zukunftspapier setzt auf Verantwortung
Warum Overwiening Alarm schlägt, wie Versorgungslücken die Patientensicherheit gefährden und was die Apotheken mit dem neuen Leitbild bewegen wollen
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe zieht die Notbremse: Der Strukturwandel im Apothekenwesen hat eine neue kritische Phase erreicht, in der das Apothekensterben nicht mehr nur schleichend, sondern beschleunigt und strukturell bedrohlich fortschreitet. 2005 gab es noch 2246 Apotheken in der Region – im Jahr 2025 sind es nur noch 1642, ein Rückgang um 27 Prozent. Betrachtet man nur die selbstständigen Betriebe, fällt der Einschnitt noch drastischer aus: 1200 Apotheken ohne Filialanbindung bedeuten ein Minus von 47 Prozent innerhalb von zwei Jahrzehnten. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening spricht von „Alarmstufe Rot“ – und das nicht nur rhetorisch: Der Rückzug aus der Fläche trifft auf eine älter werdende Bevölkerung mit steigendem pharmazeutischem Versorgungsbedarf.
Besorgniserregend ist dabei nicht nur der Rückgang der Betriebsstätten, sondern auch das Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt. Zwar stieg die Zahl der Beschäftigten leicht um 0,3 Prozent auf rund 16.681 Personen in Westfalen-Lippe, doch der Zuwachs entpuppt sich bei näherem Hinsehen als trügerisch. Inzwischen arbeiten fast 60 Prozent des Apothekenpersonals nur noch in Teilzeit – eine Konsequenz aus den strukturellen Belastungen, aber auch Ausdruck wachsender Erschöpfung und inadäquater Rahmenbedingungen. Die Versorgungslast wächst hingegen ungebremst: Heute betreut eine durchschnittliche Apotheke in der Region 5000 Menschen – rund 1500 mehr als noch vor 20 Jahren. Hinzu kommt ein dramatischer Bewerbermangel: Auf eine PTA-Stelle kommen im Schnitt 15 unbesetzte Positionen, bei approbierten Kräften immerhin vier.
Der politische Druck steigt, doch konkrete Entlastungen lassen weiter auf sich warten. Zwar steht eine Stärkung der Apotheken im Koalitionsvertrag, ebenso wie eine Entbürokratisierung – doch Overwiening warnt: „Diese Maßnahmen müssen jetzt zügig auf den Weg gebracht werden, sonst kommen sie für viele Apotheken zu spät.“ Die jüngste Bilanz für 2024 verdeutlicht diesen Handlungsdruck: Im vergangenen Jahr sank die Apothekenzahl allein in Westfalen-Lippe um 57 Standorte. In den ersten Monaten 2025 sind bereits zwölf weitere Schließungen erfolgt, 25 weitere sind angekündigt – der Rückzug geht nahtlos weiter.
Um dem drohenden Kollaps der Vor-Ort-Versorgung entgegenzuwirken, haben die Apothekerkammern und -verbände ein gemeinsames Positionspapier verabschiedet: „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“. Der Dreiklang des Dokuments lautet: Entbürokratisierung, Prävention, Beratung. Die Apotheken sollen künftig schneller, einfacher und patientennäher Medikamente bereitstellen können, zugleich aber auch stärker in Prävention und Früherkennung eingebunden werden – von Impfungen bis zur Risikoerkennung bei Blutzucker und Blutdruck. Die dritte Säule adressiert eine zentrale Stärke der Apotheken: die persönliche Beratung – etwa bei Einleitung von Dauertherapien oder beim Umgang mit der elektronischen Patientenakte. Overwiening betont: „Die Apotheken mit ihren hochqualifizierten pharmazeutischen Mitarbeitenden sind bereit, mehr Verantwortung im Gesundheitswesen zu übernehmen.“
Diese Verantwortungsbereitschaft manifestiert sich auch in der wirtschaftlichen Disziplin: Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe konnte 2024 einen kleinen Haushaltsüberschuss erzielen. Die Einnahmen lagen mit 8,71 Millionen Euro leicht über dem Plan, die Ausgaben mit 8,69 Millionen leicht darüber – unterm Strich verbleiben rund 22.000 Euro, die in die Rücklagen fließen. Doch diese Zahlen täuschen nicht über die Realität hinweg: Die strukturellen Risiken wachsen schneller als die Rücklagen. Die Phase freiwilliger Umstrukturierung scheint vorbei – was jetzt folgt, ist ökonomisch erzwungene Konsolidierung mit sozialen und gesundheitspolitischen Folgekosten. Das Apothekenwesen steht an einem Kipppunkt.
Status quo zementiert Stillstand, Struktur wandelt Versorgung, Kurs braucht Konsequenz
Warum Soforthilfen allein nicht reichen, wie Klinikreform gegen veraltete Strukturen ankämpfen muss und wieso Patientensicherheit und Qualität keine Verhandlungsmasse sind
Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) endete mit einem vielschichtigen Ergebnis: Während die Finanzierung der kurzfristigen Klinik-Soforthilfen aus dem Bundeshaushalt für kurzfristige Planungssicherheit sorgt, warnt die AOK-Spitzenvertreterin Dr. Carola Reimann vor dem Irrglauben, dass damit bereits ein nachhaltiger Umbau des deutschen Kliniksystems eingeleitet sei. Statt Zukunftssicherung werde der Status quo konserviert – ein Zustand, der weder dem demografischen Wandel noch der Versorgungsrealität im ländlichen Raum gerecht werde.
Die geplanten Soforthilfen, die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken anlässlich der GMK bekräftigte, sollen Liquiditätsengpässe mildern und den Druck aus der akuten Finanzlage der Kliniken nehmen. Für Reimann ist diese Maßnahme jedoch kein Anlass zur Entwarnung: Sie betont, dass es sich dabei um eine reine Stabilisierungshilfe handle – nicht aber um einen gezielten Strukturimpuls. Die finanziellen Mittel dienten laut AOK lediglich dazu, das bestehende, teils überholte Krankenhausgefüge vorerst zu stützen, ohne es zukunftssicher zu gestalten.
Besonders kritisch bewertet Reimann dabei den Umstand, dass in den vergangenen Jahren durch pandemiebedingte Sonderregelungen bereits erhebliche Ausgleichszahlungen geflossen seien. Trotz sinkender Patientenzahlen in den Jahren 2022 und 2023 mussten keine Mindereinnahmen kompensiert werden – Corona- und Energiehilfen hätten die Betriebskosten mehr als gedeckt. Eine tatsächliche Finanzierungslücke im operativen Bereich sei daher nicht nachweisbar. Die Schlussfolgerung: Es fehlt nicht am Geld, sondern an Mut zur Reform.
Gleichzeitig begrüßt Reimann die klare Positionierung von Ministerin Warken, die den Kurs der geplanten Krankenhausreform trotz Länderwiderständen fortsetzen will. Genau hier sieht die AOK-Chefin die Chance, jenseits kurzfristiger Rettungspakete langfristige Weichen zu stellen. Die Verhandlungen mit den Bundesländern über mögliche Ausnahmeregelungen dürften jedoch nicht dazu führen, dass die Qualitätsziele des Reformprozesses verwässert werden. Patientensicherheit und medizinische Ergebnisqualität müssten oberste Priorität behalten – gerade auch dort, wo die Versorgung wirtschaftlich unter Druck gerät.
Für strukturell gefährdete Häuser in dünn besiedelten Regionen fordert Reimann gezielte finanzielle Absicherung. Dabei plädiert sie jedoch nicht für die Fortführung kleinteiliger stationärer Einheiten, sondern für ein sektorübergreifendes Versorgungsmodell, das ambulante, stationäre und digitale Angebote intelligent verzahnt. Der Wandel sei unausweichlich: Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels, der Altersstruktur in der Bevölkerung und der Ressourcenknappheit dürfe kein Euro mehr in nicht tragfähige Modelle fließen.
Mit Blick auf den Reformprozess appelliert die AOK-Spitzenfrau an alle Beteiligten, den politischen Konsens nicht durch Partikularinteressen zu blockieren. Die kommenden Wochen seien entscheidend, um die richtigen Signale zu setzen – nicht nur gegenüber den Kliniken, sondern auch gegenüber der Gesellschaft, die ein transparentes, leistungsfähiges und zukunftsfestes Gesundheitssystem erwartet. Wer jetzt nur verwaltet, statt zu gestalten, verspielt Vertrauen und verspielt Spielraum.
Klinikhilfen verzögert, Strukturreform konkretisiert, Länderbeteiligung betont
Warum die Auszahlung erst im Herbst erfolgt, welche Reformanpassungen geplant sind und wie Länder bei Klinikentscheidungen mehr Einfluss bekommen sollen
Die von vielen Krankenhäusern dringend erwartete finanzielle Entlastung wird sich trotz akuter Notlagen verzögern: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken kündigte zum Abschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) in Weimar an, dass die Auszahlung der rund vier Milliarden Euro umfassenden Klinik-Soforthilfen voraussichtlich erst nach der Sommerpause beginnen kann. Erst müsse der Bundeshaushalt beschlossen werden, anschließend wolle man „einen unbürokratischen Weg finden“, um die Hilfen schnell auf den Weg zu bringen. Die CDU-Ministerin betonte, dass sich Bund, Länder und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) über das weitere Verfahren abgestimmt hätten. Die Hilfen sollen sich über zwei Jahre erstrecken und dienen primär dazu, drastisch gestiegene Kosten der Krankenhäuser abzufedern. Laut DKG haben seit Anfang 2022 fast 80 Kliniken Insolvenz angemeldet, 80 Prozent schreiben aktuell rote Zahlen – ein strukturelles Alarmsignal, das durch kurzfristige Hilfen allein kaum zu entschärfen sein dürfte.
Doch auch auf struktureller Ebene kündigte Warken Veränderungen an: Zwar bleibe die geplante Krankenhausreform grundsätzlich bestehen, einzelne „Stellschrauben“ würden jedoch angepasst. Ziel sei eine stabile und bürgernahe Gesundheitsversorgung, insbesondere in ländlichen Regionen. Entsprechend wolle man den Ländern mehr Entscheidungsfreiheit bei der Festlegung regionaler Klinikstandorte einräumen, zusätzliche Aufnahmemöglichkeiten schaffen und Kooperationen zwischen Häusern erleichtern. Im Juli werde ein überarbeiteter Referentenentwurf erwartet, das Bundeskabinett könne sich dann im September damit befassen.
Warken wies zugleich die Sorge zurück, dass Krankenhäuser künftig flächendeckend schließen müssten: „Viele Menschen denken ja, mit der Reform soll das Krankenhaus weiter weg rücken. Diese Angst wollen wir nehmen.“ Ihr zufolge gehe es nicht um Reduktion, sondern um zielgerichtete Steuerung – ein Narrativ, das angesichts des derzeitigen Kliniksterbens und wachsender Versorgungsängste allerdings zunehmend kritisch hinterfragt wird.
Die GMK selbst markierte darüber hinaus weitere Handlungsfelder: In einem gemeinsamen Beschluss forderten die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder eine langfristige Sicherung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), dessen Förderphase 2026 endet. Der Bund solle sich auch über diesen Zeitraum hinaus verbindlich an der Finanzierung beteiligen. Darüber hinaus sprachen sich die Länder geschlossen für eine Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung aus – zwei Bereiche, die auch in der Klinikdebatte bislang strukturell unterrepräsentiert sind. Nicht zuletzt verständigte man sich darauf, den begonnenen Digitalisierungspfad fortzuführen, etwa im Bereich digitaler Meldeketten oder Verwaltungsprozesse.
Bereits 2020 hatten Bund und Länder ein vier Milliarden Euro umfassendes Förderpaket beschlossen, mit dem Personalaufbau, Infrastrukturverbesserungen und Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitswesen gefördert wurden – eine Summe, die sich mit den aktuellen Kliniksoforthilfen in der Höhe deckt, in der Wirkung jedoch nicht vergleichbar ist. Die jetzigen Mittel sind keine Investition in den Umbau, sondern in erster Linie ein Notnagel zur Existenzsicherung. Die weitergehende Reform bleibt abhängig von politischem Willen, föderalem Konsens – und dem Mut, nicht nur zu retten, sondern auch zu verändern.
Beipackzettel verwechselt, Rückruf ausgelöst, Sicherheitsrisiko erkannt
Warum Clopidogrel Aurobindo aus dem Handel genommen wird, welche Gefahren durch Perindopril-Informationen entstehen und was Apotheken jetzt umgehend tun müssen
Clopidogrel Aurobindo 75 mg Filmtabletten zu 100 Stück müssen in der Charge AAAA24092A zurückgerufen werden – der Grund ist gravierender als es auf den ersten Blick scheinen mag. Wie das Unternehmen mitteilt, befindet sich in einzelnen Packungen dieser Charge nicht die korrekte deutsche Gebrauchsinformation für den Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel, sondern stattdessen die niederländische Packungsbeilage für Perindopril Aurobindo, einen ACE-Hemmer mit völlig anderem Wirkprofil. Die fehlerhafte Beipackzettelzuweisung mag wie ein klassischer Verpackungsfehler erscheinen, doch birgt sie ernste Risiken: Die beiden Wirkstoffe unterscheiden sich nicht nur in ihrer Indikation und Wirkweise grundlegend – auch Kontraindikationen, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen können dramatisch voneinander abweichen.
Clopidogrel hemmt die ADP-abhängige Thrombozytenaktivierung und wird unter anderem zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt, ischämischem Schlaganfall und bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit eingesetzt. Perindopril hingegen blockiert das Angiotensin Converting Enzyme (ACE), senkt dadurch den Blutdruck und kommt typischerweise bei Hypertonie, Herzinsuffizienz oder nach einem Myokardinfarkt zum Einsatz. Der Einsatz eines falschen Beipackzettels kann fatale Folgen haben: Von einer unzureichenden Patientenaufklärung über unsachgemäße Einnahme bis hin zur unbemerkten Kontraindikation reichen die möglichen Szenarien, in denen der Patientenschutz kompromittiert würde.
Noch gravierender ist der Vorfall aus haftungsrechtlicher Perspektive: Sobald eine Gebrauchsinformation einem anderen Wirkstoff zugeordnet wird, liegt ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vor – und im Schadensfall kann die Apotheke in Regress genommen werden, falls nicht nachweislich ordnungsgemäß kontrolliert wurde. Deshalb ist der Rückruf dieser Charge nicht nur ein Sicherheitsmechanismus, sondern auch ein haftungspräventives Muss.
Apotheken werden dringend aufgefordert, das eigene Warenlager umgehend auf die betroffene Charge zu überprüfen. Packungen mit der Chargennummer AAAA24092A sollen über den Großhandel retourniert werden. Klinikbestände können direkt an die Puren Pharma GmbH & Co. KG, c/o Movianto Deutschland GmbH, In der Vogelsbach 1, 66540 Neunkirchen geschickt werden.
Für Apothekenteams bedeutet dieser Vorfall erneut ein organisatorisches Zusatzrisiko: Rückrufe müssen auch unter Stressbedingungen zügig umgesetzt, Lagerstrukturen effizient überprüft und Dokumentationen vollständig gesichert werden. Was wie ein Einzelfall wirkt, steht symptomatisch für die Herausforderungen in der Liefer- und Dokumentationskette: Wenn pharmazeutische Unternehmen in der Produktionsphase fehlerhafte Materialzuweisungen nicht verhindern, landen Risiken bei den Endstellen – den Apotheken. Und genau hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, jede Charge bei Wareneingang nicht nur formal, sondern auch inhaltlich zu prüfen.
Mut schützt Leben, Kritik braucht Maß, Bürokratie kostet Zukunft
Warum der Virchowbund Jens Spahn verteidigt, wer im Rückblick selektiv urteilt und welche Lehren für kommende Krisen überlebenswichtig sind
Die erneute Debatte um die Maskenbeschaffung während der Pandemie nimmt an Schärfe zu – und mit ihr die Kritik an Jens Spahn, dem damaligen Bundesgesundheitsminister. Doch mitten in der Empörungswelle setzt der Virchowbund einen bewussten Kontrapunkt: Nicht nur die Verfehlungen, sondern auch der Mut zur Verantwortung müsse in Erinnerung bleiben. In einer Stellungnahme erinnert der Bundesvorsitzende Dr. Dirk Heinrich daran, dass es gerade das schnelle, teils unkonventionelle Handeln Spahns im Frühjahr 2020 war, das zahllose Leben retten konnte – auch wenn dieses Handeln retrospektiv nicht jede haushaltsrechtliche Prüfung überstand.
Diese Intervention ist mehr als bloße Loyalität. Sie ist ein Versuch, die politische und mediale Aufarbeitung nicht in eine einseitige Schuldnarration kippen zu lassen. Tatsächlich ist die frühe Pandemiephase durch einen beispiellosen Mangel an Schutzmaterialien geprägt gewesen: In Praxen fehlten Kittel, Desinfektionsmittel, FFP2-Masken. Gleichzeitig behandelten niedergelassene Ärztinnen und Ärzte weiterhin Patientinnen und Patienten – oft ohne hinreichenden Eigenschutz. In dieser Situation, so Heinrich, hätten Bürokratie und Vergaberecht mehr Schaden angerichtet als verhindert. Die Maskenbeschaffung sei nicht frei von Problemen gewesen, aber sie sei – im Kontext der damaligen Dynamik – ein Ausdruck von Verantwortungsübernahme gewesen.
Besonders scharf fällt Heinrichs Kritik an jenen aus, die sich heute moralisch überlegen geben, damals jedoch im Schutz des Homeoffice agierten, während andere „den Laden am Laufen hielten“. Dieser Kontrast – zwischen später Empörung und früherer Untätigkeit – zieht sich wie ein roter Faden durch das Statement. Die Stoßrichtung ist klar: Wer retrospektiv mit juristischem Maßstab über Krisenentscheidungen richtet, verkennt die historische Lage und gefährdet künftige Handlungsfähigkeit. Denn, so Heinrichs zentrale Warnung: Wenn Verantwortliche bei der nächsten Krise vor allem damit beschäftigt sind, sich haftungsrechtlich abzusichern, wird niemand mehr schnell und mutig agieren – mit potenziell katastrophalen Folgen.
Zugleich plädiert der Virchowbund für eine differenzierte Aufarbeitung: Die Tatsache, dass einige Unternehmen während der Pandemie exorbitante Gewinne einstreichen konnten, müsse genauso kritisch geprüft werden wie politische Entscheidungen. Heinrich schlägt sogar vor, solche Firmen von künftigen öffentlichen Aufträgen auszuschließen. Damit verschiebt sich der Fokus: Nicht allein die staatlichen Akteure seien zu befragen, sondern auch die privatwirtschaftlichen Profiteure einer globalen Notlage.
In einem zentralen Satz fasst Heinrich die politische Quintessenz zusammen: „Bürokratie kann töten.“ Es ist eine steile These, aber sie trifft einen wunden Punkt – insbesondere in einem Gesundheitssystem, das zunehmend an seiner eigenen Regellast zu ersticken droht. In diesem Sinne ist die Spahn-Verteidigung keine Generalabsolution, sondern ein Appell zur Verhältnismäßigkeit: Ja, es braucht Aufarbeitung – aber nicht, um exemplarisch zu bestrafen, sondern um systemisch zu lernen. Und dieses Lernen beginnt mit der Einsicht, dass Perfektion kein Maßstab in der Katastrophe sein kann. Wer den Krisenmodus an peacetime-Regeln misst, züchtet Defensivpolitik – und riskiert letztlich genau das, was 2020 mit Mühe verhindert wurde: Kontrollverlust, Leid und Tod.
Biontech kauft Curevac, stärkt mRNA-Forschung, baut Krebstherapie aus
Milliardendeal bringt Standortgarantie für Tübingen, neue Allianzen und strategische Synergien
Biontech setzt ein unmissverständliches Signal: Der Mainzer mRNA-Pionier will seinen einstigen Impfstoff-Rivalen Curevac übernehmen und damit seine Strategie im Bereich der Krebsmedizin massiv ausbauen. Die Übernahme des Tübinger Unternehmens soll nicht nur neue Forschungskapazitäten sichern, sondern auch die technologische Tiefe von Biontechs mRNA-Plattform erweitern. Mit einem Kaufangebot, das Curevac mit rund 1,25 Milliarden US-Dollar bewertet, zielt Biontech auf die vollständige Integration aller Aktien und will diese in eigene ADS (American Depositary Shares) umtauschen. Ein Schritt, der strategisch auf Langfristigkeit ausgelegt ist: Curevac-Aktionäre sollen künftig 4 bis 6 Prozent an Biontech halten.
Das Timing ist dabei kein Zufall: Erst kürzlich hatte Biontech eine milliardenschwere Krebs-Kooperation mit dem US-Pharmariesen Bristol Myers Squibb bekanntgegeben. Im Zentrum steht der Wirkstoffkandidat BNT327, der darauf abzielt, die Immunabwehr gegen Tumoren gezielt zu reaktivieren. Diese strategische Allianz bringt Biontech sofortige Zahlungen in Milliardenhöhe und eröffnet weitere Entwicklungsmöglichkeiten bis mindestens 2028. Mit Curevac könnte nun ein weiteres Puzzlestück in der immunonkologischen Langfriststrategie hinzukommen – trotz historischer Differenzen, etwa bei Patenten und bei den jeweiligen Corona-Impfstoffentwicklungen.
Für Curevac markiert die geplante Übernahme eine Zäsur. Nach dem Rückzug seines ersten Corona-Impfstoffkandidaten infolge enttäuschender Wirksamkeit hatte das Unternehmen Stellen gestrichen und sich neu ausgerichtet. Nun soll der Tübinger Forschungsstandort erhalten bleiben, betonen beide Seiten. Der Deal, der eine Annahmeschwelle von 80 Prozent vorsieht, wird vom Bund grundsätzlich unterstützt. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die gut 13 Prozent der Curevac-Anteile hält, signalisiert Zustimmung – ebenso wie Großaktionär Dievini, die Beteiligungsholding von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp. Mit über 50 Prozent der Aktien bereits im Zugriffsbereich sieht sich Biontech auf einem stabilen Weg zur vollständigen Integration.
Biontech-CEO Ugur Sahin sieht in der Transaktion einen konsequenten Schritt im Rahmen der Onkologiestrategie seines Unternehmens. Besonders die Verbindung von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten mit mRNA-Technologie soll künftig neue Therapiestandards ermöglichen. Ein erster Zulassungsantrag in den USA – gegen Gebärmutterkrebs – ist laut Biontech noch für Ende 2025 geplant. Die medizinische Vision: Chemotherapien gezielter, wirksamer und verträglicher zu gestalten. Curevacs Know-how soll dazu beitragen, neue Baupläne für mRNA-Wirkstoffe zu definieren, die über das Covid-19-Zeitalter hinausreichen.
Parallel dazu passt sich Biontech strukturell an die veränderte Rolle eines globalen Entwicklers onkologischer Innovationen an. Die Kombination aus Akquisition, Großkooperationen und regulatorischen Meilensteinen unterstreicht, wie konsequent das Unternehmen seine Cash-Reserven und seine Nasdaq-Notierung nutzt. Der Abschluss der Curevac-Übernahme ist bis Ende 2025 geplant – genau zu jenem Zeitpunkt, an dem Biontech seinen ersten Onkologie-Zulassungsantrag stellen will. Dass sich beides in eine Gesamtstrategie fügt, ist kein Zufall – sondern das Ergebnis einer zunehmend ambitionierten Roadmap Richtung Krebstherapie der nächsten Generation.
Politische Altlasten, milliardenschwere Maskenklage, Transparenzblockade
Wie Spahns E-Mail im Maskenskandal zum Problem wird, der Bund Milliardenrisiken trägt und Warken einen Bericht unter Verschluss hält
Der Maskenskandal der Corona-Frühphase holt Jens Spahn mit voller Wucht ein – und bringt nicht nur die Union, sondern auch das Bundesgesundheitsministerium unter Nina Warken in eine prekäre Lage. Im Zentrum steht eine locker formulierte E-Mail des damaligen Ministers an einen Maskenhändler, die nun Teil eines laufenden Gerichtsverfahrens ist. Der Inhalt wirkt beiläufig, der finanzielle Streitwert ist es nicht: Rund 287 Millionen Euro fordert eine Hamburger Firma vom Bund – auf Basis genau dieser Zeilen. Dass die Affäre nicht nur ein juristisches, sondern auch ein politisches Nachspiel haben wird, ist absehbar.
„Ja. Transport klären wir dann. Jetzt will ich erst mal rechtlich verbindlich das Zeug ;-)“ – diese Formulierung schickte Jens Spahn laut Spiegel Anfang März 2020 an die Firma Pure Fashion Agency. Ein offizieller Zuschlag war das laut Ministerium nie. Dennoch steht der Vorwurf im Raum, dass der Bund auf Basis dieser Kommunikation zahlungsverpflichtet sein könnte. Die Hamburger Firma reichte bereits im Sommer 2023 Klage beim Landgericht Bonn ein. Im Verfahren, das sich inzwischen zu einem Symbol für das politisch-administrative Chaos jener Pandemiefrühzeit entwickelt, steht die Frage im Raum, ob ein Bundesminister mit formloser Kommunikation milliardenschwere Verpflichtungen auslösen kann – und ob die Regierung die Kontrolle über die Folgen verloren hat.
Brisant ist auch die Rolle der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof, die im Auftrag des Ministeriums die Maskenbeschaffung aus der Spahn-Zeit untersuchte. Ihr Bericht liegt längst vor, wird aber nicht veröffentlicht. Gesundheitsministerin Warken, ebenfalls CDU, lässt die Ergebnisse unter Verschluss – trotz wachsender Kritik an der mangelnden Transparenz. Denn auch wenn Sudhof die E-Mail nicht als eindeutige Auftragszusage wertet, ist die Bewertung nicht das einzige politische Risiko: Der Bericht beleuchtet offenbar auch interne Kommunikationsstrukturen, dubiose Preisentscheidungen und Vergabeverfahren, die zugunsten anderer Anbieter – darunter die schweizerische Firma Emix – verlaufen seien. Deren Masken sollen über 5 Euro pro Stück gekostet haben.
Die Opposition sieht in der Zurückhaltung ein Manöver. Grünen-Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta äußert sich deutlich: „Spahn hatte persönlich auch mit eher unseriösen Maskenhändlern Mailverkehr. Obwohl kein Kauf zustande kam, werden wir auf Basis seiner Mails bis heute verklagt – in dreistelliger Millionenhöhe. Ausgang unklar.“ Dass das Gesundheitsministerium diese brisante Gemengelage in der Öffentlichkeit bislang nicht aufklärt, sondern juristisch schweigt, verschärft den Druck zusätzlich. Die finanzielle Dimension ist ebenso heikel wie der politische Flurschaden – zumal längst nicht ausgeschlossen ist, dass weitere Klagen auf den Bund zukommen.
Für Jens Spahn wird der Rückblick auf seine Pandemiepolitik damit endgültig zur offenen Flanke – und für Ministerin Warken zur Belastungsprobe in der eigenen Partei. Ob die Bundesregierung das Verfahren durchstehen kann, ohne dabei sowohl Glaubwürdigkeit als auch Haushaltsmittel zu verlieren, hängt nun vom weiteren Verlauf in Bonn ab. Die Frage, ob eine E-Mail mit Smiley eine halbe Milliarde Steuergeld auslösen kann, ist längst keine Satire mehr, sondern bittere Realität deutscher Pandemiegeschichte.
Reaktionsfähigkeit verändert sich, Sicherheit bleibt möglich, Politik ringt um Pflichttests
Wie ältere Menschen mobil bleiben, welche Risiken das Alter birgt und warum ein starres Alterslimit nicht die Lösung sein kann
Wer im Alter Auto fährt, gerät oft in den Fokus gesellschaftlicher Debatten – und das nicht erst seit gestern. Immer wieder wird gefordert, für Seniorinnen und Senioren verpflichtende Fahrtauglichkeitsprüfungen einzuführen. Der Ruf nach solchen Tests wird meist laut, wenn tragische Verkehrsunfälle mit älteren Fahrenden in Verbindung gebracht werden. Doch der nüchterne Blick auf Unfallstatistiken, Reaktionsprofile und medizinische Erkenntnisse zeigt: Das Alter allein ist kein hinreichender Maßstab für Fahrsicherheit. Vielmehr kommt es auf die individuelle Verfassung an – körperlich, kognitiv und emotional.
Die Zahlen des Statistischen Bundesamts sprechen eine differenzierte Sprache. Während ältere Menschen ab 75 Jahren gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil zwar leicht überrepräsentiert sind, fallen sie deutlich seltener durch riskantes Fahrverhalten oder Alkohol am Steuer auf. Auffällig sind stattdessen Unfälle aufgrund von Vorfahrtsverletzungen oder unzureichender Reaktion auf komplexe Verkehrssituationen. Das lässt Rückschlüsse auf eine nachlassende kognitive Flexibilität zu, nicht aber auf generelle Ungeeignetheit.
Die entscheidende Frage ist daher nicht, ob ältere Menschen per se ein Sicherheitsrisiko darstellen, sondern wie ihre Verkehrstüchtigkeit angemessen, fair und effektiv beurteilt werden kann. Während einige europäische Länder – etwa Dänemark oder die Niederlande – bereits altersabhängige Regelprüfungen eingeführt haben, setzt Deutschland bislang auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung. Experten wie der Verkehrspsychologe Prof. Stefan Kirschbaum warnen allerdings vor einem pauschalen Pflichtsystem. Statt Altersgrenzen seien flexible, indikationsbasierte Check-ups sinnvoller – beispielsweise in Form regelmäßiger ärztlicher Fahreignungsbeurteilungen ab einem gewissen Alter oder bei bestimmten Diagnosen.
Zahlreiche Betroffene fühlen sich von solchen Debatten ohnehin ungerecht behandelt. Für viele Seniorinnen und Senioren bedeutet das eigene Auto Unabhängigkeit, Alltagssouveränität und gesellschaftliche Teilhabe. Sie wollen nicht in einen pauschalen Generalverdacht geraten, sondern mit Augenmaß und Respekt behandelt werden. Eine taugliche Lösung müsste diesem Bedürfnis Rechnung tragen – und gleichzeitig die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer wahren.
Ein zentraler Punkt ist dabei die frühzeitige Wahrnehmung individueller Warnsignale. Dazu gehören Orientierungsprobleme im Stadtverkehr, Unsicherheit beim Abbiegen, häufiges Hupen anderer Verkehrsteilnehmer oder vermehrte Kratzer und Dellen am Wagen. Auch zunehmende Erschöpfung nach kurzen Fahrten, Probleme beim Schulterblick oder Schwierigkeiten, Verkehrszeichen zu erkennen, sollten Anlass zur Selbstprüfung geben. Hier können Hausärztinnen, Augenärzte und spezialisierte Verkehrsmediziner wertvolle Einschätzungen liefern.
Technische Assistenzsysteme können im Einzelfall helfen, sind aber kein Allheilmittel. Ein Müdigkeitswarner oder Notbremsassistent ersetzt nicht die Fähigkeit zur Antizipation und Reaktionsschnelligkeit. Die individuelle Selbsteinschätzung, unterstützt durch medizinisches Feedback, bleibt also entscheidend.
Die Politik steht vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss praktikable Lösungen für eine alternde Gesellschaft entwickeln und dabei Freiheitsrechte und Sicherheit in Balance halten. Verpflichtende Regelprüfungen nach einem starren Altersprinzip könnten juristisch und gesellschaftlich problematisch sein. Besser wäre ein System, das auf Anreize zur freiwilligen Kontrolle setzt – flankiert von niederschwelligen Beratungsangeboten, regionalen Fahrsicherheitskursen und verbindlichen Empfehlungen durch Hausärzte bei Verdacht auf Fahruntauglichkeit.
Solange keine verpflichtende Regelung besteht, liegt die Verantwortung für die eigene Fahrtauglichkeit primär bei den Betroffenen selbst – und ihrem sozialen Umfeld. Angehörige, Freundeskreis und medizinische Fachpersonen sollten aufmerksam begleiten, ohne zu bevormunden. Der Weg zu einem altersgerechten Mobilitätskonzept führt nicht über Zwang, sondern über Vertrauen, Beratung und unterstützende Maßnahmen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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