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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Zwischen wachsendem wirtschaftlichem Druck, digitaler Überforderung und struktureller Unsicherheit geraten Apotheken, Fachmedien und Industrieakteure im Gesundheitswesen zunehmend ins Spannungsfeld widerstreitender Interessen. Während Versandapotheken mit Prämien gegen Personallücken kämpfen, zerreißt es vielerorts die Kommunikation in Teams vor Ort – mit Folgen für Effizienz und Versorgung. Gleichzeitig droht der Rückschritt in der Digitalisierung: Die digitale Unterschrift bei pharmazeutischen Dienstleistungen fällt weg, elektronische Heilberufsausweise laufen ab, und die elektronische Patientenakte wirft mehr Fragen als Antworten auf. Fachmedien berichten darüber, doch wie unabhängig sind sie noch, wenn wirtschaftlicher Einfluss und redaktionelle Linie immer schwerer zu trennen sind? Parallel dazu stemmen sich Pharmakonzerne gegen die Konjunkturflaute, während die Versorgung mit kritischen Antibiotika nach Rückrufen wieder anläuft – ein Kraftakt zwischen Sicherheit und Versorgungspflicht. Und auch die Forschung zeigt Grenzen auf: Ein Therapieabbruch bei Adalimumab lässt entzündliche Erkrankungen bei jungen Patienten schnell zurückkehren – eine Erinnerung daran, dass medizinischer Fortschritt kein Selbstläufer ist.
Zwischen Information und Einfluss: Wie unabhängig sind pharmazeutische Fachmedien wirklich?
Die pharmazeutischen Fachmedien in Deutschland genießen einen soliden Ruf als Informationsquelle für Apotheken, Wissenschaft, Industrie und Berufsverbände. Sie berichten über Gesetzesänderungen, Versorgungslagen, Arzneimittelsicherheit und Berufspolitik. Doch mit dem gewachsenen Einfluss wirtschaftlicher Akteure im Gesundheitswesen stellt sich zunehmend die Frage nach der Unabhängigkeit, Objektivität und redaktionellen Integrität dieser Medienorgane.
Viele Fachportale erscheinen auf den ersten Blick als journalistisch neutrale Plattformen, liefern tagesaktuelle Nachrichten und Kommentare zur Lage der Branche. Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich: Ein erheblicher Teil dieser Inhalte ist direkt oder indirekt von wirtschaftlichen Interessen durchdrungen. Pharmaunternehmen, Softwareanbieter, Fortbildungsplattformen oder Kammern finanzieren einen beträchtlichen Teil der Publikationen – über klassische Anzeigen, gesponserte Inhalte oder sogenannte „Partnernews“.
Die formale Trennung von Redaktion und Werbung ist zwar in vielen Häusern etabliert. Doch die praktische Umsetzung bleibt häufig intransparent. Native Advertising – also werbliche Inhalte im redaktionellen Gewand – wird oftmals nicht ausreichend gekennzeichnet. In Interviews mit Unternehmensvertretern fehlt es nicht selten an kritischen Nachfragen. Selbst Themenwahl und Gewichtung folgen gelegentlich auffälligen Mustern: Ein neuer Wirkstoff oder ein Softwareprodukt erfährt weitreichende Berichterstattung – während strukturelle Versorgungsprobleme, wirtschaftlicher Druck in Apotheken oder politische Fehlentscheidungen nur am Rande thematisiert werden.
Die Gefahr liegt nicht nur in der schleichenden Aushöhlung journalistischer Unabhängigkeit. Auch die Leserinnen und Leser – also Apothekerinnen, PTA und andere Berufsangehörige – werden durch die verschwimmenden Grenzen zwischen Werbung und Redaktion in die Irre geführt. Gerade bei medizinischen Inhalten oder Produktempfehlungen wie etwa Nahrungsergänzungsmitteln, Impfstoffen oder Diagnostiklösungen ist eine klare Trennung unerlässlich.
Hinzu kommt ein strukturelles Ungleichgewicht: Viele Medienportale gehören zu Konzernen, die zugleich wirtschaftliche Dienstleistungen für Apotheken oder Pharmaunternehmen anbieten. In einem solchen System besteht ein inhärenter Zielkonflikt. Redaktionen, die über wirtschaftliche oder politische Missstände berichten wollen, stehen unter dem Druck, Geschäftsbeziehungen nicht zu gefährden.
Der Qualitätsjournalismus innerhalb der pharmazeutischen Medienbranche existiert – aber er bleibt auf einzelne Formate beschränkt. Hintergrundrecherchen, investigativer Journalismus oder kritisch aufbereitete Analysen sind selten. Stattdessen dominieren Mitteilungen, die auf Agenturmeldungen, Verbandsstatements oder PR-Materialien beruhen.
Eine Stärkung redaktioneller Unabhängigkeit wäre dringend geboten. Dazu gehört die transparente Kennzeichnung von Werbeinhalten ebenso wie eine institutionalisierte Trennung von Redaktion und Anzeigenverkauf. Auch unabhängige Ethikrichtlinien und öffentlich gemachte Redaktionsstatuten könnten Vertrauen schaffen.
Denn eines ist klar: Gerade im pharmazeutischen Bereich, wo Informationen unmittelbaren Einfluss auf die öffentliche Gesundheit, die Arzneimittelversorgung und das Berufsethos haben, braucht es eine journalistische Instanz, die unabhängig, kritisch und sachlich bleibt – und sich nicht dem Spiel der Interessen unterordnet.
Pharmazeutischer Journalismus steht an einem Scheideweg – zwischen öffentlichem Informationsauftrag und ökonomischer Vereinnahmung. Die wachsende Verflechtung zwischen Fachmedien und Industriepartnern hat ein Maß erreicht, das nicht mehr ignoriert werden kann. Es geht nicht um platte Korruption oder offenkundige Manipulation. Es geht um strukturelle Verzerrung, stillschweigende Anpassung, freiwillige Zurückhaltung.
Wenn Medienhäuser zugleich Fortbildungsanbieter, Softwaredienstleister und Anzeigenvermarkter sind, steht die Unabhängigkeit ihrer redaktionellen Inhalte dauerhaft unter Verdacht. Jede kritische Berichterstattung über einen Großkunden wird zur Gratwanderung. Jeder Hinweis auf Missstände zur potenziellen Belastung für das Anzeigengeschäft. Die Leserinnen und Leser hingegen bleiben mit einem zunehmend polierten, aber weichgespülten Bild des pharmazeutischen Alltags zurück.
Wer heute echte Substanz sucht, muss sie mit der Lupe suchen. Statt investigativer Tiefe dominieren kontextlose Produktnews. Statt Meinungsvielfalt herrscht Konvergenz. Statt Journalismus gibt es Dienstleistung. Das ist gefährlich. Denn wo kritische Stimmen fehlen, wachsen Mythen, festigen sich Lobbys und geraten Fehlentwicklungen aus dem Blick.
Die Branche braucht keine weichgezeichnete Spiegelung ihrer PR-Strategien, sondern ein belastbares journalistisches Korrektiv. Redaktionen müssen zurückfinden zu einer Rolle, die sie nicht nur als Informationsverteiler, sondern als Kontrollinstanz begreift.
Transparenz, Trennung und Haltung – das wären die Prinzipien, die pharmazeutischen Medien neue Glaubwürdigkeit verleihen könnten. Aber dazu braucht es Mut. Mut zur Distanz. Mut zur Kritik. Und vor allem: Mut zur Unabhängigkeit in einem Umfeld, das diese oft nicht belohnt, sondern sanktioniert. Doch wer diesen Weg nicht geht, wird langfristig auch das Vertrauen derer verspielen, die auf verlässliche Information angewiesen sind – und nicht auf geschönte Wahrheiten.
Personalmangel in der Versandapotheke: Shop Apotheke greift zur Prämie
Der anhaltende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zwingt auch große Marktteilnehmer zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Die Shop Apotheke, Teil des niederländischen Redcare-Konzerns und eine der größten Versandapotheken Europas, versucht aktuell mit einem 3.000-Euro-Startbonus neues Personal zu gewinnen. Neben dieser einmaligen Prämie wirbt das Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Gehalt und zusätzlichem Urlaubsgeld. Ziel ist es, offene Positionen in der pharmazeutischen und nicht-pharmazeutischen Belegschaft zügig zu besetzen.
Das Unternehmen, das von seinem niederländischen Standort aus Millionen Kundinnen und Kunden in Europa versorgt, steht unter wachsendem Rekrutierungsdruck. Ausgeschrieben sind unter anderem Stellen für approbierte Apothekerinnen und Apotheker, Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) sowie für Mitarbeitende in Logistik, Kundenservice und administrativen Bereichen. Trotz vergleichsweise stabiler Geschäftszahlen stößt auch die Shop Apotheke auf ein strukturelles Problem: Die Zahl qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber stagniert, während der Personalbedarf durch steigende Bestellmengen und neue regulatorische Anforderungen wächst.
Der Schritt, mit einer Einstiegsprämie auf Bewerberfang zu gehen, ist Ausdruck eines Trends, der längst nicht mehr auf klassische Präsenzapotheken beschränkt ist. Was zunächst als Problem des stationären Einzelhandels erschien – sinkende Attraktivität des Berufsbildes, fehlender Nachwuchs, geringe Flexibilität bei Löhnen – betrifft mittlerweile auch die digital organisierten Akteure. Insbesondere im pharmazeutischen Bereich ist der Arbeitsmarkt nahezu leergefegt. Selbst gut organisierte und kapitalstarke Anbieter sind zunehmend gezwungen, mit monetären Versprechen Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Die Maßnahme wirft zugleich ein Schlaglicht auf die Grenzen des bisherigen Wachstumsmodells. Versandapotheken gelten als effizienzgetriebene Disruptoren, deren Wettbewerbsvorteil maßgeblich auf technologischer Optimierung und Kostendruck basiert. Doch diese Kalkulation geht nur auf, solange ausreichend qualifiziertes Personal verfügbar ist. Nun zeigt sich: Auch digitalisierte Lieferketten sind anfällig für den demografischen Wandel und einen Wandel der Arbeitskultur.
Dabei ist das Angebot aus den Niederlanden auch eine Herausforderung an den deutschen Markt. Denn wo tarifliche Strukturen und finanzielle Belastungen enge Grenzen setzen, entsteht ein gefährlicher Verdrängungseffekt. Vor-Ort-Apotheken, insbesondere im ländlichen Raum, können mit solchen Prämien kaum konkurrieren – und verlieren womöglich weitere Fachkräfte an Anbieter, die flexibler agieren oder grenzüberschreitend rekrutieren können.
Die Personaloffensive der Shop Apotheke ist kein Befreiungsschlag, sondern ein Alarmsignal. Der 3.000-Euro-Bonus ist weniger ein Lockangebot als eine Art Notsignal: Selbst die Player der digitalen Pharmabranche, lange als Gewinner der Transformation gehandelt, geraten zunehmend in den Sog des Fachkräftemangels. Die Praxis, mit Geld kurzfristige Personalengpässe zu überbrücken, erinnert an die Mechanik des Flickwerks – effektiv vielleicht für den Moment, langfristig jedoch ohne strukturelle Tragfähigkeit.
Denn der Einsatz finanzieller Anreize löst nicht das zentrale Problem: das fehlende Personal. Es verschiebt es lediglich entlang der Kette, vom stationären Handel hin zur Logistikhalle. Was dabei verloren geht, ist die Systemfrage: Warum entscheiden sich immer weniger junge Menschen für pharmazeutische Berufe? Warum werden PTA-Stellen zunehmend zur Teilzeitlösung, und warum sinkt die Verweildauer qualifizierter Fachkräfte in der Branche?
Die Antwort liegt nicht allein im Gehalt. Sie liegt in der zunehmenden Arbeitsverdichtung, im Mangel an gesellschaftlicher Wertschätzung, in überbordender Bürokratie und in einem System, das auf maximale Effizienz getrimmt ist – ohne Rücksicht auf menschliche Belastbarkeit. Die Shop Apotheke reagiert marktkonform. Doch was marktkonform ist, ist nicht zwangsläufig nachhaltig.
Was es braucht, ist eine ernsthafte Debatte über Ausbildungskapazitäten, über moderne Berufsbilder und über faire Rahmenbedingungen für alle Apotheken – nicht nur für die, die es sich leisten können. Wer die Krise nur mit Geld beantworten will, verschiebt sie nur weiter – bis dorthin, wo kein Bonus mehr ausreicht.
Kommunikation als Schlüssel: Warum Apothekenteams häufig an sich selbst scheitern
Eine funktionierende Teamkommunikation ist in Apotheken vielerorts keine Selbstverständlichkeit – mit spürbaren Folgen für Organisation, Mitarbeitermotivation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Gerade bei Filialstrukturen offenbaren sich Schwächen: Absprachen scheitern, Zuständigkeiten sind unklar, Informationen versickern – mitunter genügen wenige Kommunikationslücken, um den Betriebsablauf aus dem Takt zu bringen.
Auffällig ist, dass in vielen Betrieben der strukturelle Rahmen für regelmäßigen Austausch fehlt. Dienstbesprechungen finden vereinzelt statt oder fallen ganz aus, Abstimmungen erfolgen situativ und oft in Eile. Diese Defizite führen zu Frustration im Team, einer ineffizienten Aufgabenverteilung und letztlich zu wirtschaftlichen Einbußen. Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden lediglich punktuell informieren, verlieren die Kontrolle über Stimmungen und Prozesse.
Dabei ließe sich mit einfachen Mitteln gegengesteuern. Tägliche Kurzbesprechungen, klar definierte Zielvorgaben und transparente Aufgabenverteilung können helfen, Abläufe zu synchronisieren. Entscheidender ist jedoch die Haltung: Kommunikation darf nicht als Nebenaufgabe verstanden werden, sondern muss als integraler Bestandteil der Unternehmensführung etabliert werden.
Ein weiteres Problem liegt im ungleichen Wissensstand innerhalb der Teams. Einzelne Mitarbeitende verwalten Wissen informell – etwa zur Software, zu Abrechnungsprozessen oder zu organisatorischen Details – und machen sich dadurch ungewollt unersetzlich. Fällt eine solche Person aus, entstehen vermeidbare Brüche im Ablauf. Digitale Wissensplattformen, dokumentierte Prozesse und ein systematisiertes Onboarding können diese Schwächen nachhaltig kompensieren.
Zudem erweist sich der kulturelle Aspekt als kritischer Faktor: Wo keine gemeinsame Vision vermittelt wird, fehlt der innere Zusammenhang. Mitarbeitende, die ihre Rolle nicht im Gesamtkontext begreifen, handeln isoliert – was die Effizienz bremst und die Identifikation mit der Apotheke schwächt. Die Auswahl neuer Teammitglieder darf daher nicht allein an fachlichen Kriterien hängen. Wer sich digitalen Werkzeugen verweigert oder nicht ins Kommunikationsklima passt, stört das Gefüge.
Am Ende entscheidet die Qualität der Kommunikation über die Handlungsfähigkeit des Betriebs. Wer als Leitungsperson nicht klar, kontinuierlich und verbindlich kommuniziert, überlässt sein Team dem Zufall. Der Preis dafür ist hoch – organisatorisch, personell und ökonomisch.
Apotheken funktionieren nur so gut wie ihre Teams – und Teams nur so gut wie ihre Kommunikation. Was trivial klingt, wird im Alltag häufig ignoriert. Zu oft scheitert die interne Abstimmung an fehlender Konsequenz, unklaren Zuständigkeiten und einer Führung, die sich vor dem unbequemen Teil der Kommunikation scheut: Zuhören, erklären, Erwartungen formulieren. Dabei geht es nicht um moderne Managementmoden, sondern um betriebliche Notwendigkeit.
Wer heute eine Apotheke führen will, muss Kommunikation als Führungsinstrument begreifen – nicht als zusätzlichen Aufwand, sondern als operative Grundlage. Teams brauchen Richtung, Struktur und Transparenz. Sie brauchen auch das Gefühl, Teil eines funktionierenden Ganzen zu sein. Wo das fehlt, entstehen stille Widerstände, Reibungsverluste und Demotivation.
Die Frage ist nicht, ob Kommunikation wichtig ist – sondern ob Apotheken bereit sind, sie ernst zu nehmen. Wer diesen Schritt geht, verbessert nicht nur die Stimmung im Betrieb, sondern stellt die Weichen für langfristige Stabilität. Denn klar ist auch: Die wirtschaftlichen Spielräume der Apotheken werden enger. Effizienz ist kein Wunsch, sondern Überlebensstrategie. Und die beginnt beim Gespräch.
Rückschritt auf Papier – Digitale Unterschrift bei pDL vor dem Aus
Apotheken in Deutschland müssen ab dem 1. Mai 2025 auf eine zentrale digitale Funktion verzichten, die bislang die Bearbeitung pharmazeutischer Dienstleistungen (pDL) erleichterte. Der Softwareanbieter Pharmatechnik kündigte an, die Möglichkeit zur digitalen Unterschrift im Modul Ixos.pdl vorerst zu deaktivieren. Hintergrund ist eine aktualisierte juristische Bewertung der Rahmenvorgaben gemäß § 129 SGB V, wonach bei pDL weiterhin ausschließlich handschriftliche Unterschriften auf Papier erforderlich sind.
Die Entscheidung trifft Apotheken hart, die auf effiziente digitale Abläufe angewiesen sind. Insbesondere bei der Medikationsanalyse, einer aufwendigen pharmazeutischen Dienstleistung, ist die Zahl der notwendigen Unterschriften hoch. In der sogenannten Kurzfassung der Vereinbarung zur Medikationsanalyse sind in der Regel drei Unterschriften der versicherten Person und eine des Apothekenpersonals vorgeschrieben – bislang konnten diese direkt über ein digitales Signaturfeld im Ixos-System erfasst werden. Mit der bevorstehenden Umstellung müssen diese Unterschriften wieder manuell und auf Papier geleistet werden.
Pharmatechnik betont, man habe die digitale Signatur bislang auf Grundlage anwaltlicher Einschätzungen angeboten. Angesichts einer neuen Auslegung der rechtlichen Vorgaben sehe man sich nun jedoch gezwungen, die Funktion zu deaktivieren. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, gemeinsam mit Partnern weiterhin an einer rechtskonformen digitalen Lösung zu arbeiten. Sobald die Rahmenbedingungen es zuließen, werde die Funktion erneut zur Verfügung gestellt.
Die digitale Unterschrift bleibt in anderen Anwendungsfeldern wie SEPA-Mandaten oder Empfangsbestätigungen für Pflegehilfsmittel weiterhin zulässig. Dass sie nun gerade im Bereich der pharmazeutischen Dienstleistungen gestrichen wird, wirft ein Schlaglicht auf die strukturellen Probleme der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. Der bürokratische Aufwand, den Apotheken betreiben müssen, steht in deutlichem Gegensatz zu den politischen Forderungen nach Effizienz und Digitalisierung.
Viele Apotheken zögern bereits heute, pDL in größerem Umfang anzubieten – nicht zuletzt wegen der komplexen Dokumentationspflichten. Die nun geforderte Rückkehr zur analogen Unterschrift dürfte diese Zurückhaltung weiter verstärken.
Die Aussetzung der digitalen Unterschrift bei pharmazeutischen Dienstleistungen ist mehr als ein technisches Detail – sie ist ein symbolischer Rückschritt in einem ohnehin zögerlichen Digitalisierungsprozess. Während Politik und Verbände die Apothekenbranche regelmäßig zum Ausbau patientenorientierter Leistungen auffordern, werden die nötigen digitalen Werkzeuge durch überkommene Regelauslegungen ausgebremst.
Es ist schwer nachvollziehbar, warum digitale Signaturen, die in vielen anderen sensiblen Kontexten längst üblich sind, bei pDL plötzlich als unzulässig gelten sollen. Statt digitale Prozesse auf ihre Sicherheit und Praktikabilität hin weiterzuentwickeln, kapituliert man vor formalen Zwängen. Leidtragende sind die Apothekenteams, die ohnehin an der Belastungsgrenze arbeiten – und Patientinnen und Patienten, denen niedrigschwellige pharmazeutische Angebote verwehrt bleiben.
Solange Bürokratie über Versorgungssicherheit steht, bleibt Digitalisierung in Apotheken Stückwerk. Wer moderne Arzneimittelversorgung will, muss auch moderne Verfahren zulassen.
TI-Zugang in Gefahr: Apotheker müssen eHBA und SMC-B rechtzeitig erneuern
Zahlreiche Apotheken in Deutschland stehen vor einer organisatorischen Bewährungsprobe: Die ersten elektronischen Heilberufsausweise (eHBA) und Security Module Cards Typ B (SMC-B), die für den Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI) unerlässlich sind, laufen in diesen Wochen aus. Da beide Karten mit einer Gültigkeit von fünf Jahren ausgegeben wurden, betrifft dies vor allem jene Inhaberinnen und Inhaber, die ihre Karten im Zuge der TI-Anbindung im Jahr 2020 beantragt hatten.
Ein automatischer Übergang auf eine Folgekarte ist nicht vorgesehen. Die Verlängerung erfordert einen aktiven Antrag durch die jeweiligen Karteninhaber. Dies gilt für beide relevanten Anbieter, D-Trust und Medisign. Apothekerinnen und Apotheker müssen sich deshalb spätestens drei Monate vor Ablauf ihrer Karten mit dem Folgeantrag befassen, um reibungslose Abläufe in ihren Betrieben sicherzustellen.
Erinnerungen an den Ablauf verschicken die Anbieter gestaffelt: D-Trust informiert seine Kunden 90, 14 und 3 Tage vor dem Ende der Gültigkeit, während Medisign an 90, 60 und 30 Tagen erinnert. Dennoch bleibt die rechtzeitige Antragstellung in der Eigenverantwortung der Apothekenleitung.
Die Beantragung einer Folgekarte ist in der Regel unproblematisch, sofern keine Änderungen an den Stammdaten vorgenommen wurden. Die bestehende Telematik-ID wird in diesen Fällen weitergeführt. Jedoch kann eine erneute Identitätsprüfung notwendig sein – etwa über das Post-Ident-Verfahren. Werden hingegen Änderungen bei Name, Adresse, Kammerzugehörigkeit oder Institutionsdaten erforderlich, muss ein vollständiger Neuantrag über die zuständige Apothekerkammer gestellt werden. Dies kann zusätzliche Verzögerungen mit sich bringen.
Da der Zugriff auf die TI – und damit auf E-Rezepte, KIM-Dienste und weitere digitale Anwendungen – ohne gültige Karten nicht möglich ist, drohen bei Fristversäumnissen unmittelbare Einschränkungen im Apothekenbetrieb. In Zeiten ohnehin angespannter Rahmenbedingungen stellt dies eine vermeidbare Belastung dar, die durch frühzeitige Planung entschärft werden kann.
Die digitale Infrastruktur des Gesundheitswesens verlangt von Apotheken nicht nur technische Anpassungsfähigkeit, sondern auch organisatorische Präzision. Die bevorstehenden Abläufe rund um die eHBA- und SMC-B-Folgekarten zeigen, wie verwundbar digitale Prozesse im Alltag bleiben, wenn Verantwortlichkeiten diffundieren. Weder die Anbieter noch die Kammern übernehmen die operative Verantwortung – die liegt allein bei den Apothekenleitungen.
Gerade in einem System, das zunehmend von digitalen Schnittstellen abhängt, sind funktionierende Verwaltungsprozesse keine Nebensache. Wer Fristen versäumt, verliert im Zweifel nicht nur die Anbindung an die TI, sondern auch Vertrauen – etwa bei Versicherten, wenn E-Rezepte nicht bearbeitet werden können. Die Pflicht zur Selbstorganisation ist damit keine Formalie, sondern Teil der unternehmerischen Sorgfaltspflicht im Gesundheitswesen. Wer seine Karten nicht rechtzeitig beantragt, steht bald ohne Zugang vor der eigenen digitalen Tür.
Elektronische Patientenakte: Apotheken im Spannungsfeld zwischen Versorgungspflicht und Digitalisierungslast
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) stellt einen tiefgreifenden Umbruch im deutschen Gesundheitswesen dar. Ab Ende April 2025 sollen alle gesetzlich Versicherten automatisch eine digitale Akte erhalten, sofern sie dem nicht aktiv widersprechen. Ziel ist eine sektorenübergreifende, jederzeit verfügbare Dokumentation medizinischer Daten, die Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken und Therapeuten den Zugang zu relevanten Informationen erleichtern soll. Doch während die politischen Entscheidungsträger das Vorhaben als Fortschritt bezeichnen, herrscht in vielen Apotheken eine wachsende Verunsicherung. Technische Defizite, unklare Zuständigkeiten, rechtliche Unsicherheiten und zusätzliche Arbeitslasten sorgen für eine zunehmend kritische Bewertung des Projekts – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch mit Blick auf Versorgungs- und Haftungsfragen.
Apotheken sollen im Rahmen der ePA eine aktive Rolle übernehmen. Sie sollen Medikationsdaten dokumentieren, potenzielle Wechselwirkungen prüfen und die Versorgung transparenter gestalten. Die Realität sieht jedoch vielerorts anders aus: In zahlreichen Betrieben ist die technische Anbindung an die Telematikinfrastruktur unvollständig oder instabil. Schnittstellen zur Apothekensoftware funktionieren nicht zuverlässig, und die Schulungsangebote erreichen das Personal oft zu spät oder sind aufwendig in der Umsetzung. Die technische Komplexität des Systems trifft auf eine Branche, die ohnehin mit Personalmangel, wachsenden gesetzlichen Anforderungen und wirtschaftlichem Druck zu kämpfen hat.
Besonders problematisch ist die unklare Verteilung der Verantwortung. Apotheken erhalten Zugriff auf sensible Gesundheitsdaten, tragen aber gleichzeitig das Risiko für fehlerhafte Einträge, mangelhafte Dokumentationen oder technische Ausfälle. Datenschutzrechtlich stellt sich die Frage, wer bei einem Verstoß haftet: die Softwareanbieter, die Betreiber der Telematikinfrastruktur oder die Apotheke selbst? Bislang gibt es darauf keine eindeutige Antwort. Der daraus resultierende Druck wirkt sich nicht nur auf die Betriebsführung aus, sondern auch auf das Vertrauensverhältnis zu den Patienten.
Hinzu kommt ein wachsendes Bedrohungspotenzial durch Cyberkriminalität. Apotheken, die durch die ePA Zugriff auf besonders schützenswerte Gesundheitsinformationen erhalten, werden damit zu potenziellen Angriffszielen für Hacker. Die Zahl gezielter Angriffe auf medizinische Einrichtungen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dabei geht es nicht nur um den Diebstahl sensibler Daten, sondern auch um Erpressung, Systemblockaden und Sabotage. Die IT-Infrastruktur vieler Apotheken ist auf solche Bedrohungslagen nicht ausreichend vorbereitet. Sicherheitsupdates, Zugangskontrollen und Verschlüsselungsverfahren sind oft unzureichend, auch weil die finanziellen Mittel für umfassende Sicherheitslösungen fehlen.
Versicherungs- und Sicherheitsexperten empfehlen daher dringend, dass Apothekenbetriebe sich nicht allein auf technische Schutzmaßnahmen verlassen, sondern ihre digitale Risikoexposition auch über geeignete Policen absichern. Cyber-Versicherungen können im Falle eines Angriffs helfen, Schäden zu begrenzen, Systeme wiederherzustellen und Haftungsansprüche abzufedern. Vertrauensschadenversicherungen wiederum bieten Schutz vor wirtschaftlichen Schäden durch menschliches Fehlverhalten, etwa bei fehlerhafter Datenverarbeitung oder unerlaubter Nutzung von Zugriffsrechten.
Trotz der Risiken wird die ePA von offizieller Seite weiterhin als unausweichlicher Schritt in Richtung Zukunft propagiert. Doch in der Realität zeigt sich ein anderes Bild: Apotheken werden mit einer Vielzahl neuer Aufgaben konfrontiert, ohne dass die dafür notwendigen Strukturen, Prozesse oder Ressourcen zuverlässig zur Verfügung stehen. Die digitale Vernetzung wird so nicht zum Effizienzgewinn, sondern zum Risikofaktor. Anstatt Versorgung zu verbessern, entstehen Verzögerungen, Unsicherheiten und zusätzliche Belastungen für ein System, das bereits jetzt an seine Grenzen stößt.
Der Erfolg der ePA hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, alle beteiligten Akteure praxisnah zu unterstützen, technische Schwächen zu beseitigen, rechtliche Klarheit zu schaffen und die Finanzierung der Umstellung langfristig zu sichern. Andernfalls droht ein Strukturprojekt mit großem Potenzial an den praktischen Anforderungen eines ohnehin überlasteten Gesundheitssystems zu scheitern.
Die elektronische Patientenakte soll Transparenz und Effizienz im Gesundheitswesen verbessern, doch in ihrer derzeitigen Umsetzung entfaltet sie vor allem eines: zusätzlichen Druck. Apotheken, die im Versorgungsalltag bereits durch Lieferengpässe, Honorarkonflikte und Personalknappheit belastet sind, werden nun mit neuen Aufgaben konfrontiert, die sie weder personell noch technisch aus eigener Kraft stemmen können. Die Erwartung, dass sie Medikationsdaten verantwortungsvoll pflegen, ePA-Zugriffe datenschutzkonform dokumentieren und gleichzeitig die Arzneimittelversorgung zuverlässig sicherstellen, ist unter aktuellen Bedingungen kaum zu erfüllen.
Was als Fortschritt deklariert wird, offenbart in der Praxis erhebliche Systemschwächen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen scheitert nicht an fehlender Bereitschaft der Apotheken, sondern an fehlenden Standards, mangelnder Infrastruktur und politischer Überforderung mit der Realität. Es genügt nicht, gesetzliche Vorgaben zu erlassen, ohne die Umsetzbarkeit auf Betriebsebene realistisch zu prüfen. Gerade kleine und mittlere Apothekenbetriebe brauchen klare Verantwortungszuweisungen, ausgereifte IT-Strukturen und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung. Andernfalls entsteht eine digitale Überforderung, die das Vertrauen in die Reform langfristig untergraben kann.
Besonders gravierend ist die unzureichende Auseinandersetzung mit Sicherheitsfragen. Die zunehmende Bedrohung durch Cyberangriffe wird in der politischen Kommunikation weitgehend ausgeblendet – obwohl der Zugang zu ePA-Daten Apotheken potenziell zu Hochrisikozielen macht. Wer digitale Verantwortung überträgt, muss auch digitale Schutzstrukturen bereitstellen. Derzeit jedoch werden die Betriebe mit dieser Aufgabe weitgehend allein gelassen. Die Folge sind nicht nur Sicherheitslücken, sondern auch wachsende Haftungsrisiken – mit potenziell existenzbedrohenden Folgen.
Die Politik steht in der Verantwortung, die ePA nicht nur technologisch, sondern auch strategisch weiterzuentwickeln. Es braucht einen realistischen Zeitplan, ein belastbares Sicherheitskonzept und klare rechtliche Rahmenbedingungen. Digitalisierung darf nicht zum Selbstzweck verkommen, sondern muss die Versorgung stärken, ohne die Akteure vor Ort zu überfordern. Wenn Apotheken als digitale Schnittstelle zwischen Patient und Versorgungssystem bestehen sollen, müssen sie auch als solche befähigt, geschützt und unterstützt werden. Nur dann kann die ePA zum Motor einer modernen, sicheren und praktikablen Gesundheitsversorgung werden – statt zu einem weiteren Beispiel für realitätsferne Systemüberforderung.
Apotheken zwischen Anerkennung und Abwicklung
In Hannover hat die Kammerversammlung der Apothekerkammer Niedersachsen ein klares Signal an die Politik gesendet: Die Zukunft der wohnortnahen Arzneimittelversorgung steht auf dem Spiel. Kammerpräsidentin Cathrin Burs fand in ihrer Grundsatzrede deutliche Worte für die prekäre Lage vieler Apotheken – und kritisierte dabei insbesondere die bisherige Gesundheitspolitik unter Bundesminister Karl Lauterbach.
Burs warf dem Minister vor, in den vergangenen vier Jahren den Dialog mit den Heilberufen weitgehend verweigert zu haben. Trotz dieser Blockade habe man es geschafft, die Bedeutung der Apotheken für die Gesundheitsversorgung in den politischen Diskurs zu bringen. Besonders in der Pandemie hätten Apotheken enorme Leistungen erbracht, ohne dass dies finanziell anerkannt worden sei. Die angekündigte einmalige Fixum-Erhöhung auf 9,50 Euro reiche nicht aus, so Burs. Die wirtschaftliche Realität vieler Betriebe lasse sich damit nicht stabilisieren. Für Landapotheken sei zwar ein höheres Fixum von 11 Euro vorgesehen, doch auch dieses werde der tatsächlichen Belastung kaum gerecht.
Scharf fiel auch die Kritik an der ABDA-Mitgliederversammlung im Dezember aus. Die gescheiterte Wiederwahl der damaligen Präsidentin Gabriele Regina Overwiening habe dem Berufsstand geschadet. Burs sprach von einer Verpflichtung zur Transparenz gegenüber den Mitgliedern – Vertrauen sei schnell verspielt und nur schwer wiederzugewinnen.
Die Kammerpräsidentin plädierte für ein neues politisches Klima und verwies auf Tino Sorge (CDU), der als möglicher Nachfolger Lauterbachs gehandelt wird. Von der neuen Bundesregierung erwarte man neben einem Bürokratieabbau auch strukturelle Maßnahmen zur Sicherung der Apothekenlandschaft. Dazu gehöre ein kritischer Blick auf den Versandhandel – insbesondere auf drogeriegestützte OTC-Modelle wie bei dm, die zunehmend in den Apothekenmarkt eindringen.
Burs rief die Apotheken auf, sich dieser Entwicklung mit emotionaler Kundenbindung entgegenzustellen. Gleichzeitig forderte sie mehr Entscheidungsfreiheit bei Lieferengpässen, etwa beim Austausch nicht verfügbarer Medikamente. Revierkämpfe mit anderen Gesundheitsberufen lehnte sie ausdrücklich ab – eine heilberufliche Partnerschaft mit Ärzten und Pflegekräften sei zielführender.
Die Diskussion innerhalb der Kammerversammlung zeigte, dass die angekündigten Reformschritte nicht als Durchbruch wahrgenommen werden. Mehrere Apotheker äußerten Zweifel, ob das neue Fixum das Überleben ihrer Betriebe sichern könne. In ländlichen Regionen drohe bereits jetzt eine Unterversorgung. Forderungen nach fairer Honorierung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen fanden breite Unterstützung.
Ein weiterer Kritikpunkt betraf den unregulierten Onlinehandel mit Medizinalcannabis. Burs sprach sich deutlich für eine Regulierung des grauen Markts aus. Den Vorschlag, Apotheken könnten wirtschaftlich durch den Verkauf von Konsumcannabis gestützt werden, wies sie scharf zurück. Eine solche Strategie widerspreche dem heilberuflichen Selbstverständnis der Apothekerschaft.
Zum Abschluss der Sitzung kamen auch Ausschüsse zu Wort, darunter Fortbildung, Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit. Die Kammer behandelte zudem die Jahresrechnung 2024 und den Haushaltsplan für 2025. Von den 80 Delegierten waren 56 anwesend – ein Indiz für das anhaltend hohe Engagement der Mitglieder angesichts wachsender existenzieller Fragen.
Die Rede von Cathrin Burs war mehr als ein Rückblick – sie war ein Weckruf. Selten wurde die Systemrelevanz der Apotheken so laut und so differenziert in die politische Öffentlichkeit getragen. Doch Anerkennung ersetzt keine wirtschaftliche Perspektive. Dass selbst ein Fixum von 9,50 Euro keine Erleichterung mehr darstellt, zeigt, wie tief die Probleme reichen.
Die Branche steht an einem Kipppunkt. Zwischen Versorgungsauftrag und wirtschaftlicher Selbstaufgabe braucht es jetzt nicht mehr Symbolpolitik, sondern strukturelle Antworten. Die neue Bundesregierung ist gefordert, das Apothekenwesen nicht länger als Kostentreiber, sondern als tragende Säule der Gesundheitsversorgung zu behandeln.
Es geht nicht um nostalgische Apothekerromantik, sondern um die Frage, wer künftig den Zugang zu Arzneimitteln sicherstellt – in der Stadt ebenso wie auf dem Land. Wer dabei auf Versandmodelle setzt, verkennt den Versorgungsalltag. Es ist Zeit, die Apotheken endlich nicht nur rhetorisch, sondern auch regulatorisch und finanziell abzusichern.
Pharmaindustrie trotzt Konjunktur – Exporte stützen Wachstum trotz drohender US-Zölle
Während die deutsche Wirtschaft weiterhin unter einer anhaltenden Wachstumsschwäche leidet, rechnet die Pharmaindustrie für das laufende Jahr mit deutlichen Zuwächsen bei Umsatz, Produktion und Beschäftigung. Nach aktuellen Prognosen soll der Branchenumsatz um 2,5 Prozent steigen, die Produktion um 2,9 Prozent zulegen. Die Zahl der Beschäftigten könnte um rund 1.100 auf etwa 132.000 steigen – ein Kontrast zur gesamtwirtschaftlichen Stagnation.
Treiber dieser Entwicklung ist vor allem das florierende Exportgeschäft. Zu Jahresbeginn verzeichneten deutsche Pharmahersteller eine deutlich erhöhte Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus den USA. Hintergrund sind mögliche Zölle auf Medizinprodukte, die von der US-Regierung in Aussicht gestellt wurden. Offenbar haben zahlreiche Unternehmen ihre Liefermengen in die Vereinigten Staaten deutlich erhöht, um sich vor etwaigen Handelshemmnissen abzusichern. Logistikdienstleister berichten von einem sprunghaften Anstieg pharmazeutischer Luftfrachtsendungen über den Atlantik.
Neben diesem kurzfristigen Vorzieheffekt tragen auch eine Stabilisierung des deutschen Marktes und eine rege Nachfrage aus Europa und weiteren Weltregionen zum Wachstum bei. Trotz der positiven Erwartungen enthält die Branchenprognose keine Annahmen über tatsächliche US-Zölle. Sollte es zu deren Einführung kommen, warnt die Industrie vor spürbaren wirtschaftlichen Belastungen. Bestehende Lieferverträge lassen in vielen Fällen keine Preissteigerungen zu, wodurch die Rentabilität gefährdet wäre. Mittelfristig drohten zudem strukturelle Herausforderungen für europäische Pharmaunternehmen.
Die Abhängigkeit vom US-Markt bleibt groß. Im Jahr 2024 exportierte Deutschland Arzneimittel im Wert von rund 27 Milliarden Euro in die USA – fast ein Viertel der gesamten Pharmalieferungen. Besonders stark nachgefragt waren immunologische Produkte wie Impfstoffe und therapeutische Antikörper. Gleichzeitig importierte Deutschland pharmazeutische Erzeugnisse und Vorprodukte im Wert von über 12 Milliarden Euro aus den Vereinigten Staaten. Der Anteil der USA an den Gesamtimporten liegt bei knapp 17 Prozent – bei bestimmten Materialien, etwa sterilen Schläuchen für die Arzneiproduktion, ist die Abhängigkeit noch größer.
Ein eskalierender Handelskonflikt könnte daher nicht nur die Exportperspektiven der Branche schmälern, sondern auch die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährden. Die Verteuerung oder zeitweise Nichtverfügbarkeit von Vorprodukten würde die Arzneimittelproduktion empfindlich treffen. Bereits seit Monaten warnt die Industrie vor diesen Risiken und fordert eine industriepolitische Strategie zur Stärkung der Lieferkettenresilienz.
Die deutsche Pharmaindustrie beweist in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld Stabilität und Anpassungsfähigkeit. Doch die Abhängigkeit von einzelnen Absatz- und Beschaffungsmärkten bleibt ein strukturelles Risiko. Die politische Entwicklung in den USA wird damit auch für die Gesundheitsversorgung in Europa zum Unsicherheitsfaktor.
Inmitten wirtschaftlicher Tristesse demonstriert die Pharmaindustrie ihre Widerstandskraft – getragen von einer globalen Nachfrage, die von politischen Risiken überlagert wird. Doch das aktuelle Wachstum steht auf einem fragilen Fundament. Wer Arzneimittelproduktion als Garant für Versorgungssicherheit begreift, darf die geopolitische Dimension der Lieferketten nicht unterschätzen.
Die kurzfristigen Ausweichmanöver bei Exporten mögen ökonomisch klug sein, sie lösen aber kein strukturelles Problem: Die Abhängigkeit von den USA als zentralem Absatz- und Zuliefermarkt ist kein Stabilitätsanker, sondern ein Risiko. Dass Vorprodukte aus Übersee zu einem neuralgischen Punkt der Produktionskette geworden sind, zeigt die Verletzlichkeit eines Systems, das jahrelang auf Effizienz statt auf Resilienz gesetzt hat.
Die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Standortentscheidungen in Europa wieder attraktiv machen – nicht nur bei der Produktion fertiger Arzneimittel, sondern auch bei kritischen Vorstufen. Ohne einen industriepolitischen Kurswechsel bleibt die Resilienz der Branche ein Zufallsprodukt.
Sterilfilterpflicht aufgehoben: Rückrufe bei Vancomycin und Clarithromycin beendet
Nach dem befristeten Rückruf mehrerer Chargen der versorgungskritischen Antibiotika Vancomycin und Clarithromycin hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die zuvor empfohlene Sterilfiltration der betroffenen Infusionspräparate aufgehoben. Hintergrund war eine Abweichung bei der Prüfung auf Sterilität, die im Februar bei einzelnen Packungen des Herstellers Dr. Eberth festgestellt worden war. Die temporäre Maßnahme diente dem Schutz der Patientensicherheit und war mit erheblichen Einschränkungen in der praktischen Anwendung verbunden.
Die Rückrufe erfolgten Mitte April in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden. Bei Vancomycin Eberth 500 mg und 1000 mg sowie bei Clarithromycin Eberth 500 mg in Pulverform zur Herstellung einer Infusionslösung konnten Mängel im Bereich der guten Herstellungspraxis (GMP) nicht ausgeschlossen werden. Betroffen waren insbesondere alle Chargen mit den Anfangsbuchstaben AB und GLV bei Vancomycin (Verfall bis einschließlich September 2027 bzw. Oktober 2026) sowie GLC bei Clarithromycin (Verfall bis einschließlich Oktober 2027).
Mit dem Rückruf der potenziell kontaminierten Chargen entfällt die Notwendigkeit zur zusätzlichen Sterilfiltration – eine Maßnahme, die für Apotheken und Kliniken mit erheblichem organisatorischen Aufwand verbunden war. Die Freigabe der Anwendung ohne Filtration gilt damit wieder uneingeschränkt für die verbliebenen, nicht betroffenen Produkte.
Gleichzeitig bleibt die Versorgungslage angespannt. Vancomycin zählt zu den unverzichtbaren Substanzen im Krankenhausalltag und wird unter anderem zur Behandlung komplizierter Haut- und Weichteilinfektionen, Pneumonien und Endokarditiden eingesetzt. Aufgrund fortbestehender Produktionsengpässe ist der Vertrieb von Vancomycin CP 500 mg in österreichischer Aufmachung in Deutschland noch bis Ende April erlaubt. Die Maßnahme dient der Sicherstellung einer lückenlosen Versorgung in der Akutmedizin.
Die Aufhebung der Sterilfilterpflicht bedeutet für viele Einrichtungen eine dringend benötigte Entlastung. Dennoch verdeutlicht der Fall einmal mehr die strukturelle Fragilität in der Herstellung lebenswichtiger Arzneimittel. Schon kleine Abweichungen im Produktionsprozess können weitreichende Konsequenzen für die Versorgungssicherheit haben.
Der Rückruf war notwendig, die Aufhebung der Sterilfilterpflicht ist folgerichtig – doch das eigentliche Problem bleibt bestehen: die extreme Verwundbarkeit bei der Versorgung mit essenziellen Antibiotika. Wenn einzelne Chargen wegen GMP-Mängeln ausfallen und damit ganze Behandlungspfade ins Wanken geraten, zeigt sich die Abhängigkeit von wenigen Herstellern und anfälligen Lieferketten in aller Schärfe. Der Ausnahmezustand droht zur Regel zu werden – mit spürbaren Folgen für medizinisches Personal und Patienten gleichermaßen. Es braucht politische und industrielle Antworten auf die systemische Fragilität der Arzneimittelproduktion, nicht nur reaktive Maßnahmen auf die nächste Krise.
Augenentzündung kehrt bei Absetzen zurück – Adalimumab bleibt Schlüsseltherapie bei JIA-Uveitis
Ein Absetzen der erfolgreichen Adalimumab-Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) und begleitender Uveitis führt in einem Großteil der Fälle zu einem raschen Wiederaufflammen der Augenentzündung. Das zeigt eine aktuelle randomisierte Studie, die gezielt die Auswirkungen eines Therapieabbruchs untersucht hat.
JIA betrifft Minderjährige unter 16 Jahren mit anhaltenden Gelenkentzündungen unklarer Ursache. Rund 20 Prozent der Betroffenen entwickeln eine sogenannte JIA-assoziierte Uveitis – eine chronisch verlaufende Entzündung der mittleren Augenhaut. Diese verläuft oft symptomlos, was die Notwendigkeit regelmäßiger augenärztlicher Untersuchungen unterstreicht. Wird sie nicht erkannt oder unzureichend behandelt, drohen schwerwiegende Schäden bis hin zum Sehverlust.
Zur Behandlung kommen je nach Verlauf zunächst lokale Kortikoide, bei chronischen Verläufen systemische Immunsuppressiva wie Methotrexat (MTX) zum Einsatz. Schlägt dieses fehl oder reicht es nicht aus, wird Adalimumab empfohlen – ein TNF-α-Blocker, der sowohl gegen die Gelenkentzündung als auch die Uveitis wirkt. Die Therapie ist jedoch mit hohen Kosten, potenziellen Nebenwirkungen und Unsicherheiten bei Unterbrechungen verbunden.
Um valide Daten zu den Risiken eines Therapieabbruchs zu gewinnen, wurde eine multizentrische, doppelblinde, randomisierte Studie durchgeführt. Eingeschlossen wurden 87 Patientinnen und Patienten mit stabiler Krankheitskontrolle unter Adalimumab. Die Teilnehmenden wurden auf zwei Gruppen verteilt: Eine setzte die Therapie fort, die andere erhielt ein Placebo.
Die Ergebnisse sind eindeutig: In der Placebo-Gruppe kam es bei 68 Prozent zu einem Rückfall – meist ausgelöst durch eine erneute Entzündung am Auge. In der Adalimumab-Gruppe waren nur 14 Prozent betroffen. Der Rückfall in der Placebo-Gruppe trat im Median nach 119 Tagen auf. Nach Wiederaufnahme der Adalimumab-Gabe konnte die Entzündung innerhalb von etwa 105 Tagen erneut kontrolliert werden.
Die Studie verdeutlicht das Rückfallrisiko bei Therapieunterbrechung und legt nahe, dass ein Absetzen von Adalimumab sorgfältig abgewogen werden muss. Auch wenn bei erneuter Gabe meist wieder eine Krankheitskontrolle erreicht werden kann, bedeutet der Rückfall eine zusätzliche Belastung für die Betroffenen. Nebenwirkungen traten überwiegend leicht auf; in der Adalimumab-Gruppe wurden vier schwerwiegende Ereignisse dokumentiert, ohne dass es Unterschiede bei der Sehschärfe zwischen den Gruppen gab.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Wer Adalimumab bei JIA-assoziierter Uveitis absetzt, riskiert in der Mehrheit der Fälle eine Rückkehr der Augenentzündung. Die Entscheidung für eine Therapiepause darf daher nicht von Kosten oder theoretischen Bedenken gegen eine Langzeitanwendung bestimmt sein, sondern muss sich am klinischen Risiko orientieren – und das liegt hier eindeutig beim Absetzen. Die Wiederaufnahme der Therapie zeigt zwar Wirkung, doch jeder Rückfall ist eine vermeidbare Phase der Entzündung – mit potenziell irreversiblen Folgen. Die Studie liefert nicht nur einen fundierten Handlungsrahmen, sondern ein klares Plädoyer für therapeutische Kontinuität im Sinne des Erhalts der Sehkraft.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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