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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Apotheken stehen unter Druck: Die wachsende Zahl temperaturempfindlicher Medikamente macht stabile Kühlketten zur Pflicht – jede Abweichung kann Patienten gefährden und hohe Verluste verursachen. Gleichzeitig steigen die Sozialabgaben auf ein Rekordniveau, ohne dass die versprochenen Reformen greifen. Apothekerinnen und Apotheker, wie in Bottrop, fordern endlich politische Verlässlichkeit, um die wohnortnahe Versorgung zu sichern. Auch Versicherungsfragen rücken in den Fokus: Der Zusammenschluss von Helvetia und Baloise bringt Unsicherheit für Apothekenkunden, die auf klare Vertragsbedingungen angewiesen sind. Hoffnung kommt aus der Forschung: Orforglipron, ein oral verfügbarer GLP-1-Wirkstoff, zeigt starke Ergebnisse bei Typ-2-Diabetes und Gewichtsreduktion – ein möglicher Wendepunkt. Gleichzeitig entdecken Wissenschaftler die Natur neu als Quelle innovativer Wirkstoffe. Während in Deutschland Transparenzlücken bleiben – der BND muss seine Corona-Erkenntnisse nicht offenlegen – geht die spanische Region Galicien mutig voran: Dort dürfen Apotheken bei lebenswichtigen Therapien auch ohne Arztkontakt handeln. Ein Impuls für eine selbstbewusstere Rolle der Apotheken im Gesundheitswesen.
Gefährdete Kühlketten: Apotheken im Kampf gegen unsichtbare Risiken
Die Einhaltung einer stabilen Kühlkette ist in Apotheken eine zentrale Herausforderung, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Anteil temperaturempfindlicher Medikamente wächst stetig. Insuline, Impfstoffe, Biopharmazeutika und einige Antibiotika müssen konstant zwischen zwei und acht Grad Celsius gelagert werden, um ihre volle Wirksamkeit zu behalten. Schon kleinste Temperaturabweichungen können dazu führen, dass Medikamente unwirksam werden – mit teils dramatischen Folgen für Patienten.
Das Problem: Ein Kühlkettenversagen bleibt oft unbemerkt. Viele Medikamente zeigen äußerlich keine Veränderungen, selbst wenn sie durch eine Temperaturabweichung bereits beeinträchtigt wurden. Apotheken stehen daher vor der anspruchsvollen Aufgabe, eine lückenlose Überwachung sicherzustellen. Modernste Kühlsysteme mit Echtzeit-Überwachung, Sensoren und automatischen Alarmsystemen gehören mittlerweile zur Standardausstattung. Diese Systeme erfassen jede Schwankung, protokollieren Temperaturverläufe und senden im Ernstfall Warnmeldungen an das Apothekenpersonal.
Doch trotz technologischer Fortschritte bleibt das Risiko hoch. Stromausfälle, technische Defekte oder menschliche Fehler können dazu führen, dass eine Kühlkette unterbrochen wird. Besonders kritisch sind Situationen, in denen Defekte außerhalb der Betriebszeiten auftreten. Passiert dies in der Nacht oder am Wochenende, kann eine gesamte Medikamentencharge unbrauchbar werden, bevor das Personal eingreifen kann.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen solcher Vorfälle sind erheblich. Viele Biopharmazeutika sind kostspielig, einzelne Packungen können mehrere tausend Euro wert sein. Der Verlust dieser Medikamente durch eine defekte Kühlung führt zu massiven finanziellen Schäden, die sich kleine, inhabergeführte Apotheken kaum leisten können. Um sich vor diesen Risiken zu schützen, investieren viele Betriebe in spezielle Versicherungen. Doch diese bieten keinen vollständigen Schutz – in vielen Fällen bleibt unklar, ob ein Medikament tatsächlich beschädigt wurde oder nicht. Versicherungen erstatten oft nur dann den Schaden, wenn eine eindeutige Dokumentation der Kühlkettenunterbrechung vorliegt.
Neben den technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen spielen auch gesetzliche Vorgaben eine große Rolle. Apotheken sind verpflichtet, die Einhaltung der Kühlkette lückenlos zu dokumentieren. Temperaturprotokolle müssen nicht nur archiviert, sondern auf Anfrage auch den Aufsichtsbehörden vorgelegt werden können. Verstöße gegen diese Vorschriften können zu hohen Bußgeldern oder im schlimmsten Fall zur Schließung der Apotheke führen.
Ein weiteres Problem ist die steigende Energiebelastung. Die rund um die Uhr laufenden Kühlsysteme treiben den Stromverbrauch in die Höhe – ein Faktor, der in Zeiten steigender Energiepreise zusätzliche finanzielle Belastungen schafft. Während große Apotheken mit besseren Ressourcen ausgestattet sind, geraten kleinere Betriebe zunehmend unter Druck.
Die zunehmende Komplexität der Arzneimittelversorgung macht deutlich, dass das Kühlkettenmanagement in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird. Apotheken stehen vor der Herausforderung, ihre Systeme kontinuierlich zu verbessern, Notfallpläne zu entwickeln und in noch sicherere Technologien zu investieren. Gleichzeitig braucht es politische und wirtschaftliche Lösungen, um eine flächendeckende sichere Medikamentenversorgung auch für kleine Apotheken finanzierbar zu halten.
Die Kühlkette ist eine der kritischsten, aber am wenigsten sichtbaren Herausforderungen in der Apothekenbranche. Während Patienten davon ausgehen, dass ihre Medikamente jederzeit unter optimalen Bedingungen gelagert werden, kämpfen Apotheken im Hintergrund gegen technische, wirtschaftliche und regulatorische Hürden. Ein einziges Versagen in der Kühlkette kann schwerwiegende Folgen haben – und doch wird dieses Thema oft unterschätzt.
Die technologischen Fortschritte der letzten Jahre haben zwar die Sicherheit erhöht, doch die Abhängigkeit von digitalen Systemen birgt auch neue Risiken. Ein Stromausfall oder ein defekter Sensor kann in Sekunden eine gesamte Charge temperaturempfindlicher Medikamente gefährden. Und während große Apotheken in redundante Systeme und Notfalllösungen investieren können, fehlt es kleineren Betrieben oft an den finanziellen Mitteln.
Die finanziellen Belastungen sind enorm. Neben den Anschaffungskosten für Kühlsysteme entstehen hohe laufende Kosten für Wartung, Energiekosten und Versicherungen. Gerade in einer Zeit, in der Apotheken ohnehin mit wirtschaftlichen Unsicherheiten kämpfen, stellt das Kühlkettenmanagement eine zusätzliche Belastung dar. Es ist daher notwendig, über Förderprogramme nachzudenken, die Apotheken den Umstieg auf energieeffiziente, hochsichere Kühlsysteme erleichtern.
Auch die Versicherungsbranche ist gefordert. Der Schutz vor finanziellen Verlusten durch Kühlkettenversagen muss transparenter und verlässlicher werden. Es kann nicht sein, dass Apotheken im Schadensfall mit komplizierten Nachweisforderungen konfrontiert werden, die eine vollständige Erstattung verhindern. Hier braucht es klare Standards und Lösungen, die eine reibungslose Regulierung ermöglichen.
Zudem müssen die regulatorischen Vorgaben praxistauglicher werden. Strenge Vorschriften sind notwendig, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Doch wenn der bürokratische Aufwand für Apotheken so hoch ist, dass wertvolle Zeit für die eigentliche Patientenversorgung verloren geht, läuft etwas falsch. Die Digitalisierung kann hier helfen, indem Temperaturprotokolle automatisiert an Aufsichtsbehörden übermittelt und Prüfprozesse vereinfacht werden.
Langfristig zeigt sich, dass die Kühlkette nicht nur eine technische Herausforderung ist, sondern eine Frage der gesamten Apothekenstruktur. Mit der Zunahme komplexer, temperaturempfindlicher Medikamente wird das Thema weiter an Brisanz gewinnen. Apotheken müssen sich auf eine Zukunft einstellen, in der ein einwandfreies Kühlkettenmanagement kein Wettbewerbsvorteil, sondern eine unverzichtbare Voraussetzung für das Bestehen am Markt ist.
Die Frage ist nicht, ob Apotheken ihre Kühlketten verbessern müssen – sondern wie sie dies unter den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen realisieren können. Es braucht gezielte Investitionen, klare gesetzliche Vorgaben und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Apotheken, Versicherern und Politik. Nur dann kann sichergestellt werden, dass Medikamente jederzeit in bester Qualität bei den Patienten ankommen – und das ist letztlich die oberste Priorität.
Beitragsexplosion und Reformstillstand – Wie der Sozialstaat zur Wachstumsbremse wird
Die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland stehen vor einer strukturellen Krise, die sich mit jedem weiteren Jahr verschärft. Zum Jahreswechsel haben sich die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erneut deutlich erhöht, während der Rentenbeitragssatz durch politische Zusagen künstlich stabil gehalten wird. Inzwischen liegt die durchschnittliche Sozialabgabenquote bei rund 42 Prozent – mit wachsender Tendenz. Eine Studie des IGES-Instituts prognostiziert für das kommende Jahrzehnt eine Abgabenlast von bis zu 49 Prozent des Bruttoeinkommens. Angesichts stagnierenden Wirtschaftswachstums und einer alternden Bevölkerung warnen Ökonomen eindringlich vor einem Kipppunkt.
Die Haupttreiber der Beitragsexplosion sind bekannt: die demografische Alterung, steigende Gesundheitsausgaben, höhere Pflegekosten und politisch gewollte Leistungsversprechen wie ein stabiles Rentenniveau und die ausgeweitete Mütterrente. Gleichzeitig schrumpft das wirtschaftliche Fundament, auf dem diese Leistungen beruhen. Deutschland wird im dritten Jahr in Folge voraussichtlich in einer Rezession verharren. Das mittelfristige Wachstumspotenzial liegt laut DIW bei lediglich 0,3 Prozent jährlich – ein historischer Tiefstand für eine Industrienation.
Besonders gravierend wirkt sich der bevorstehende Renteneintritt der Babyboomer-Generation aus. Immer mehr Menschen beziehen Leistungen, während gleichzeitig die Zahl der Erwerbstätigen sinkt. Diese Entwicklung trifft nicht nur die Rentenversicherung, sondern auch die gesetzlichen Krankenkassen, deren Ausgaben mit steigendem Alter der Versicherten stark zunehmen. Ältere Menschen verursachen im Durchschnitt drei- bis viermal höhere Gesundheitskosten. Die Bundesregierung hatte diese Effekte lange ignoriert oder kleingeredet. Inzwischen werden sie zum beherrschenden Faktor der Beitragspolitik.
Doch statt Reformbereitschaft zu zeigen, setzt die designierte Koalition aus Union und SPD vor allem auf Symbolpolitik. Die Ankündigung von Kommissionen in den Bereichen Pflege und Gesundheit erscheint vielen Experten als Ausweichmanöver. Ökonomen kritisieren, dass grundlegende Zielkonflikte nicht einmal offen benannt werden. Die Union fordert mehr Eigenbeteiligung der Versicherten – also höhere Zuzahlungen. Die SPD will Besserverdienende stärker zur Kasse bitten. Ein tragfähiger Kompromiss ist kaum absehbar.
Der Sozialverband VdK fordert seit Langem, gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren, statt die Sozialbeiträge immer weiter zu erhöhen. Eine Entlastung der Kassen um jährlich 70 Milliarden Euro könnte die Beitragssätze deutlich senken – doch die politische Bereitschaft für eine solche Umverlagerung fehlt bislang. Stattdessen wird ein wachsender Teil der staatlichen Grundsicherung indirekt über Arbeitnehmer und Arbeitgeber quersubventioniert.
Die ökonomischen Folgen dieser Entwicklung sind erheblich: Hohe Sozialabgaben belasten nicht nur die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger, sondern wirken auch wachstumshemmend. Der private Konsum, traditionell die wichtigste Konjunkturstütze in Deutschland, leidet. Hinzu kommt: Studien legen nahe, dass jeder zusätzliche Beitragssatzpunkt langfristig bis zu 100.000 Arbeitsplätze kosten kann. In einem ohnehin angespannten wirtschaftlichen Umfeld ist das ein Warnsignal, das kaum überhört werden kann.
Doch genau das scheint zu geschehen. Die große Koalition verspricht Stabilität, wo ein Umdenken dringend notwendig wäre. Sie klammert sich an politische Versprechen, die in einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung kaum noch tragbar sind. Dass Reformvorschläge fehlen und stattdessen kostspielige Maßnahmen wie eine Mütterrente ausgeweitet werden, zeigt das ganze Dilemma: Die politischen Akteure scheuen klare Priorisierungen – aus Angst, Wähler zu verprellen.
Die sozialpolitische Debatte in Deutschland gleicht einer Zeitreise in die Vergangenheit. Anstatt sich den realen Herausforderungen einer überalterten Gesellschaft und eines stagnierenden Wirtschaftswachstums zu stellen, werden Leistungen ausgebaut und Beitragssätze erhöht – als sei die Arbeitsgesellschaft der 1990er-Jahre noch intakt. Die politische Realität aber sieht anders aus: Immer weniger Erwerbstätige tragen eine immer größere Zahl von Leistungsempfängern. Dieser Mechanismus ist nicht nur ungerecht gegenüber den Jüngeren, er ist auch ökonomisch nicht nachhaltig.
Die geplante große Koalition aus CDU/CSU und SPD hat bislang kein überzeugendes Konzept vorgelegt, wie diese strukturelle Schieflage korrigiert werden soll. Kommissionen mögen Zeit kaufen, aber sie ersetzen keine Entscheidungen. Das Verharren in ideologischen Gegensätzen – mehr Eigenverantwortung auf der einen, mehr Umverteilung auf der anderen Seite – verhindert eine zukunftsfähige Reformstrategie. Dabei ist die Zeit längst abgelaufen.
Was fehlt, ist der Mut zur Ehrlichkeit: Nicht alle Versprechen können dauerhaft gehalten werden. Wer stabile Rentenniveaus und beitragsfreie Pflege wünscht, muss sagen, wie das finanziert werden soll. Wer das nicht kann oder will, muss auch zulassen, dass Leistungsansprüche überprüft oder begrenzt werden. Eine Politik, die nur an Symptomen arbeitet und strukturelle Ursachen verdrängt, handelt fahrlässig.
Der Sozialstaat darf nicht zur Wachstumsbremse werden. Doch genau das droht – durch Reformverweigerung, durch symbolpolitische Maßnahmen und durch den Verzicht auf ökonomische Realitätssinn. Eine nachhaltige Politik braucht keine neue Kommission, sondern den politischen Willen, das Mögliche und das Notwendige ehrlich miteinander in Einklang zu bringen. Bislang fehlt dafür jedes Zeichen.
Apotheken fordern Umsetzung politischer Zusagen – wirtschaftliche Lage spitzt sich zu
Im nordrhein-westfälischen Wahlkreis Bottrop – Recklinghausen III hat sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Nicklas Kappe vor Ort ein Bild von der wirtschaftlich angespannten Lage der Apotheken gemacht. Eingeladen hatten ihn die beiden Apotheker Karima Ballout und Niklas Herkenhoff, die zugleich Vorsitzende der Bezirksgruppen des Apothekerverbands Westfalen-Lippe in Bottrop und Recklinghausen sind. Sie warnten eindringlich vor einer weiteren Verschärfung der Versorgungssituation und forderten die zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Reformen.
Laut Angaben der Apotheker sei das gesetzliche Fixhonorar pro Arzneimittelpackung seit zwei Jahrzehnten nicht substanziell erhöht worden, während die Kosten für Personal um rund 75 Prozent und die allgemeinen Betriebsausgaben um 41 Prozent gestiegen seien. Herkenhoff zufolge arbeiten derzeit rund zehn Prozent der Apotheken defizitär, etwa ein Viertel sei wirtschaftlich stark gefährdet. Diese Zahlen spiegelten sich auch bundesweit wider: In den letzten drei Jahren mussten rund 1500 Apotheken schließen, der Abwärtstrend halte an.
Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht unter anderem eine Erhöhung des Packungshonorars um 1,15 Euro vor. Für Ballout ist dies keine bloße Strukturmaßnahme, sondern eine akute Notwendigkeit: Ohne eine schnelle Umsetzung drohten bundesweit weitere Schließungen. Auch Kappe betonte die Bedeutung wohnortnaher Apotheken und bekräftigte, dass die politischen Zusagen nun rasch realisiert werden müssten.
Beim Rundgang durch die Bottroper Post-Apotheke demonstrierten Ballout und Herkenhoff, dass Apotheken längst weit mehr leisten als die bloße Abgabe von Medikamenten. Sie stellten ihre pharmazeutischen Dienstleistungen vor, darunter individuelle Arzneimittelanfertigungen, Blutdruckmessungen und Medikationsanalysen. In vielen Fällen führe eine fundierte pharmazeutische Beratung dazu, dass Patientinnen und Patienten mit weniger Arzneimitteln auskommen könnten – zum gesundheitlichen Nutzen der Betroffenen und mit Einsparpotenzial für die Krankenkassen.
Besonders in Zeiten des demografischen Wandels sei es essenziell, das volle Potenzial der Apotheken zu nutzen, so Ballout. Apotheken könnten durch eine engmaschige Begleitung von Patientinnen und Patienten Krankenhausaufenthalte und Pflegebedürftigkeit verzögern. Dafür müsse jedoch eine auskömmliche Finanzierung gewährleistet sein, denn Sonderleistungen ließen sich unter den aktuellen Bedingungen kaum noch querfinanzieren.
Der Besuch von Nicklas Kappe verdeutlicht, dass die Problematik auch auf bundespolitischer Ebene erkannt ist. Doch die Apotheker machten unmissverständlich deutlich: Die Zeit für politische Bekenntnisse sei vorbei – nun gehe es um konkrete Taten.
Die wirtschaftliche Krise der Apotheken ist längst kein isoliertes Branchenproblem mehr, sondern ein strukturelles Risiko für die wohnortnahe Gesundheitsversorgung in Deutschland. Wenn selbst engagierte Betriebe unter stetig steigenden Kosten und stagnierenden Honoraren ächzen, gerät das System an seine Belastungsgrenze. Der Koalitionsvertrag enthält konkrete Maßnahmen, doch zwischen Papier und Praxis klafft eine gefährliche Lücke. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache – das Apothekensterben schreitet voran, während politische Reaktionen verzögert bleiben. Es ist höchste Zeit, dass aus politischen Willensbekundungen echte Strukturreformen werden. Andernfalls droht nicht nur der Verlust von Versorgungsstellen, sondern ein schleichender Rückbau an Lebensqualität für viele Patientinnen und Patienten im Alltag.
Galicien stärkt Apothekenrolle bei Notfällen – Kritik an EU-Plänen zur Digitalisierung von Beipackzetteln
In der spanischen Region Galicien können Apotheken künftig eine entscheidende Rolle in medizinischen Notfällen übernehmen. Eine neue Regelung erlaubt es den Vor-Ort-Apotheken, bestimmten Patientengruppen auch ohne vorherigen Arztkontakt notwendige Medikamente auszuhändigen. Voraussetzung ist, dass es sich um eine lebenswichtige Behandlung handelt, die nicht innerhalb von 72 Stunden aufgeschoben werden kann. Die Maßnahme zielt darauf ab, akute Versorgungslücken zu überbrücken und gleichzeitig die überlastete hausärztliche Versorgung zu entlasten.
Konkret betrifft die Regelung Medikamente, die auf einer offiziellen Liste des galicischen Gesundheitsdienstes stehen. Dazu zählen unter anderem Präparate zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, psychiatrischen Erkrankungen und zur Immunsuppression. Nach Freigabe durch den regionalen Gesundheitsdienst können Apotheken das betreffende Arzneimittel direkt an den Patienten abgeben. Der Hintergrund der Neuregelung ist die Beobachtung, dass ein erheblicher Teil der Arztbesuche in der Vergangenheit lediglich der Ausstellung von Wiederholungsrezepten diente. Durch die gezielte Einbindung der Apotheken soll nicht nur die medizinische Versorgung flexibler gestaltet, sondern auch die Effizienz des Gesamtsystems verbessert werden.
Während die Apothekerschaft in Galicien durch diese neue Befugnis gestärkt wird, beschäftigt sie gleichzeitig ein anderes Thema auf europäischer Ebene. Die geplante Abschaffung der papierbasierten Packungsbeilage durch die EU stößt auf heftige Kritik. Ärzte-, Apotheker- und Patientenorganisationen warnen davor, dass der vollständige Verzicht auf gedruckte Beipackzettel insbesondere ältere Menschen, multimorbide Patienten und pflegende Angehörige benachteiligen würde. Digitale Alternativen könnten die Printvariante ergänzen, seien jedoch aus Sicht der Verbände kein vollwertiger Ersatz.
Der Arzneimittelverbrauch steigt erfahrungsgemäß mit zunehmendem Alter, ebenso wie die Zahl der gleichzeitig eingenommenen Medikamente. Gerade ältere Menschen hätten aber oftmals Schwierigkeiten, auf digitale Informationen zuzugreifen. Die Verbände fordern daher, die Papierform als verpflichtenden Bestandteil jeder Medikamentenverpackung beizubehalten. Die von der EU vorgesehene Übergangsfrist von fünf Jahren sei nicht ausreichend, um einen inklusiven und sozialverträglichen Wandel im Sinne aller Patientengruppen sicherzustellen.
Die Entwicklungen in Galicien verdeutlichen, wie Apotheken zu einem entscheidenden Baustein in der unmittelbaren Patientenversorgung werden können – gerade in einem System, das zunehmend unter dem Druck fehlender Arzttermine steht. Die neue Regelung bietet einen pragmatischen Ansatz, um medizinische Notfälle schnell und unbürokratisch zu bewältigen. Gleichzeitig unterstreicht die Diskussion um die papierlose Packungsbeilage, wie wichtig es ist, technologische Fortschritte sozial ausgewogen zu gestalten. Digitalisierung darf kein Ausschlusskriterium für vulnerable Gruppen sein. Wer Versorgungssicherheit und Patientenautonomie stärken will, muss bewährte Informationswege erhalten und neue Zugänge ergänzend ausbauen – nicht ersetzen.
Radfahrer stürzt über angeleinten Hund – keine Haftung der Erben
Ein Radfahrer, der über einen angeleinten Hund stürzte und sich dabei schwer verletzte, ist mit seiner Klage gegen die Erben des Hundeausführers vor dem Landgericht Koblenz endgültig gescheitert. Der Kläger hatte Schadenersatz geltend gemacht, nachdem sich der Vorfall auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg ereignet hatte. Der Hund, den der inzwischen verstorbene Beklagte lediglich gelegentlich für einen Nachbarn ausführte, soll plötzlich die Fahrbahn des Radfahrers gekreuzt haben, woraufhin dieser sich überschlug.
Bereits das Amtsgericht Sinzig hatte die Klage abgewiesen, weil es sich bei dem Hundeausführer weder um den Tierhalter im Sinne des § 833 BGB noch um einen haftenden Tieraufseher gemäß § 834 BGB gehandelt habe. Auch das Landgericht bestätigte in seinem Hinweisbeschluss vom 4. März 2025 (Az.: 13 S 45/24), dass die Berufung des Klägers voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Eine schriftliche Vereinbarung zur Tieraufsicht habe nicht vorgelegen; das gelegentliche Ausführen des Hundes sei als bloße Gefälligkeit einzustufen, die keine Haftung begründe.
Der Kläger hatte argumentiert, der Verstorbene habe grob fahrlässig gehandelt, weil er die Leine zu lang gelassen habe. Mehrere Zeugen bestätigten jedoch, dass der Hund zum Zeitpunkt des Vorfalls an einer handelsüblichen Leine von unter zwei Metern geführt wurde. Hinweise auf eine Sorgfaltspflichtverletzung ließen sich nicht feststellen. Im Gegenteil machten die Richter deutlich, dass sich der Radfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit näherte und sein Erscheinen für den Hundeausführer nicht ohne Weiteres erkennbar war.
Das Landgericht betonte, dass Radfahrer auf gemeinsamen Wegen besonders auf Fußgänger und etwaige Hindernisse Rücksicht zu nehmen hätten. Sie müssten ihre Geschwindigkeit der Situation anpassen und jederzeit in der Lage sein, rechtzeitig zu bremsen. Ein Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg aus dem Jahr 2019 unterstrich diese Pflicht.
Die Berufung wurde infolge ungenutzter Stellungnahmefrist endgültig abgewiesen. Eine weitergehende gerichtliche Entscheidung hielt das Landgericht nicht für erforderlich.
Die Entscheidung des Landgerichts Koblenz verdeutlicht einmal mehr die Grenzen der Tierhalter- und Tieraufseherhaftung im Zivilrecht. Wer – aus bloßer Gefälligkeit – gelegentlich einen Hund ausführt, ohne vertraglich als Tieraufseher eingesetzt zu sein, kann nicht ohne Weiteres haftbar gemacht werden. Das Gericht stellt klar, dass rechtliche Verantwortung nicht aus bloßem Verhalten abgeleitet werden kann, sondern rechtlich relevante Voraussetzungen – insbesondere bei der Tieraufsicht – erfüllt sein müssen.
Zudem unterstreicht der Fall die Bedeutung des Verhaltens von Radfahrern auf kombinierten Geh- und Radwegen. Die zunehmend konfliktträchtige Nutzung solcher Wege durch verschiedene Verkehrsteilnehmer verlangt erhöhte Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme, insbesondere seitens der schneller fahrenden Radfahrer. Wer sich mit hoher Geschwindigkeit nähert, ohne auf sich aufmerksam zu machen, setzt sich selbst einem erhöhten Risiko aus – und kann die Schuld nicht auf Dritte abwälzen.
In einer Zeit, in der Radverkehr politisch gefördert und infrastrukturell ausgebaut wird, ist die rechtliche Klarstellung von Pflichten und Verantwortlichkeiten dringend notwendig. Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass Rücksichtnahme und Sorgfaltspflichten keine Einbahnstraße sind – auch nicht im Sinne der Verkehrssicherheit.
Versicherungsfusion mit Folgen: Was der Zusammenschluss von Helvetia und Baloise für Apotheken bedeutet
Die Fusion der Schweizer Versicherer Helvetia und Baloise zu einer gemeinsamen Holding unter dem Namen „Helvetia Baloise“ betrifft nicht nur die Kapitalmärkte und Konzernstrukturen – sie hat auch konkrete Auswirkungen auf zahlreiche Kunden, darunter viele Apotheken in Deutschland und der Schweiz, die ihre Betriebs-, Haftpflicht- oder Sachversicherungen bei einem der beiden Unternehmen abgeschlossen haben. Die Versicherungsverträge bleiben laut Angaben der Unternehmen zwar bestehen, doch für Apothekenbetreiber stellt sich nun die Frage, ob sich daraus neue Risiken, Handlungsbedarfe oder Optionen ergeben.
Die neue Helvetia Baloise Holding AG, die nach eigenen Angaben künftig über 20 Prozent Marktanteil im Schweizer Erstversicherungsgeschäft verfügt und mit rund 22.000 Mitarbeitenden zum größten Versicherungsarbeitgeber der Schweiz avanciert, will insbesondere durch Synergieeffekte Einsparpotenziale realisieren. Dabei ist auch ein Stellenabbau in Bereichen mit Doppelstrukturen vorgesehen – ein Hinweis auf bevorstehende Umstrukturierungen, die auch im Servicebereich und der Kundenbetreuung spürbar werden könnten.
Für Apotheken, die sich im sensiblen Betrieb täglich auf die reibungslose Bearbeitung von Schadensfällen, flexible Vertragslösungen und verlässliche Ansprechpartner verlassen müssen, bedeutet das: erhöhte Aufmerksamkeit ist geboten. Denn bei Fusionen dieser Größenordnung ist in der Übergangsphase mit Änderungen in der internen Organisation, möglichen Verschiebungen der Zuständigkeiten und zeitweiligen Reibungsverlusten zu rechnen. Auch digitale Systeme und Plattformen, auf die Apotheken beispielsweise für Schadenmeldungen, Vertragsänderungen oder Nachweise angewiesen sind, könnten im Zuge der IT-Integration betroffen sein.
Besonders kritisch dürfte die Situation für Apotheken werden, deren Policen spezifische Klauseln, Deckungslimite oder Zusatzbausteine enthalten, etwa im Bereich der Rezeptbetrugsversicherung, Haftung bei Abgabe von Arzneimitteln oder Cyber-Schutz. Hier ist eine frühzeitige Überprüfung ratsam: Entsprechen die Vertragsdetails weiterhin dem individuellen Risiko- und Bedarfsszenario der Apotheke? Können Leistungen durch die Neuordnung eingeschränkt werden? Wie verhalten sich Ansprechpartner und Servicenummern im Falle einer Schadensmeldung?
Ein weiteres Augenmerk gilt möglichen Änderungen in der Prämiengestaltung. Auch wenn eine Beitragsanpassung derzeit nicht explizit angekündigt wurde, sind mittelfristige Tarifanpassungen im Zuge der Konsolidierung nicht auszuschließen – sei es durch neue Risikoanalysen, Bündelung von Produkten oder Änderung der Risikobewertung im Apothekenumfeld.
Die Versicherer betonen zwar ihre soziale Verantwortung und versprechen einen fairen Integrationsprozess. Doch aus Sicht von Apothekeninhabern bleibt festzuhalten: Der Zusammenschluss zweier großer Versicherungspartner schafft neue Konstellationen, bei denen es wichtig ist, den Überblick zu behalten. Wer heute vorbereitet handelt, kann später böse Überraschungen vermeiden.
Der Zusammenschluss von Helvetia und Baloise ist ein betriebswirtschaftlich nachvollziehbarer Schritt. Für viele Apotheken aber, die seit Jahren auf die spezifischen Versicherungslösungen eines der beiden Häuser setzen, beginnt damit eine Phase der Unsicherheit. Denn Vertrauen in Versicherungen entsteht durch Stabilität, Berechenbarkeit und kompetente Betreuung – genau die Faktoren, die bei Integrationen oft vorübergehend ins Wanken geraten.
Gerade für Apotheken, die unter wachsendem wirtschaftlichem Druck stehen und täglich mit sensiblen Risiken operieren, ist eine belastbare Absicherung elementar. Die Fusion sollte daher zum Anlass genommen werden, bestehende Versicherungsverhältnisse aktiv zu hinterfragen: Sind alle relevanten Risiken wie Rezeptfälschung, Retaxationen, Produkthaftung und Cyberangriffe noch adäquat abgesichert? Gibt es bessere Alternativen oder Bedarf für Nachverhandlungen?
Wer jetzt untätig bleibt, riskiert, dass sich kleine Systemveränderungen später in ernsthafte Deckungslücken oder Leistungsprobleme verwandeln. Der richtige Zeitpunkt für die Risikoanalyse ist jetzt – bevor eine neue Struktur Fakten schafft, die sich nur schwer zurückdrehen lassen.
Naturstoffe im Fokus: Warum die Arzneimittelforschung zurück zur Evolution muss
Trotz jahrzehntelanger Fortschritte in der chemischen Wirkstoffentwicklung bleibt der Fundus natürlicher Substanzen ein zentrales Fundament der Arzneimittelforschung. In der medizinischen Praxis sind viele der erfolgreichsten Medikamente – darunter Antibiotika wie Penicillin – mikrobiellen Ursprungs. Doch während viele dieser Stoffe schon vor Jahrzehnten entdeckt wurden, fehlt es seither an wirklich neuen Wirkstoffklassen. Vor diesem Hintergrund fordern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Suche nach Naturstoffen zu intensivieren.
Bei einem Workshop der Paul-Martini-Stiftung betonten führende Forschende die Bedeutung natürlicher Mikroorganismen als Quelle bislang unerschlossener Wirkstoffpotenziale. Professor Dr. Helge Bode, Direktor am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, verwies auf die evolutionäre Vorleistung bakterieller Systeme: Über zwei Milliarden Jahre entwickelten Mikroben ein Arsenal an chemischen Verbindungen zur Abwehr, Kommunikation und Anpassung. Diese Substanzen entstanden nicht zum Nutzen des Menschen – aber könnten für die moderne Medizin von entscheidendem Wert sein.
Derartige Naturstoffe werden oft nur unter bestimmten ökologischen Bedingungen gebildet – etwa zur Verteidigung oder in symbiotischen Beziehungen. Ein gezielterer Blick auf die Lebensweise der Mikroorganismen, ihre Umweltbeziehungen und die molekularen Mechanismen ihrer chemischen Signalgebung gilt daher als Schlüssel zur Entdeckung bislang verborgener Wirkstoffe. Der Fokus liegt verstärkt auf mikrobieller Ökologie, kombiniert mit moderner Genomsequenzierung und synthetischer Biologie.
Beispielhaft ist der Ansatz des sogenannten NRPS-Engineerings, bei dem nicht-ribosomale Peptid-Synthetasen – komplexe Enzymkaskaden, die für viele Naturstoffe verantwortlich sind – genetisch umgebaut werden, um neuartige Moleküle zu erzeugen. Auch das „Genome Mining“, bei dem Bakteriengenome systematisch nach biosynthetischen Genclustern durchforstet werden, gewinnt an Bedeutung. Diese Methoden eröffnen neue Wege, das therapeutische Potenzial bislang nicht kultivierbarer Mikroorganismen zu erschließen.
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Myxobakterien, die in Böden und Kompost leben, bislang jedoch schwer zu kultivieren sind. Laut Professor Dr. Rolf Müller vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland lassen sich aus diesen räuberisch lebenden Bakterien regelmäßig neue Stoffe mit potenzieller pharmazeutischer Relevanz gewinnen. So wird beispielsweise Corallopyronin A, ein Naturstoff mit Wirkung gegen grampositive Bakterien und parasitische Fadenwürmer, derzeit im Rahmen einer Kooperation mit einem japanischen Pharmaunternehmen zur klinischen Reife gebracht.
Allerdings stellt die Finanzierung der Antibiotikaforschung weiterhin eine große Hürde dar. Die Entwicklung neuer Antiinfektiva erfolgt heute fast ausschließlich in spezialisierten Forschungsinstituten oder kleineren Biotech-Unternehmen. Der Sprung in die industrielle Produktion gelingt nur selten. Die Rahmenbedingungen des Marktes – etwa niedrige Erstattungsmodelle und fehlende Anreize für Investitionen – bremsen den Transfer in die breite Anwendung. Derzeit befinden sich lediglich 74 Antibiotika in klinischer Entwicklung, von denen nur vier als tatsächlich neuartig gelten.
Neben institutioneller Forschung gewinnt auch die Bürgerbeteiligung an Bedeutung. Beim Projekt „Microbelix“ können Bürgerinnen und Bürger Bodenproben einsenden, um zur Identifikation neuer Mikroorganismen beizutragen. Über 1000 neue Myxobakterienarten wurden auf diese Weise bereits entdeckt. Die Hoffnung ist, dass sich aus dieser Vielfalt neue Wirkstoffe ableiten lassen, die gegen resistente Krankheitserreger wirksam sind.
Die Forderung der Wissenschaft ist eindeutig: Ohne ein Umdenken in der Forschungsförderung, strukturelle Verbesserungen bei der Arzneimittelvergütung und eine Rückbesinnung auf die Leistungsfähigkeit der Natur als chemische Ideengeberin wird die Entwicklung innovativer Medikamente stagnieren. Die Evolution hat bereits vorgearbeitet – es liegt am Menschen, dieses Potenzial zu entschlüsseln und nutzbar zu machen.
Der Rückgriff auf Naturstoffe ist keine romantische Rückbesinnung, sondern eine wissenschaftlich gebotene Notwendigkeit. Angesichts wachsender Resistenzen und stagnierender Wirkstoffentwicklungen zeigt sich: Die Lösungen liegen oft nicht in immer neuen Varianten bekannter Strukturen, sondern in bisher übersehenen natürlichen Quellen. Doch der Zugang zu diesen Quellen ist kein Selbstläufer. Was fehlt, ist nicht nur eine stärkere interdisziplinäre Forschung, sondern auch der politische Wille, die Rahmenbedingungen für innovative Antibiotika und andere Naturstofftherapeutika zu verbessern. Wer heute gegen die Zeit kämpft – gegen Pandemien, multiresistente Erreger und therapieresistente Entzündungen –, muss endlich auf das setzen, was Milliarden Jahre selektiert hat: die Natur als klügste Wirkstoffentwicklerin.
Geheimschutz vor Transparenz – Gericht schützt BND bei Corona-Frage
Der Bundesnachrichtendienst (BND) darf seine Erkenntnisse zum möglichen Ursprung des Coronavirus weiterhin unter Verschluss halten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und damit ein Auskunftsbegehren eines Presseverlags abgelehnt. Dieser hatte Informationen darüber verlangt, ob und in welchem Umfang der BND seit dem Jahr 2020 über Hinweise verfüge, dass SARS-CoV-2 aus einem chinesischen Labor stammen könnte. Zudem wollte der Verlag wissen, ob der deutsche Auslandsgeheimdienst entsprechende Informationen an das Bundeskanzleramt weitergeleitet habe.
Das Gericht stellte klar, dass dem presserechtlichen Auskunftsanspruch in diesem Fall überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Eine Offenlegung könne die Arbeitsweise des BND sowie die außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands erheblich beeinträchtigen. Der Geheimdienst habe nachvollziehbar dargelegt, dass selbst allgemeine Auskünfte Rückschlüsse auf Quellen und Methoden ermöglichen könnten. Dies könne nicht nur die Funktionsfähigkeit des BND gefährden, sondern auch diplomatische Verwerfungen nach sich ziehen – insbesondere im Verhältnis zur Volksrepublik China.
Das Thema bleibt brisant. In den Vereinigten Staaten wird die sogenannte Labortheorie weiterhin politisch aufgegriffen. Eine offizielle Website der US-Regierung unterstreicht die These eines Laborursprungs und erhebt Vorwürfe gegen Behörden, Medien und einzelne Wissenschaftler, sie hätten die Theorie eines natürlichen Ursprungs des Virus bevorzugt verbreitet. Auch der US-Auslandsgeheimdienst CIA unterstützt inzwischen – wenngleich mit geringem Vertrauen – die Annahme, dass ein forschungsbedingter Ursprung plausibler sei.
In Deutschland äußerte sich zuletzt auch der ehemalige Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, vorsichtig zugunsten der Labortheorie. Zugleich betonen Fachleute, dass eine eindeutige wissenschaftliche Klärung weiterhin aussteht. Untersuchungen, die genetisches Material auf Märkten in Wuhan analysierten, lieferten bislang keine abschließenden Belege für einen natürlichen Ursprung.
Die gerichtliche Entscheidung in Leipzig hat weitreichende Bedeutung für den Umgang mit sensiblen sicherheitspolitischen Informationen in Deutschland. Während das Urteil auf der einen Seite den Schutz nachrichtendienstlicher Tätigkeit betont, bleibt es auf der anderen Seite für die Öffentlichkeit ein Signal, dass Transparenz über politische oder wissenschaftliche Hintergründe in bestimmten Fällen klare Grenzen hat – selbst in einer globalen Gesundheitskrise.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verdeutlicht einen fundamentalen Zielkonflikt: der Schutz von Staatsinteressen und Geheimhaltungsbedarfen gegenüber dem demokratischen Grundrecht auf Informationsfreiheit. Gerade in einer Pandemie, die weltweite Folgen hatte und noch immer Fragen zur politischen und wissenschaftlichen Aufarbeitung offenlässt, wirkt das Schweigen eines staatlichen Akteurs wie dem BND schwer nachvollziehbar. Doch die Einschätzung, dass durch die Offenlegung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse diplomatische und sicherheitsrelevante Risiken entstehen könnten, ist juristisch tragfähig und nachvollziehbar begründet worden.
Die politische Brisanz der Labortheorie macht diese Abwägung nicht einfacher. Was in den USA offensiv zur Strategie gehört, wird in Deutschland mit rechtlicher Zurückhaltung behandelt. Das mag dem außenpolitischen Stil der Bundesrepublik entsprechen – es lässt aber auch eine Leerstelle zurück, wo Aufklärung wünschenswert wäre. Letztlich bleibt die zentrale Erkenntnis bestehen: Auch im Zeitalter digitaler Transparenz und öffentlicher Erwartung auf Antworten hat die staatliche Geheimhaltung ihre Grenzen – und ihre Gültigkeit.
Orforglipron zeigt vielversprechende Wirksamkeit – Neue Hoffnung für orale GLP-1-Therapien
Der US-Pharmakonzern Eli Lilly hat erstmals detaillierte Phase-III-Daten seines oralen GLP-1-Rezeptoragonisten Orforglipron vorgestellt. Die in einer internen Präsentation gezeigten Ergebnisse belegen sowohl eine signifikante Senkung des HbA1c-Wertes bei Typ-2-Diabetikern als auch einen ausgeprägten Gewichtsverlust. Damit könnte Orforglipron eine neue Ära der Behandlung einleiten, da es sich um einen nichtpeptidischen Wirkstoff handelt, der als Tablette verabreicht wird – eine Abkehr von der bislang üblichen subkutanen Injektion bei GLP-1-Analoga.
Im Mittelpunkt der Bewertung steht eine durchschnittliche HbA1c-Reduktion von 1,3 bis 1,6 Prozent bei täglicher Einnahme über mehrere getestete Dosierungen. Gleichzeitig wurde ein mittlerer Gewichtsverlust von knapp acht Prozent dokumentiert. Auffällig ist die günstige Verträglichkeit: Die Nebenwirkungsrate lag auf dem Niveau der Placebogruppe. Zudem traten keine Hinweise auf Leberschädigungen auf – im Gegensatz zu konkurrierenden Entwicklungen wie Danuglipron, das nach einem Verdachtsfall auf lebertoxische Effekte nicht weiterverfolgt wird.
Orforglipron wirkt über klassische GLP-1-vermittelte Signalwege. Die Substanz hemmt die Magenentleerung, dämpft das Hungergefühl und verbessert die Insulinantwort bei gleichzeitiger Glukagonhemmung. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf potenzielle Effekte bei kardiovaskulären Risikofaktoren, der Leber- und Nierenfunktion sowie auf neuroinflammatorische Prozesse. In präklinischen Studien wurde eine selektive Aktivierung der Gαs-gekoppelten cAMP-Signalkaskade beobachtet, ohne gleichzeitige β-Arrestin-Rekrutierung – ein Mechanismus, der als günstiger im Hinblick auf die Rezeptorstabilität gewertet wird.
Eine Besonderheit ist, dass Orforglipron ausschließlich am humanen GLP-1-Rezeptor wirkt. Aufgrund struktureller Unterschiede zum Mausmodell mussten die tierexperimentellen Studien mit transgenen Mäusen durchgeführt werden, die humane Rezeptoren exprimieren. Auch pharmakokinetisch zeigt sich ein robustes Profil: Die Aufnahme des Wirkstoffs wird durch Nahrungsaufnahme zwar beeinflusst, dies gilt jedoch nicht als klinisch relevant.
Die Synthese von Orforglipron erwies sich als aufwendig. Insgesamt sind 30 chemische Syntheseschritte notwendig, um die Substanz herzustellen – ein ungewöhnlich hoher Aufwand für ein orales Medikament. Durch ein eigens entwickeltes, lösungsmittelarmes Verfahren konnte jedoch eine großtechnische Produktion etabliert werden.
Mit Blick auf eine mögliche Zulassung wäre Orforglipron der erste oral verfügbare GLP-1-Agonist, der gezielt zur Gewichtsreduktion entwickelt wurde. Der Verzicht auf Injektionshilfsmittel sowie auf Kühlkettenlogistik könnte sowohl die Therapieadhärenz verbessern als auch die weltweite Verfügbarkeit erleichtern.
Die Entwicklung von Orforglipron markiert einen strategischen Wendepunkt in der Therapie von Adipositas und Typ-2-Diabetes. Jahrzehntelang galten injizierbare GLP-1-Analoga als alternativlos – nun rückt mit einem nichtpeptidischen, oral applizierbaren Wirkstoff eine neue Behandlungsform in Reichweite. Dabei ist nicht nur die Wirksamkeit entscheidend, sondern auch die Alltagstauglichkeit: Eine Tablette lässt sich einfacher handhaben als eine Spritze, insbesondere bei chronischen Indikationen mit Langzeittherapie.
Bemerkenswert ist zudem der klinisch unauffällige Sicherheitsbefund. Während andere Kandidaten in der Lebertoxizität scheiterten, punktet Orforglipron mit einem Profil, das auch langfristige Anwendungssicherheit suggeriert. Sollte die Zulassung erfolgen, könnte das Präparat nicht nur einen Paradigmenwechsel einleiten, sondern auch die Wettbewerbslandschaft im Bereich metabolischer Erkrankungen nachhaltig verändern. Die Herausforderung liegt nun darin, eine kosteneffiziente und global verfügbare Produktion dauerhaft zu gewährleisten – eine Aufgabe, die angesichts der komplexen Synthese nicht zu unterschätzen ist.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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