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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Telemedizin in Telefonzellen, digitale Rezepte mit alten Fehlern, Datenschutzverstöße bei Amazon und Senioren, die ePA-Coaches brauchen – was als Modernisierung gilt, offenbart bei näherem Hinsehen ein Gesundheitssystem im Krisenmodus. Apotheken schlagen sich mit gefälschten Verordnungen herum, Influencer ignorieren Werbeverbote, und selbst rezeptfreie Produkte werden zum juristischen Problemfall. Zwischen technischer Machbarkeit und systemischer Überforderung entsteht ein Flickwerk aus Einzelmaßnahmen, das mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Wer die aktuellen Entwicklungen versteht, erkennt: Hier geht es längst nicht mehr nur um digitale Lösungen, sondern um den Zustand eines Systems, das an seinen eigenen Ansprüchen zu scheitern droht.
Inmitten eines zunehmenden strukturellen Ärztemangels und wachsender Versorgungslücken gewinnt die Telemedizin als Lösungsmodell erneut an Fahrt – und zwar nicht mehr nur digital, sondern auch in greifbarer Form. In Deutschland werden derzeit Pilotprojekte diskutiert, bei denen umfunktionierte Telefonzellen als sogenannte Video-Arztkabinen dienen sollen. In diesen Kabinen können sich Patientinnen und Patienten per Bildschirm mit einer Ärztin oder einem Arzt verbinden. Unterstützt werden sie vor Ort von medizinischem Assistenzpersonal wie pharmazeutisch-technischen Assistentinnen oder medizinischen Fachangestellten. Was auf den ersten Blick wie ein innovativer Versorgungsschub wirkt, wirft bei genauerer Betrachtung komplexe Fragen zur Systemkohärenz auf: Wie fügt sich diese Versorgungsform in bestehende Strukturen ein, welche Rolle spielen Apotheken in der patientennahen Betreuung, und welche Risiken birgt die physische Verlagerung ärztlicher Leistungen in halböffentliche Räume? Kritiker mahnen, dass es sich hierbei um eine infrastrukturelle Flickschusterei handeln könnte, bei der kurzfristige technische Lösungen grundlegende Strukturreformen ersetzen sollen.
Parallel zur Telemedizin rücken digitale Verordnungsformen erneut in den Fokus – insbesondere das E-Rezept. Dieses sollte eigentlich typische Formfehler der Papierverordnung beseitigen und Apotheken entlasten. Doch die Realität zeigt, dass auch elektronische Rezepte nicht vor Fehlern gefeit sind. Probleme treten vor allem bei der elektronischen Signatur, der Lebenslangen Arztnummer oder der Betriebsstättennummer auf. Die Frage, ob Apotheken diese Fehler aktiv erkennen und korrigieren müssen, wurde nun eindeutig beantwortet: Eine inhaltliche Prüfpflicht besteht nicht. Das geht aus den aktualisierten FAQ der Gematik sowie der Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag hervor. Für Apotheken bedeutet das rechtliche Sicherheit – und gleichzeitig eine neue Abgrenzung der Verantwortung in der Versorgungskette.
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt derweil für eine Zäsur im Umgang mit Gesundheitsdaten im Onlinehandel. Der BGH rügte Amazon dafür, dass bei der Bestellung apothekenpflichtiger, nicht verschreibungspflichtiger Medikamente personenbezogene Gesundheitsdaten ohne ausdrückliche Einwilligung an Drittanbieter weitergegeben wurden. Geklagt hatte ein Münchener Apotheker, der sich gegen diese Praxis zur Wehr setzte – mit Erfolg. Das Gericht stellte klar, dass auch bei OTC-Produkten strenge Maßstäbe des Datenschutzes gelten. Zwar ist das Urteil ein Sieg für den Verbraucherschutz, doch es offenbart zugleich die strukturelle Unvereinbarkeit von Plattformökonomie und datenschutzkonformer Arzneimittelversorgung.
Mit einem anderen Grundsatzverfahren beschäftigt sich der BGH im Juni erneut: Es geht um die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren bei der Vermittlung von Medizinstudienplätzen im Ausland. Der Anbieter StudiMed verlangt ein Honorar bereits bei Zusage eines Studienplatzes – ungeachtet dessen, ob der Studienantritt erfolgt. Die rechtliche Bewertung dieses Modells hat Signalwirkung für den gesamten Bildungsvermittlungsmarkt und könnte die Vertragsfreiheit im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Risiko und Verbraucherschutz neu justieren.
Gleichzeitig rüsten sich Apotheken digital gegen eine wachsende Gefahr: gefälschte Rezepte. Immer professionellere Fälschungen gefährden nicht nur die Arzneimittelsicherheit, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität von Apotheken. Der Berliner Apotheker Habib Chalhoub hat daher ein eigenes Tool entwickelt, das die Lebenslange Arztnummer automatisch prüft und so Fälschungen schneller identifizieren kann. Die Lösung zeigt exemplarisch, wie digitale Eigeninitiative praktische Probleme adressieren kann – und dennoch ein strukturelles Problem nicht aufhebt: den Mangel an zentraler Betrugserkennung im Verordnungssystem.
Auch bei der elektronischen Patientenakte wird deutlich, wie stark soziale Ungleichheiten die Digitalisierung des Gesundheitswesens bremsen können. In Rheinland-Pfalz startet deshalb ein landesweites Programm mit sogenannten ePA-Coaches, die ältere Menschen beim Zugang zur ePA unterstützen sollen. Die Coaches arbeiten ehrenamtlich, erhalten aber eine spezielle Schulung. Das Modell zeigt, dass Digitalisierung ohne menschliche Vermittlung für viele Nutzergruppen nicht zugänglich bleibt – und dass soziale Teilhabe im Gesundheitswesen immer auch eine pädagogische Aufgabe ist.
Im Bereich der Arzneimittelversorgung kündigt sich unterdessen ein Comeback an: Das transdermale Pflaster Scopoderm mit dem Wirkstoff Scopolamin, das bei Reisekrankheit eingesetzt wird, soll ab dem 5. Mai 2025 wieder erhältlich sein. Nach monatelanger Marktabsenz aufgrund regulatorischer Verzögerungen liegen die Auslieferungseinheiten bereits bereit. Die Rückkehr des Produkts dürfte vielen Betroffenen Erleichterung bringen – und verdeutlicht einmal mehr die Abhängigkeit der Versorgungssicherheit von administrativen Freigaben.
Ein Fall von umstrittener Medikamentenwerbung sorgt derweil für Aufsehen in den sozialen Medien. Die Fitness-Influencerin Sophia Thiel hat auf Instagram ein rezeptpflichtiges Antihistaminikum gegen Heuschnupfen als ihre persönliche Empfehlung präsentiert. Obwohl sie betont, es handle sich nicht um Werbung, stellt sich juristisch die Frage nach einem möglichen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Der Fall illustriert die Grauzonen zwischen Erfahrungsberichten und kommerzieller Einflussnahme – und zeigt, wie schwer es in digitalen Medien ist, Werbung klar von privater Meinungsäußerung zu trennen.
In der pharmazeutischen Praxis wird unterdessen eine bedeutende Rezepturvorschrift überarbeitet. Die NRF 7.14 zur Herstellung einer schmerzlindernden Mundspüllösung wurde aktualisiert. Im Fokus steht dabei eine praktikablere Herstellung des wässrigen Teilansatzes, um die Rezeptur besser an die Anforderungen der pharmazeutischen Praxis anzupassen. Die Kombination aus Hydrocortisonacetat, Lidocainhydrochlorid und Dexpanthenol wird vor allem bei schmerzhaften Schleimhautentzündungen im Rahmen onkologischer Therapien eingesetzt und bleibt damit ein wichtiger Bestandteil der individuellen Schmerztherapie.
Auch Stiftung Warentest hat aktuelle Ergebnisse vorgelegt – diesmal zum Thema Mückenschutz. Zehn Kombipräparate gegen Mücken und Zecken wurden getestet, ergänzt durch sogenannte Insektenstichheiler. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur drei Produkte erhielten das Qualitätsurteil „gut“, sieben wurden mit „befriedigend“ oder „ausreichend“ bewertet. Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das: Nicht jedes Produkt hält, was es verspricht – und verlässlicher Schutz bleibt eine Frage informierter Auswahl.
Was als Fortschritt präsentiert wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung oft als technokratische Kompensation für politische Versäumnisse. Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht unter Druck: Ärztemangel, demografischer Wandel, wirtschaftlich geschwächte Apotheken und eine Überlastung vieler Versorgungsstrukturen. Die Reaktion darauf fällt bezeichnend aus – nicht durch gezielte Strukturreformen oder einen nachhaltigen Ausbau der Daseinsvorsorge, sondern durch digitale Einzelmaßnahmen, die isoliert betrachtet plausibel wirken, aber kaum systemisch greifen. Die Telemedizin in umgebauten Telefonzellen ist ein Sinnbild dieser Entwicklung: Was vordergründig nach Innovation aussieht, verdeckt einen Rückzug staatlicher Verantwortung und verlagert die Versorgung in Halböffentlichkeiten, flankiert von medizinischem Assistenzpersonal. Das ist keine Lösung, sondern ein Notbehelf, der mit großem technischem Aufwand über strukturelle Defizite hinwegzutäuschen versucht.
Auch beim E-Rezept zeigt sich dieses Muster: Der politische Anspruch war Klarheit, Sicherheit, weniger Fehler, weniger Retaxationen. Die Realität ist anders. Zwar besteht für Apotheken keine inhaltliche Prüfpflicht, was rechtliche Sicherheit schafft. Doch es bleibt ein unauflösbares Spannungsverhältnis zwischen technischer Implementierung und praktischer Versorgungspraxis. Fehlerquellen wie falsch hinterlegte Arztnummern oder fehlerhafte Signaturen werden nicht durch die Technik beseitigt – sie werden lediglich verschoben. Die Verantwortung wird fragmentiert, und die Prozesse werden komplexer, nicht einfacher. Anstatt digitale Systeme als Instrument zur Entlastung sinnvoll einzubetten, wirken sie zunehmend wie zusätzliche Hürden.
Hinzu kommt eine gefährliche Unschärfe im Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten. Der Bundesgerichtshof hat Amazon zwar für die rechtswidrige Weitergabe von personenbezogenen Daten an Apothekenpartner gerügt – ein überfälliges Signal. Doch am System selbst, das auf Plattformökonomie, Marktlogik und Datenverwertung basiert, ändert sich dadurch nichts. Die strukturelle Kollision zwischen kommerziellen Interessen und dem Schutz individueller Gesundheitsdaten bleibt ungelöst. Der Fall zeigt: Solange gesetzliche Leitplanken hinter der Realität digitaler Geschäftsmodelle zurückbleiben, bleibt Datenschutz ein Anspruch ohne Durchsetzungskraft.
Die digitale Transformation des Gesundheitswesens scheitert nicht an Technik, sondern an der politischen Unfähigkeit, digitale Innovation mit sozialer Gerechtigkeit, institutioneller Klarheit und systemischer Kohärenz zu verknüpfen. Wenn ältere Menschen ePA-Coaches brauchen, um Zugang zu ihrer eigenen Krankenakte zu erhalten, ist das kein Erfolg, sondern ein Eingeständnis gescheiterter Nutzerorientierung. Wenn Apotheker digitale Tools zur Betrugserkennung selbst entwickeln müssen, weil zentrale Lösungen fehlen, offenbart das nicht Pioniergeist, sondern die Leerstelle staatlicher Vorsorge. Und wenn Influencer verschreibungspflichtige Medikamente öffentlich empfehlen und die Grenzen zwischen privater Erfahrung und verbotener Werbung verwischen, zeigt das, wie dringend die medienrechtliche Aufsicht an neue Kommunikationsrealitäten angepasst werden muss.
Gesundheitspolitik muss mehr sein als das Addieren von Einzellösungen. Sie braucht ein tragfähiges Fundament – mit klaren Verantwortlichkeiten, einer ehrlichen Bewertung von Risiken und einer konsequenten Ausrichtung auf das Wohl der Patientinnen und Patienten. Digitalisierung kann helfen. Aber nur dann, wenn sie Teil eines größeren Ganzen ist – nicht Ersatz für das, was längst fehlt.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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