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  • 23.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: Retaxationen, Gerichtsurteile, Lieferengpässe und Infektionszahlen 
    23.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: Retaxationen, Gerichtsurteile, Lieferengpässe und Infektionszahlen 
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Apotheken kämpfen zunehmend mit wirtschaftlichen Risiken, die sich oft erst im Nachhinein als existenzbedrohend entpuppen – etwa durch ...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute: Retaxationen, Gerichtsurteile, Lieferengpässe und Infektionszahlen 

 

Finanzielle Verluste durch Festbetragsanpassungen, richtungsweisende Gerichtsentscheidungen, Versorgungslücken bei Arzneimitteln und steigende Krankheitszahlen zeigen, wie stark Apotheken im Alltag gefordert sind

Apotheken kämpfen zunehmend mit wirtschaftlichen Risiken, die sich oft erst im Nachhinein als existenzbedrohend entpuppen – etwa durch kurzfristige Festbetragsanpassungen, die zu hohen Retaxationsverlusten führen. Während eine betroffene Apotheke im Nordharz-Center über 1.400 Euro einbüßte, geraten bundesweit viele Betriebe unter Druck. Parallel dazu wächst der Bedarf nach einem besseren Betriebsschutz, denn Digitalisierung, gesetzliche Komplexität und wirtschaftliche Unsicherheiten machen klassische Absicherungskonzepte obsolet. In der Rechtsprechung hingegen sorgen aktuelle Urteile für Aufmerksamkeit: Ein Apotheker darf weiterhin Krebsrezepturen mit nicht zugelassenen Wirkstoffen herstellen – das Überleben der Patienten wiegt schwerer als formale Hürden. Auch psychisch Erkrankte erhalten Rückenwind: Das Sozialgericht Karlsruhe erkennt die Versorgung mit einem PTBS-Assistenzhund samt Futterkosten an. Erleichterung bringt zudem das ALBVVG: Bei Lieferengpässen entfällt bei Stückelung die Zuzahlung für Patienten. Doch die Stimmung im Berufsstand bleibt angespannt: Das aktuelle Heilberufe-Barometer zeigt trotz minimaler Besserung weiterhin Rekordtiefs. Hinzu kommen Fragen zur betrieblichen Umsetzung des Mutterschutzes, der vor allem Apotheken mit Laborbetrieb fordert. Auch gesundheitliche Warnzeichen verdienen mehr Beachtung: Eine junge Frau mit Muskelkrämpfen, Erschöpfung und Schwindel sucht regelmäßig pharmazeutische Hilfe – ein Fall, der verdeutlicht, wie eng körperliche Symptome und beruflicher Stress verwoben sind. Währenddessen zeigt sich die Pharmabranche stabil – Produktionszuwachs und Exportstärke trotzen der Wirtschaftsflaute. Doch auch alarmierende Entwicklungen prägen die Gesundheitslage: Die Zahl sexuell übertragbarer Infektionen in Europa steigt, erstmals führt eine Kratom-Intoxikation in Deutschland zum Tod, und Hantavirus-Fälle nehmen drastisch zu. Zugleich zeigt eine Analyse, dass erblich bedingter Haarausfall keine speziellen Ernährungszusätze erfordert – ein selten klares Signal in einem von Unsicherheit geprägten Gesundheitsumfeld.

 

Retaxation zum Monatswechsel: Hohe Verluste durch Festbetragsanpassung – Apotheken geraten in wirtschaftliche Bedrängnis

In der täglichen Arbeit von Apotheken steckt oft mehr Risiko, als es auf den ersten Blick scheint. Ein aktueller Fall aus dem Nordharz-Center in Blankenburg wirft ein grelles Licht auf ein strukturelles Problem in der Arzneimittelversorgung: die wirtschaftlichen Folgen kurzfristiger Festbetragsanpassungen und die daraus resultierenden Retaxationen durch Krankenkassen. Für die betroffene Apotheke bedeutete ein solcher Vorgang einen Verlust von fast 1500 Euro – verursacht durch eine Retaxation infolge einer Preisanpassung zum Monatswechsel.

Die Inhaberin hatte ein hochpreisiges Arzneimittel auf gültige Verordnung abgegeben – innerhalb der rechtlichen Frist und mit allen erforderlichen Angaben. Dennoch wurde nach der Abrechnung die Erstattung durch die Krankenkasse teilweise verweigert. Grund: Der Festbetrag für das betreffende Medikament wurde zum Monatsbeginn gesenkt, die Abgabe lag jedoch knapp davor. Für Apotheken, die im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtungen Arzneimittel ohne Verzögerung bereitstellen müssen, entsteht dadurch ein Dilemma: Verzögert man die Abgabe, riskiert man den Vorwurf einer Unterversorgung – agiert man hingegen schnell, drohen wirtschaftliche Verluste, wenn sich Rahmenbedingungen kurzfristig ändern.

Der Fall steht exemplarisch für eine wachsende Unsicherheit in der Abrechnungspraxis. Immer wieder kommt es zu Rückforderungen von teils erheblichen Beträgen, insbesondere bei Medikamenten mit hoher Preisbindung. Die Regeln der gesetzlichen Krankenversicherung sind streng und unterliegen permanenten Anpassungen – beispielsweise durch Festbetragsanpassungen, Rabattvertragswechsel oder Änderungen in der Arzneimittelrichtlinie. Apotheken müssen diese Änderungen nicht nur laufend im Blick behalten, sondern deren Auswirkungen auch finanziell tragen.

Ein zentrales Problem liegt in der fehlenden Synchronisierung zwischen pharmazeutischer Versorgungspflicht und den ökonomischen Abrechnungsbedingungen. Während Apotheken verpflichtet sind, eine kontinuierliche Versorgung sicherzustellen – auch an Feiertagen oder zu Monatswechseln – werden sie durch administrative Regeln zu einem wirtschaftlichen Vabanquespiel gezwungen. Die Retaxationspraxis erlaubt es Krankenkassen, formale oder zeitlich minimale Abweichungen zum Anlass zu nehmen, Erstattungen vollständig oder anteilig zu verweigern.

Für Apothekenbetreiber bedeutet das eine wachsende Notwendigkeit, nicht nur medizinisch und logistisch auf der Höhe der Zeit zu sein, sondern auch juristisch und buchhalterisch präzise zu arbeiten. Viele setzen daher inzwischen auf spezialisierte Softwarelösungen und intensives Controlling. Doch selbst damit lässt sich nicht jede Retaxation verhindern – insbesondere dann nicht, wenn die Ursache in kurzfristigen externen Änderungen liegt.

Angesichts dieser Entwicklung rückt auch die Frage nach geeigneten Absicherungen in den Fokus. Der Abschluss einer Vermögensschadenversicherung mit Retax-Schutz gilt unter Fachleuten als zunehmend unverzichtbar – insbesondere für Apotheken, die regelmäßig teure Arzneimittel liefern, etwa im Bereich Onkologie oder seltene Erkrankungen. Solche Policen sollen nicht nur existenzbedrohende Rückforderungen abfedern, sondern auch Rechtsschutz im Streitfall bieten.

Der aktuelle Fall zeigt einmal mehr: Die Retaxation ist längst nicht mehr nur ein Instrument zur Fehlerkorrektur, sondern ein Ausdruck eines überkomplexen Systems, das wirtschaftliche Risiken auf Leistungserbringer abwälzt. Dass eine Apotheke für die Einhaltung ihrer gesetzlichen Versorgungspflicht mit einem vierstelligen Betrag bestraft wird, offenbart ein gravierendes Missverhältnis zwischen Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit.

Die Tragweite solcher Retaxationen wird häufig unterschätzt. Es geht nicht um Bagatellen oder Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Risiko, das insbesondere inhabergeführte Apotheken unter Druck setzt. Die Deckelung von Festbeträgen ist ein legitimes Mittel zur Kostensteuerung – doch wenn diese ohne ausreichende Übergangsfristen oder automatische Anpassungsmechanismen erfolgt, wird aus Planbarkeit ein bürokratischer Blindflug.

Hier sind nicht nur die Apotheken gefordert, sich organisatorisch besser aufzustellen. Auch die Krankenkassen und der Gesetzgeber müssen sich fragen lassen, ob die bestehende Retaxationspraxis noch zeitgemäß ist. Denn wirtschaftliche Verluste durch Systemfehler untergraben das Vertrauen in eine faire Gesundheitsversorgung – und gefährden letztlich die Apothekenstruktur, die vielerorts das Rückgrat der wohnortnahen Versorgung bildet.

Eine Retax-Versicherung kann als individuelle Risikobegrenzung sinnvoll sein, ersetzt aber nicht die notwendige strukturelle Reform. Solange jede Rezeptzeile potenziell über wirtschaftlichen Erfolg oder Verlust entscheidet, bleibt das Berufsbild des Apothekers nicht nur ein medizinischer, sondern auch ein finanzieller Hochseilakt. Und das kann auf Dauer niemandem zugemutet werden – weder den Betrieben noch den Versicherten.

  

Apotheken in der Risikozone: Warum der Betriebsschutz dringend neu gedacht werden muss

Die Betriebsrealität deutscher Apotheken verändert sich in einem Tempo, das bestehende Absicherungsstrukturen zunehmend überfordert. Während sich das öffentliche Interesse meist auf Fragen der Arzneimittelversorgung, auf Personalmangel oder gesundheitspolitische Debatten konzentriert, bleibt eine zentrale Entwicklung im Hintergrund weitgehend unbeachtet: Die Risikolage im Apothekenbetrieb hat sich grundlegend gewandelt. Neue Gefährdungspotenziale – insbesondere durch die Digitalisierung, komplexere gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Unwägbarkeiten – machen herkömmliche Absicherungskonzepte vielfach unzureichend. Betroffen sind nicht nur große Betriebe oder Filialstrukturen, sondern vor allem inhabergeführte Apotheken, die mit begrenzten Ressourcen operieren und auf hohe betriebliche Belastbarkeit angewiesen sind.

Ein maßgeblicher Faktor in dieser Entwicklung ist die fortschreitende technologische Vernetzung der Apotheken. Die Einführung des E-Rezepts, der Ausbau telematischer Schnittstellen und die zunehmende Nutzung digitaler Verwaltungs- und Dokumentationssysteme führen zu einer starken Abhängigkeit von stabilen IT-Infrastrukturen. Gleichzeitig eröffnet dieser digitale Wandel neue Einfallstore für Cyberkriminelle. Apotheken gelten – neben Arztpraxen und Krankenhäusern – als besonders attraktiv für Erpressungsversuche mit Schadsoftware. Ein verschlüsselter Server, gestohlene Patientendaten oder eine manipulierte Abrechnungsdatei können den Betrieb binnen Minuten lahmlegen. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen solcher Angriffe sind erheblich – sie reichen von Betriebsunterbrechung über Datenschutzverstöße bis hin zu Regressforderungen und Bußgeldern.

Hinzu kommen neue haftungsrechtliche Risiken. Die Rolle der Apotheken hat sich in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet. Mit pharmazeutischen Dienstleistungen, Heimversorgungsverträgen, Impfungen und delegierten Tätigkeiten tragen Apothekenleitungen heute eine wesentlich differenziertere Verantwortung als früher. Dabei steigt das Risiko persönlicher Haftung. Ein Dokumentationsfehler bei einer pharmazeutischen Dienstleistung oder ein Verstoß gegen Abgaberegelungen bei Betäubungsmitteln kann heute nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen, sondern auch zivilrechtliche Haftung nach sich ziehen. Die bestehenden Versicherungsmodelle erfassen solche Szenarien oftmals nur unzureichend oder mit hohen Selbstbeteiligungen und Ausschlussklauseln.

Parallel dazu geraten viele Apotheken auch wirtschaftlich zunehmend unter Druck. Die niedrige Anpassung der Vergütung für verschreibungspflichtige Arzneimittel, steigende Betriebskosten, ein stagnierender OTC-Markt und wachsende Konkurrenz durch Versandapotheken führen zu einer angespannten betriebswirtschaftlichen Lage. Investitionen in Personal, Ausstattung oder Digitalisierung werden zur strategischen Herausforderung – insbesondere dann, wenn keine ausreichende Absicherung gegen Umsatzausfälle oder externe Betriebsunterbrechungen besteht. Die politischen Rahmenbedingungen, insbesondere die Unsicherheiten rund um das Apothekenreformgesetz (ApoRG), verstärken diesen Druck zusätzlich.

In vielen Apotheken spiegelt sich diese veränderte Risikolage nicht in der Absicherungsstruktur wider. Bestehende Policen basieren vielfach auf Standardmodellen, die die klassische Betriebs- und Produkthaftung sowie Sachschäden durch Feuer, Wasser oder Diebstahl abdecken. Doch Risiken durch Systemausfälle, Datenschutzverletzungen, Regressforderungen oder versäumte Dokumentationspflichten bleiben oft außen vor. Auch die persönliche Haftung der Apothekeninhaberin oder des Apothekeninhabers wird vielfach nicht separat abgesichert – obwohl sie in der Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Hinzu kommt ein weiterer struktureller Aspekt: Viele Versicherungsverträge wurden über Jahre hinweg nicht aktualisiert. Weder werden neue Anforderungen aus dem Bereich der pharmazeutischen Dienstleistungen noch Veränderungen im Leistungsportfolio – etwa durch Impfangebote oder Heimversorgung – regelmäßig berücksichtigt. Die Folge: Im Ernstfall kann es zu erheblichen Deckungslücken kommen, die nicht nur den laufenden Betrieb gefährden, sondern auch die Existenz der verantwortlichen Personen infrage stellen.

Branchenbeobachter sehen darin eine systemische Schwäche, die langfristig zu einer strategischen Instabilität führen kann. Inhaberinnen und Inhaber werden täglich mit wachsenden Aufgaben konfrontiert, verfügen aber oft nicht über die Zeit oder das Know-how, um ihren Versicherungsschutz laufend an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Externe Beratung findet selten statt, spezialisierte Versicherungsangebote sind zwar vorhanden, werden aber nicht flächendeckend genutzt.

Die Notwendigkeit eines strategischen Risikomanagements wird in der Apothekenpraxis bislang häufig unterschätzt. Dabei wäre gerade angesichts der bestehenden Belastungssituation ein verlässlicher Absicherungsschutz ein stabilisierender Faktor, der nicht nur im Schadensfall wirkt, sondern auch Investitionen erleichtert und unternehmerische Handlungsfähigkeit sichert. Die Entwicklung zeigt deutlich: Ohne ein angepasstes und differenziertes Schutzkonzept verlieren Apotheken an betrieblicher Resilienz – in einem Umfeld, das zunehmend Unsicherheiten produziert.

Apotheken zählen zu den systemrelevanten Einrichtungen im deutschen Gesundheitswesen – nicht nur in der Theorie, sondern täglich in der Praxis. Sie sichern die Versorgung, beraten Patienten, entlasten Arztpraxen und übernehmen zunehmend Leistungen, die früher ausschließlich ärztlichem Personal vorbehalten waren. Diese Verantwortung wächst – doch mit ihr wächst auch das Risiko. Dass der betriebliche Schutz vieler Apotheken noch immer auf Mustervorlagen aus der analogen Zeit basiert, ist vor diesem Hintergrund mehr als ein Anachronismus. Es ist ein strukturelles Defizit.

Die Risiken, denen Apotheken heute ausgesetzt sind, lassen sich nicht länger mit pauschalen Policen absichern. Ein Stromausfall in der Rezeptur, ein fehlerhaftes Impfdokument, eine gestohlene BtM-Karte oder ein Cyberangriff auf die Warenwirtschaft – all das sind reale Bedrohungen, die in der aktuellen Betriebsrealität längst angekommen sind. Was fehlt, ist ein Sicherheitsverständnis, das diese Realität abbildet. Und eine Führungskultur, die Absicherung nicht als lästige Notwendigkeit, sondern als strategische Aufgabe begreift.

Hinzu kommt: Das Vertrauen der Bevölkerung in Apotheken ist hoch. Dieses Vertrauen basiert auf der Erwartung, dass Prozesse sicher sind, Daten geschützt und Fehler vermieden werden. Wer in dieser Konstellation Risiken eingeht, weil die Absicherung lückenhaft oder veraltet ist, gefährdet nicht nur die eigene wirtschaftliche Grundlage, sondern auch das Ansehen des Berufsstandes insgesamt.

Es wäre deshalb an der Zeit, Risikomanagement in Apotheken nicht länger als Randthema zu behandeln. Die Entwicklung individueller Schutzkonzepte, regelmäßige Überprüfungen der Versicherungssituation und die Einbindung externer Expertise sollten zur Selbstverständlichkeit gehören. Wer heute absichert, schützt nicht nur den Betrieb, sondern auch Mitarbeiterinnen, Patienten, Kooperationspartner – und letztlich die eigene Zukunft.

Der Apothekenalltag wird auf absehbare Zeit nicht einfacher, sondern komplexer. Gerade deshalb braucht es strukturelle Stabilität – und die beginnt bei einem Schutzkonzept, das der Realität standhält. Wer sich diesem Thema jetzt nicht widmet, wird es möglicherweise unter Druck und inmitten einer Krise tun müssen. Dann ist es oft zu spät. Absicherung ist kein Zusatz – sie ist Teil verantwortungsvoller Führung. Und das gilt heute mehr denn je.

  

Gericht stärkt Apotheker im Streit um Krebsrezeptur – Patientenwohl vor Zulassungsrecht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Eilverfahren zugunsten eines hessischen Apothekers entschieden, der patientenindividuelle Krebsarzneimittel mit nicht zugelassenen Wirkstoffen herstellt. Der Apotheker Uwe-Bernd Rose aus Königstein darf seine Rezepturen mit ONC201 und ONC206 vorerst weiterhin abgeben. Das Gericht stellte das Überlebensinteresse schwerkranker Patienten über die strikte Einhaltung arzneimittelrechtlicher Zulassungsvorschriften.

Rose produziert unter anderem Arzneimittel für eine seltene, meist tödlich verlaufende Tumorerkrankung, die vor allem Kinder betrifft. Die Wirkstoffe ONC201 und ONC206 befinden sich in klinischer Erprobung, sind aber in Deutschland nicht zugelassen. Die Behandlung erfolgt auf Basis ärztlicher Einzelverordnungen – teilweise aus dem Ausland. Die betroffenen Patienten wurden trotz Kontakt zu Studienzentren nicht in laufende Studien oder Härtefallprogramme aufgenommen. Für sie stellt die Rezeptur aus der Apotheke die letzte verbleibende Option dar.

Gegen die Herstellung ging sowohl das US-Unternehmen Chimerix, das die Wirkstoffe entwickelt, als auch die Wettbewerbszentrale juristisch vor. Während Chimerix in einem parallelen Patentverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf ein Vertriebsverbot für ONC206 erwirkte, beantragte die Wettbewerbszentrale beim OLG Frankfurt eine einstweilige Verfügung. Rose solle untersagt werden, sogenannte Nachbauten ohne Zulassung in den Verkehr zu bringen. Der Apotheker wies den Vorwurf zurück und verwies auf ein eigenes Syntheseverfahren sowie auf die gesetzlich erlaubte patientenindividuelle Zubereitung in Apotheken.

Das OLG lehnte den Antrag ab. Bereits das Eilbedürfnis sei nicht ausreichend begründet. Eine summarische rechtliche Bewertung ergebe keine offensichtliche Rechtsverletzung. Das anhängige Hauptsacheverfahren sei zur Klärung der komplexen materiellen Rechtslage notwendig. Entscheidend war jedoch die Abwägung der Interessen: Das Gericht erkannte das Patienteninteresse auf Leben und körperliche Unversehrtheit als höherwertig an. Ohne die Rezepturen bestehe für die betroffenen Patienten ein hohes Sterberisiko, während ein etwaiges Risiko durch die unvollständige arzneimittelrechtliche Prüfung zurücktrete.

Auch sei nicht erkennbar, dass die Herstellung durch die Apotheke den Ablauf oder die Validität der klinischen Studien beeinträchtige. Vielmehr ermögliche sie schwer kranken Patienten eine Behandlungsmöglichkeit, die ihnen das reguläre System derzeit nicht bietet. Die Entscheidung des OLG ist nicht anfechtbar, lässt jedoch die weiteren Verfahren offen. Für die betroffenen Patienten bedeutet sie vorerst den Erhalt einer überlebenswichtigen Therapie.

Der Fall Rose ist ein Lehrstück darüber, wie komplexe ethische, rechtliche und pharmazeutische Fragen aufeinandertreffen, wenn Systemgrenzen sichtbar werden. Die Entscheidung des OLG Frankfurt hebt die Grundrechte des Einzelnen in einer existenziellen Lage über das ordnungspolitische Ideal der Arzneimittelzulassung – ein bemerkenswertes Signal in einem hochregulierten Umfeld.

Gerade im Bereich der Onkologie, in dem Therapien oft ein Rennen gegen die Zeit bedeuten, darf das System nicht blind auf formale Zulassungsmechanismen vertrauen. Wenn Studienplätze fehlen, Härtefallprogramme zu eng gefasst sind und Patienten mit klarer Indikation dennoch ausgeschlossen bleiben, entsteht eine Versorgungslücke, die nicht durch Paragrafen geschlossen werden kann.

Dass ein Apotheker in diesem Vakuum Verantwortung übernimmt, ist weder ein Angriff auf die Wissenschaft noch auf die Rechtstaatlichkeit. Es ist Ausdruck eines Versorgungsethos, das gerade dort gefragt ist, wo staatliche und industrielle Strukturen versagen. Das Urteil ist deshalb auch ein Appell an Gesetzgeber und Zulassungsbehörden, praktikable Wege für Ausnahmefälle zu schaffen – bevor Gerichte erneut das Patientenwohl gegen Marktinteressen abwägen müssen.

  

Gericht anerkennt Anspruch auf PTBS-Assistenzhund – auch Futterkosten sind zu übernehmen

Menschen mit psychischen Erkrankungen können unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die Versorgung mit einem speziell ausgebildeten Assistenzhund haben. Dies hat das Sozialgericht Karlsruhe entschieden. In einem aktuellen Fall sprach es einer Patientin mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS), ängstlich-vermeidender Persönlichkeitsstörung und rezidivierender Depression das Recht zu, nicht nur die Anschaffung und Ausbildung eines PTBS-Assistenzhundes finanziert zu bekommen, sondern auch die laufenden Unterhaltskosten wie Futter und Tierarztkosten.

Die Klägerin hatte geltend gemacht, dass sie sich aufgrund ihrer Erkrankungen kaum noch aus dem Haus traue, aus Angst, von fremden Personen angegriffen oder bedrängt zu werden. Ein ausgebildeter Hund könne ihr helfen, soziale Situationen zu bewältigen, Angstreaktionen zu kontrollieren und depressive Rückzüge zu vermeiden. Sie hatte dem Antrag medizinische Stellungnahmen und einen Kostenvoranschlag beigefügt.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, ein gewöhnlicher Hund könne ebenfalls emotionalen Beistand leisten, ohne dass es einer speziellen Ausbildung bedürfe. Zudem sei ein solcher Hund kein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V, da er nicht dem unmittelbaren Ausgleich einer Behinderung oder der Sicherung des Behandlungserfolgs diene.

Das Gericht widersprach dieser Argumentation nur teilweise. Es stellte fest, dass kein vorrangiger Anspruch im Sinne einer medizinischen Heilbehandlung bestehe, da der Hund weder Teil eines ärztlich verordneten Therapieplans sei noch die Klägerin vollständig in ihrer Mobilität eingeschränkt sei. Gleichwohl erkannte es den Assistenzhund als geeignetes Mittel der Eingliederungshilfe zur sozialen Teilhabe nach dem SGB IX an. Der Hund könne helfen, die Auswirkungen der psychischen Erkrankung auf das gesellschaftliche Leben zu mildern und eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.

Ein nicht ausgebildeter Hund sei für diesen Zweck nicht ausreichend, so das Gericht. Sicherheit durch Nähe und trainiertes Verhalten sei nicht mit Schutzinstinkt oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen. Nur speziell ausgebildete Assistenzhunde seien zudem berechtigt, öffentliche oder private Einrichtungen zu betreten, was eine grundlegende Voraussetzung für die Teilhabe am öffentlichen Leben sei.

Darüber hinaus umfasst der Anspruch nach Auffassung des Gerichts auch die „Instandhaltung“ des Hilfsmittels. Das beziehe sich nicht nur auf technische Geräte, sondern ausdrücklich auch auf Tiere. Die Kosten für Futter, notwendige tierärztliche Versorgung und eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung seien daher zu übernehmen. Eine Pauschalvergütung sei zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, könne aber im Einzelfall vereinbart werden. Für Empfänger von Bürgergeld sei zudem kein Eigenanteil zu leisten.

Das Urteil könnte richtungsweisend für vergleichbare Fälle sein, in denen psychisch erkrankte Menschen auf tiergestützte Assistenz angewiesen sind, um soziale Isolation zu überwinden und Alltagsstrukturen aufrechtzuerhalten.

Das Sozialgericht Karlsruhe hat mit seiner Entscheidung ein wichtiges Signal für den Umgang mit psychischen Erkrankungen und deren Auswirkungen auf das tägliche Leben gesetzt. Es nimmt die psychische Gesundheit als gleichwertig zu körperlichen Einschränkungen ernst und erkennt an, dass Hilfsmittel im Sinne der Eingliederungshilfe nicht nur aus technischen Geräten bestehen.

Gerade bei unsichtbaren Erkrankungen wie PTBS bleibt die Frage der Teilhabe oft unbeantwortet oder wird durch starre Leistungskataloge der Krankenversicherung eingeschränkt. Die Entscheidung zeigt, dass rechtlicher Spielraum existiert, wenn es darum geht, behinderten Menschen nicht nur medizinische Versorgung, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Gleichzeitig macht das Urteil deutlich, dass es bei der Bewilligung eines Assistenzhundes nicht um subjektives Wohlbefinden geht, sondern um nachvollziehbare, therapeutisch gestützte Bedarfe. Der differenzierte Blick auf die Ausbildung des Hundes und dessen Funktion in der Lebensführung der Betroffenen stärkt die Seriosität solcher Ansprüche.

Es bleibt zu hoffen, dass Krankenkassen künftig sorgfältiger abwägen, bevor sie Unterstützungsanträge mit pauschalen Argumenten ablehnen. Denn Teilhabe ist kein Bonus – sie ist ein Grundrecht.

 

 

 

Zuzahlung entfällt bei Stückelung durch Lieferengpass

Apotheken dürfen bei nicht lieferbaren Arzneimitteln auf kleinere Packungseinheiten ausweichen – eine Maßnahme, die für gesetzlich Versicherte auch finanzielle Auswirkungen haben kann. Denn im Falle einer sogenannten Stückelung kann die gesetzliche Zuzahlung unter bestimmten Voraussetzungen entfallen. Grundlage ist eine Änderung im Sozialgesetzbuch V, die mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) eingeführt wurde.

Laut § 61 SGB V ist bei einem Austausch eines verordneten Arzneimittels gegen mehrere kleinere Packungen infolge eines Lieferengpasses die Zuzahlung nur einmalig zu leisten – und zwar orientiert an der verordneten Gesamtmenge. Die Regelung gilt auch, wenn statt einer großen Packung mehrere kleinere abgegeben werden oder von der verordneten Wirkstärke abgewichen werden muss. Entscheidend ist, dass die verordnete Dosis erreicht wird. Eine Mehrfachzuzahlung aufgrund der Stückelung darf nicht erfolgen.

Darüber hinaus haben sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband darauf verständigt, dass für die Berechnung der Zuzahlung stets die für Versicherte günstigste Variante heranzuziehen ist. Diese kann in bestimmten Fällen sogar null Euro betragen – selbst dann, wenn das tatsächlich abgegebene Präparat eigentlich zuzahlungspflichtig ist. Ausschlaggebend ist, ob ein zuzahlungsfreies Präparat in der passenden Packungsgröße grundsätzlich vorgesehen, aber nicht lieferbar gewesen wäre.

Ein konkretes Beispiel zeigt die Tragweite dieser Regelung: Wird ein Arzneimittel mit zehn Tabletten verordnet, das regulär eine Zuzahlung von fünf Euro kostet, jedoch nicht lieferbar ist, kann die Apotheke auf zwei Packungen mit je fünf Tabletten ausweichen. Auch wenn diese Einzelpackungen theoretisch zuzahlungspflichtig sind, kann die Zuzahlung entfallen, wenn es unter den rabattierten Arzneimitteln in der verordneten Packungsgröße ein zuzahlungsfreies Produkt gegeben hätte, das aktuell nicht verfügbar ist.

Für Apotheken bedeutet die Umsetzung dieser Regelung zusätzlichen organisatorischen Aufwand. Sie müssen anhand der verordneten Pharmazentralnummer (PZN) die möglichen Alternativen ermitteln, die Nichtverfügbarkeit dokumentieren und die Zuzahlung entsprechend der gesetzlichen Vorgabe berechnen. Die Abrechnungssoftware übernimmt in der Regel die Vorgabe, dass die Zuzahlung nur einmalig oder unter Umständen gar nicht erhoben wird, wenn ein theoretisch zuzahlungsfreies Arzneimittel vorrangig abzugeben gewesen wäre.

Die neue Regelung soll sicherstellen, dass Versicherte im Falle eines Lieferengpasses nicht zusätzlich belastet werden. Gleichzeitig betont sie die Verantwortung der Apotheken, die rechtlichen Vorgaben korrekt umzusetzen und die Dokumentation im Sinne der Transparenz gegenüber Krankenkassen lückenlos zu führen.

Die neue Zuzahlungsregelung bei Lieferengpässen ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Fairness im Gesundheitswesen. Wenn Medikamente nicht lieferbar sind, können Patientinnen und Patienten nicht dafür verantwortlich gemacht werden – auch nicht finanziell. Der Gesetzgeber setzt mit der Reform ein Signal, das Gerechtigkeit mit Versorgungssicherheit vereinen will. Die praktische Umsetzung liegt allerdings bei den Apotheken, die die Ermittlung der günstigsten Variante und die technische Abwicklung zuverlässig sicherstellen müssen.

Dass selbst bei Abweichungen in der Wirkstärke keine neue Zuzahlung anfällt, wenn die verordnete Dosis erreicht wird, zeugt von einem pragmatischen Verständnis der Versorgungslage. Dennoch bleibt die Praxis anspruchsvoll. Die Verlässlichkeit der Software, die korrekte Anwendung der Sonderkennzeichen und die nachvollziehbare Dokumentation erfordern ein hohes Maß an Sorgfalt. Gerade in Zeiten zunehmender Lieferengpässe ist eine konsequente und rechtskonforme Handhabung entscheidend, um das Vertrauen in die Arzneimittelversorgung zu stärken – sowohl auf Seiten der Versicherten als auch der Kassen.

 

Apotheker am Tiefpunkt: Stimmung bleibt auf Rekordtief trotz leichtem Aufwärtstrend

Die wirtschaftliche Stimmung unter den Apothekerinnen und Apothekern in Deutschland bleibt weiterhin auf einem besorgniserregend niedrigen Niveau. Das zeigt das aktuelle Stimmungsbarometer der nichtärztlichen Heilberufe für das erste Quartal 2025. Mit einem Wert von minus 47,8 liegt die Berufsgruppe erneut auf dem letzten Platz – trotz eines leichten Anstiegs gegenüber dem Vorquartal.

Das Stimmungsbarometer erfasst regelmäßig, wie Angehörige der größten Heilberufsgruppen ihre wirtschaftliche Lage einschätzen und welche Entwicklungen sie in den kommenden sechs Monaten erwarten. Die aktuelle Erhebung zeigt: Nur die Heilpraktiker blicken mit einem positiven Wert von 6,2 optimistisch in die Zukunft. Alle übrigen Berufsgruppen bleiben im negativen Bereich – am stärksten betroffen sind die Apotheken.

Der leichte Anstieg um 4,6 Punkte bei den Apothekern reicht nicht aus, um das Bild grundlegend zu ändern. Die Stimmung hat sich damit zwar zum fünften Mal in Folge verbessert, verharrt jedoch im tiefroten Bereich. Damit setzt sich ein struktureller Negativtrend fort, der sich seit Jahren durch die Apothekerschaft zieht.

Als zentrale Gründe für die schlechte Stimmung nennen 58 Prozent der Apotheker politische Entscheidungen, gesetzliche Vorgaben und Regelungen der Selbstverwaltung. Dahinter folgen die eigene Arbeitszeit sowie die Auswirkungen aktueller Ereignisse wie Inflation, Fachkräftemangel oder Versorgungsengpässe – jeweils mit 42 Prozent. Auch die Personalsituation (39 Prozent) und die Herausforderungen durch Digitalisierung (35 Prozent) schlagen negativ zu Buche.

Die Einschätzungen zur aktuellen Lage fallen deutlich aus: 54,5 Prozent der Apotheker bezeichnen die wirtschaftliche Situation der Heilberufler als schlecht, 41 Prozent als befriedigend. Nur 4,5 Prozent halten sie für gut. Mit Blick auf die kommenden sechs Monate herrscht weiterhin Ernüchterung: Die Hälfte der Befragten erwartet eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen, 40 Prozent gehen von einer Stagnation aus. Lediglich 8 Prozent rechnen mit einer Verbesserung.

Die Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Online-Erhebung unter rund 11.600 nichtärztlichen Heilberuflern, die Anfang März durchgeführt wurde. Das Stimmungsbild lässt sich dabei als deutliches Warnsignal interpretieren – insbesondere im Hinblick auf die zentrale Rolle, die Apotheken in der Gesundheitsversorgung einnehmen.

Die Stimmung in den Apotheken ist mehr als ein wirtschaftlicher Indikator – sie ist ein Seismograf für den Zustand einer Branche, die zunehmend zwischen politischen Zumutungen und praktischen Zwängen zerrieben wird. Seit Jahren ächzen Apotheken unter wachsender Bürokratie, sinkenden Honoraren und fehlender Planungssicherheit. Die Tatsache, dass selbst ein leicht positiver Trend nicht ausreicht, um das Stimmungsbild nennenswert zu heben, zeigt, wie tief die Frustration sitzt.

Die Ursachen sind hausgemacht – und zwar auf politischer Ebene. Wer Apotheken immer neue Aufgaben überträgt, ohne sie finanziell und personell abzusichern, darf sich über schlechte Werte nicht wundern. Besonders fatal ist die Mischung aus struktureller Unterfinanzierung und wachsender Erwartungshaltung. Apotheken sollen Impfzentren ersetzen, Lieferengpässe auffangen, Gesundheitsberatung leisten – aber bitte zum Nulltarif.

Was fehlt, ist ein tragfähiges Zukunftsmodell. Eines, das Apotheken nicht nur als logistische Verteilerstationen begreift, sondern als unverzichtbare Säule der wohnortnahen Versorgung. Die Politik ist gefordert, endlich verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Andernfalls droht aus dem Stimmungstief ein Strukturbruch zu werden – mit spürbaren Folgen für Patienten, Pflegeeinrichtungen und das gesamte Gesundheitssystem.

 

Mutterschutz mit Hürden – Wenn der Arbeitsplatz zur Risikoanalyse wird

Beschäftigungsverbote während der Schwangerschaft sind kein Ausdruck eines Berufsverbots, sondern gesetzlich geregelter Arbeitsschutz. Dennoch wirft ihre Anwendung in der betrieblichen Praxis regelmäßig Fragen auf – insbesondere, wenn es um die Umsetzung im Apothekenbetrieb, in Laboren oder bei körperlich belastenden Tätigkeiten geht. Der Mutterschutz will Risiken für werdende Mütter ausschließen, verlangt von Arbeitgebern jedoch eine genaue Prüfung, bevor ein Verbot ausgesprochen werden darf.

Die Grundlage für solche Maßnahmen bildet das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Es unterscheidet zwischen ärztlichen und arbeitgeberseitigen Beschäftigungsverboten, ergänzt durch allgemeine Schutzverbote, die unabhängig von individuellen Gefährdungen greifen. Schon der Geltungsbereich zeigt, wie weitreichend der Schutz gefasst ist: Er umfasst nicht nur festangestellte Mitarbeiterinnen, sondern auch Minijobberinnen, Auszubildende und Praktikantinnen. Für Selbstständige gilt das Gesetz nicht – eine gesetzgeberische Lücke, die bislang trotz politischer Ankündigungen nicht geschlossen wurde.

Im Zentrum der arbeitgeberseitigen Verbote steht die sogenannte Gefährdungsbeurteilung. Bevor ein Arbeitsplatz als unzumutbar für eine Schwangere eingestuft wird, müssen laut § 13 MuSchG sämtliche Möglichkeiten geprüft werden, den Arbeitsplatz umzugestalten oder einen alternativen Arbeitsplatz anzubieten. Erst wenn beides scheitert, ist ein formales Beschäftigungsverbot zulässig. In der Realität werden diese Prüfpflichten jedoch nicht immer umfassend umgesetzt. Gerade in kleineren Betrieben fehlt es oft an strukturierten Verfahren oder ausreichendem Personal, um schwangere Beschäftigte angemessen umzusetzen.

Ein weiteres zentrales Element sind die Mutterschutzfristen: sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung darf die Frau grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Während der Verzicht auf die vorgeburtliche Frist möglich ist, bleibt die nachgeburtliche Sperrzeit unverrückbar. Ergänzend greifen Verbote für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Überstunden. Zwar erlaubt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen – doch scheitern diese häufig an betrieblichen Realitäten, etwa dem Verbot der Alleinarbeit während Nachtschichten.

Ärztliche Beschäftigungsverbote wiederum orientieren sich ausschließlich am Gesundheitszustand der Schwangeren. Sie können bei Komplikationen, Risikoschwangerschaften oder psychosomatischen Belastungen ausgesprochen werden. Die häufigste Praxis: Gynäkologen oder Hausärzte bescheinigen individuelle Unzumutbarkeiten, teilweise auch mit Blick auf psychische oder physische Belastungsgrenzen. Solche Bescheinigungen führen oft zu Debatten über medizinische Indikation und arbeitsrechtliche Konsequenzen – besonders wenn Arbeitgeber Zweifel an der objektiven Notwendigkeit anmelden.

Rechtsfolgen ergeben sich für beide Seiten. Arbeitgeber müssen auch während des Beschäftigungsverbots das Gehalt weiterzahlen, können sich dieses aber im Rahmen der sogenannten Umlage U2 erstatten lassen. Nicht erstattungsfähig sind hingegen tarifliche Einmalzahlungen. Urlaubsansprüche werden durch Beschäftigungsverbote nicht berührt, dürfen nicht gekürzt werden und können nur außerhalb des Verbotszeitraums gewährt werden – ein Aspekt, der insbesondere bei teilweisen Beschäftigungsverboten operative Fragen aufwirft.

Schließlich bleiben Beschäftigungsverbote dynamisch. Ändern sich die Umstände – etwa durch neue Schutzmaßnahmen oder abnehmende Risiken –, müssen Arbeitgeber eine Neubewertung vornehmen und das Verbot aufheben, wenn die Voraussetzungen nicht mehr bestehen. Unterlassen sie dies, drohen finanzielle Konsequenzen und der Verlust des Erstattungsanspruchs. Die Corona-Pandemie lieferte ein eindrückliches Beispiel: Viele Verbote wurden vorsorglich ausgesprochen, ohne dass sie später an die veränderte Gefährdungslage angepasst wurden.

Der Mutterschutz gehört zu den Grundfesten des Arbeitsrechts – doch seine praktische Umsetzung bleibt ein vermintes Gelände. Während das Gesetz mit Präzision formuliert ist, zeigt sich in der Anwendung ein Spannungsfeld zwischen Fürsorgepflicht, betrieblicher Realität und administrativem Aufwand. Arbeitgeber, insbesondere im Mittelstand, stehen unter erheblichem Druck: Einerseits dürfen sie schwangere Mitarbeiterinnen keinen Risiken aussetzen, andererseits drohen sie im Dickicht der Vorschriften zu scheitern – nicht zuletzt, weil die gesetzlichen Regelungen nicht selten mit betrieblichen Strukturen kollidieren.

Beispiel Apothekenbetrieb: Eine schwangere Mitarbeiterin darf oft nicht mehr im Labor tätig sein, was durchaus nachvollziehbar ist. Doch bedeutet das automatisch ein Beschäftigungsverbot? Nicht zwangsläufig. In vielen Fällen wäre ein Einsatz im Handverkauf möglich – wenn die Bedingungen stimmen. Und hier beginnt die Schwierigkeit. Die geforderte Gefährdungsbeurteilung ist aufwendig, verlangt Fachwissen und oft externe Beratung. Viele Betriebe weichen aus und sprechen vorschnell ein Beschäftigungsverbot aus – nicht immer zum Nutzen der Betroffenen. Denn Beschäftigungsverbot bedeutet nicht nur Freistellung, sondern oft auch Isolation vom betrieblichen Alltag.

Auf der anderen Seite steht der medizinisch indizierte Schutz. Ärztliche Beschäftigungsverbote sind ein wichtiges Instrument – doch sie verlangen Augenmaß. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sie zur Freistellung auf Wunsch werden. Missbrauch untergräbt die Akzeptanz, gefährdet den sozialen Frieden im Team und belastet das Vertrauen in den Mutterschutz insgesamt.

Hinzu kommt die Debatte um Selbstständige. Sie sind bislang vom gesetzlichen Mutterschutz ausgeschlossen – ein Missstand, der der Arbeitsrealität vieler Frauen in modernen, flexiblen Berufsfeldern nicht gerecht wird. Wer echte Gleichstellung will, muss auch hier handeln.

Der Gesetzgeber hat mit dem MuSchG einen klaren Rahmen geschaffen – doch dieser Rahmen entfaltet seine Schutzwirkung nur, wenn er sachgerecht, differenziert und mit dem nötigen Verantwortungsbewusstsein angewendet wird. Es braucht mehr Unterstützung für Arbeitgeber bei der Umsetzung, mehr Aufklärung bei medizinischem Fachpersonal und vor allem eines: den unbedingten Willen, Schutz nicht als Pflichtübung, sondern als Fürsorgeprinzip zu begreifen.

 

Warnsignal Körper: Wie Krämpfe und Schwindel auf tieferliegende Probleme hinweisen können

Eine 32-jährige Frau sucht wiederholt eine Apotheke auf, weil sie unter diffusen, aber belastenden Beschwerden leidet. Sie berichtet von Muskelkrämpfen, die vor allem in den Waden auftreten, aber auch die Hände betreffen können, sowie von plötzlichem Schwindel, der sie aus dem Gleichgewicht bringt. Die Symptome treten vermehrt in der Zeit vor ihrer Menstruation auf. Zusätzlich klagt die Patientin über Herzrasen, ausgeprägte Erschöpfung, kalte Extremitäten und Schlafprobleme. Ihre Lebensweise wirkt auf den ersten Blick gesund: vegetarische Ernährung, körperliche Aktivität, keine regelmäßige Medikation, gelegentliche Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie Magnesium und Eisen. Auffällig ist jedoch eine ausgeprägte berufliche Belastung, die zu unregelmäßigen Mahlzeiten und eingeschränkter Regeneration führt.

Der Fall offenbart ein typisches Beispiel für die Schwierigkeit, unspezifische Beschwerden in einen sinnvollen diagnostischen Zusammenhang zu bringen. Muskelkrämpfe und Schwindel sind keine Krankheiten im engeren Sinne, sondern Symptome, die eine Vielzahl möglicher Ursachen haben. Neben Elektrolytstörungen – insbesondere Magnesium-, Kalium- oder Kalziummangel – kommen auch hormonelle Faktoren infrage. Dass die Beschwerden zyklusabhängig gehäuft auftreten, lässt auf ein prämenstruelles Syndrom (PMS) oder eine hormonelle Dysbalance schließen. Ebenso denkbar ist eine subklinische Schilddrüsenunterfunktion, die bei jungen Frauen nicht selten lange unentdeckt bleibt. Auch ein Eisenmangel, selbst bei vermeintlich ausreichender Substitution, kann in funktioneller Form vorliegen, wenn Entzündungsprozesse oder Resorptionsstörungen im Spiel sind.

Hinzu kommen psychosomatische Komponenten. Chronischer Stress beeinflusst nachweislich den Elektrolythaushalt, stört die hormonelle Regulation und erhöht die Muskeltonusbereitschaft. Gleichzeitig verschlechtern sich Schlafqualität und Erholungsfähigkeit. Es entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf, in dem körperliche Symptome durch psychische Belastungen verstärkt oder sogar ausgelöst werden können – ohne dass sich im Labor zwingend auffällige Werte zeigen.

Die Rolle der Apotheke ist in einem solchen Szenario nicht die einer Diagnosestelle, sondern einer Schnittstelle: zwischen Alltag und Versorgung, zwischen Eigenwahrnehmung und medizinischer Systematik. Eine strukturierte Anamnese durch gezielte Rückfragen, Hinweise auf ärztliche Abklärung sowie eine verantwortungsvolle Empfehlung zu einer sinnvollen, nicht beliebigen Supplementierung kann entscheidend sein. Der Fall zeigt, wie eng körperliche Beschwerden mit psychosozialen Belastungen verwoben sind – und wie leicht komplexe Gesundheitsprobleme übersehen werden, wenn sie sich nicht in eindeutigen Laborwerten oder Diagnosen ausdrücken.

Was dieser Fall in aller Deutlichkeit zeigt, ist das systemische Versagen im Umgang mit unspezifischen Symptomen, insbesondere bei jungen Frauen. Wer mit Schwindel und Muskelkrämpfen zur Apotheke kommt, bekommt häufig Magnesium empfohlen – eine gut gemeinte, aber oft verkürzte Antwort auf ein vielschichtiges Problem. Denn dahinter kann sich weitaus mehr verbergen: Hormonelle Schwankungen, latente Mängel, Stressüberlastung, funktionelle Störungen. Es sind keine „weichen“ Beschwerden, sondern ernstzunehmende Warnzeichen eines Körpers, der an mehreren Fronten aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Das Gesundheitswesen hat für klare Diagnosen und messbare Werte Prozesse – aber kaum Strukturen für die Grauzonen dazwischen. Gerade in der ambulanten Versorgung fehlt es an Zeit, interdisziplinärer Vernetzung und einer ernsthaften psychosomatischen Perspektive. Die Patientin mit Krämpfen und Schwindel ist kein Einzelfall, sondern steht beispielhaft für eine wachsende Zahl von Menschen, deren Beschwerden medizinisch nicht eindeutig zuordenbar sind – und deshalb oft bagatellisiert werden.

Apotheken können in solchen Situationen wichtige Ankerpunkte sein, wenn sie zuhören, Zusammenhänge erkennen und gezielt weitervermitteln. Doch das entbindet das System nicht von seiner Verantwortung. Nötig sind klar definierte Versorgungswege für komplexe Symptomlagen, ein stärkeres Bewusstsein für zyklusbedingte Beschwerden und eine echte Integration von psychischer Belastung in die körperliche Diagnostik. Wer Symptome nur punktuell behandelt, lässt Betroffene im Unklaren – und riskiert, dass aus funktionellen Störungen chronische Erkrankungen werden. Das ist kein individuelles Versäumnis, sondern ein strukturelles Defizit.

 

Pharmabranche im Aufwind: Exportdynamik und Produktionszuwachs trotz Wirtschaftsflaute

Während viele Industriezweige in Deutschland unter der anhaltenden Wirtschaftsschwäche leiden, stellt sich die Lage in der Pharmabranche deutlich optimistischer dar. Nach aktuellen Prognosen erwartet die forschende Pharmaindustrie in diesem Jahr ein spürbares Umsatzwachstum, steigende Produktionszahlen sowie einen Zuwachs an Arbeitsplätzen. Getrieben wird diese Entwicklung vor allem durch eine dynamische Exporttätigkeit sowie stabile Rahmenbedingungen im Inland.

Besonders hervor sticht der Handel mit den Vereinigten Staaten, die als wichtigster Auslandsmarkt eine zentrale Rolle für die Branche spielen. Pharmaunternehmen haben zu Jahresbeginn verstärkt Waren in die USA geliefert – eine Reaktion auf die anhaltende Unsicherheit über mögliche Zölle auf Medizinprodukte. Die Furcht vor protektionistischen Maßnahmen führte offenbar dazu, dass viele Konzerne ihre Lagerbestände in Nordamerika frühzeitig aufstockten. Luftfrachtanbieter meldeten einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach pharmazeutischen Transportleistungen über den Atlantik.

Die Daten belegen die internationale Bedeutung der deutschen Pharmaproduktion: Rund ein Viertel der gesamten Arzneimittelexporte des Landes entfällt auf die Vereinigten Staaten. Besonders stark nachgefragt werden immunologische Produkte wie Impfstoffe, Blutplasma und Antisera. Auch in Europa und anderen Weltregionen ist deutsches Arzneimittel-Know-how gefragt, was sich in einer geschätzten Umsatzsteigerung von 2,5 Prozent und einem Produktionsplus von 2,9 Prozent niederschlagen soll.

Die positive Entwicklung schlägt sich auch auf dem Arbeitsmarkt nieder. Nach Angaben der Industrie sollen in diesem Jahr rund 1100 neue Stellen entstehen, womit die Zahl der Beschäftigten auf etwa 132.000 wächst. Dies steht im deutlichen Kontrast zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland, die laut Prognosen 2025 weitgehend stagnieren dürfte.

Dennoch bleibt die Branche nicht frei von Risiken. Sollten Zölle auf pharmazeutische Produkte tatsächlich eingeführt werden, könnte dies weitreichende Folgen haben. Besonders problematisch wären Handelsbarrieren in Bereichen, in denen bestehende Verträge keine Preisänderungen zulassen. In solchen Fällen drohen erhebliche Margenverluste und mittelfristig eine Belastung der Innovationskraft. Auch die Versorgungslage in Deutschland könnte unterbrochen werden: 2024 wurden pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von über zwölf Milliarden Euro aus den USA importiert, darunter auch essentielle Vorprodukte für die Arzneimittelproduktion.

Vor diesem Hintergrund mahnt die Branche zur politischen Besonnenheit. Ein stabiler internationaler Handel gilt als Grundvoraussetzung für die Versorgungssicherheit und Innovationsfähigkeit. Während die Pharmabranche derzeit als eine der wenigen Wachstumsinseln in der deutschen Industrie gilt, hängt ihre Entwicklung maßgeblich von globalen Rahmenbedingungen ab.

Der Höhenflug der deutschen Pharmabranche kommt zur rechten Zeit – nicht nur für die Industrie selbst, sondern auch als Signal, dass sich Exportstärke und Innovationskraft in wirtschaftlich schwierigen Phasen bezahlt machen können. Doch das Wachstum beruht auf einem fragilen Fundament. Die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten – sowohl als Absatz- als auch als Beschaffungsmarkt – birgt strukturelle Risiken. Sollten politische Spannungen oder protektionistische Maßnahmen zunehmen, droht ein empfindlicher Rückschlag.

Es liegt nun auch an der Politik, die Handelsbeziehungen aktiv zu stabilisieren und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für Forschung, Produktion und Versorgung im Inland zu stärken. Die derzeitige Dynamik der Branche darf nicht über ihre Verletzlichkeit hinwegtäuschen. Wachstumsprognosen sind erfreulich – doch sie dürfen nicht als Freibrief zur Selbstzufriedenheit verstanden werden.

 

Alarmierende Entwicklung bei sexuell übertragbaren Infektionen in Europa

Die Zahl der neu gemeldeten Gonorrhoe-Fälle in Europa ist auf den höchsten Stand seit dem Jahr 2009 gestiegen. Das geht aus einer aktuellen Analyse europäischer Gesundheitsbehörden hervor. Neben Gonorrhoe nehmen auch Diagnosen anderer sexuell übertragbarer Infektionen wie Syphilis und akuter Hepatitis B in zahlreichen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums deutlich zu. Die Entwicklung stellt ein ernstzunehmendes Warnsignal dar, das den gesundheitspolitischen Druck auf die Mitgliedsstaaten erhöht.

Zugleich bleibt die Eindämmung weiterer Infektionskrankheiten wie HIV, Virushepatitis und Tuberkulose eine Herausforderung. Zwar zeigen die gemeldeten Inzidenzen bei HIV und TB einen leichten Rückgang, doch liegen sie weiterhin über den Zielwerten, die bis 2025 erreicht werden sollten. Die Verpflichtung, diese Krankheiten bis zum Jahr 2030 im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele entscheidend zu bekämpfen, gerät damit ins Wanken. In vielen Ländern fehlen zudem verlässliche Daten, um den Stand der Umsetzung überhaupt nachvollziehen zu können.

Gesundheitsexperten mahnen, die gestiegene Zahl sexuell übertragbarer Infektionen sei nicht allein auf mangelnde Prävention zurückzuführen. Vielmehr handele es sich um ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren. So könnten unter anderem veränderte Sexualgewohnheiten, pandemiebedingte Versorgungslücken, ein nachlassendes Risikobewusstsein sowie der eingeschränkte Zugang zu Test- und Vorsorgeangeboten zur aktuellen Entwicklung beigetragen haben.

Als wirksame Schutzmaßnahmen gelten nach wie vor der konsequente Gebrauch von Kondomen, der niedrigschwellige Zugang zu Spritzentauschprogrammen für Drogenkonsumenten, Impfungen gegen Hepatitis B sowie die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zum Schutz vor einer HIV-Infektion. Trotz vorhandener Strategien gelingt es jedoch offenbar nicht, diese flächendeckend zu etablieren und vulnerablen Gruppen ausreichend zugänglich zu machen.

Angesichts der Entwicklungen rufen Fachleute die europäischen Staaten dazu auf, bestehende Präventionsangebote zu stärken und gleichzeitig neue, evidenzbasierte Strategien zur Bekämpfung dieser Erkrankungen zu entwickeln. Der Handlungsbedarf sei akut, denn sexuell übertragbare Infektionen verursachten nicht nur individuelle Krankheitsverläufe, sondern auch erhebliche Belastungen für die öffentlichen Gesundheitssysteme. Mit Blick auf das nahende Jahr 2025 werde es immer schwieriger, die gesetzten Zwischenziele noch zu erreichen.

Die Zahlen sprechen für sich – und sie sprechen eine deutliche Sprache. Ein Anstieg sexuell übertragbarer Infektionen ist kein statistisches Randphänomen, sondern ein Weckruf an die Gesundheitspolitik Europas. Dass Gonorrhoe-Fälle heute so häufig diagnostiziert werden wie seit über 15 Jahren nicht mehr, ist mehr als ein alarmierendes Signal: Es zeigt, dass vorhandene Schutzmaßnahmen nicht ausreichend greifen und Aufklärungslücken nach wie vor bestehen.

Wer den Anspruch erhebt, Epidemien wie HIV, Hepatitis oder Tuberkulose bis 2030 wirksam einzudämmen, kann sich bei sexuell übertragbaren Infektionen keine Rückschritte leisten. Die wiederholte Betonung, dass diese Krankheiten vermeidbar seien, reicht nicht aus. Vielmehr braucht es einen politischen und gesellschaftlichen Schulterschluss, der Prävention nicht nur fordert, sondern tatsächlich ermöglicht – für alle Bevölkerungsgruppen.

Gerade die Zeit nach der Pandemie hat gezeigt, wie schnell Versorgungsstrukturen aus dem Gleichgewicht geraten können. Eine belastbare Strategie gegen Infektionskrankheiten muss daher resilient, inklusiv und datengestützt sein. Ansonsten droht Europa, nicht nur die Gesundheitsziele zu verfehlen, sondern auch Vertrauen zu verspielen.

 

Erstmals Todesfall durch Kratom in Deutschland – Rechtsmediziner warnen vor unterschätztem Risiko

Ein pflanzliches Produkt, das vielerorts als harmlose Alternative zu Schmerzmitteln oder Schlafhilfen gehandelt wird, steht im Fokus eines tragischen Falls: In Deutschland wurde erstmals ein Todesfall dokumentiert, der eindeutig auf eine Monointoxikation mit Kratom zurückzuführen ist. Die Substanz, gewonnen aus den Blättern des in Südostasien heimischen Baums Mitragyna speciosa, gilt als kaum reguliert, ist jedoch mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden.

Ein 30-jähriger Mann, der bereits in der Vergangenheit durch Drogenmissbrauch auffällig geworden war, wurde nach seinem Tod im Jahr 2024 am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf obduziert. Die Untersuchungen ergaben Hirn- und Lungenödeme sowie aspirationstypische Veränderungen. Toxikologisch ließen sich weder Kokain noch andere Betäubungsmittel nachweisen – allein Mitragynin, der Hauptwirkstoff von Kratom, sowie seine Abbauprodukte wurden in Blut und Urin festgestellt. Drei Packungen Kratom-Pulver im Zimmer des Verstorbenen untermauerten den Befund. Die Rechtsmediziner bewerteten die Einnahme von Kratom als alleinige Todesursache.

Kratom ist in der traditionellen Medizin Südostasiens als Naturheilmittel bekannt. Je nach Dosis wirkt es stimulierend oder sedierend – in sehr hohen Mengen auch bewusstseinsverändernd. Die enthaltenen Alkaloide zeigen opioidähnliche Eigenschaften, deren genaue Wirkung auf den menschlichen Organismus bislang jedoch nicht ausreichend erforscht ist. Die Europäische Lebensmittelbehörde stuft das Risiko einer Kratom-Einnahme derzeit als nicht abschätzbar ein, da es an klinischen Daten fehlt.

Gesundheitsexperten warnen seit Jahren vor den Gefahren des freien Verkaufs über Online-Plattformen. Verbraucherzentralen weisen auf Verunreinigungen mit Schwermetallen oder Bakterien hin. Kratom wird dabei häufig als "nicht zum Verzehr bestimmt" deklariert, obwohl es praktisch genau zu diesem Zweck beworben und konsumiert wird. Besonders kritisch sei die Kombination mit anderen Substanzen wie Alkohol, Koffein oder Benzodiazepinen – sie kann lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie Atemdepressionen, Krampfanfälle oder hypertensive Krisen verstärken.

Auch das Abhängigkeitsrisiko ist erheblich. Betroffene berichten über Entzugserscheinungen wie starke Unruhe, Schlaflosigkeit und Angstzustände. Dennoch wird Kratom von vielen weiterhin als „natürliche“ Alternative verharmlost – ein Fehlschluss mit potenziell tödlichen Konsequenzen. Der dokumentierte Todesfall in Deutschland unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer regulatorischen Neubewertung der Substanz.

Der erste dokumentierte Kratom-Todesfall in Deutschland ist mehr als eine medizinische Fußnote – er ist ein Alarmsignal. Die verharmlosende Rhetorik rund um pflanzliche Substanzen wie Kratom blendet aus, dass „natürlich“ keineswegs gleichbedeutend mit „harmlos“ ist. Solange sich Produkte mit potenziell suchtauslösender Wirkung und unklarem Reinheitsgrad ungehindert im Netz bestellen lassen, bleibt das Risiko unkalkulierbar – für Einzelne wie für die öffentliche Gesundheit.

Was fehlt, ist nicht nur regulatorisches Handeln, sondern vor allem eine realistische gesellschaftliche Debatte über die Risiken frei verkäuflicher Substanzen jenseits des klassischen Drogenmarkts. Die Illusion einer „sanften“ Alternative zu Schmerzmitteln endet spätestens dann, wenn die Rechtsmedizin einen Todesfall bestätigt. Die Fakten liegen auf dem Tisch – ignoriert werden dürfen sie nicht länger.

 

Deutlich mehr Hantavirus-Fälle – Gesundheitsbehörden schlagen Alarm

Die Zahl der Hantavirus-Infektionen in Deutschland ist im laufenden Jahr sprunghaft angestiegen. Besonders betroffen sind Regionen im Süden des Landes, darunter der Bayerische Wald, Teile Unterfrankens sowie die Schwäbische Alb. Gesundheitsexperten warnen vor einer deutlichen Zunahme von Krankheitsfällen und raten zu konsequenten Schutzmaßnahmen bei Gartenarbeit und dem Betreten von potenziell kontaminierten Räumen wie Dachböden oder Schuppen.

Verursacht wird die Krankheit durch Viren, die von infizierten Nagetieren – insbesondere der Rötelmaus – ausgeschieden werden. Die Tiere tragen das Virus in sich, ohne selbst Symptome zu entwickeln. Menschen infizieren sich meist durch das Einatmen von Staubpartikeln, die mit virushaltigem Kot, Urin oder Speichel der Mäuse kontaminiert sind. Das Risiko besteht insbesondere dann, wenn Ausscheidungen in geschlossenen, schlecht belüfteten Räumen aufgewirbelt werden.

Im Vergleich zu den Vorjahren verzeichnet das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bereits eine deutliche Zunahme von gemeldeten Fällen. Experten führen dies unter anderem auf günstige klimatische Bedingungen für die Vermehrung der Rötelmaus zurück. Gleichzeitig habe die hohe Dichte an Laub- und Mischwäldern in den betroffenen Regionen zur raschen Ausbreitung beigetragen.

Die Symptome einer Infektion sind zunächst unspezifisch. Viele Patienten klagen über plötzlich einsetzendes Fieber, starke Kopf- und Gliederschmerzen sowie Magen-Darm-Beschwerden. In schweren Fällen kommt es zu Nierenschäden, die bis hin zum vollständigen Versagen des Organs reichen können. Eine spezifische Therapie steht bislang nicht zur Verfügung. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Beschwerden und die Überwachung möglicher Komplikationen.

Eine Impfung gegen das Hantavirus ist derzeit nicht verfügbar. Umso wichtiger sind präventive Maßnahmen. Wer in gefährdeten Regionen Reinigungsarbeiten vornimmt oder mit potenziell kontaminierten Materialien in Berührung kommt, sollte Schutzkleidung tragen, Räume vor dem Betreten gut lüften und Flächen vor der Reinigung anfeuchten. Die Entsorgung von Exkrementen oder toten Tieren sollte ausschließlich mit geeigneten Desinfektionsmitteln und unter Verwendung von Einmalmaterial erfolgen.

Die Gesundheitsbehörden rufen zur erhöhten Wachsamkeit auf und empfehlen, bei grippeähnlichen Symptomen nach Aufenthalt in betroffenen Gebieten ärztlichen Rat einzuholen. Eine frühzeitige Diagnose kann helfen, schwere Verläufe zu vermeiden und eine adäquate medizinische Betreuung sicherzustellen.

Der erneute Anstieg der Hantavirus-Infektionen führt vor Augen, wie schnell sich zoonotische Erreger in unserer unmittelbaren Umgebung ausbreiten können – unbemerkt, unterschätzt und oft mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Der Mensch steht hier nicht einem exotischen Virus aus fernen Ländern gegenüber, sondern einem unscheinbaren Risiko im heimischen Gartenhaus oder Waldgebiet.

Dass es bislang weder eine Impfung noch eine gezielte Therapie gibt, ist Ausdruck einer vernachlässigten Forschungslandschaft, die sich allzu oft auf spektakulärere Bedrohungen konzentriert. Das Hantavirus bleibt dabei eine stille Gefahr – besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Vorerkrankungen. Die Verantwortung liegt nun bei den Gesundheitsbehörden, die Bevölkerung sachlich aufzuklären und gleichzeitig nicht in Alarmismus zu verfallen. Der entscheidende Faktor bleibt jedoch die Eigenverantwortung: Prävention beginnt bei jedem Einzelnen.

 

Keine Zusatzstoffe nötig – Ernährung bei erblich bedingtem Haarausfall

Androgenetische Alopezie betrifft einen Großteil der europäischen Bevölkerung – rund 80 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen erleben im Laufe ihres Lebens einen genetisch bedingten Haarverlust. Trotz der Häufigkeit dieser Erscheinung gibt es bislang keine gesicherten Hinweise darauf, dass Betroffene besondere Ernährungsanforderungen haben. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle wissenschaftliche Bewertung, die sich mit dem potenziellen Nährstoffbedarf bei erblich bedingtem Haarausfall auseinandersetzt.

Demnach liefert eine ausgewogene Ernährung mit ausreichender Versorgung an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen die wesentlichen Grundlagen für eine gesunde Haarstruktur. Ein genereller Mangel an bestimmten Mikronährstoffen konnte bei Betroffenen jedoch nicht systematisch festgestellt werden. Zwar zeigen einzelne Beobachtungsstudien, dass Personen mit androgenetischer Alopezie häufiger über verminderte Vitamin-D-Spiegel verfügen, doch ein ursächlicher Zusammenhang bleibt offen. Es sei ebenso denkbar, dass ein insgesamt reduziertes Gesundheitsverhalten – etwa weniger Bewegung im Freien – zu den erniedrigten Werten beiträgt.

Auch in Bezug auf Eisen liefern vorhandene Studien keine einheitliche Datenlage. Während manche Untersuchungen auf niedrigere Eisenwerte hinweisen, finden sich in anderen keinerlei Auffälligkeiten. Ohne labordiagnostisch gesicherten Mangel sehen Fachleute deshalb keine medizinische Grundlage für eine routinemäßige Supplementierung. Vielmehr wird zur diagnostischen Abklärung geraten, wenn klinische Hinweise auf einen Defizitstatus vorliegen – insbesondere bei gleichzeitig auftretender Müdigkeit, Blässe oder Infektanfälligkeit.

Ein interessanter Befund ergibt sich aus der Betrachtung bestimmter Ernährungsgewohnheiten: So deuten einige Studien auf einen Zusammenhang zwischen einer mediterranen Diät und einem verlangsamten Fortschreiten der androgenetischen Alopezie hin. Ob dies auf die antioxidative Wirkung pflanzlicher Inhaltsstoffe oder auf eine insgesamt gesundheitsfördernde Lebensweise zurückzuführen ist, bleibt jedoch unklar.

Die molekularen Mechanismen des Haarausfalls unterscheiden sich zwischen den Geschlechtern. Bei Männern gilt eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber Dihydrotestosteron als Hauptfaktor. Der Haarfollikel durchläuft infolgedessen eine Miniaturisierung, die zu dünner werdendem Haar und schließlich zu dessen Verlust führt. Bei Frauen werden hormonelle Veränderungen, vor allem im Zuge der Menopause, als mögliche Auslöser vermutet – begleitet von einem gestörten Gleichgewicht an Wachstumsfaktoren und entzündungsfördernden Signalstoffen.

Insgesamt ergibt sich aus der derzeitigen Studienlage kein Hinweis darauf, dass androgenetischer Haarausfall durch spezifische Nahrungsergänzungsmittel beeinflusst werden kann. Vielmehr genügt eine ausgewogene Ernährung, um die physiologischen Voraussetzungen für gesundes Haarwachstum zu sichern. Eine therapeutische Relevanz zusätzlicher Nährstoffgaben ist nicht belegt.

Die Erwartung, man könne mit gezielter Nährstoffaufnahme genetisch bedingtem Haarausfall entgegenwirken, hält einer wissenschaftlichen Prüfung derzeit nicht stand. Was bleibt, ist der nüchterne Befund: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig – aber kein Ersatz für genetische Veranlagung. Die Suche nach einfachen Lösungen für komplexe biologische Prozesse führt häufig zu Fehlschlüssen oder unnötigen Hoffnungen. Wer supplementiert, sollte dies aus belegtem medizinischem Anlass tun, nicht aus kosmetischer Verzweiflung. Androgenetische Alopezie mag belastend sein – doch sie ist keine Frage des Speiseplans.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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