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  • 15.05.2025 – Apotheken-News: Arzneimittel als Ware, Versorgung als Kollateralschaden
    15.05.2025 – Apotheken-News: Arzneimittel als Ware, Versorgung als Kollateralschaden
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Vor dem Bundesgerichtshof steht die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf dem juristischen Prüfstand. Versandapothe...

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Arzneimittel als Ware, Versorgung als Kollateralschaden

 

Vor dem BGH kollidieren Marktprinzip und Gemeinwohlpflicht im Rx-Handel

Ein Prozess mit Sprengkraft erschüttert die Grundlagen der Arzneimittelversorgung in Deutschland: Vor dem Bundesgerichtshof prallt die Logik des freien Marktes auf die Prinzipien des Gemeinwohls. DocMorris, einstiger Pionier des Versandhandels, fordert unter Berufung auf europarechtliche Freiheiten das Ende der deutschen Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente. Im Gerichtssaal wird die Versorgung zur Nebensache, der Wettbewerb zum Leitbild. Doch was bedeutet das für die Apotheken vor Ort, für Nacht- und Notdienste, Rezepturen und Medikationsmanagement? Während die Richter primär juristisch abwägen, spitzt sich die wirtschaftliche Lage in der Branche weiter zu. Die Entscheidung in Karlsruhe könnte den Markt nicht nur verändern, sondern erschüttern. Apothekeninhaber sind gut beraten, nicht nur auf ein Urteil zu warten – sondern sich auf dessen Folgen vorzubereiten.


In einem Verfahren von außergewöhnlicher Tragweite verhandelte der Bundesgerichtshof über die rechtliche Zulässigkeit der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Kontext grenzüberschreitender Versandapotheken. Klägerin war DocMorris – das Unternehmen, das bereits 2016 mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs die deutsche Preisbindung auf europäischer Ebene erstmals ins Wanken brachte. Doch was damals in Luxemburg entschieden wurde, erreicht nun seinen juristischen Kulminationspunkt in Karlsruhe. Der BGH muss klären, ob das deutsche Preisrecht auch dann Bestand hat, wenn sich ausländische Anbieter unter dem Deckmantel der Warenverkehrsfreiheit systematisch vom Preisregime abkoppeln. Die Antwort könnte den Apothekenmarkt in seinen Grundfesten erschüttern.

Im Gerichtssaal präsentierte sich das Verfahren als ein Konflikt zwischen normativem Gesundheitsverständnis und wirtschaftsliberaler Marktlogik. Die Vertreter von DocMorris argumentierten mit freiem Wettbewerb, Effizienzgewinnen und Konsumentenwohl, während sich die Gegenseite auf die systemrelevante Rolle der inhabergeführten Präsenzapotheken berief. Der Anwalt der Versandapotheke brachte vier Stapel Akten in den Saal – Symbol und Strategie zugleich: Masse statt Maß, Formalismus statt Versorgung. Dass dabei die strukturelle Verantwortung der Apotheken für Nacht- und Notdienste, Rezeptur, Akutversorgung oder Medikationsmanagement kaum gewürdigt wurde, lässt tief blicken. Die Richter hielten sich in ihrer Befragung auffallend zurück, stellten wenige Fragen zur praktischen Versorgungslage und schienen primär an juristischer Abwägung zwischen Markt- und Versorgungsinteresse interessiert.

Für die Apothekerschaft war das Verfahren ein Weckruf. Der Eindruck, dass ein Gericht über Systemfragen entscheidet, ohne deren realökonomische Auswirkungen vollständig zu erfassen, befeuert die Sorge vor einer Entkopplung zwischen Rechtsprechung und Versorgungspraxis. Die Preisbindung, so zeigen Stellungnahmen von Experten, ist nicht bloß eine Marktregel, sondern eine strukturtragende Säule für die Gleichpreisigkeit, die die Apothekenvergütung stabilisiert, Quersubventionierung ermöglicht und Wettbewerbsverzerrung zugunsten global agierender Versandriesen verhindert. Ihre Erosion würde zu einem ruinösen Preiskampf führen, der besonders Apotheken im ländlichen Raum massiv unter Druck setzen würde – mit dominoartigen Auswirkungen auf die Versorgung, die Ausbildungslandschaft, den Bereitschaftsdienst und letztlich die Patientensicherheit.

Der BGH muss sich in diesem Verfahren auch mit der Frage beschäftigen, ob nationale Gemeinwohlinteressen über europarechtliche Wettbewerbsfreiheiten gestellt werden dürfen – eine juristisch heikle Gratwanderung, die politisch längst entschieden sein sollte. Während sich Ministerien, Verbände und Fachöffentlichkeit auf flankierende Reformen vorbereiten, droht das Gericht, Fakten zu schaffen, bevor eine sachlich abgestimmte Systemkorrektur möglich ist. Dass dies mitten in einer Phase erfolgt, in der Apotheken ohnehin durch Fixhonorarstagnation, Lieferengpässe und gesetzliche Überregulierung geschwächt sind, macht das Risiko noch akuter.

Apothekeninhaberinnen und -inhaber stehen nun vor der strategischen Pflicht zur Vorbereitung auf eine denkbare Preisfreigabe. Das umfasst nicht nur betriebswirtschaftliche Szenarienrechnungen und die Ausweitung patientenorientierter Leistungen, sondern vor allem auch juristische Prävention. Spezialisierte Rechtsschutzversicherungen gegen neue Wettbewerbsrisiken, Absicherung gegen Umsatzausfälle, Cyberangriffe und strukturelle Benachteiligung sind keine Kür mehr, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit. Die strategisch kluge Positionierung in dieser Phase bedeutet, nicht nur auf das Urteil zu warten, sondern auf das Urteil vorbereitet zu sein.

Das Urteil wird frühestens in einigen Monaten verkündet – doch der Schaden für das Vertrauen in die Systemstabilität ist bereits eingetreten. Die Apothekerschaft wurde Zeuge eines Verfahrens, das weniger auf das Funktionieren der Versorgung als auf die abstrakte Normierung wirtschaftlicher Freiheit fokussiert war. Was jetzt zählt, ist nicht das Ende dieses Prozesses, sondern der Beginn einer strategischen Selbstbehauptung.


Kommentar:

Das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof zur Preisbindung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist kein ordinärer Rechtsstreit. Es ist ein Systemverfahren – mit offenen Flanken, verdeckten Risiken und weitreichenden Folgen. Was als juristische Abwägung erscheint, ist in Wahrheit ein Angriff auf die Struktur der solidarischen Versorgung. Wenn Arzneimittel zur Marktware degradiert werden, verliert das Gesundheitssystem seine Ordnungsfunktion. Die Preisbindung ist kein historisches Relikt, sondern ein Fundament: Sie gleicht Ungleichheiten aus, stabilisiert Erstattungslogiken und schützt vor einer Monopolisierung des Zugangs zu essenziellen Therapien.

DocMorris stellt mit seiner Klage das Prinzip infrage, dass Versorgung nicht nach Rabattlogik funktionieren darf. Und der BGH prüft diese Frage, ohne die volle Tragweite der Versorgungspraxis zu reflektieren. Das ist mehr als ein juristisches Defizit – es ist ein politisches Versagen. Die Apothekerschaft steht damit erneut allein in der Verantwortung, ein Versorgungssystem zu verteidigen, das in der juristischen Debatte zunehmend zur Nebensache wird. Apotheken sind keine Marktteilnehmer wie jeder andere. Sie sind Gesundheitsakteure mit Verpflichtung, nicht bloß mit Funktion.

Statt auf ein günstiges Urteil zu hoffen, müssen Apotheken jetzt handeln: Versicherungen anpassen, wirtschaftliche Resilienz stärken, politische Sichtbarkeit herstellen. Wer die Risiken der Preisfreigabe unterschätzt, wird nicht durch Rechtsschutz geschützt, sondern durch eigenes Handeln. Die Politik hat sich aus dieser Auseinandersetzung zurückgezogen. Was bleibt, ist die Verantwortung derer, die den Versorgungskern repräsentieren. Ob die Gleichpreisigkeit bleibt, entscheidet der BGH. Ob die Versorgung bleibt, entscheiden die Apotheken selbst.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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