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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Wenn ein einzelnes Wort reicht, um ein ganzes Berufsbild zu delegitimieren, ist mehr passiert als ein rhetorischer Lapsus. Die schriftliche Version von Steinmeiers Verfassungsrede spricht von „Online-Apotheke“, wo in der gesprochenen Version noch die klassische Apotheke gemeint war – ein scheinbar kleines Detail mit großer Wirkung. Denn wer Apothekenpolitik ernst meint, kann sich semantische Unschärfen nicht leisten. Zeitgleich geraten die wirtschaftlichen Strukturen ins Wanken: Der pharmazeutische Großhandel warnt vor einem Kollaps durch ungebremsten Skontodruck, der DAV verzeichnet trotz Umsatzplus einen dramatischen Schließungsrekord, und das neue SVR-Gutachten fordert revolutionäre Eingriffe in die Preisbildung. Inmitten dieser tektonischen Verschiebungen meldet sich CDU-Ministerin Warken mit Führungsanspruch und Strukturreformambitionen in der Frauen-Union zu Wort, während in der realen Versorgungslandschaft giftige Kombitherapien, verbotene Schlankmacher und unterschätzte Mikronährstoffmängel zunehmend zur Gefahr werden. Der Mai bringt nicht nur Pollen, sondern auch den allergischen Schock einer politischen und pharmazeutischen Systemanalyse – mit Selbstbräunerillusionen, toxischen Wechselwirkungen und einer Versorgung, die auf allen Ebenen ihre Schutzschichten verliert. Was fehlt, ist nicht Symbolik, sondern Klartext. Nicht Pathos, sondern Präzision. Und vor allem: Verantwortung.
Es war nur ein Nebensatz. Und doch reicht ein einziges Wort, um die Distanz zwischen politischer Repräsentation und pharmazeutischer Wirklichkeit mit brutaler Deutlichkeit sichtbar zu machen: „Online-Apotheke“. So steht es in der schriftlichen Version der Verfassungsrede von Frank-Walter Steinmeier, wo in der gesprochenen Fassung lediglich von „der Apotheke“ die Rede war. Was für den protokollarischen Betrieb unerheblich erscheinen mag, hat im Apothekenwesen die Wucht eines Symbolbruchs. Denn in einer Zeit, in der flächendeckende Versorgung, persönliche Beratung und wohnortnahe Arzneimittelsicherheit immer fragiler werden, wirkt die beiläufige Gleichsetzung von realer und digitaler Versorgung nicht nur unsensibel – sie wirkt entlarvend.
Die öffentliche Reaktion fiel entsprechend scharf aus. Die Formulierung markiert in den Augen vieler Apotheker:innen nicht nur einen semantischen Fehlgriff, sondern einen politischen Realitätsverlust. Wer in einem Satz den stationären Ort der Versorgung gegen die digitale Bestelloption austauscht, trägt dazu bei, eine kulturelle Infrastruktur zu entwerten, die längst unter strukturellem Druck steht – ökonomisch, personell, politisch. Und es bleibt nicht beim rhetorischen Ungeschick.
Denn auch auf der ökonomischen Ebene wird das Fundament der Apothekenversorgung aktuell systematisch untergraben – etwa durch die ungebremste Skontopraxis im Großhandel. Der Phagro, Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels, schlägt Alarm: Skonti, die bislang als legitimes kaufmännisches Instrument zur Rechnungsoptimierung galten, mutieren unter politischer Ignoranz zu einem Hebel, der das gesamte Versorgungssystem destabilisieren könnte. Die Mitgliederversammlung des Verbands wurde zum Warnruf – nicht nur an die Politik, sondern auch an jene, die sich Illusionen über die Tragfähigkeit marktliberaler Routinen machen.
Hintergrund der Debatte ist das absurde Paradox, dass der vollversorgende Großhandel als Rückgrat der Arzneimittelverfügbarkeit zugleich einem Preisverfall durch Skontodruck ausgeliefert wird, der seine Existenz gefährdet. Der Ruf nach einer politisch garantierten Mindestvergütung ist daher kein Wunschzettel, sondern eine notwendige Schutzforderung – für Strukturen, die täglich unsichtbare Stabilität gewährleisten. Doch von politischer Seite kommt bislang wenig außer Absichtserklärungen. Genau hierin liegt das Problem: Die Bundesregierung beteuert regelmäßig, wie sehr ihr an einer starken Apothekenlandschaft gelegen sei – doch im Vollzug steht der Erhalt dieser Struktur auf wackeligen Beinen.
Nicht zufällig rückt in dieser Gemengelage das aktuelle Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege in den Fokus. Es nimmt sich ausgerechnet jener Frage an, die wie kaum eine andere über das Schicksal der Arzneimittelversorgung entscheidet: der Preisbildung. In einer Mischung aus nüchterner Analyse und strategischer Neujustierung schlägt das Gutachten nicht nur eine effektivere Kontrolle von Einführungspreisen neuer Wirkstoffe vor, sondern fordert explizit rückwirkende Eingriffe bei unverhältnismäßigen Preisentwicklungen. Das ist nicht weniger als ein Paradigmenwechsel – und erfordert politische Entschlossenheit, die bisher nur in Form gut gemeinter Einzelfallregulierung sichtbar wurde.
Doch wie so oft wird politischer Gestaltungswille durch parteiinterne Kämpfe gebremst. Beispiel: CDU. Mit der Kandidatur von Nina Warken für den Vorsitz der Frauen-Union tritt eine Ministerin an, die Führungsanspruch und Strukturveränderung miteinander verknüpft – und damit die Unentschiedenheit der Union zwischen konservativer Selbstvergewisserung und moderner Programmatik auf den Punkt bringt. Dass sie mit Ina Scharrenbach eine starke Gegnerin hat, macht die Debatte nicht belangloser. Es geht um mehr als einen Personalwechsel – es geht um die Richtung, in der sich eine Partei mit Regierungsanspruch positioniert. Und damit auch um die Frage, ob gesundheitspolitische Herausforderungen künftig inhaltlich substanziell oder weiterhin rhetorisch abgearbeitet werden.
Denn die Datenlage ist längst alarmierend. Der Apothekenwirtschaftsbericht des Deutschen Apothekerverbands (DAV) für das Jahr 2024 zeigt: Noch nie war die Schere zwischen wirtschaftlicher Kennziffer und realer Versorgungslage so groß. Zwar steigen Umsätze leicht, doch zugleich verzeichnen wir den höchsten Schließungsstand seit Erfassung. Das ist keine paradoxe Entwicklung – das ist ein System in Selbstüberforderung. Politische Reaktionen darauf? Kaum mehr als freundliche Begleitmusik.
Das Vakuum politischer Handlungsfähigkeit füllen derweil gefährliche Grauzonen. Etwa im Onlinehandel mit illegalen Schlankmachern: Sibutramin und Phenolphthalein – zwei Substanzen mit hohem Risikoprofil und längst verboten – wurden jüngst in fünf Internetpräparaten entdeckt. Der Fall zeigt, wie weit die regulatorische Kontrolle vom digitalen Alltag entfernt ist. Selbst Produkte mit harmlos klingenden Namen wie „Royal Slim“ oder „Complex Coffee“ entpuppen sich bei genauem Blick als gesundheitsgefährdende Cocktailmischungen – ein Versagen der Vorsorgepolitik, das Verbraucher:innen ungeschützt zurücklässt.
Dabei wäre medizinische Präzision dringend gefragt – etwa im Umgang mit Allergien. 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter, doch die Versorgungsrealität ist oft defizitär. Moderne Wirkstoffe existieren, doch es mangelt an flächendeckender Anwendung und konsequenter Beratung. Apotheken könnten hier zur entscheidenden Instanz werden – wenn sie nicht durch Unterfinanzierung und strukturelle Engpässe ausgebremst würden.
Noch drastischer ist das Beispiel einer pharmakologischen Doppelbelastung, die sich im Alltag unbeachtet einschleicht: die Kombination von Methotrexat und Metamizol. Beide Wirkstoffe sind einzeln etabliert – gemeinsam jedoch potenziell toxisch. Fehlt die koordinierende Kontrolle, entsteht ein tödliches Risiko. Hier offenbart sich eine stille Eskalation im Versorgungssystem – die Warnmechanismen versagen, weil Schnittstellen unklar sind und Verantwortungen verschwimmen.
Und schließlich die unterschätzte Wechselwirkung zwischen Medikamenten und Mikronährstoffen: Was wie ein Detail klingt, wird bei Dauertherapien schnell zur Bedrohung. Arzneien, die Vitamine blockieren oder Mineralstoffe verdrängen, können bei Risikogruppen gravierende Mängel auslösen. Beratung in der Apotheke wäre der erste Schutz – doch erneut fehlen Zeit, Geld und Systemunterstützung.
Selbst in scheinbar banalen Bereichen wird deutlich, wie sehr unser Gesundheitsverständnis von Illusionen durchzogen ist. Der Selbstbräuner etwa – gefeiert als UV-freie Alternative – mag oberflächlich wirken, doch verhindert weder Strahlenschaden noch schützt er vor Hautalterung. Melanoidine erzeugen Bräune, keine Barriere. Der Schutz ist kosmetisch, nicht funktional. Das Problem ist nicht das Produkt, sondern die Verwechslung von Wirkung und Wirkungssuggestion.
Alle diese Themen – vom missverständlichen Präsidentenwort bis zur molekularen Interaktion – eint ein Befund: Unsere Gesundheitsversorgung wird zunehmend semantisch beschönigt, ökonomisch ausgehöhlt und politisch nur noch verwaltet. Die Worte stimmen oft nicht mehr mit der Realität überein. Das ist mehr als ein rhetorisches Problem – es ist ein struktureller Notruf.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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