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  • 15.05.2025 – Apotheken-News: Altersvorsorge, GKV-Defizit, Gewalt in Apotheken – Systemische Alarmsignale
    15.05.2025 – Apotheken-News: Altersvorsorge, GKV-Defizit, Gewalt in Apotheken – Systemische Alarmsignale
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Ein drastischer Wertverlust im Versorgungswerk, eine Unterschreitung der GKV-Liquiditätsreserve, ein massiver Betrugsfall bei Corona-Te...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Altersvorsorge, GKV-Defizit, Gewalt in Apotheken – Systemische Alarmsignale

 

Hinter scheinbarer Stabilität wachsen Risse in Versorgung, Vertrauen und Schutz

Es ist ein stiller Bruch, der sich durch das Gesundheitssystem zieht. Die 33-Millionen-Euro-Abschreibung des Versorgungswerks Schleswig-Holstein mag auf den ersten Blick wie ein interner Buchungsvorgang wirken, doch sie offenbart eine tiefere finanzielle Verunsicherung, die weit über die Grenzen eines Bundeslandes hinausreicht. Parallel dazu droht die gesetzliche Krankenversicherung in Liquiditätsnot zu geraten – mit dem Rückgriff auf Notreserven als letztem politischen Rettungsmanöver. Während auf der Systemebene Millionen fehlen, wird an der Basis das Versorgungsnetz von individuellen Belastungsgrenzen getragen. Apotheker wie Stefan Reichensperger stemmen allein 24-Stunden-Dienste, als wäre Selbstaufopferung eine Berufspflicht. Diese Haltung ist bewundernswert, aber auch ein dramatischer Hinweis auf ein System, das ohne strukturelle Entlastung nicht mehr funktioniert. Und als wäre das nicht genug, treten nun auch die Schattenseiten der Pandemie sichtbar hervor: Ein Abrechnungsbetrug im Testzentrum mit einem Schaden von 367.000 Euro zeigt, wie anfällig digitale Prozesse für kriminelle Energie sind. All diese Entwicklungen fügen sich zu einem Gesamtbild zusammen, das von wachsendem Druck, ökonomischer Instabilität und moralischer Überforderung geprägt ist. Die Frage ist nicht mehr, ob das System reformiert werden muss – sondern, ob es ohne sofortige Korrekturen überhaupt noch tragfähig bleibt.


Die wirtschaftliche Resilienz des Apothekensektors in Deutschland steht erneut auf dem Prüfstand. Aus Schleswig-Holstein kommt eine frühe und deutliche Warnung: Das Versorgungswerk der dortigen Apothekerkammer musste im laufenden Jahr Abschreibungen in Höhe von 33 Millionen Euro vornehmen. Bereits 2023 war eine solche Maßnahme nötig, doch diesmal kam die Mitteilung deutlich früher – offenbar als Reaktion auf Kritik an der verzögerten Kommunikation im Vorjahr. Die frühe Veröffentlichung des Zahlenwerks soll Transparenz demonstrieren, wirft aber zugleich ein grelles Licht auf die instabile Vermögenslage. Für viele Apothekerinnen und Apotheker, die ihre Altersvorsorge auf die Stabilität des berufsständischen Modells stützen, ist die erneute Korrektur ein Alarmsignal. Die Tatsache, dass sich Rücklagen in dieser Größenordnung in so kurzer Zeit entwerten, untergräbt das Vertrauen in die Tragfähigkeit des Modells – und zwingt Betreiber wie angestellte Apotheker zur Neubewertung ihrer Vorsorgestrategien.

Parallel dazu offenbart sich auf bundespolitischer Ebene eine zweite Finanzlücke: Die Liquiditätsreserve der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist erstmals seit Jahren unter ihre gesetzlich vorgeschriebene Mindestmarke gefallen. Um die Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen kurzfristig abzusichern, hat der Bund nun 800 Millionen Euro aus dem regulären Bundeszuschuss vorgezogen. Eine Notmaßnahme, die den Ernst der Lage unterstreicht. Die neue CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken spricht von einem strukturellen Notstand: „Ich übernehme ein System in tiefroten Zahlen.“ Der Reformgipfel zur langfristigen Neuausrichtung der GKV wurde auf 2027 vertagt – ein zeitlicher Horizont, der angesichts der aktuellen Unterdeckung als realitätsfern kritisiert wird. Für Apotheken bedeutet die schrumpfende Liquiditätsbasis der GKV nicht nur ein erhöhtes Ausfallrisiko bei Zahlungen, sondern auch eine wachsende Gefahr, dass Einsparungen zu Lasten der Versorgung erfolgen.

Während sich auf der Makroebene Rücklagen auflösen und Reserven schwinden, ist die Mikroebene von Überforderung geprägt. Am Beispiel von Stefan Reichensperger zeigt sich exemplarisch, wie fragil die Notdienstversorgung in Deutschland geworden ist. Der Apotheker aus Halle (Saale) absolvierte am 1. Mai allein einen kompletten 24-Stunden-Bereitschaftsdienst – ohne Unterstützung durch Kollegen, ohne organisatorische Entlastung, ohne tarifliche Kompensation. Seine Haltung ist bemerkenswert: „Ich empfinde jedes Problem im Bereitschaftsdienst als relevant und freue mich, wenn ich helfen kann.“ Doch hinter dieser Aussage verbirgt sich eine systemische Überlastung, die nicht länger ignoriert werden darf. Dass einzelne Apothekenbetreiber die gesamte Notdienststruktur aufrechterhalten, ist kein Zeichen der Stärke des Systems, sondern ein Symptom seines Kollapses. Die Bereitschaft zur Hilfe ersetzt keine funktionierende Infrastruktur – und darf nicht zur moralischen Verpflichtung werden, systemisches Versagen auszubalancieren.

Hinzu kommt ein wachsendes Misstrauen gegenüber den Kontrollmechanismen in der Gesundheitsversorgung, ausgelöst durch einen spektakulären Fall von Abrechnungsbetrug. Zwei Männer stehen in Oberbayern vor Gericht, weil sie über Monate hinweg Scheinabrechnungen für Corona-Schnelltests eingereicht haben sollen, die nie durchgeführt wurden. Der dabei entstandene Schaden beläuft sich laut Anklageschrift der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen auf rund 367.000 Euro. Die Angeklagten nutzten digitale Schnittstellen zur Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), um manipulierte Testzahlen einzureichen, die weder durch Personal- noch durch Patientendaten gedeckt waren. Der Fall offenbart massive Schwächen in der digitalen Abrechnungskontrolle – und wirft die Frage auf, wie viele ähnliche Vorgänge bislang unentdeckt geblieben sind. Die Justiz wertet den Vorgang als besonders schweren Fall des gewerbsmäßigen Betrugs.

Als wäre diese Kombination aus Abschreibungen, Liquiditätskrisen und Betrugsfällen nicht bereits bedrohlich genug, zeigt ein weiterer Fall, wie sehr sich auch die Sicherheitslage für Apothekenmitarbeiter verschlechtert. In Barsinghausen bei Hannover wurde eine Apothekenangestellte Opfer eines brutalen Überfalls. Ein bislang unbekannter Täter griff sie im Lagerbereich an, bedrohte sie mit einem Messer und flüchtete anschließend auf einem Fahrrad – ohne Beute, aber mit einem massiven psychischen Schaden für die Betroffene. Die Polizei Hannover wertet den Vorfall als schweren Raub. Er reiht sich ein in eine Serie gewalttätiger Übergriffe auf Apotheken, die nicht nur ökonomisch, sondern zunehmend auch physisch zum Risikobetrieb werden.

All diese Entwicklungen verdichten sich zu einem Gesamtbild, das tiefgreifende Fragen aufwirft: Wie stabil ist die finanzielle Grundlage der Apothekenversorgung wirklich? Wie belastbar sind die Systeme, die Versorgungssicherheit garantieren sollen? Und wie lange kann ein Berufsfeld durch individuelle Aufopferung und institutionellen Pragmatismus noch funktionieren, ohne dass die Grenzen der Zumutbarkeit überschritten werden? Es ist kein Einzelfall, kein Ausreißer, kein temporärer Engpass mehr – es ist ein System im Grenzbereich seiner Belastbarkeit. Und jede weitere Verzögerung struktureller Korrekturen macht aus der Belastung eine chronische Krise.


Kommentar:

Die Gleichzeitigkeit der strukturellen Erschöpfung im Apothekensystem, die finanzielle Destabilisierung berufsständischer Versorgungswerke und die kriminelle Energie im Gesundheitswesen zeigen eine systemische Schwäche, die nicht länger ignoriert werden kann. Es ist kein Zufall, dass sich Rücklagen in Millionenhöhe entwerten, während gleichzeitig Apotheker im Notdienst allein gelassen werden und Betrugsfälle im Pandemiemodus vor Gericht landen. Die Probleme sind nicht singulär, sondern eng miteinander verwoben: ein Netzwerk aus politischen Versäumnissen, mangelnder Aufsicht, überlasteten Akteuren und institutionellem Stillstand.

Dass das Versorgungswerk Schleswig-Holstein in diesem Jahr erneut 33 Millionen Euro abschreiben musste, ist nicht nur ein buchhalterischer Vorgang. Es ist ein Signal für die Fragilität der Altersversorgung in einem Berufsfeld, das ohnehin schon unter betriebswirtschaftlichem Druck steht. Apotheker, die Jahrzehnte lang Beiträge leisten, müssen sich fragen, ob sie im Ruhestand auf eine solide Grundlage bauen können. Wenn sich innerhalb von nur zwei Jahren erhebliche Abschreibungen häufen, stellt sich die Frage: Wie robust sind die Anlageentscheidungen, wie transparent die Kommunikation, wie sicher das Modell? Und vor allem: Welche Konsequenzen zieht die Kammer daraus?

Gleichzeitig lässt die Unterschreitung der Liquiditätsreserve bei der GKV tief blicken. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve wurde nicht unterschritten, weil es ein technisches Problem gab – sondern weil das System chronisch unterfinanziert ist und politisch seit Jahren auf Verschleiß gefahren wurde. Statt struktureller Reformen gibt es kurzfristige Zuschüsse, statt Planungssicherheit gibt es Verschiebungen auf spätere Legislaturen. Das Reformgremium tagt, aber die Realität drückt. Dass die neue Gesundheitsministerin von einem "System in tiefroten Zahlen" spricht, ist bemerkenswert – aber ihre Lösung ist bislang rein semantisch. Es braucht keine Sprachregelung, sondern ein neues Finanzmodell.

Noch gravierender wird die Lage, wenn man sich ansieht, wie einzelne Apotheker unter diesen Bedingungen agieren müssen. Der Fall von Stefan Reichensperger ist kein romantisches Lehrstück über Berufsethos, sondern ein dramatisches Beispiel für die Erosion kollektiver Verantwortung. Dass ein einzelner Apotheker einen kompletten Notdienst abdeckt, ohne Pause, ohne Unterstützung, ist kein Zeichen von Tapferkeit, sondern Ausdruck eines strukturellen Notstands. Was, wenn er krank wird? Was, wenn er ausfällt? Der Punkt ist längst erreicht, an dem man nicht mehr von Einzelfällen sprechen kann. Die Bereitschaft einzelner Akteure, das System mitzutragen, darf nicht als selbstverständlich gelten – sie ist begrenzt, menschlich und endlich.

Parallel dazu droht eine weitere Erosion des Vertrauens: Der Betrugsfall in Oberbayern zeigt, wie anfällig das System in Pandemiezeiten geworden ist. Wenn digitale Schnittstellen massenhaft fingierte Testzahlen durchlassen und es Monate braucht, bis die Manipulation auffällt, dann ist das kein individueller Rechtsbruch, sondern ein Strukturversagen. Die Frage lautet nicht mehr, wie es dazu kommen konnte – sondern warum es so einfach war. Wo waren die Prüfalgorithmen, wo die Quervergleiche, wo die Plausibilitätskontrollen? Wenn das System nicht zwischen realen und fingierten Leistungen unterscheiden kann, ist es nicht reformbedürftig, sondern grundlegend zu überarbeiten.

Diese vier Ereignisse – Abschreibung, GKV-Reserve, Notdienstbelastung und Testbetrug – sind keine isolierten Symptome. Sie sind Ausdruck eines überlasteten, unkoordinierten und unterfinanzierten Systems, das auf individueller Loyalität und bürokratischem Pragmatismus basiert. Doch beides erodiert – und mit ihnen das Fundament der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Die Apotheken stehen im Zentrum dieses Sturms: als letzte Instanz, als Sicherungsventil, als Reparaturbetrieb eines dysfunktionalen Apparates. Doch auch sie haben Grenzen. Wer diese weiter ignoriert, riskiert nicht nur ökonomische Instabilität, sondern einen Versorgungskollaps.

Die Frage ist also nicht mehr, ob etwas getan werden muss. Sondern: warum es immer noch nicht geschieht. Und ob die Gesellschaft bereit ist, die Realität endlich zur Kenntnis zu nehmen – bevor es keine Bereitschaft mehr gibt, sie zu tragen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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