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  • 12.05.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Desinformationsnetzwerke, Medikamentenpreise und Körpersprache im HV
    12.05.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Desinformationsnetzwerke, Medikamentenpreise und Körpersprache im HV
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Globale Machtachsen, technische Abhängigkeiten und neue Arzneimittel stellen Apotheken und Gesundheitsversorgung gleichermaßen auf die P...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Desinformationsnetzwerke, Medikamentenpreise und Körpersprache im HV

 

Zwischen Trump, Beratungskultur und Arzneipolitik stehen Apotheken im Kreuzfeuer

Globale Machtkonzentration, wirtschaftliche Verzerrungen und technische Abhängigkeiten formen ein neues Spannungsfeld für die Gesundheitsversorgung. Während geopolitische Interessen und Desinformationsnetzwerke rund um Akteure wie Donald Trump, Elon Musk und den Kreml die internationale Öffentlichkeit dominieren, geraten Apotheken vor Ort zunehmend unter Druck: Versandplattformen dringen in hochregulierte Bereiche wie die Heimversorgung vor, ohne selbst das volle Risiko zu tragen. Gleichzeitig zwingen digitale Systeme wie die Telematikinfrastruktur Betriebe in technische Abhängigkeiten, die bei Fehlfunktionen eskalieren – wie ein aktueller Fall mit Krankenkasse und Patient zeigt. Hinzu kommen tiefere strukturelle Herausforderungen: Pflegekräfte sollen nach langem politischen Stillstand endlich mehr Kompetenzen erhalten, während neue Arzneiformen wie das Migräne-Nasenpulver Atzumi zeigen, wie technologische Sprünge im Schatten regulatorischer Märkte stattfinden. Und mittendrin: die Apotheke als Drehkreuz zwischen Vertrauen, Technik und Verantwortung. Ob im sensiblen Beratungsgespräch zur Intimgesundheit oder durch nonverbale Kommunikation im HV – überall entscheidet sich, wie glaubwürdig die letzte Versorgungsinstanz der Gesellschaft noch wahrgenommen wird.

 

Geheime Achsen zwischen Macht, Geld und Desinformation

Wie russische Interessen, digitale Monopole und politische Ränder das Zentrum der US-Demokratie verschieben

Lange galten geheime Netzwerke in der US-Politik als Stoff für Verschwörungstheoretiker und Spionagethriller. Doch in einer Zeit, in der geopolitische Realitäten durch wirtschaftliche Interessen, soziale Medien und ideologische Brüche überlagert werden, verschwimmen die Grenzen zwischen Einbildung und strategischer Realität. Der Verdacht, dass zwischen Donald Trump, Elon Musk und dem Kreml zumindest ideologische, wenn nicht auch operative Verbindungen bestehen könnten, ist nicht neu. Neu ist jedoch die Dynamik, mit der sich diese vermeintlichen Zufälle zu einer politischen Konstellation verdichten, die weit über die Vereinigten Staaten hinausreicht.

Trump, der ehemalige Präsident, ist längst nicht nur eine politische Figur. Er ist ein Systemfaktor, der mit seinem wiederholten Lob für Wladimir Putin, seiner Missachtung westlicher Bündnisse und seiner Rhetorik gegen liberale Institutionen das ideologische Fundament für eine geopolitische Umkehr geschaffen hat. Dass er zugleich wirtschaftlich und persönlich mehrfach mit dubiosen Geschäftsbeziehungen in den post-sowjetischen Raum verwoben war, wird regelmäßig dokumentiert, aber selten geahndet. Dass Teile seines Umfelds enge Kontakte nach Moskau pflegten, ist belegt. Dass dies strategisch genutzt wurde, steht im Raum.

Elon Musk wiederum, Ikone der digitalen Umwälzung, spielt zunehmend eine außenpolitische Rolle, die kaum noch von demokratischer Kontrolle begleitet ist. Seine Aussagen zum Ukrainekrieg, die Bereitschaft, Starlink-Internet für russische Interessen in der besetzten Zone kurzfristig einzuschränken, und sein generelles Faible für geopolitisches Agieren per X-Account zeigen eine Machtfülle, die klassischen Außenministern zuweilen fehlt. Seine Kontakte nach Russland sind diffus, doch ideologisch drängt sich eine Nähe zu autoritärem Denken auf – insbesondere, wenn es um Regulierung, Meinungsfreiheit oder westliche Sicherheitspolitik geht.

In der Summe ergibt sich ein Bild, das weniger eine gezielte Verschwörung als vielmehr eine funktionale Allianz beschreibt. Autoritäre Regime wie Russland profitieren von der Polarisierung westlicher Demokratien. Populisten wie Trump destabilisieren Institutionen, attackieren die Legitimität von Wahlen und säen Zweifel am pluralistischen System. Tech-Oligarchen wie Musk geben diesen Narrativen eine Plattform, unter dem Banner freier Meinungsäußerung, aber oft mit politisch einseitigem Effekt. Dass diese Strukturen nicht organisiert, aber wirksam sind, macht sie so gefährlich.

Die Rolle der Demokraten in diesem Netzwerk ist ambivalenter. Während Teile der Partei verzweifelt versuchen, die republikanische Radikalisierung zu stoppen, sind andere längst Teil einer machtpolitischen Logik, die keinen grundsätzlichen Bruch mit autoritären Tendenzen vollzieht. Geopolitisch ist das System USA gespalten – nicht entlang klassischer Parteigrenzen, sondern entlang der Frage, wer die demokratische Ordnung verteidigen will und wer sie unter dem Vorwand von Effizienz, Sicherheit oder Nationalstolz untergräbt.

Der Verdacht auf geheime Kontakte zwischen Trump, Musk und Russland muss nicht in konkreten Treffen oder Zahlungsflüssen begründet sein. Es reicht, dass ihre Interessen sich überlagern, ihre Narrative sich ergänzen und ihre Wirkungen kumulieren. Die westliche Demokratie gerät dadurch in eine neue Phase ihrer Gefährdung: nicht von außen unterwandert, sondern von innen ausgehöhlt, unter dem Applaus ihrer eigenen Eliten.

Was einst als irrationale Verschwörungserzählung belächelt wurde, entwickelt sich zu einer strukturellen Realität im politischen Westen: Die systemische Nähe zwischen autoritären Kräften, wirtschaftlicher Machtkonzentration und politischer Polarisierung ist kein theoretisches Konstrukt mehr, sondern praktischer Alltag. Die mögliche Koordinierung oder mindestens bewusste Überschneidung zwischen Akteuren wie Donald Trump, Elon Musk und Wladimir Putin stellt kein institutionelles Netzwerk im klassischen Sinne dar. Aber genau darin liegt ihre Gefahr – sie operieren jenseits formaler Machtarchitekturen, in einem Raum aus Meinungsführerschaft, wirtschaftlichem Einfluss und gezielter politischer Desinformation.

Trump war nie der Architekt, sondern immer das Symptom eines tiefgreifenden Wandels in der politischen Kultur der USA. Sein kalkulierter Tabubruch, seine Bewunderung für „starke Männer“ wie Putin oder Erdogan und seine andauernden Angriffe auf die Legitimität westlicher Institutionen haben den Resonanzraum geschaffen, in dem sich autoritäre Narrative normalisieren konnten. Das Besorgniserregende ist nicht, dass Trump dies tut – sondern wie viele ihm folgen, schweigen oder relativieren.

Elon Musk dagegen repräsentiert eine neue Form des Machtträgers: Er besitzt keine politische Partei, keine formale Hoheit über Territorien oder Armeen, aber durch seine Plattformen, seine ökonomische Stellung und seinen direkten Draht zur Öffentlichkeit nimmt er faktisch außenpolitischen Einfluss. Wenn ein einzelner Unternehmer mit einem Tweet die Versorgungslage im Kriegsgeschehen ändern kann, ist das nicht nur ein Problem der Machtverteilung, sondern ein Alarmzeichen für demokratische Kontrollmechanismen. Dass er mit Russland sympathisiert, ist nicht belegt. Aber dass seine Äußerungen und Entscheidungen objektiv in Putins Interesse wirken, ist belegbar.

Die entscheidende Frage ist daher nicht, ob ein Geheimpapier existiert, das Trump, Musk und Putin verbindet. Es geht um den Wirkzusammenhang, der sich aus ihrer gemeinsamen Wirkung entfaltet. Es geht um eine informelle Koalition der Systemgegner, deren Einfluss in Demokratien wächst – gerade weil sie deren Spielregeln perfekt beherrschen. Ihre Macht liegt in der Normalisierung des Undenkbaren, in der Auflösung politischer Eindeutigkeiten und in der systematischen Umdeutung von Freiheit.

Was fehlt, ist nicht Wissen, sondern Widerstand. Die westlichen Gesellschaften brauchen keine weiteren Beweise, sondern mehr Bereitschaft, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen – mit klaren Regeln, entschiedener politischer Sprache und mutiger Verteidigung demokratischer Prinzipien. Der Feind sitzt nicht in Moskau, sondern in der eigenen Gleichgültigkeit.

 

Heimverträge im Fokus der Plattformkonzerne

Während Vor-Ort-Apotheken kämpfen, dehnen Versandhändler ihre Macht in Grauzonen aus

Der wirtschaftliche Druck auf Vor-Ort-Apotheken hat in den vergangenen Jahren eine deutliche Verschiebung der Geschäftsmodelle ausgelöst. Immer mehr Inhaberinnen und Inhaber setzen neben der klassischen Versorgung auf lukrative Nebengeschäfte wie die Heimversorgung und Verblisterung. Diese Tätigkeitsfelder gelten als stabiler, weil sie langfristige Versorgungsverträge, regelmäßige Abnahme und die Chance auf Synergien mit Pflegeeinrichtungen bieten. Gleichzeitig ist die Investitionsschwelle hoch, die regulatorischen Anforderungen sind komplex – und das Risiko liegt fast immer bei der Apotheke.

Was einst als Nischenmarkt für hochspezialisierte Apotheken galt, ist inzwischen ein umkämpftes Segment geworden. Selbst große Player wie Shop Apotheke und andere Plattformbetreiber sollen erste Schritte in Richtung Heimversorgung prüfen. Zwar liegen keine offiziellen Bestätigungen vor, doch Marktexperten beobachten zunehmend eine strategische Neuausrichtung. Der digitale Versandhandel, bisher auf das E-Rezept im Privatkundensegment fokussiert, scheint sich auch für institutionelle Abnehmer zu interessieren – insbesondere für Pflegeeinrichtungen, deren Arzneimittelbedarf regelmäßig und planbar ist.

Genau hier aber beginnt das Problem: Die Versorgung von Heimen unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen. Heimverträge dürfen nur mit zugelassenen Vor-Ort-Apotheken abgeschlossen werden, und die persönliche Beratung vor Ort ist gesetzlich verankert. Dennoch werden in der Praxis immer wieder Grauzonen geschaffen, etwa durch Kooperationen mit formal eigenständigen Partnerapotheken oder durch technische Plattformlösungen, die als Vermittlungsstruktur auftreten, ohne selbst rechtlich zu haften. Solche Konstruktionen können im Ernstfall dazu führen, dass die letztversorgende Apotheke für juristische oder wirtschaftliche Konsequenzen einstehen muss – auch wenn sie nur Teil eines komplexen Netzwerks ist.

Hinzu kommt die Problematik unklarer Haftungsverhältnisse bei der Verblisterung. Immer mehr Apotheken investieren in eigene Blisterzentren oder lagern diesen Bereich an spezialisierte Anbieter aus. Auch hier sind Plattformen inzwischen aktiv, die sich als technische Schnittstelle zwischen Pflegeeinrichtung, Apotheke und Dienstleister positionieren. Doch rechtlich bleibt die Apotheke in der Verantwortung. Fehler in der Blisterverpackung, falsch übermittelte Medikationspläne oder nicht dokumentierte Änderungen können massive Folgen für die Patienten und juristische Risiken für die Apotheke nach sich ziehen.

Besonders kritisch wird es, wenn Plattformanbieter selbst aktiv Verträge mit Pflegeeinrichtungen initiieren und Apotheken nur als Ausführende einbinden. In solchen Fällen ist nicht nur unklar, ob das Modell den arzneimittelrechtlichen Vorgaben entspricht, sondern auch, wer im Konfliktfall haftet. Die zentrale Verantwortung liegt – unabhängig vom Vertriebskanal – bei der Apotheke. Diese hat sicherzustellen, dass alle rechtlichen, fachlichen und organisatorischen Anforderungen erfüllt sind. Plattformen hingegen bieten oft keine hinreichende rechtliche Absicherung, zumal sie sich im Kleingedruckten regelmäßig jeder Haftung entziehen.

Diese Schieflage wird durch die wirtschaftliche Not vieler Apotheken noch verschärft. Die Aussicht auf zusätzliche Umsätze, planbare Erlöse und neue Kooperationspartner lässt viele Betreiberinnen und Betreiber über rechtliche Zweifel hinwegsehen. Wer ohnehin unter wirtschaftlichem Druck steht, hat kaum Ressourcen für eine umfassende rechtliche Prüfung. Dabei ist die Heimversorgung keineswegs ein rechtliches Niemandsland, sondern ein sensibler Teil des Gesundheitssystems mit weitreichenden Anforderungen. Verstöße können nicht nur zu Retaxationen, sondern auch zu Vertragskündigungen, Imageschäden und im Extremfall zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.

In der Summe zeigt sich: Die Expansion in die Heimversorgung ist kein reines Wachstumsmodell, sondern ein risikobehaftetes Minenfeld. Während Plattformanbieter mit viel Kapital und juristisch ausgefeilten Modellen operieren, tragen Apotheken als Letztversorger sämtliche rechtlichen Folgen. Wer sich in diese Märkte begibt, sollte nicht nur wirtschaftliche Chancen, sondern vor allem haftungsrechtliche Risiken kennen und absichern.

Die Ausweitung der Heimversorgung durch Apotheken ist nachvollziehbar – und gleichzeitig hochriskant. Die Hauptursache liegt im wirtschaftlichen Druck, unter dem die Vor-Ort-Apotheken seit Jahren stehen. Mit der Erosion der Margen im klassischen Rx-Geschäft und dem zunehmenden Wettbewerb durch Versandapotheken bleibt vielen nur die Flucht nach vorn: mehr Dienstleistungen, mehr Versorgungspartnerschaften, mehr Systemverantwortung. Doch was als strategische Zukunftsorientierung gilt, entpuppt sich in vielen Fällen als riskantes Manöver auf dünnem rechtlichem Eis.

Die Dynamik wird zusätzlich dadurch verschärft, dass neue Marktteilnehmer mit hohem Kapitaleinsatz in traditionelle Versorgungsbereiche eindringen. Plattformen wie Shop Apotheke denken längst nicht mehr nur in digitalen Bestellprozessen, sondern versuchen, ganze Versorgungsstrukturen zu digitalisieren – auch dort, wo sie nach geltendem Recht eigentlich keine tragende Rolle spielen dürften. Die Technik wird zum Türöffner, der gesetzliche Rahmen zur Dehnmasse. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch strukturell unfair.

Denn während Plattformen Geschäftsmodelle ohne eigene Versorgungsverantwortung aufbauen, bleiben Apothekerinnen und Apotheker für jeden einzelnen Schritt haftbar. Sie sind es, die die Heimverträge rechtssicher gestalten müssen, die Arzneimittelsicherheit gewährleisten, die Beratung sicherstellen und Dokumentationspflichten erfüllen. Plattformanbieter hingegen fungieren als Dienstleister ohne echte Verantwortung. Diese Asymmetrie führt dazu, dass die Risiken einseitig verteilt sind – während der wirtschaftliche Nutzen zunehmend auf die Seite der digital getriebenen Anbieter wandert.

Diese Entwicklung ist nicht nur marktpolitisch bedenklich, sondern auch gesundheitspolitisch gefährlich. Die Versorgung in Heimen darf nicht durch Grauzonen und ökonomische Interessen ausgehöhlt werden. Wenn Apotheken zu Erfüllungsgehilfen fremder Plattformstrategien degradiert werden, gerät das Fundament der Arzneimittelsicherheit ins Wanken. Wer den digitalen Fortschritt ernst nimmt, muss ihn an klare rechtliche und fachliche Bedingungen knüpfen – und darf die letzte Verantwortung nicht allein den Apotheken aufbürden.

Statt auf technische Lösungen mit unklarer Haftung zu setzen, braucht es transparente Rahmenbedingungen, faire Partnerschaften und ein konsequentes Haftungsgleichgewicht. Wer mitverdient, muss auch mitverantworten. Alles andere ist ein gefährliches Spiel auf dem Rücken derer, die den Alltag in der Versorgung stemmen – und damit auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten.

 

Apothekenfall zeigt Risiken der Digitalisierung

Technikpanne führt zu Mahnung und Eskalation mit Patient und Krankenkasse

Ein scheinbar banaler Softwarefehler in einer Apotheke hat zu einer Eskalation geführt, die nun nicht nur einen verärgerten Patienten, sondern auch eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Krankenkasse zur Folge hat. Der Vorfall, der sich in einer deutschen Vor-Ort-Apotheke ereignete, wirft ein Schlaglicht auf die zunehmende Abhängigkeit pharmazeutischer Betriebe von digitalisierten Prozessen – und die gravierenden Folgen, wenn diese nicht reibungslos funktionieren.

Ausgangspunkt des Problems war ein Rezept, das vom Arzt mit dem Status „zuzahlungsfrei“ versehen worden war. In der Apothekensoftware wurde es jedoch fälschlicherweise als „gebührenpflichtig“ angezeigt. Die Patientin zahlte zunächst die vermeintlich fällige Eigenbeteiligung – bis sie wenige Tage später stutzig wurde und Rücksprache mit ihrer Arztpraxis hielt. Dort wurde ihr bestätigt, dass das Rezept korrekt zuzahlungsbefreit ausgestellt worden war. In der Folge forderte die Kundin ihr Geld zurück. Die Apothekerin, die zu diesem Zeitpunkt die Ursache noch nicht kannte, prüfte den Fall und stellte fest, dass offenbar ein technischer Übertragungsfehler innerhalb der Software für die fehlerhafte Darstellung verantwortlich war.

Der Schaden schien zunächst behebbar. Doch der Fall nahm eine weitere Wendung: Die Apotheke hatte, wie routinemäßig üblich, dem Patienten zwischenzeitlich eine Mahnung geschickt, weil dieser die Zuzahlung nicht wie im System vorgesehen beglichen hatte. Der Verweis auf die Mahnung brachte das Fass zum Überlaufen. Die Patientin fühlte sich zu Unrecht behandelt und kündigte an, sich bei der zuständigen Kammer und ihrer Krankenkasse zu beschweren.

Während die Apothekerin versuchte, den Sachverhalt einvernehmlich zu klären, tauchte ein weiteres Problem auf: Der Erstattungsanspruch gegenüber der Kasse wurde aufgrund der falschen Zuzahlungscodierung möglicherweise nicht korrekt abgerechnet. Dies bedeutet: Die Apotheke läuft Gefahr, auf einem Teil der Kosten sitzen zu bleiben – oder in einem aufwendigen Retaxationsverfahren nachträglich belangt zu werden. Gleichzeitig steht die Inhaberin nun unter dem Druck, nachzuweisen, dass der Fehler nicht auf einen Bedienfehler im Team, sondern auf eine softwareseitige Fehlfunktion zurückzuführen ist.

Besonders brisant ist der Fall deshalb, weil er exemplarisch zeigt, wie fehleranfällig die stark digitalisierten Abrechnungs- und Rezeptverarbeitungsprozesse in Apotheken sein können. Während vor wenigen Jahren noch manuelle Sichtkontrollen eine gewisse Fehlerpufferung ermöglichten, laufen viele Vorgänge heute automatisiert und mit hoher Taktung. Dies steigert die Effizienz – erhöht aber auch das Risiko, dass ein einzelner Systemfehler sich schnell multipliziert und weitreichende Folgen nach sich zieht.

Die betroffene Apothekerin hat die Softwarefirma bereits kontaktiert. Dort wurde bestätigt, dass es sich um ein Konfigurationsproblem in Verbindung mit einem Update handeln könnte. Eine abschließende technische Analyse steht jedoch noch aus. Die Kundin hat inzwischen ihre Zuzahlung zurückerhalten. Ob die Apotheke die fehlerhaft abgerechneten Beträge von der Kasse zurückerhält, ist derzeit offen. Der Fall bleibt damit ein Musterbeispiel für die Schnittstelle zwischen Technik, Verantwortung und Kundenvertrauen – und ein Weckruf an die Branche, bei aller Digitalisierung die menschliche Kontrolle nicht zu verlieren.

Der vorliegende Fall offenbart ein strukturelles Dilemma, das über den Einzelfall hinausweist. Apotheken sind längst keine analogen Orte mehr, in denen Papier, Stempel und persönliche Kommunikation den Ton angeben. Vielmehr arbeiten sie an der Schnittstelle hochregulierter medizinischer Versorgung und komplexer IT-Infrastrukturen. Das Versprechen lautet Effizienz, Präzision und Entlastung für das Personal. Doch die Realität zeigt, wie anfällig dieses System ist, wenn die technische Präzision ins Wanken gerät.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Softwarepanne in einer Apotheke zu operativen oder sogar juristischen Komplikationen führt. Doch der Fall ist in seiner Dramaturgie besonders instruktiv: Eine falsche Zuzahlungscodierung, eine automatisierte Mahnung, eine verärgerte Patientin, eine drohende Retaxation. Was wie eine Bagatelle beginnt, entfaltet binnen Tagen das ganze Spektrum möglicher Schäden – finanziell, organisatorisch und reputativ.

Hier wird deutlich, was auf dem Spiel steht, wenn IT-Systeme in hochsensiblen Bereichen wie der Arzneimittelversorgung nicht störungsfrei funktionieren. Es geht nicht nur um Centbeträge. Es geht um Vertrauen – in die Apotheke, in die ärztliche Verschreibung, in das System. Wenn eine Patientin, die rechtmäßig zuzahlungsfrei gestellt wurde, eine Mahnung erhält, dann bricht in diesem Moment die grundlegende Erwartung, korrekt und gerecht behandelt zu werden. Das beschädigt die Beziehung zur Apotheke nachhaltig – unabhängig davon, ob der Fehler erklärbar oder gar entschuldbar ist.

Zugleich stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Die Softwarefirma verweist womöglich auf Konfigurationsfehler oder systemseitige Updates, die Apotheke auf den automatisierten Prozess und fehlende Prüfmechanismen. Doch für die Patientin spielt das keine Rolle. Sie sieht sich einem System ausgeliefert, das zwar digitalisiert, aber nicht fehlerresilient ist. Und die Apotheke steht am Ende allein mit dem Reputationsschaden – selbst wenn die Schuld technisch erklärbar wäre.

Was hier fehlt, ist ein Risikomanagement für digitale Fehler, das nicht erst greift, wenn der Schaden entstanden ist. Apothekensoftware darf kein Blackbox-System sein. Es braucht strukturierte Kontrollmechanismen, nachvollziehbare Datenpfade und vor allem: eine schnellere Klärung von Fehlerquellen. Auch gesetzlich müsste die Frage gestellt werden, inwiefern Softwareanbieter haftbar gemacht werden können, wenn ihre Systeme fehlerhafte Abrechnungen erzeugen, die zu Retaxationen oder Patientenschäden führen.

Solange diese Fragen ungeklärt bleiben, bleibt jede Apotheke in der Grauzone zwischen digitalem Fortschritt und analogem Ärger. Und die Patientinnen und Patienten zahlen im Zweifel doppelt – mit Geld und Vertrauen. Die Digitalisierung der Versorgung darf kein Einbahnstraßenprojekt der Industrie sein, sondern muss endlich auch an der Realität der Versorgungsverantwortung ausgerichtet werden.

 

Körpersprache entscheidet über Vertrauen im Handverkauf

Unbewusste Signale prägen die Beziehung zu Kundinnen und Kunden stärker als Worte

Im Handverkauf der Apotheken entscheidet nicht nur der fachliche Inhalt über den Erfolg eines Beratungsgesprächs, sondern vor allem der Eindruck, den das pharmazeutische Personal durch seine Körpersprache hinterlässt. Nonverbale Signale wirken unbewusst, aber nachhaltig – und bestimmen maßgeblich darüber, ob eine Beratung als glaubwürdig, vertrauensvoll oder distanziert wahrgenommen wird. Mimik, Gestik und Haltung sind damit weit mehr als ästhetische Nebensächlichkeiten. Sie bilden die unsichtbare Grundlage jeder zwischenmenschlichen Kommunikation im Apothekenalltag.

Während ein ruhiger Blickkontakt, offene Körperhaltung und kontrollierte Bewegungen Nähe und Aufmerksamkeit signalisieren, können verschränkte Arme, hektische Gesten oder das Ausweichen hinter dem HV-Tisch schnell als Unsicherheit oder Desinteresse gedeutet werden. Die Körpersprache spricht oft lauter als Worte – und zwar im Bruchteil einer Sekunde. Gerade in Apotheken, wo persönliche Begegnung eine zentrale Rolle spielt, ist das Gewicht dieser Signale kaum zu überschätzen.

Viele dieser Signale laufen unbewusst ab. Sie entspringen nicht gezielter Strategie, sondern sind Ausdruck von Routine, Überforderung oder Unsicherheit. In hektischen Situationen wird aus dem professionellen Stand ein nervöses Hin-und-Her-Treten, aus der offenen Mimik ein angespannter Blick. Der Effekt ist subtil, aber wirksam: Kundinnen und Kunden spüren, wenn Beratung nicht nur fachlich korrekt, sondern auch menschlich präsent ist – oder eben nicht. Die Distanz wächst, Missverständnisse entstehen, und im Zweifel sinkt die Bereitschaft, einem fachlich richtigen Rat zu folgen.

Besonders brisant wird diese Dynamik bei sensiblen Themen wie Intimgesundheit, Nebenwirkungen oder psychischen Belastungen. In solchen Fällen ist Vertrauen Voraussetzung für jede Gesprächsbereitschaft. Wer hier körpersprachlich Vermeidung oder Anspannung zeigt, signalisiert indirekt: „Ich möchte dieses Thema nicht vertiefen.“ Dabei wäre genau das Gegenteil notwendig: eine ruhige, klare, zugewandte Haltung, die Gesprächsbereitschaft vermittelt, ohne Druck aufzubauen.

Die Fähigkeit, sich selbst körpersprachlich zu reflektieren, ist kein angeborenes Talent, sondern eine professionelle Kompetenz. Sie lässt sich trainieren – und sollte das auch. Doch bislang fehlt es in vielen Apotheken an systematischer Schulung im Bereich der nonverbalen Kommunikation. Dabei ist der Nutzen eindeutig: Eine bewusste Steuerung körpersprachlicher Signale erhöht die Wirksamkeit von Beratung, verbessert die Kundenbindung und reduziert Missverständnisse – nicht nur im Kontakt mit Kundschaft, sondern auch im Team.

Der Handverkauf lebt von Präsenz, nicht von Skripten. Die beste Beratung verfehlt ihre Wirkung, wenn sie durch fahrige Bewegungen oder unklare Mimik untergraben wird. Umgekehrt kann ein einfaches, ruhiges „Ich bin da für Sie“ im Ausdruck des Körpers oft mehr bewirken als ein ganzer Katalog an Fachinformationen. In einer zunehmend digitalen Welt, in der viele Kontakte entkörperlicht stattfinden, ist die physische Präsenz in der Apotheke ein kostbares Gut – mit entsprechendem Kommunikationspotenzial.

Was fehlt, ist ein strukturelles Bewusstsein für diesen Aspekt. Die Ausbildung pharmazeutischer Fachkräfte fokussiert stark auf Fachinhalte, lässt aber die Frage unbeantwortet, wie dieses Wissen eigentlich vermittelt wird. Kommunikation wird häufig auf sprachliche Präzision reduziert, während der nonverbale Anteil, der wissenschaftlich gut dokumentiert ist, kaum Beachtung findet. Dabei ist gerade er entscheidend für die Frage, wie Beratung emotional aufgenommen wird.

Auch Apothekenleitungen sind in der Pflicht. Wer gute Beratung fordert, muss die Voraussetzungen dafür schaffen. Dazu gehört neben Schulung auch die Etablierung einer Kommunikationskultur, die Wahrnehmung, Reflexion und Wirkung ernst nimmt. Körpersprache darf nicht als weiches Thema abgetan werden, sondern ist integraler Bestandteil professionellen Handelns. Wer Kundenkontakt gestaltet, gestaltet Beziehung – und damit letztlich auch wirtschaftlichen Erfolg.

Die Apotheke ist einer der letzten Orte, an dem unmittelbare, körperlich erlebbare Kommunikation zum Alltag gehört. Dieses Alleinstellungsmerkmal muss gepflegt werden. Es ist nicht nur ein Vorteil im Wettbewerb mit digitalen Versendern, sondern auch ein menschlicher Ankerpunkt in einer entkörperlichten Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, dass Apotheken dieses Potenzial erkennen und konsequent nutzen.

Körpersprache wird im Apothekenalltag immer noch unterschätzt. Während Schulungen, Fortbildungen und betriebliche Strategien sich meist auf Fachkenntnis, Prozessoptimierung und wirtschaftliche Steuerung konzentrieren, bleibt der entscheidende Moment der Begegnung oft dem Zufall überlassen. Dabei entscheidet gerade dieser Moment darüber, ob Beratung gelingt. Denn bevor ein Wort gesprochen wird, ist bereits vieles gesagt – über Haltung, Blick, Ausdruck, Spannung. Körpersprache ist der erste und oft nachhaltigste Eindruck, den pharmazeutische Fachkräfte hinterlassen.

Was auffällt: Die meisten Signale laufen nicht gezielt, sondern beiläufig ab. Sie sind unbewusst, automatisiert und spiegeln innere Zustände wider, die mit der eigentlichen Beratung wenig zu tun haben. Zeitdruck, Frustration, Routine oder Unsicherheit schreiben sich in die Körpersprache ein – und führen zu genau den Missverständnissen, die im Beratungsgespräch am wenigsten gebraucht werden. Wer meint, fachlich korrekt zu handeln, kann durch ein unreflektiertes Auftreten dennoch ungewollt Distanz erzeugen oder Ablehnung vermitteln.

Besonders problematisch ist dabei die Unsichtbarkeit des Problems. Körpersprache ist nicht laut. Sie wird selten angesprochen und noch seltener analysiert. In Teams fehlt häufig die Sprache für solche Beobachtungen, weil der Fokus ausschließlich auf dem „Was“ liegt, nicht auf dem „Wie“. Dabei ist genau dieses „Wie“ entscheidend – für die emotionale Resonanz, für die Gesprächsführung, für das Entstehen von Vertrauen. Der Mangel an Bewusstsein wirkt sich direkt auf die Qualität der Beratung aus.

Der professionelle Umgang mit Körpersprache erfordert mehr als Etikette oder Manieren. Es geht um eine reflektierte Präsenz, die authentisch und zugleich steuerbar ist. Wer Beratung anbietet, muss sichtbar sein – nicht nur als Fachkraft, sondern als Mensch. Das bedeutet nicht, künstliche Gesten zu trainieren, sondern Körpersprache als Ausdruck innerer Klarheit zu verstehen. Wer in sich ruht, wirkt stabil. Wer bewusst kommuniziert, ist glaubwürdig.

In der gegenwärtigen Apothekenrealität wird dieses Potenzial zu selten gehoben. Es fehlt an systematischen Schulungen, an struktureller Verankerung, an einer Kultur der bewussten Wirkung. Dabei wäre es höchste Zeit, hier nachzubessern. Die Herausforderungen im pharmazeutischen Umfeld sind groß – umso wichtiger ist ein sicherer Auftritt. Wer in der Lage ist, nicht nur zu reden, sondern auch zu wirken, hat einen echten Vorsprung.

Körpersprache ist kein Zusatz, sie ist der Träger jeder Begegnung. Wer sie meistert, steigert nicht nur die Beratungskompetenz, sondern auch die emotionale Qualität der Kundenbeziehung. In einer Zeit, in der menschlicher Kontakt zum raren Gut wird, entscheidet genau dieser Aspekt über die Zukunft der Vor-Ort-Apotheke. Wer das übersieht, verpasst mehr als nur ein Signal.

 

Trump diktiert Arzneipreise neu und droht Europa mit Konsequenzen

Pharmaindustrie zwischen US-Druck, Forschungskürzungen und Marktverzögerung

US-Präsident Donald Trump hat mit einem neuen Dekret zur Preisregulierung von Arzneimitteln die internationale Pharmabranche unter massiven Druck gesetzt. Ziel der Maßnahme ist es, die teils drastisch höheren Medikamentenpreise in den Vereinigten Staaten im Vergleich zu anderen Industrienationen zu senken. Im Zentrum der Kritik steht dabei Europa – und insbesondere Deutschland, das Trump in seiner Rede explizit als Teil eines sozialistisch geprägten Gesundheitssystems bezeichnete, das von amerikanischen Patienten jahrelang subventioniert worden sei. Mit Verweis auf extreme Preisunterschiede bei identischen Arzneimitteln kündigte der Republikaner an, künftig ein „Most Favored Nation“-Prinzip durchsetzen zu wollen: Demnach soll der US-Markt nur noch den niedrigsten weltweit gezahlten Preis akzeptieren – unabhängig von Marktvolumen, regulatorischen Bedingungen oder regionaler Kaufkraft.

Trump präsentierte sich bei der Unterzeichnung im Weißen Haus kämpferisch. Europa sei unverschämter als China, sagte er und betonte, dass die Zeit vorbei sei, in der andere Länder auf Kosten der USA günstigere Preise verhandeln konnten. Für die Umsetzung des Dekrets sollen gleich mehrere Behörden eingebunden werden: Das Handelsministerium soll ausländische Preisfestsetzungen untersuchen, die aus US-Sicht amerikanische Firmen benachteiligen. Das Gesundheitsministerium wurde beauftragt, innerhalb von 30 Tagen konkrete Zielvorgaben zur Preissenkung vorzulegen. Die FDA wiederum soll prüfen, inwieweit Importe aus weiteren Industrieländern zugelassen werden können. Parallel wird erwogen, Exportbeschränkungen auf bestimmte Produkte aufzuheben, um die Versorgung mit günstigeren Arzneien sicherzustellen.

Konkrete Medikamente wurden bislang nicht benannt. Im Fokus stehen aber laut Regierung Produkte, bei denen der Unterschied zwischen den Preisen in Europa und den USA besonders hoch ausfällt. Der US-Präsident betonte, dass seine Regierung notfalls auch ohne Einigung mit der Industrie handeln werde. Ein Preisverzicht sei freiwillig möglich, aber nicht Bedingung für das Inkrafttreten weiterer Maßnahmen.

Für die globale Pharmaindustrie sind Trumps Pläne ein ernsthafter Warnschuss. Die Unternehmensberatung Simon-Kucher warnt in einer aktuellen Analyse vor erheblichen wirtschaftlichen Folgen auch für europäische Standorte. Ein Rückgang der Erlöse auf dem lukrativen US-Markt könne dazu führen, dass Hersteller gezwungen wären, in Europa Preissteigerungen durchzusetzen oder Markteinführungen hinauszuzögern. Langfristig könnten Forschung, Produktionsstätten und Arbeitsplätze in Deutschland und anderen Ländern unter Druck geraten, wenn die USA ihre Preisstrategie durchsetzen.

Dass Trump die Pharmakonzerne explizit von der Hauptschuld freispricht und stattdessen politische Systeme ins Visier nimmt, ist ein strategischer Schachzug. Er spricht der Branche eine gewisse Opferrolle zu, die sich gegen ausländische Preisdrücke kaum wehren könne. Diese Rhetorik dürfte insbesondere in einem Wahljahr innenpolitisch auf Zustimmung stoßen. Dennoch bleibt unklar, ob der juristische und politische Widerstand gegen das Dekret zu stoppen sein wird. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump ähnliche Vorstöße unternommen, war damals jedoch an der Pharmalobby und politischen Mehrheiten gescheitert.

Die Branche zählt zu den mächtigsten Lobbygruppen in Washington. Sowohl Republikaner als auch Demokraten erhalten seit Jahren umfangreiche Spenden aus dem Sektor. Das bremst bislang alle systemischen Reformversuche, zumal die USA im Gegensatz zu europäischen Staaten auf staatliche Preisregulierung weitgehend verzichten. Die Marktpreise werden überwiegend von den Pharmaunternehmen selbst festgelegt, was die enormen Unterschiede erklärt. Ob Trumps neues Dekret diesmal durchsetzbar ist, hängt nicht nur vom politischen Willen, sondern auch von der Stärke der Gegenspieler ab – in Washington wie in Brüssel.

Donald Trump weiß, wie man politische Konflikte inszeniert – und wie man sie ökonomisch auflädt. Sein neues Dekret zur Arzneimittelpreisregulierung ist weniger technokratische Marktsteuerung als geopolitisches Signal. Wer den Pharmamarkt versteht, erkennt rasch: Es geht Trump nicht nur um nationale Preissenkungen, sondern um eine machtvolle Neudefinition globaler Verhandlungsmacht. Der US-Präsident konstruiert ein Feindbild, das den systemischen Unterschied zwischen staatsgelenkten Gesundheitsmodellen und marktwirtschaftlicher Preisbildung zum geopolitischen Nachteil erklärt – mit Europa als Hauptschuldigen. Dass Deutschland dabei explizit genannt wird, ist kein Zufall, sondern ein Signal an die wirtschaftspolitischen Zentren der EU.

Die Argumentation ist dabei strategisch raffiniert. Trump skizziert die US-Bürger als Opfer eines ausländisch orchestrierten Preisgefälles, das amerikanische Patienten übervorteilt und europäische Sozialsysteme alimentiert. Er wendet damit eine alte Taktik an: den moralischen Imperativ der Gerechtigkeit als Hebel gegen ökonomische Realität. Tatsächlich aber liegt die Preisbildung in den USA nicht in fremden Händen, sondern im Systemversagen einer fehlenden zentralen Regulierung. Dass Arzneimittel dort ein Vielfaches dessen kosten, was sie in Europa kosten, ist kein Effekt europäischer Unverschämtheit – sondern Ausdruck eines liberalisierten Marktes, der Konzerne machen lässt, was politisch toleriert wird.

Mit dem „Most Favored Nation“-Prinzip versucht Trump, den Spieß umzudrehen. Aus dem teuersten Land soll ein Preisanker für den globalen Markt werden. Das aber führt zu einem Systemkonflikt: Wer künftig in Deutschland einen niedrigen Preis verhandelt, riskiert, dass dieser Preis in den USA Maßstab wird. Die Folge: Verzögerungen bei Marktzugängen, strategische Rückzüge und steigender Preisdruck auf Länder mit strenger Regulierung. Ironischerweise würde Trumps Politik nicht zu mehr Gerechtigkeit führen, sondern zur Preiseskalation außerhalb der USA – ein System, in dem nur die Stärksten ihre Interessen durchsetzen.

Für die deutsche Pharmaindustrie, die ohnehin mit wachsendem regulatorischen Druck und stagnierenden Margen zu kämpfen hat, sind die Aussichten alarmierend. Sollten sich Trumps Vorstellungen durchsetzen, droht eine Preisverschiebung zulasten Europas – verbunden mit Innovationsstau, Standortrisiken und wachsendem Unmut gegenüber öffentlichen Preismodelle. Das Dekret ist also nicht nur innenpolitische Propaganda, sondern geopolitische Kampfansage. Europa täte gut daran, darauf nicht nur juristisch, sondern strategisch zu reagieren – mit einer neuen Balance zwischen Versorgungssicherheit, Innovationsschutz und internationaler Handlungsfähigkeit.

 

Adka mit neuer Spitze, Klinikapotheker wollen Versorgungssicherheit stärken


Jochen Schnurrer übernimmt Präsidentschaft, Satzungsreform ebnet Weg für neue Generation

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (Adka) hat mit der Wahl eines neuen Präsidiums die personellen und strukturellen Weichen für die kommenden Jahre gestellt. An die Spitze rückt Dr. Jochen Schnurrer von der Universitätsmedizin Essen, bislang 1. Vizepräsident, der turnusgemäß Kim Green vom Klinikum Oldenburg ablöst. Green bleibt dem Führungsgremium jedoch als 2. Vizepräsident erhalten. Gleichzeitig zieht mit Dr. Dagmar Horn vom Universitätsklinikum Münster eine neue 1. Vizepräsidentin in das Amt ein, die mit breiter Zustimmung der Delegierten gewählt wurde. Die personellen Veränderungen markieren einen umfassenden Führungswechsel, der sowohl Kontinuität als auch strategische Erneuerung verspricht.

Zu den weiteren Neubesetzungen gehört Max Kretzschmar vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der als Schatzmeister das Amt von Dr. Nils Pollak übernimmt. Als neue Schriftführerin wurde Elke Dechandt vom St. Joseph Krankenhaus Berlin gewählt, sie tritt die Nachfolge von Edith Bennack an. Beide Vorgänger hatten über Jahre hinweg prägenden Einfluss auf die Arbeit des Verbandes genommen, verzichten nun jedoch auf eine Wiederwahl. Auch Dr. Thomas Vorwerk, der zuletzt das Amt des 2. Vizepräsidenten innehatte, scheidet turnusgemäß aus dem Vorstand aus. Die Neuwahl bringt damit ein spürbares Maß an Veränderung und Verjüngung mit sich, das nicht zuletzt auch in den Zielen der künftigen Arbeit zum Ausdruck kommt.

Präsident Schnurrer betonte in seiner ersten Stellungnahme die gewachsene Verantwortung der Krankenhausapothekerinnen und -apotheker in einem sich wandelnden gesundheitspolitischen Umfeld. Die Versorgungssicherheit und die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Kliniken blieben zentrale Aufgaben, die mit Nachdruck und Innovationsbereitschaft weiterentwickelt werden müssten. Gleichzeitig würdigte er das Engagement der ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder und erklärte, dass der Verband auf einem stabilen Fundament stehe, das eine langfristige Weiterentwicklung ermögliche.

Neben den personellen Entscheidungen wurde auf der Delegiertenversammlung ein weiterer bedeutender Schritt vollzogen: Die Verabschiedung einer überarbeiteten Satzung. Künftig soll es ein Amt für eine Juniorpräsidentin oder einen Juniorpräsidenten geben – ein bislang einmaliger Vorstoß unter den pharmazeutischen Berufsverbänden in Deutschland. Ziel ist es, junge Apothekerinnen und Apotheker frühzeitig und systematisch in die Verbandsarbeit einzubinden. Diese Neuerung ist Ausdruck eines strategischen Wandels, der der veränderten Altersstruktur des Verbandes Rechnung trägt. Geschäftsführer Christopher Jürgens hob hervor, dass sich der Mitgliederzuwachs zunehmend aus jüngeren Kolleginnen und Kollegen speise – ein Trend, der sich auch in den künftigen Gremien widerspiegeln solle.

Mit dieser Satzungsreform reagiert die Adka nicht nur auf den demografischen Wandel innerhalb der Berufsgruppe, sondern positioniert sich zugleich als innovativer Berufsverband, der in Zeiten multipler Krisen handlungsfähig bleiben will. Die Herausforderungen in der Krankenhauspharmazie sind vielfältig: Sie reichen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln über regulatorische Unsicherheiten bis hin zur wachsenden Verantwortung in interprofessionellen Versorgungsteams. Dass die Adka diese Aufgaben nicht nur verwalten, sondern aktiv gestalten will, lässt sich auch an der Zusammensetzung des neuen Präsidiums ablesen. Mit einer Kombination aus erfahrener Führung und gezielter Verjüngung setzt der Verband ein deutliches Zeichen für eine zukunftsgerichtete Politik im klinischen Arzneimittelmanagement.

Die Adka vertritt nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent der in Deutschland tätigen Krankenhausapothekerinnen und -apotheker. Sie versteht sich nicht nur als Interessenvertretung gegenüber Politik und Verwaltung, sondern auch als wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Leitlinien, Qualitätsstandards und Fortbildungskonzepte entwickelt. Vor diesem Hintergrund kommt der Neuausrichtung des Präsidiums und der Satzung eine doppelte Bedeutung zu: Sie ist sowohl ein Signal an die eigene Berufsgruppe als auch ein Impuls an das gesundheitspolitische Umfeld, die Rolle der Krankenhauspharmazie in der Versorgung ernsthaft zu stärken.

Die Wahl des neuen Präsidiums erfolgt in einer Zeit, in der der politische und ökonomische Druck auf die stationäre Versorgung zunimmt. Kliniken stehen unter finanziellem Druck, gleichzeitig steigen die Erwartungen an Arzneimitteltherapiesicherheit, Digitalisierung und Versorgungstransparenz. In diesem Spannungsfeld müssen Krankenhausapothekerinnen und -apotheker nicht nur Arzneimittel bereitstellen, sondern zunehmend als koordinierende Akteure in patientenzentrierten Therapieprozessen auftreten. Der Verband erkennt diese Entwicklung an und formuliert mit dem neuen Präsidium einen Führungsanspruch, der auch die Rolle seiner Mitglieder im interdisziplinären Kontext stärken soll.

Mit der Wahl Jochen Schnurrers zum Präsidenten beginnt ein neuer Abschnitt für die Adka, der mit hohen Erwartungen verbunden ist. Die Kombination aus personeller Erneuerung, struktureller Öffnung und strategischer Zielsetzung schafft die Voraussetzung, um die Krankenhauspharmazie in Deutschland zukunftsfest aufzustellen. Die kommenden Jahre werden zeigen, inwieweit es gelingt, die angekündigten Veränderungen in nachhaltige Impulse für die gesamte Berufsgruppe zu übersetzen.

Wenn ein Berufsverband sein Präsidium turnusgemäß neu besetzt, lässt sich das als formaler Akt abtun – oder als strategisches Signal lesen. Im Fall der Adka ist Letzteres zutreffender. Der Übergang von Kim Green zu Jochen Schnurrer und die gleichzeitige Einbindung neuer Köpfe im Gremium zeigen: Die Krankenhausapotheker meinen es ernst mit Erneuerung, Verantwortung und Nachwuchsförderung. Es geht nicht um kosmetische Veränderungen, sondern um eine glaubwürdige Antwort auf strukturelle Verschiebungen im Berufsfeld. Dass mit der neuen Satzung nun sogar ein Amt für eine Juniorpräsidentin oder einen Juniorpräsidenten geschaffen wird, ist mehr als eine symbolische Geste. Es markiert eine Öffnung, wie sie andere Verbände der pharmazeutischen Zunft bislang meiden.

Dieser Schritt verdient Beachtung, weil er die Altersschichtung im Verband nicht nur benennt, sondern organisatorisch aufgreift. Wer behauptet, junge Apothekerinnen und Apotheker seien nicht für Verbandsarbeit zu begeistern, findet in der neuen Adka-Satzung ein überzeugendes Gegenbeispiel. Es ist der Versuch, Verantwortung nicht mehr nur zu delegieren, sondern frühzeitig zu teilen – und damit Teilhabe zu ermöglichen. Dieser Perspektivwechsel ist im traditionsreichen Milieu der Krankenhauspharmazie kein Selbstläufer. Denn lange war sie eine Domäne hochspezialisierter Fachleute, die eher in Abgrenzung als in Öffnung arbeiteten. Dass sich nun ausgerechnet dieser Verband strukturell reformiert, darf als klares Bekenntnis zur Zukunft verstanden werden.

Zugleich bleibt das neue Präsidium in der Verantwortung, diesen Aufbruch nicht durch Verwaltungsroutine zu neutralisieren. Die Krankenhauspharmazie steht unter Druck – und mit ihr ihre Akteure. Lieferengpässe, Therapierisiken, interdisziplinäre Anforderungen und ein wachsender Einfluss politischer Steuerung belasten die Handlungsfähigkeit der Fachkräfte erheblich. Wer hier von Arzneimitteltherapiesicherheit spricht, spricht über Systeme, die jeden Tag an Belastungsgrenzen geraten. Der Anspruch, diese Realität nicht nur zu verwalten, sondern im besten Fall gestaltend zu beeinflussen, ist hoch. Doch die neue Führungsstruktur gibt immerhin Anlass zu begründeter Hoffnung, dass der Verband dieser Rolle gerecht werden will.

Die Entscheidung, das Amt des Präsidenten erneut mit einer Person zu besetzen, die aus der universitären Praxis kommt, ist dabei nicht nur traditionsbewusst, sondern auch strategisch klug. Denn wer wie Schnurrer an einem großen universitätsmedizinischen Standort tätig ist, kennt nicht nur die Anforderungen komplexer klinischer Versorgung, sondern auch die Versäumnisse der Politik. Das Verhältnis zwischen professioneller Verantwortung und strukturellen Grenzen ist dort sichtbarer als in manchem Flächenkrankenhaus. Damit wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass der neue Präsident nicht nur fachlich kompetent agiert, sondern zugleich die politische Sprache seiner Zeit versteht.

Gerade deshalb wird entscheidend sein, wie offensiv sich die Adka künftig im gesundheits- und versorgungspolitischen Diskurs positioniert. Die Krankenhausapotheke ist nicht mehr nur Fachbereich, sie ist längst Systemakteur. Ihre Rolle in der Pandemiebewältigung, in der Steuerung von Hochrisikomedikationen und in der Entwicklung von Leitlinien hat dies eindrucksvoll gezeigt. Wer sich auf diesem Status ausruht, wird aber von der Realität überholt. Wer ihn ausbaut, hat die Chance, als treibende Kraft in einem reformbedürftigen Gesundheitswesen ernst genommen zu werden.

Der Umbau der Satzung, die personelle Neuaufstellung und die Öffnung für jüngere Mitglieder sind deshalb kein Selbstzweck. Sie sind ein Baustein, um den Verband zukunftsfest zu machen – und damit ein Sprachrohr für jene, die in den kommenden Jahren nicht nur Tabletten abgeben, sondern Verantwortung für Systeme tragen werden. Die Krankenhausapotheker haben einen ersten Schritt gemacht. Nun müssen sie beweisen, dass es mehr war als ein Schritt zur Seite.

 

TI-Gateway statt Konnektor: Apotheken erhalten modernen Zugang zur Telematikinfrastruktur

Die Gedisa kooperiert mit Akquinet und bietet ihren Kunden einen stabilen, cloudbasierten TI-Zugang zum Vorzugspreis

Die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung verlangt zunehmend stabile, wartungsarme und langfristig zukunftsfähige Infrastrukturen – auch im Apothekenwesen. Während Einbox-Konnektoren vielerorts noch das Rückgrat der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) bilden, markiert das sogenannte TI-Gateway den nächsten Technologiesprung. Für Vor-Ort-Apotheken ergibt sich damit nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftlich interessante Alternative zur bisherigen Praxis. Die Gedisa, das standeseigene IT-Unternehmen der Apotheken, geht diesen Schritt jetzt mit dem IT-Dienstleister Akquinet konsequent an: Exklusiv für Gedisa-Kunden wird der Zugang über ein TI-Gateway-Modell zum Preis ab 169 Euro pro Monat angeboten – inklusive Wartung, Betrieb und direktem Support.

Das Modell basiert auf einer zentralen Cloudanbindung über georedundante Rechenzentren, wodurch die lokale Hardware vor Ort in der Apotheke weitgehend entfällt. Apotheken benötigen weder eigene Konnektoren noch aufwendige Installationen, sondern werden über eine gesicherte Verbindung direkt an die TI angeschlossen. Diese Form der Anbindung verspricht nicht nur eine höhere Ausfallsicherheit, sondern auch eine einfachere Skalierbarkeit und bessere technische Pflege. Gleichzeitig bedeutet dies weniger Wartungsaufwand, geringere Folgekosten und ein reduziertes Störpotenzial im laufenden Betrieb.

Sören Friedrich, Geschäftsführer der Gedisa, betont den strategischen Anspruch hinter dem Angebot: Die Digitalisierung solle nicht länger Last, sondern Chance für Apotheken sein. Ziel sei es, Prozesse nicht nur zu digitalisieren, sondern sie in ihrem Ablauf auch wirklich zu vereinfachen. Die Gateway-Lösung verspreche genau dies – insbesondere in einer Zeit, in der Apothekenteams immer häufiger mit technischen und bürokratischen Herausforderungen konfrontiert seien. Mit dem Modell erhalten Apotheken einen Komplettservice aus einer Hand, ohne sich selbst um technische Details oder Wartungsverträge kümmern zu müssen.

Partner der Gedisa ist dabei die Akquinet AG mit Hauptsitz in Hamburg. Das Unternehmen mit rund 900 Beschäftigten betreibt mehrere zertifizierte Rechenzentren und bringt umfassende Erfahrung im IT-Betrieb, insbesondere im Gesundheitswesen, mit. Neben dem TI-Gateway betreut Akquinet auch ergänzende Dienste wie KIM (Kommunikation im Medizinwesen) und CardLink, die im Paket mit angeboten werden. Dabei bleibt die Verantwortung für Betrieb, Betreuung und technische Umsetzung vollständig bei Akquinet, während die Gedisa das Angebot in die Apothekenlandschaft integriert und kanalisiert.

Für Apotheken stellt sich nun nicht mehr die Frage, ob sie sich an die Telematikinfrastruktur anbinden müssen, sondern vielmehr, wie sie dies wirtschaftlich, rechtssicher und zukunftsfähig gestalten. Denn die gesetzlichen Vorgaben zur TI-Pflicht gelten weiterhin – und mit dem Fortschreiten digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen steigen sowohl die technischen Anforderungen als auch die Ausfallrisiken. Mit dem Gateway-Modell, so das Versprechen der Anbieter, könnten Apotheken ihre Anbindung nicht nur absichern, sondern zugleich entbürokratisieren und automatisieren.

Dass dies nicht nur eine technische, sondern auch eine betriebswirtschaftliche Frage ist, unterstreicht Dirk Aagaard, Geschäftsführer bei Akquinet im Gesundheitsbereich. Die neue Infrastruktur biete nicht nur Stabilität, sondern auch Entlastung im Tagesgeschäft. Die persönliche Betreuung durch IT-Fachkräfte, der permanente Zugang zu aktuellen Systemupdates und eine nachweislich höhere Ausfallsicherheit seien laut Aagaard die Hauptargumente für die neue Lösung. Im Gegensatz zu lokalen Konnektoren sei das TI-Gateway keine Übergangslösung, sondern ein langfristig angelegtes Modell.

Damit reiht sich die Gedisa in den Kreis der TI-Anbieter ein, die die nächste Phase der Digitalisierung aktiv gestalten. Während die Akzeptanz in der Ärzteschaft und bei den Softwarehäusern wächst, könnte nun auch im Apothekenbereich ein breiter Umstieg erfolgen – sofern die Systeme zuverlässig, bezahlbar und technisch integrierbar bleiben. Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich das Gateway-Modell als Standard durchsetzen kann. Für viele Apotheken dürfte es schon jetzt die attraktivere Option gegenüber störanfälligen Einzellösungen sein.

Die Gedisa setzt mit dem neuen Gateway-Angebot ein Signal für die Apotheke der Zukunft – und gegen die Altlasten einer technikgeplagten Gegenwart. Zu lange waren die Einbox-Konnektoren Sinnbild für eine misslungene Digitalisierung, die nicht nur technisch angreifbar, sondern auch in der Wartung ineffizient war. Apotheken mussten Hardwareprobleme, Softwarefehler und fehlende Updates oft selbst ausbaden – und das in einem Betriebsumfeld, das weder auf IT-Notfälle noch auf Ausfallsicherheit ausgelegt ist. Mit der zentralisierten Lösung von Gedisa und Akquinet eröffnet sich nun die Chance auf einen echten Systemwechsel.

Der Schritt in die Cloud ist dabei keine abstrakte Vision, sondern eine klare Antwort auf die zunehmende Komplexität digitaler Gesundheitsanwendungen. Ob E-Rezept, KIM oder CardLink – die Zahl der Anforderungen wächst, während gleichzeitig die personellen Ressourcen in den Apotheken knapp bleiben. Jede technische Entlastung ist daher nicht nur willkommen, sondern dringend notwendig. Dass der Betrieb ausgelagert und gleichzeitig persönlich betreut wird, stellt eine wichtige Brücke dar: zwischen dem Anspruch auf Sicherheit und der Realität begrenzter Kapazitäten vor Ort.

Gleichzeitig ist das Preismodell bemerkenswert. 169 Euro monatlich klingt nach einer überschaubaren Investition, wird aber in einer Branche mit stagnierenden Honoraren schnell zur Belastung – jedenfalls dann, wenn der Mehrwert nicht unmittelbar spürbar ist. Hier ist es entscheidend, dass sich die Anbieter nicht auf Technikversprechen beschränken, sondern die tatsächliche Entlastung im Apothekenalltag transparent belegen. Nur wenn Apothekenchefs das Angebot nicht als weiteren Kostenpunkt, sondern als Lösung begreifen, wird die Umstellung gelingen.

Auch politisch ist die Gateway-Lösung nicht ohne Sprengkraft. Der Übergang zu cloudbasierten Strukturen markiert einen Paradigmenwechsel, der Fragen nach Datensouveränität, Kontrollverlust und Haftung neu aufwirft. Die Anbieter tun gut daran, diesen Diskurs nicht zu scheuen, sondern aktiv zu gestalten – etwa durch klar definierte Datenschutzstrukturen und jederzeit nachvollziehbare Supportkonzepte. Denn Vertrauen in digitale Lösungen entsteht nicht durch Technik allein, sondern durch Verlässlichkeit und Transparenz im täglichen Betrieb.

Was bleibt, ist ein klarer Impuls: Die Zeit der Übergangslösungen ist vorbei. Wer die Apotheke fit für die digitale Versorgung machen will, muss Infrastruktur nicht nur bereitstellen, sondern durchdacht integrieren. Die Gedisa hat das erkannt – jetzt kommt es darauf an, ob die Apotheken bereit sind, diesen Schritt auch tatsächlich zu gehen. Die Chance zur digitalen Emanzipation liegt jedenfalls auf dem Tisch.

 

Grefrather Apotheken trotzen dem Versanddruck

Mit Plakaten, Persönlichkeit und pointierten Botschaften zur Kundentreue

In einer Zeit, in der digitale Versender mit millionenschweren Kampagnen und prominenten Werbegesichtern um die Gunst der E-Rezept-Nutzer buhlen, setzen zwei Apothekerinnen aus Grefrath auf ein anderes Mittel: Sichtbarkeit durch Präsenz im Alltag der Menschen vor Ort. Ines Anne Gerhardus und Alice von Laguna zeigen mit ihrer neuen Plakatkampagne, dass auch kleine Apotheken große Botschaften transportieren können – und dass Authentizität, Humor und Haltung dabei oft mehr bewirken als flächendeckende Werbedrucke von Konzernen. Ihr aktuelles Motiv zeigt einen Apotheker in Schwarz-Weiß, stilecht vor altertümlichem Inventar, darüber die ironische Zeile: „Nicht von anno Tobak“. Direkt darunter folgt ein QR-Code mit klarer Handlungsaufforderung: „Jetzt E-Rezept per App einlösen!“ Eine Ansage, die sich deutlich vom Versandklischee des trägen Vor-Ort-Betriebs abhebt.

Gerhardus und von Laguna betreiben zwei Apotheken im Ort – die Hubertus-Apotheke und eine weitere moderne Filiale – und gehen schon seit Jahren gemeinsame Wege bei der Außenwirkung. Konkurrenzdenken ist ihnen fremd, vielmehr setzen sie auf ein solidarisches Verständnis von Nahversorgung. Die neue Plakataktion ist dabei nicht die erste ihrer Art, sondern Teil einer durchdachten Strategie, die auf Wiedererkennung und Vertrauen baut. Für von Laguna ist die Botschaft eindeutig: Die Vor-Ort-Apotheke ist dem Versandhandel oft voraus – nur müsse sie es eben auch zeigen. „Wir brauchen uns nicht verstecken. Eigentlich sind wir der Igel, der schon da ist, wo der Versand erst hinwill“, erklärt sie. Und spielt damit nicht nur auf Geschwindigkeit und Reaktionsfähigkeit an, sondern auch auf die emotionale Nähe zum Kunden – etwas, das kein Callcenter und keine App ersetzen kann.

Diese Nähe zeigt sich auch in der Art, wie beide Inhaberinnen über ihre Rolle sprechen. Gerhardus betont, dass Sichtbarkeit allein nicht ausreicht – man müsse das Vertrauen der Kundinnen und Kunden auch täglich einlösen. Das Plakat sei kein Selbstzweck, sondern Ausdruck einer Haltung: modern, zugewandt, ansprechbar. „Die Leute müssen merken, dass wir für sie da sind. Und dann darf man das auch zeigen – mit Stolz“, sagt sie. Dass sich diese Haltung wirtschaftlich lohnt, sei für sie längst erwiesen. Image wirke nicht kurzfristig, sondern wachse mit jeder positiven Begegnung. „Wenn du langfristig positiv im Gespräch bist, bleiben die Leute auch bei dir.“

Bemerkenswert ist, dass die beiden Apotheken auf dem Plakat gemeinsam auftreten – inklusive Logo und Standort. Das sendet nicht nur ein Zeichen der Kooperation, sondern stärkt auch das Vertrauen in die lokale Versorgung. In Zeiten, in denen große Versandplattformen mit algorithmischen Empfehlungen arbeiten und persönliche Bindung zur Randnotiz wird, ist das bewusste Miteinander zweier selbstständiger Betriebe ein starkes Gegengewicht. Wer sich als Apotheker:in auf solche Aktionen einlässt, muss jedoch auch strategisch denken: Sichtbarkeit bedeutet Investition, Wiederholung und klares Messaging. Der QR-Code ist dabei mehr als ein technisches Element – er signalisiert die digitale Anschlussfähigkeit der Vor-Ort-Apotheke, ohne dabei ihre menschliche Dimension zu verlieren.

Apothekenbetreiber, die diesem Beispiel folgen wollen, sollten daher nicht einfach nur auf visuelle Effekte setzen, sondern ihren Auftritt als Teil eines konsistenten Kundenversprechens verstehen. Das beginnt bei der Motivation hinter der Kampagne, reicht über Gestaltung und Kanäle bis hin zur konkreten Integration ins operative Geschäft – etwa durch geschulte Beratung zum E-Rezept, personalisierte Rückfragen oder crossmediale Verknüpfungen mit bestehenden Kundenservices. Wer mit Plakaten auf sich aufmerksam macht, muss auch im HV die damit geweckten Erwartungen erfüllen – oder übertreffen. Die Kundentreue von morgen wird heute gewonnen, nicht durch App-Funktionen, sondern durch gelebte Nahbarkeit.

Was als charmante Plakataktion aus einem kleinen Ort am Niederrhein daherkommt, ist in Wahrheit ein strategisches Statement zur Zukunft der öffentlichen Apotheke. In einer Branche, die sich zunehmend zwischen Versanddruck, digitaler Disruption und regulatorischer Stagnation aufreibt, liefern zwei Inhaberinnen einen Impuls, der über das Lokale hinausweist. Denn sie haben verstanden, dass Sichtbarkeit kein Selbstzweck ist, sondern Ausdruck von Haltung – und dass moderne Apotheken heute mehr denn je ihre eigene Geschichte erzählen müssen, bevor andere es für sie tun.

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Auf der einen Seite digitale Versender mit millionenschweren Werbebudgets, Prominentenbotschaftern und algorithmischem Marketing – auf der anderen Seite zwei Apothekerinnen, die mit Witz, Bildsprache und lokalem Gespür für eine Apotheke werben, die weder antiquiert noch abgehängt ist. Das Bild des schwarz-weißen Apothekers, kombiniert mit dem Claim „Nicht von anno Tobak“, ist mehr als eine ironische Reminiszenz – es ist ein Spiegel, der zeigt, wie sehr die Apotheke im öffentlichen Bild noch immer mit verstaubter Seriosität assoziiert wird. Und es ist eine bewusste Absage an diese Karikatur. Denn hier positionieren sich zwei Betriebe als Teil einer modernen Versorgungsrealität – appfähig, digital anschlussfähig, aber eben auch menschlich und persönlich.

Darin liegt die eigentliche Botschaft dieser Aktion: Die Apotheke vor Ort muss sich nicht neu erfinden, sie muss sich sichtbar machen – in ihrer echten Stärke, nicht in vermeintlich digitalen Kompetenzen, die der Versandhandel längst besser simuliert. Die Vor-Ort-Apotheke lebt von Vertrauen, von Begegnung, von Kontinuität. Doch all das funktioniert nur, wenn es aktiv gepflegt wird. Wer glaubt, ein freundliches Team und ein schönes HV reichten aus, verkennt die neue Erwartungshaltung vieler Kunden. Sichtbarkeit und Selbstbewusstsein sind keine Kür mehr, sie sind Pflichtprogramm. Die Grefrather Aktion zeigt, dass diese Pflicht durchaus Spaß machen kann – wenn man sie mit Haltung füllt.

Was Apotheken daraus lernen können, ist nicht nur ein Plädoyer für Plakate. Es ist ein Appell zur Selbstvergewisserung. Wer sind wir? Was können wir besser? Und wie machen wir das sichtbar? Die Antwort darauf ist nicht billig, nicht laut und nicht einfach zu kopieren – aber sie ist überzeugend, wenn sie aus echtem Engagement entsteht. Die Kund:innen merken das. Und sie bleiben.

 

FDA lässt neues Migränemittel als Nasenpulver zu

Die Zulassung von Atzumi markiert eine technische Wende in der Akuttherapie

Ein altbekannter Wirkstoff kehrt in innovativer Form zurück – jedoch vorerst nur in den USA. Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat das Migränemittel Atzumi zugelassen, ein Nasenpulver auf Basis von Dihydroergotamin, das sich gezielt zur akuten Behandlung von Migräneanfällen bei Erwachsenen eignet. Die Zulassung gilt für Migräne mit und ohne Aura. Entwickelt wurde das Produkt von Satsuma Pharmaceuticals, dessen bisherige Zulassungsbemühungen im Vorjahr noch gescheitert waren. Mit der jetzigen Genehmigung würdigt die FDA nicht nur die Ergebnisse neuer Studien, sondern auch die zugrunde liegende Applikationstechnologie. Diese stellt eine Abkehr von bisherigen Anwendungsformen dar und verfolgt das Ziel, die Einnahme präziser, schneller und verträglicher zu gestalten.

Atzumi basiert auf der sogenannten Simple MucoAdhesive Nasal Powder-Technologie – einer Verbindung aus innovativer Pulverformulierung und einem speziellen Nasenapplikator. In jeder Einzeldosis befinden sich 5,2 mg Dihydroergotaminpulver, das über dreifaches Betätigen eines Luftdruckknopfes in nur einem Nasenloch appliziert wird. Eine zweite Dosis kann frühestens eine Stunde später verabreicht werden, wobei eine Maximalmenge von zwei Anwendungen pro Tag und vier innerhalb von sieben Tagen festgelegt ist. Auch über einen Zeitraum von dreißig Tagen hinaus ist die Höchstmenge mit zwölf Anwendungen begrenzt. Die FDA-Zulassung gilt ausdrücklich nur für akute Migräneattacken, nicht jedoch zur Prophylaxe oder zur Behandlung spezieller Unterformen wie der hemiplegischen Migräne oder der Migräne mit Hirnstammaura.

Während die US-Zulassung auf breiter klinischer Evidenz fußt, bleibt die Lage in Europa fundamental anders. Bereits im Jahr 2013 kam die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) nach Bewertung der Sicherheitslage zu dem Schluss, dass Dihydroergotamin mit einem erhöhten Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Fibrosen oder Ergotismus einhergeht – insbesondere bei langfristiger oder unsachgemäßer Anwendung. Infolgedessen wurden entsprechende Zulassungen für die Prophylaxe aufgehoben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnete zudem das Ruhen sämtlicher Dihydroergotamin-Zulassungen in Deutschland an. Seit dem 1. Februar 2022 ist der Wirkstoff in keiner einzigen Darreichungsform mehr zugelassen oder im Handel verfügbar. Auch ein Zulassungsverfahren für Atzumi bei der EMA ist derzeit nicht bekannt.

Die aktuelle Entscheidung der FDA stützt sich auf zwei maßgebliche Studien: eine Phase-1-Studie zur Pharmakokinetik sowie die offene Phase-3-Langzeitstudie Ascend, die mit Patienten durchgeführt wurde, die seit mindestens einem Jahr unter Migräne leiden. Teilnahmebedingung war eine Häufigkeit von vier bis zwölf Anfällen pro Monat, bei gleichzeitig weniger als 15 Kopfschmerztagen insgesamt. Die Ergebnisse zeigten eine rasche Aufnahme des Wirkstoffs im Blut und eine stabile Plasmakurve über Stunden. Nach zwei Stunden waren 37 Prozent der Anfälle komplett schmerzfrei, nach vier Stunden 67 Prozent und nach 24 Stunden sogar 86 Prozent. Besonders auffällig war die gute Verträglichkeit auch bei wiederholter Anwendung.

Neben der Schmerzfreiheit dokumentierten die Studien auch deutliche Besserungen bei den belastendsten Begleitsymptomen wie Übelkeit, Lichtempfindlichkeit oder Geräuschüberempfindlichkeit. So waren 54 Prozent der Patienten nach zwei Stunden symptomfrei, nach vier Stunden stieg dieser Anteil auf 80 Prozent, nach 24 Stunden auf über 90 Prozent. Die klassische Kopfschmerzlinderung trat bei 67 Prozent innerhalb der ersten zwei Stunden ein, bei fast allen Probanden nach einem Tag. Die einfache und zielgerichtete Verabreichung per Nasenapplikator könnte gerade für jene Patienten eine Alternative darstellen, die bei akuten Migräneanfällen Schwierigkeiten mit oralen Medikamenten oder Injektionen haben.

Dass die FDA eine Substanz wieder zulässt, die in Europa als zu risikobehaftet gilt, unterstreicht die Differenzen in der regulatorischen Bewertung. Während die USA vor allem auf neue Darreichungsformen und individuelle Therapien setzen, bleibt Europa zurückhaltend – auch mangels neuer Sicherheitsdaten. Für deutsche Patientinnen und Patienten bedeutet das, dass ein potenziell hilfreiches Mittel vorerst nicht zur Verfügung steht. In klinischer Hinsicht bleibt abzuwarten, ob das neue Nasenpulver nur eine technologische Variante eines alten Wirkprinzips ist oder den Weg für weitere Zulassungen ebnet.

Die Wiederzulassung von Dihydroergotamin in den USA zeigt eindrucksvoll, wie sehr sich die Zulassungsstrategien auf beiden Seiten des Atlantiks auseinanderentwickelt haben. Während Europa eine fast reflexhafte Vorsicht gegenüber potenziellen Risiken pflegt, bevorzugen amerikanische Behörden zunehmend einen dynamischeren Umgang mit innovativen Darreichungsformen. Das Beispiel Atzumi verdeutlicht, wie regulatorische Entscheidungen nicht nur wissenschaftlich, sondern auch kulturell geprägt sind. Die FDA lässt ein Medikament zu, das auf einem seit Jahren bekannten Wirkstoff basiert, aber durch moderne Technologie ein neues Nutzenprofil erhält. Die Europäische Arzneimittel-Agentur hingegen bleibt auf Distanz, da die Risiken aus ihrer Sicht weiter überwiegen.

Diese Asymmetrie wirft grundsätzliche Fragen auf: Reicht eine veränderte Applikationsform aus, um ein früher als bedenklich eingestuftes Präparat in einem neuen Licht erscheinen zu lassen? Oder verschiebt sich mit solchen Zulassungen lediglich die Verantwortung – weg vom Regulator, hin zum Patienten? Atzumi zeigt, dass Innovation heute nicht nur aus neuen Substanzen bestehen muss. Die klinische Forschung bewegt sich längst in Richtung besserer Anwendbarkeit, höherer Akzeptanz und zielgerichteter Patientenerfahrung. Die Nase als Applikationsort gewinnt dabei an Bedeutung, nicht nur in der Schmerztherapie.

Dass Dihydroergotamin trotz der EMA-Vorbehalte in den USA wieder auf dem Markt ist, bedeutet aber nicht automatisch, dass europäische Patientinnen und Patienten schlechter gestellt sind. Vielmehr handelt es sich um unterschiedliche Herangehensweisen an das Verhältnis von therapeutischem Nutzen und medizinischem Risiko. Für die Versorgung von Migränepatienten in Deutschland bedeutet das vorerst Stillstand – aber nicht Stilllegung. Denn der Bedarf nach schneller, einfacher und sicherer Linderung bleibt. Die Zukunft wird zeigen, ob auch in Europa der Mut wächst, altbewährte Wirkstoffe unter neuen Bedingungen neu zu bewerten – oder ob der regulatorische Graben weiter wächst.

 

Gesetz zu Pflegekompetenzen rückt näher

Pflegekräfte sollen medizinisch selbstständiger handeln dürfen als bisher

Inmitten einer alternden Gesellschaft mit wachsendem Versorgungsbedarf sieht sich die Bundesregierung mit der drängenden Frage konfrontiert, wie Pflegeberufe gestärkt und dem Fachkräftemangel begegnet werden kann. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stellte zum Tag der Pflegenden erstmals konkrete Vorstellungen vor, mit denen sie den seit Jahren überlasteten Pflegeberuf sowohl aufwerten als auch strukturell verändern will. Unter dem Leitsatz „Pflege kann mehr“ setzt Warken auf einen Paradigmenwechsel: Pflegekräfte sollen künftig weit mehr Kompetenzen erhalten und ihre Arbeit eigenverantwortlicher gestalten dürfen – ohne permanente ärztliche Anweisung.

Der Appell der Ministerin markiert einen politischen Neustart in der Pflegepolitik, der sowohl symbolisch als auch praktisch weitreichende Folgen haben könnte. Während Warken die Leistungen beruflicher wie familiärer Pflegepersonen ausdrücklich würdigte, ließ sie keinen Zweifel daran, dass strukturelle Veränderungen notwendig seien, um die Versorgungssicherheit in einem überalternden Land zu gewährleisten. Der Schlüssel dazu liege in einer konsequenten Kompetenzverlagerung innerhalb des Gesundheitssystems – weg von einer ärztlich dominierten Versorgung hin zu einer partnerschaftlich organisierten Pflegepraxis.

Ein entsprechender Gesetzentwurf ist bereits skizziert. Er soll Pflegekräften mit abgeschlossener Ausbildung das Recht einräumen, bestimmte medizinische Maßnahmen selbstständig zu ergreifen – etwa im Wundmanagement, bei der Schmerzbehandlung oder bei chronisch kranken Patienten. Der Entwurf wurde noch unter Warkens Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) entwickelt und nun von der neuen Ministerin mit klarer Rückendeckung versehen. „Wir müssen die Kompetenzen der Pflege endlich ernst nehmen und sie als Teil der Lösung begreifen“, erklärte Warken in Berlin.

Im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD ist festgeschrieben, ein Gesetz zur Erweiterung der Pflegekompetenzen auf den Weg zu bringen. Der politische Konsens scheint also gegeben – zumindest auf dem Papier. Kritisch dürften hingegen die kommenden Verhandlungen mit Ärzteverbänden, Krankenkassen und Pflegekammern werden. Während Pflegeverbände die Initiative begrüßen und als lange überfällig bewerten, warnen ärztliche Berufsverbände vor Kompetenzüberschneidungen und Haftungsfragen.

Der Fachkräftemangel verstärkt den Handlungsdruck zusätzlich. Laut aktuellen Berechnungen werden bis 2030 über 500.000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt, um das Versorgungsniveau auch nur annähernd zu halten. Ohne grundlegende Reformen, so die einhellige Meinung von Branchenvertretern, droht ein flächendeckender Versorgungsengpass. Die Übertragung zusätzlicher Aufgaben auf Pflegepersonal könnte nicht nur entlastend wirken, sondern auch zur Aufwertung des Berufsbildes beitragen. Höhere Autonomie und eigenverantwortliches Arbeiten gelten seit Jahren als zentrale Wünsche vieler Pflegekräfte.

Warken versucht nun, diesen Wünschen politisches Gewicht zu verleihen. Die Ministerin betont, dass eine moderne Pflegepolitik nicht bei Appellen stehen bleiben dürfe. Es gelte, den Beruf nicht nur ideell, sondern konkret strukturell zu stärken – durch bessere Bezahlung, verlässliche Dienstpläne, berufliche Perspektiven und eine klare Definition der pflegerischen Kernkompetenzen. Die bisherige Politik habe zu oft in der Logik der Kompensation verharrt. Pflege sei entweder notdürftig organisiert oder durch Hilfskonstruktionen wie Kurzarbeiterregelungen und Leiharbeit gestützt worden. Das sei nicht zukunftsfähig.

Ein bemerkenswerter Aspekt ihrer Äußerungen war auch die explizite Anerkennung der Angehörigenpflege. Millionen Menschen in Deutschland pflegen Familienmitglieder zu Hause, oftmals unter Verzicht auf eigene Erwerbstätigkeit und ohne fachliche Unterstützung. „Diese Menschen halten unser Gemeinwesen zusammen“, sagte Warken. Es sei Aufgabe der Politik, diese Leistung nicht nur zu würdigen, sondern auch nachhaltig abzusichern – etwa durch Entlastungsangebote, Pflegegeldreformen oder flexible Unterstützungsmodelle.

Ob Warkens Pflegepolitik mehr wird als eine Geste zum Tag der Pflegenden, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Der Gesetzesentwurf liegt vor, das Problem ist seit Jahren bekannt – nun liegt es an der Bundesregierung, dem „Pflege kann mehr“-Versprechen auch konkrete Strukturveränderungen folgen zu lassen.

Die Worte von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken wirken wie das überfällige Echo einer Realität, die Pflegekräfte seit Jahren erleben. Dass Pflege mehr kann, als sie darf – das ist nicht neu, aber in dieser Deutlichkeit lange nicht aus dem Gesundheitsministerium zu hören gewesen. Der Satz ist sowohl politisches Bekenntnis als auch implizite Anklage an ein System, das Pflegekräfte überlastet, unterfinanziert und zugleich von verantwortlicher Eigenständigkeit ausschließt.

Warkens Ansatz verdient deshalb Aufmerksamkeit. Denn er zielt nicht auf symbolische Anerkennung, sondern auf strukturelle Autonomie. Wenn examinierte Pflegekräfte eigenverantwortlich handeln dürfen, ist das nicht nur eine Entlastung der Ärzteschaft, sondern auch ein überfälliger Schritt in Richtung eines Gesundheitssystems, das die Fachlichkeit seiner Akteure ernst nimmt. In einer alternden Gesellschaft mit Millionen chronisch kranker Menschen wäre es schlicht fahrlässig, das Potenzial der Pflege weiterhin zu ignorieren.

Allerdings steht Warken vor einem vertrauten Dilemma: Die politische Bereitschaft zur Reform kollidiert regelmäßig mit standespolitischem Widerstand. Ärztelobbys werden die Ausweitung pflegerischer Kompetenzen kaum kampflos hinnehmen, und auch in der Pflege selbst gibt es Skepsis – nicht zuletzt, weil mehr Verantwortung oft nicht mit mehr Zeit, Personal oder Entlohnung einhergeht. Die Gefahr, dass Pflegekräfte neue Aufgaben erhalten, ohne echte Ressourcenverschiebung, ist real.

Darum muss ein Gesetz zur Pflegekompetenz mehr sein als eine rechtliche Erlaubnis. Es braucht eine umfassende Infrastrukturreform: klare Zuständigkeitsprofile, rechtssichere Entscheidungsräume, interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Erst wenn diese Voraussetzungen geschaffen sind, wird aus dem Schlagwort „Pflege kann mehr“ ein tragfähiges Zukunftsmodell. Warken hat das Thema aufgegriffen – jetzt muss sie beweisen, dass ihre Worte keine Eintagsfliege bleiben.

Denn die Pflege ist längst kein Randthema mehr. Sie ist systemisch. Sie entscheidet über Versorgungssicherheit, soziale Gerechtigkeit und die Widerstandsfähigkeit unseres Gesundheitswesens. Wer diese Dimension ernst nimmt, muss die Pflege nicht nur symbolisch, sondern strukturell emanzipieren – mit Mut, mit Mitteln und mit einem klaren Gesetz.

 

Wenn Schweigen krank macht, braucht es sensible Beratung

Apotheken sind zentrale Orte für diskrete Hilfe bei Fragen zur Intimgesundheit

Intimpflege gehört zu den sensibelsten Themen im Apothekenalltag – und bleibt dennoch eines der meistverdrängten. Viele Kundinnen und Kunden zögern, Beschwerden im Intimbereich offen anzusprechen, obwohl gerade hier Beratung, Aufklärung und Produktwissen eine zentrale Rolle spielen könnten. Die Apotheke gilt als niederschwellige Anlaufstelle für Gesundheitsfragen, doch gerade im Bereich der Intimgesundheit ist das Beratungsgespräch oft mit Unsicherheit, Scham oder Sprachlosigkeit verbunden – auf beiden Seiten. Für pharmazeutische Fachkräfte bedeutet das eine doppelte Herausforderung: Sie müssen nicht nur über fundierte Kenntnisse zu Intimpflegeprodukten verfügen, sondern auch eine Atmosphäre schaffen, die Vertrauen ermöglicht, ohne Scham zu reproduzieren.

Dabei geht es um deutlich mehr als bloße Produktempfehlungen. Intimpflege betrifft nicht nur das Wohlbefinden, sondern ist für viele Betroffene Ausdruck einer stillen gesundheitlichen Belastung. Juckreiz, Trockenheit, Geruch, Hautirritationen oder Schmerzen – solche Symptome werden in der ärztlichen Praxis häufig thematisiert, doch der erste Gesprächsversuch findet oft in der Apotheke statt. Gerade bei chronischen Beschwerden, während oder nach einer Krebstherapie, in der Schwangerschaft oder im Alter ist die Apotheke ein Ort, an dem Menschen Hilfe erwarten – und in dem sich entscheidet, ob sie diese auch annehmen können. Entscheidend dafür ist nicht nur das Fachwissen über hormonfreie Pflegeprodukte, pH-neutrale Waschlösungen oder barrierestabilisierende Salben, sondern vor allem das kommunikative Fingerspitzengefühl im Umgang mit verschämten Anliegen.

Nicht selten vermeiden Kundinnen und Kunden direkte Fragen. Stattdessen greifen sie zu Verpackungen, vergleichen stumm oder suchen über Blicke Kontakt zum Fachpersonal – oft eine stille Bitte um Unterstützung. Hier beginnt die eigentliche Beratungsleistung: zu erkennen, ob und wie ein Gespräch angeboten werden kann, ohne aufdringlich oder verunsichernd zu wirken. Das bedeutet auch, zwischen fachlicher Präsenz und diskreter Zurückhaltung zu balancieren. Sprachliche Sensibilität, neutrale Begriffswahl, nonverbale Offenheit und der Verzicht auf wertende Reaktionen bilden das Fundament für vertrauensvolle Gespräche. Nur so lassen sich Tabus abbauen und Unsicherheiten auf beiden Seiten reduzieren.

Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Apothekenteams Fortbildungsbedarf im Umgang mit diesen Situationen haben. Fragen wie „Was darf ich sagen?“, „Wie reagiere ich, wenn jemand stockt?“, oder „Wie schaffe ich Vertrauen, wenn der Kunde selbst nicht spricht?“ sind keine Randthemen, sondern spiegeln die Realität im Handverkauf. Unterstützt durch digitale Fortbildungsformate, Webinare und Praxisschulungen rückt die Intimgesundheit zunehmend in den Fokus professioneller Beratung. Themen wie pH-Wert-Verschiebungen, Hautschutz bei onkologischen Patientinnen, Pflege bei Harninkontinenz oder Pilzprophylaxe in der Menopause gehören dabei ebenso zum Spektrum wie die Frage, wie Beratung zu Intimpflegeprodukten überhaupt initiiert werden kann.

Auch der Beratungsort spielt eine Rolle: Zwischen Kasse, Sichtwahl und Kundenfrequenz bleibt oft zu wenig Raum für diskrete Gespräche. Apotheken, die räumlich getrennte Beratungsecken oder spezielle Sprechzeiten anbieten, haben hier einen Vorsprung. Doch auch dort, wo solche Strukturen fehlen, lässt sich mit klaren Abläufen, einem bewussten Sprachstil und geschultem Auftreten viel erreichen. Entscheidend ist, dass die Teams die Relevanz des Themas erkennen – und bereit sind, ihre Beratungsroutine zu hinterfragen.

Denn die Nachfrage ist real. Ob Fragen zur Pflege nach der Geburt, zur Feuchtigkeitsregulation in den Wechseljahren oder zur langfristigen Hautpflege bei onkologischen Therapien – wer im HV diskret und kompetent beraten kann, schafft nicht nur Vertrauen, sondern leistet konkrete Hilfe. Intimpflege ist kein Randthema, sondern ein zentrales Feld der Gesundheitsversorgung. Die Apotheke kann hier viel leisten – wenn sie es zulässt.

Dass Intimpflege in der öffentlichen Wahrnehmung oft ausgeklammert wird, ist Ausdruck einer tief verwurzelten Körpertabuisierung, die bis in die professionelle Gesundheitsberatung hineinwirkt. In einem System, das auf standardisierte Prozesse und effiziente Kundenkontakte ausgerichtet ist, erscheint die intime Dimension körperlicher Beschwerden als störende Ausnahme. Doch gerade diese Ausnahme braucht besondere Aufmerksamkeit – nicht nur, weil sie häufig vorkommt, sondern weil sie Menschen in verletzlichen Situationen betrifft.

Apotheken sind in der einzigartigen Position, als niedrigschwellige Orte Vertrauen zu schaffen – oder zu verspielen. Das Gespräch über Intimpflege kann hier zum Lackmustest für die Qualität der Kundenkommunikation werden. Es zeigt sich, ob Empathie und Fachwissen wirklich in Einklang stehen, ob das Personal vorbereitet ist, jenseits von Sachinformationen auch Unsicherheit, Scham oder soziale Barrieren wahrzunehmen und zu überwinden. Denn wer lediglich über Produkte spricht, ohne den Kontext der Frage zu sehen, verfehlt den Kern der Beratung.

Was fehlt, ist weniger ein Sortiment an Cremes und Waschlotionen – das ist breit verfügbar. Was fehlt, ist oft die kommunikative Kompetenz, diese Produkte in einen unterstützenden, vertrauensvollen Rahmen einzubetten. Das beginnt nicht bei medizinischen Fachkenntnissen, sondern bei Haltung, Sprache und Aufmerksamkeit. Es verlangt ein Bewusstsein dafür, dass gerade Menschen mit Vorerkrankungen, älteren Körpern oder geschlechtsspezifischen Beschwerden in Apotheken mit einer Mischung aus Hoffnung und Vorsicht erscheinen – und nicht selten enttäuscht gehen, wenn sie sich nicht gesehen fühlen.

Die Herausforderung besteht darin, das Unsichtbare sichtbar zu machen, ohne es zu entblößen. Eine sensibel geführte Beratung zur Intimpflege ist keine Nebensächlichkeit, sondern eine professionelle Kunstform. Sie verlangt mehr als ein Verkaufsgespräch: Sie fordert Nähe ohne Übergriffigkeit, Klarheit ohne Peinlichkeit und Diskretion ohne Sprachlosigkeit. Wer hier scheitert, verliert nicht nur einen Kunden, sondern untergräbt das Selbstbild der Apotheke als Ort der Gesundheitskompetenz.

Gerade deshalb braucht es Fortbildung, kollegialen Austausch und eine aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Beratungspraxis. Intimpflege ist kein Nischenthema, sondern ein Schlüsselbereich professioneller Versorgung – so lange man bereit ist, es als solchen zu behandeln.

 

Kleinhirnsyndrom als neue Risiko-Warnung bei Pylera

Die CMDh bestätigt den Zusammenhang mit der Antibiotikatherapie gegen Helicobacter pylori

Das Antibiotikakombinationspräparat Pylera, das zur Eradikation von Helicobacter pylori in Verbindung mit einem Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol eingesetzt wird, steht künftig unter verstärkter Beobachtung. Die Koordinierungsgruppe für das gegenseitige Anerkennungs- und Dezentralisierungsverfahren für Humanarzneimittel (CMDh) hat entschieden, dass die Produktinformationen von Arzneimitteln, die die Wirkstoffkombination aus Citronensäure-Bismut-Kalium-Salz, Metronidazol und Tetracyclin enthalten, um die mögliche Nebenwirkung „Kleinhirnsyndrom“ ergänzt werden müssen. Damit wird der kausale Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser Kombinationstherapie und dem Auftreten neurologischer Symptome erstmals regulatorisch anerkannt.

Nach Angaben der CMDh gehört die neue Nebenwirkung zur Systemorganklasse „Erkrankungen des Nervensystems“. Sie soll künftig mit der Häufigkeitsangabe „nicht bekannt“ geführt werden, was bedeutet, dass die derzeitige Datenlage keine belastbare Abschätzung zur Eintrittswahrscheinlichkeit erlaubt. Dennoch ist der Nachweis einer klaren kausalen Verbindung ausreichend, um regulatorisches Handeln zu legitimieren. Die Entscheidung basiert auf einer kumulativen Bewertung gemeldeter Fälle, in denen nach Einnahme der Kombination charakteristische Symptome eines Kleinhirnsyndroms auftraten.

Typische Anzeichen eines solchen Syndroms umfassen Gangunsicherheit, Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie), Dysarthrie, unwillkürliche Augenbewegungen (Nystagmus) sowie feinmotorisches Zittern. Nach Absetzen der Therapie wurden in mehreren dokumentierten Fällen eine vollständige oder zumindest partielle Rückbildung der Symptome beobachtet, was die Hypothese einer reversiblen Toxizität des Präparats unterstützt. Dennoch bleibt offen, ob in Einzelfällen bleibende Schäden möglich sind.

Pylera wird in Deutschland als Eradikationsschema bei durch Helicobacter pylori verursachten Ulcera eingesetzt. Die Dreifachkombination ist besonders bei rezidivierenden peptischen Ulcera indiziert, da sie synergistisch gegen das Bakterium wirkt und unterschiedliche Angriffspunkte vereint. Die Rolle des enthaltenen Bismutsalzes, dessen exakter Wirkmechanismus bis heute nicht abschließend verstanden ist, liegt vermutlich in einer lokalen Toxizität gegenüber der bakteriellen Zellmembran sowie in der Störung der Protein- und Zellwandsynthese. Metronidazol, ein Nitroimidazol, entfaltet seine Wirkung erst unter anaeroben Bedingungen, indem es durch mikrobiell erzeugte Reduktionsprozesse in reaktive Nitrosoradikale überführt wird, die direkt mit der bakteriellen DNA reagieren und dort Strangbrüche verursachen. Tetracyclin wiederum blockiert als klassisches Breitbandantibiotikum die bakterielle Translation durch Bindung an die 30S-Untereinheit der Ribosomen und hemmt so das weitere Wachstum.

Dass eine so potente Kombinationstherapie auch mit ernsthaften Nebenwirkungen einhergehen kann, ist keine neue Erkenntnis. Neu ist allerdings die klare Zuordnung einer potenziell reversiblen, aber schwerwiegenden neurologischen Komplikation zu diesem spezifischen Therapieschema. Die Aufnahme des Kleinhirnsyndroms in die Fachinformation ist somit ein bedeutender Schritt im Sinne der Patientensicherheit. Ärztinnen und Apotheker sollten künftig auch bei zunächst unspezifisch wirkenden Symptomen an diese mögliche Ursache denken und ihre Patienten frühzeitig aufklären.

Dass der Pathomechanismus bislang nicht eindeutig geklärt ist, wirft neue Fragen auf – insbesondere in Bezug auf die Rolle des Bismuts und dessen potenzielle neurotoxische Eigenschaften bei systemischer Aufnahme. Unklar bleibt, ob bestimmte genetische oder metabolische Faktoren das Risiko erhöhen. Auch könnten Wechselwirkungen mit Omeprazol, das den pH-Wert des Magens beeinflusst und somit die Bioverfügbarkeit der anderen Substanzen verändert, eine Rolle spielen. Die Entscheidung der CMDh dürfte daher nicht nur eine regulatorische Reaktion auf klinische Fälle sein, sondern auch ein Signal an die Forschung, die Zusammenhänge künftig gezielter zu untersuchen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Anwendende über mögliche zentrale Nebenwirkungen informiert werden müssen – nicht zuletzt, weil eine frühe Unterbrechung der Behandlung in vielen Fällen das Fortschreiten der Symptome verhindert. Die Meldebereitschaft bei neurologischen Komplikationen sollte erhöht werden, um den Signalcharakter solcher Fälle besser zu erfassen. Auch Apotheken sind gefordert, Patienten bei entsprechenden Rückfragen sensibel, aber informiert zu begegnen. Die Aktualisierung der Produktinformationen steht beispielhaft für die Notwendigkeit, auch bewährte Therapieansätze kontinuierlich zu evaluieren und gegebenenfalls neu zu bewerten.

Der Fall Pylera ist ein Musterbeispiel für die stille Dynamik pharmakovigilanzbasierter Erkenntnisprozesse. Über Jahre hinweg galt die Kombination aus Bismut, Metronidazol und Tetracyclin als bewährtes Schema im Kampf gegen Helicobacter pylori – mit dokumentierter Effektivität und gut bekannten Nebenwirkungsprofilen. Die nun erfolgte Erweiterung um das Kleinhirnsyndrom als neue potenzielle Komplikation verdeutlicht, dass selbst etablierte Therapien nie vollständig verstanden sind. Und dass Arzneimittelsicherheit kein abgeschlossenes Kapitel, sondern ein permanenter Aushandlungsprozess ist, in dem auch seltene Nebenwirkungen ein Recht auf regulatorische Beachtung haben.

Es ist medizinisch bemerkenswert, dass ein so komplexes neurologisches Krankheitsbild wie das Kleinhirnsyndrom mit einer antibiotischen Kombitherapie in Verbindung gebracht wird. Die reversible Natur der Symptomatik legt nahe, dass es sich nicht um strukturelle Läsionen, sondern um funktionelle Störungen handelt – möglicherweise ausgelöst durch toxische Metabolite oder pharmakodynamische Wechselwirkungen in vulnerablen Hirnarealen. Gerade Bismut, dessen neurotoxisches Potenzial bereits in anderen Zusammenhängen beschrieben wurde, rückt damit erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Der regulatorische Schritt der CMDh ist folgerichtig, wenngleich in seinem Umfang zurückhaltend. Die Kennzeichnung als „nicht bekannte Häufigkeit“ wahrt die Balance zwischen klinischer Wachsamkeit und wissenschaftlicher Unsicherheit. Doch hinter dieser formalen Einordnung verbirgt sich ein substanzieller Fortschritt: Die Bereitschaft, auch ungewöhnliche Signale ernst zu nehmen und als relevanten Bestandteil der Arzneimittelinformation zu integrieren. In Zeiten zunehmender Skepsis gegenüber Arzneimittelsicherheit ist das eine wichtige Botschaft – an Behandelnde, Behörden und Patienten zugleich.

Gleichzeitig markiert der Fall eine Chance zur Schärfung der Arzneimittelsensibilität in Praxis und Forschung. Denn wer das Zusammenspiel komplexer Nebenwirkungen verstehen will, muss die pharmakologischen Wirkmechanismen nicht nur retrospektiv deuten, sondern aktiv erforschen. Der regulatorische Nachweis einer Kausalität ersetzt keine physiologische Erklärung, sondern verweist auf deren Dringlichkeit. Dass selbst in hochregulierten Märkten wie der EU unerwartete neurotoxische Reaktionen möglich sind, sollte als Mahnung gelten, therapeutische Routinen niemals zur Gewohnheit verkommen zu lassen.

Was daraus folgt, ist eine doppelte Verantwortung: klinisch, durch sensible Patientenaufklärung und konsequente Beobachtung – wissenschaftlich, durch vertiefte Erforschung der beteiligten Substanzen und möglicher individueller Risikofaktoren. Für die Apotheken bedeutet dies nicht nur eine Erweiterung der Informationspflicht, sondern auch eine neue Rolle als Frühwarnsystem im Alltag. Die Einführung eines solchen Warnhinweises ist daher nicht bloß ein bürokratischer Akt, sondern ein medizinisches Signal – leise, aber klar.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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