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  • 18.04.2025 – Eine Offenbarungspflicht ohne konkrete Frage besteht im BU-Antrag nicht
    18.04.2025 – Eine Offenbarungspflicht ohne konkrete Frage besteht im BU-Antrag nicht
    SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse | Versicherte, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, sehen sich im Leistungsfall mit einer heiklen Rechtsfrage konfrontie...

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ApoRisk® Nachrichten - SICHERHEIT:


SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |

Eine Offenbarungspflicht ohne konkrete Frage besteht im BU-Antrag nicht

 

Versicherte müssen nur konkrete Fragen beantworten – eine Pflicht zur ungefragten Mitteilung gilt nur in Ausnahmefällen

Versicherte, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, sehen sich im Leistungsfall mit einer heiklen Rechtsfrage konfrontiert: Müssen auch Diagnosen offengelegt werden, nach denen im Antrag gar nicht gefragt wurde? Die juristische Diskussion über eine mögliche „spontane Anzeigeobliegenheit“ ist komplex – und trotz klarer gesetzlicher Vorgaben weiterhin umstritten. Während Versicherer auf vermeintlich verschwiegenes Wissen pochen, pochen Gerichte auf Transparenz und Verbraucherschutz. Doch eine höchstrichterliche Klärung fehlt bislang.


Die rechtliche Bewertung von Mitteilungspflichten bei Anträgen auf Berufsunfähigkeitsversicherung sorgt seit Jahren für kontroverse Diskussionen zwischen Versicherern, Verbraucherschützern und Juristen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob ein Versicherungsnehmer verpflichtet ist, dem Versicherer auch solche gesundheitsbezogenen Informationen unaufgefordert mitzuteilen, nach denen im Antrag nicht ausdrücklich gefragt wurde. Diese sogenannte „spontane Anzeigeobliegenheit“ ist rechtlich nicht ausdrücklich normiert, wird aber vereinzelt aus allgemeinen zivilrechtlichen Treuepflichten abgeleitet. In der Praxis entfaltet sie dennoch erhebliche Bedeutung – insbesondere in Streitfällen, in denen Versicherer im Leistungsfall auf vermeintlich verschwiegene Diagnosen oder Beschwerden verweisen.

Grundlage der Diskussion ist § 19 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), der die vorvertragliche Anzeigepflicht regelt. Danach hat der Versicherungsnehmer nur jene Fragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten, die der Versicherer in Textform im Antrag stellt. Diese Vorschrift ist Ausdruck einer bewussten politischen Entscheidung: Der Versicherer soll selbst dafür verantwortlich sein, die für seine Risikoeinschätzung relevanten Informationen gezielt zu erfragen. Der Versicherungsnehmer wiederum darf darauf vertrauen, dass keine weitergehenden Offenbarungspflichten bestehen.

Die Praxis sieht jedoch häufig anders aus. Versicherer ziehen sich im Streitfall nicht selten auf das Argument zurück, der Versicherte habe einen erheblichen Umstand verschwiegen, der auch ohne konkrete Frage hätte angegeben werden müssen. Dabei wird der Begriff der „spontanen Anzeigeobliegenheit“ bemüht, der in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt ist. Während einige Gerichte solche Pflichten ausnahmsweise bei besonders gravierenden, für den Versicherungszweck erkennbar zentralen Sachverhalten anerkennen, lehnt die Mehrzahl eine derartige Ausdehnung der Anzeigepflicht kategorisch ab.

Beispielhaft ist ein Fall vor dem Landgericht Münster, in dem es um eine Pflegetagegeldversicherung für ein neugeborenes Kind ging. Das Kind war pränatal mit einem schweren Herzfehler diagnostiziert worden. Der Versicherer hatte im Nachhinein argumentiert, diese Information hätte auch ohne ausdrückliche Nachfrage im Antrag offengelegt werden müssen. Das Gericht wies diese Auffassung jedoch zurück. Entscheidend sei, dass der Versicherer weder im ursprünglichen Antrag noch im Rahmen der Nachversicherung gezielt nach dem Gesundheitszustand des Kindes gefragt habe. Darüber hinaus habe der Versicherungsvertrag ausdrücklich auch angeborene Erkrankungen umfasst. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei es daher nicht erkennbar gewesen, dass der Befund mitgeteilt werden müsse.

Auch das Oberlandesgericht Hamm urteilte in einem ähnlichen Fall zugunsten des Versicherten. Dort ging es um eine nicht angegebene, bereits diagnostizierte Erkrankung, nach der im Antrag nicht gefragt wurde. Das Gericht sah keine Pflicht zur Offenbarung und verwies auf die Klarheit des Gesetzes. Der Versicherungsnehmer dürfe sich auf den Umfang der Fragen beschränken und sei nicht gehalten, darüber hinaus eigenständig zu beurteilen, welche Informationen für den Versicherer relevant sein könnten.

Gleichwohl bleibt die Rechtslage nicht vollständig geklärt. Zwar hat der Bundesgerichtshof in einem Verfahren zur Nichtzulassungsbeschwerde keine Veranlassung gesehen, die Entscheidung des OLG Hamm aufzuheben. Eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung, die den Begriff der spontanen Anzeigeobliegenheit endgültig einordnet, steht aber weiterhin aus. Dies führt dazu, dass sich Versicherungsnehmer auch heute noch mit der Unsicherheit konfrontiert sehen, im Streitfall wegen angeblicher Verletzungen einer nicht eindeutig definierten Offenbarungspflicht in Haftung genommen zu werden – mit der möglichen Folge eines Rücktritts, einer Vertragsanpassung oder einer Leistungsablehnung.

Aus Sicht von Verbraucherschützern ist diese Situation problematisch. Denn viele Versicherungsnehmer sind medizinische Laien und nicht in der Lage, die Risikorelevanz einzelner Diagnosen sachgerecht zu bewerten. Das System der vorvertraglichen Anzeigepflichten lebt davon, dass der Versicherer durch gezielte Fragen Klarheit schafft. Fehlen diese Fragen oder sind sie zu allgemein formuliert, darf die Unsicherheit nicht zulasten des Antragstellers gehen.

Hinzu kommt, dass die sogenannte Anzeigepflichtverletzung nicht nur zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann, sondern auch als Mittel zur nachträglichen Vertragsbeendigung eingesetzt wird. Gerade bei langfristigen Verträgen wie der Berufsunfähigkeitsversicherung, bei denen der Leistungsfall häufig erst Jahre nach Vertragsabschluss eintritt, geraten Versicherte dadurch in erhebliche Beweisnot. Sie müssen dann oft nachweisen, dass ein bestimmter Gesundheitsumstand ihnen bei Antragstellung nicht bewusst war – oder dass sie sich berechtigt auf die abschließende Wirkung des Fragenkatalogs verlassen haben.


Kommentar:

Der Streit um die Reichweite der Anzeigepflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein Paradebeispiel für ein systemisches Dilemma im Versicherungsrecht: Auf der einen Seite steht das berechtigte Interesse der Versicherer, ihr Risiko korrekt einzuschätzen. Auf der anderen Seite stehen die Rechte und Schutzbedürfnisse der Verbraucher, denen ein klar definierter Rahmen für ihre Mitwirkungspflichten zusteht. Die gesetzliche Lösung – beschränkt auf konkrete, schriftlich formulierte Fragen – ist ein bewusst gewählter Kompromiss, der Fairness und Transparenz sichern soll.

Wenn Versicherer versuchen, diese gesetzliche Grenze durch die Berufung auf eine angebliche spontane Anzeigeobliegenheit zu erweitern, wird diese Balance gefährlich verschoben. Denn in der Praxis bedeutet das: Der Antragsteller soll über den Wortlaut des Vertrags hinaus erraten, was der Versicherer vielleicht gerne gewusst hätte. Das öffnet Tür und Tor für Missverständnisse, subjektive Bewertungen und letztlich für den Versuch, unliebsame Verträge im Nachhinein zu entwerten.

Eine solche Auslegung steht im Widerspruch zu dem Ziel der VVG-Reform, Versicherungsbeziehungen rechtssicherer und für Verbraucher verständlicher zu gestalten. Wer sich als Versicherter auf die im Antrag formulierten Fragen verlässt, handelt im Rahmen dessen, was das Gesetz ausdrücklich erlaubt und schützt. Eine nachträgliche Sanktionierung dieses Verhaltens – etwa durch Leistungsverweigerung bei fehlenden Angaben – gefährdet das Vertrauen in das gesamte System.

Gerade bei Versicherungen, die der existenziellen Absicherung dienen, wie der Berufsunfähigkeitsversicherung, ist dieses Vertrauen besonders wichtig. Der Versicherungsnehmer braucht die Gewissheit, dass der Vertrag hält, wenn es darauf ankommt. Die Rückkehr zu einer rechtlichen Grauzone, in der Leistungen von der späteren Interpretation ungefragter Informationen abhängen, ist deshalb nicht nur aus juristischer, sondern auch aus sozialer Perspektive nicht akzeptabel.

Es liegt nun am Gesetzgeber oder dem Bundesgerichtshof, durch eine eindeutige Klarstellung Rechtssicherheit zu schaffen. Solange diese fehlt, bleibt eine Lücke im Verbraucherschutz – und ein potenzielles Einfallstor für Leistungsablehnungen auf zweifelhafter Grundlage. Nur eine konsequente Bindung an konkret gestellte Fragen kann dem Anspruch auf Transparenz und Fairness im Versicherungsvertragsrecht gerecht werden.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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