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  • 15.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: E-Rezept-Lücke, Virusgefahr, Ministerpläne
    15.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: E-Rezept-Lücke, Virusgefahr, Ministerpläne
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Das Ersatzverfahren beim E-Rezept entwickelt sich zur digitalen Schwachstelle: Immer häufiger nutzen Fälscher die Lücke im System, wäh...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute - Update: E-Rezept-Lücke, Virusgefahr, Ministerpläne

 

Fälschungsanfälliges Ersatzverfahren, neue Infektionswarnungen, politische Umbrüche und Streit um Versandwerbung belasten das Apothekensystem.

Das Ersatzverfahren beim E-Rezept entwickelt sich zur digitalen Schwachstelle: Immer häufiger nutzen Fälscher die Lücke im System, während Apotheken im Ernstfall allein haften – rechtlich wie finanziell. Zugleich formiert sich die Gesundheitspolitik neu: Virologe und CDU-Abgeordneter Hendrik Streeck signalisiert Bereitschaft für das Ministeramt, während Carsten Linnemanns Verzicht auf einen Kabinettsposten die CDU-Personaldebatte neu entfacht. In Lateinamerika breitet sich das Oropouche-Virus stärker aus als angenommen – besonders Schwangere sollen Reisen überdenken. Auch bei Arzneimitteln gibt es neue Warnungen: Die EMA sieht bei Bilastin ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen. Während Apotheken nun Streptokokken-Selbsttests verkaufen dürfen, bleibt die Anwendung vor Ort untersagt – ein Widerspruch im Regelwerk. Hoffnung macht der MS-Wirkstoff Tolebrutinib, der das Fortschreiten der Behinderung verlangsamen kann. Unterdessen kritisieren Virologen im Corona-Untersuchungsausschuss eine verfehlte Pandemiekommunikation, und die FDA kündigt eine Wende hin zu tierversuchsfreien Prüfverfahren an. Für Aufsehen sorgen zudem eine viral gegangene Alltagsszene aus der Apotheke und scharfe Kritik an Günther Jauch wegen seiner Werbung für die Shop Apotheke – viele Apotheken fühlen sich dadurch verraten.

 

Gefahr im Schatten der Digitalisierung – Wie das Ersatzverfahren Apotheken zum Sicherheitsrisiko macht

Trotz der bundesweiten Einführung des E-Rezepts ist ein zentraler Schwachpunkt im digitalen Verordnungssystem bislang ungelöst geblieben: das sogenannte Ersatzverfahren. Immer dann, wenn technische oder organisatorische Gründe eine reguläre digitale Einlösung verhindern – etwa wegen Störungen in der Telematikinfrastruktur, fehlender Versichertenkarte oder mangelnder digitaler Ausstattung ärztlicher Praxen – kommt dieses Verfahren zum Einsatz. Was als pragmatische Notlösung gedacht ist, hat sich längst zu einem Einfallstor für Rezeptfälschungen entwickelt. Besonders brisant: Die rechtlichen und finanziellen Folgen trägt nahezu ausschließlich die abgebende Apotheke.

Fälschungen im Ersatzverfahren sind oft professionell vorbereitet. Gefälschte Rezeptausdrucke sehen täuschend echt aus, QR-Codes werden nachgebildet oder mit Fake-Daten hinterlegt. Immer wieder werden Verordnungen hochpreisiger Medikamente vorgelegt, häufig von angeblich weit entfernt behandelnden Ärztinnen oder Ärzten, die im Ernstfall kaum erreichbar sind. Dabei ist die Masche oft dieselbe: eine Person taucht in mehreren Apotheken eines Bundeslands auf, nutzt unterschiedliche Namen, aber vergleichbare gefälschte Ausdrucke. Die wenigen Sicherheitsmerkmale des Ersatzverfahrens – etwa die handschriftliche Bestätigung von Versichertendaten – bieten kaum Schutz vor Täuschung.

Die Konsequenzen für Apotheken sind gravierend. Wird eine Fälschung nicht rechtzeitig erkannt und ein Medikament abgegeben, folgt oft die Retaxation durch die Krankenkasse. Das heißt: Die Apotheke bleibt auf den Kosten sitzen. Je nach Präparat kann der Verlust mehrere Tausend Euro betragen. Noch schwerer wiegt jedoch die strafrechtliche Dimension: Im schlimmsten Fall drohen Ermittlungen wegen fahrlässigen Abrechnungsbetrugs, wenn der Verdacht besteht, dass die Abgabe nicht sorgfältig geprüft wurde.

Hinzu kommt die faktische Beweislastumkehr. Zwar wird in politischen Statements immer wieder betont, wie wichtig Apotheken für die Arzneimittelsicherheit seien – gleichzeitig lässt man sie aber mit der Unsicherheit im Ersatzverfahren allein. Eine gesetzlich verbindliche Anleitung zur Prüfungspflicht gibt es nicht. Auch technische Hilfsmittel, etwa eine digitale Verifikationsplattform für Ausdrucke, fehlen. Die Folge ist ein Flickenteppich individueller Notlösungen: von Telefonaten mit Arztpraxen über interne Listen verdächtiger Verordnungen bis hin zu juristisch heiklen Notizen im Warenwirtschaftssystem.

Dass sich Apotheken dabei in einer permanenten Grauzone bewegen, ist der Politik offenbar bewusst – reagiert wird dennoch nicht. Die Verantwortung wird elegant delegiert: Auf der einen Seite wird auf die gesetzliche Verpflichtung zur wirtschaftlichen Versorgung und Prüfung der Verordnung verwiesen, auf der anderen Seite fehlt jeder strukturelle Rückhalt. Die Krankenkassen prüfen im Nachhinein mit scharfem Blick – was im Moment der Abgabe in der Offizin unmöglich zu erkennen war, wird später zur Grundlage für Sanktionen.

Auch das Vertrauen in die Infrastruktur ist erschüttert. Apothekenteams berichten von wiederkehrenden technischen Ausfällen, nicht funktionierenden Kartenlesegeräten oder fehlerhaften Rezeptservern. Das Ersatzverfahren ist längst keine Ausnahme mehr, sondern ein regelmäßiger Betriebsbestandteil geworden. Und je mehr es genutzt wird, desto attraktiver wird es für Kriminelle. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hat damit einen ihrer eigenen Sicherheitsmechanismen unterlaufen.

Der digitale Wandel im Gesundheitswesen sollte eigentlich Sicherheit, Effizienz und Entlastung bringen – stattdessen zeigt sich im Ersatzverfahren eine gefährliche Schieflage. Während Politik und Gematik die Vorteile des E-Rezepts feiern, kämpfen Apotheken in der Praxis mit einer Realitätslücke, die ihnen allein zum Verhängnis werden kann. Die Tatsache, dass technische Ausfälle und Infrastrukturprobleme keine Seltenheit sind, wird von Entscheidungsträgern systematisch verdrängt – mit der Folge, dass das Ersatzverfahren zum Dauerzustand geworden ist.

Dabei ist die Rolle der Apotheken im aktuellen System paradox: Sie gelten als letzte Kontrollinstanz, sollen Fälschungen erkennen, Patientensicherheit gewährleisten und zugleich wirtschaftlich arbeiten – und all das unter Zeitdruck, mit knappen Personalressourcen und ohne echte rechtliche Rückendeckung. Es ist bezeichnend, dass es keine einheitliche Definition für „erhöhte Prüfpflicht“ im Ersatzverfahren gibt, obwohl genau diese regelmäßig zur Grundlage für Retaxationen gemacht wird.

Kritisch ist auch die Doppelmoral der Krankenkassen. Während Apotheken für den kleinsten formalen Fehler zur Kasse gebeten werden, scheint das System hinter dem Ersatzverfahren selbst keinerlei Verantwortung zu übernehmen. Der Gesetzgeber schaut zu – obwohl er es in der Hand hätte, das Verfahren verbindlich zu regeln, sichere Standards zu schaffen oder technische Alternativen wie eine sichere Verifizierungsplattform zu etablieren.

Dass Apotheken nicht selten mit Polizei und Staatsanwaltschaft zu tun bekommen, wenn sie unwissentlich gefälschte Rezepte beliefern, ist ein Skandal. Denn: Sie stehen allein auf weiter Flur, sind die Letzten in der Lieferkette und doch die Ersten, die haften. Das untergräbt nicht nur das Vertrauen in die Digitalisierung, sondern gefährdet auch die Existenz kleiner Betriebe, die sich einen fünfstelligen Schaden schlicht nicht leisten können.

Solange das Ersatzverfahren nicht grundlegend reformiert wird, bleibt es ein Risiko – nicht für die Betrüger, sondern für die, die im System arbeiten und es eigentlich stabilisieren sollen. Wer digitale Prozesse einführt, muss sie auch absichern. Alles andere ist fahrlässig.

 

Streeck signalisiert Bereitschaft für Gesundheitsministerium

Der CDU-Abgeordnete und Virologe Prof. Dr. Hendrik Streeck bringt sich nach seinem erstmaligen Einzug in den Bundestag als möglicher Nachfolger von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ins Gespräch. Streeck hatte das Direktmandat mit 33,3 Prozent der Erststimmen errungen und war Teil der Arbeitsgruppe Gesundheit in den Koalitionsverhandlungen. In einem öffentlichen Interview sprach er offen über seine Vorstellungen zur Zukunft der deutschen Gesundheitspolitik und betonte, dass er sich das Amt des Gesundheitsministers zutraue.

Streeck bezeichnete das Bundesgesundheitsministerium als das derzeit anspruchsvollste Amt im Bundeskabinett. Die Herausforderungen im Gesundheitswesen seien tiefgreifend: Die Bevölkerung nehme die Versorgung zunehmend als unzureichend wahr, Termine seien schwer zu bekommen, Operationen würden verschoben – und das trotz eines der teuersten Systeme weltweit. Aus seiner Sicht müsse das System grundlegend reformiert werden, um langfristig funktionsfähig zu bleiben.

Ein zentraler Reformvorschlag Streecks betrifft die Einführung eines verpflichtenden Primärarztsystems. Derzeit habe Deutschland im europäischen Vergleich die höchste Zahl an Arztbesuchen pro Kopf, was auf einen unkontrollierten Zugang zu Facharztpraxen zurückzuführen sei. Der Hausarzt müsse wieder zur zentralen Figur im System werden, um Patienten gezielter durch die Versorgung zu steuern und unnötige Mehrfachkontakte zu vermeiden. Die Maßnahme sei im Koalitionsvertrag zwar erwähnt, aber bislang nicht weiter ausgearbeitet worden.

Auch die ungelöste Frage der Gesundheitsfinanzierung sieht Streeck kritisch. Dass konkrete Vorschläge hierzu im Koalitionsvertrag fehlen, wertet er als Versäumnis. Die strukturellen Kostenprobleme des Systems müssten dringend adressiert werden. Es bedürfe dazu politischer Führung, die bereit sei, Konflikte mit Akteuren und Interessenvertretungen nicht zu scheuen.

Streeck sieht sich für diese Rolle gewappnet. Seine Aussage, er kenne alle relevanten Akteure sehr gut, lässt erkennen, dass er sich selbst als geeigneten Kandidaten für das Ministeramt positioniert. Eine offizielle Bewerbung blieb zwar aus, doch seine Positionierung in der gesundheitspolitischen Debatte dürfte innerhalb der CDU wie auch darüber hinaus aufmerksam registriert werden.

Hendrik Streeck wagt einen ungewöhnlich direkten Schritt für einen frisch gewählten Abgeordneten: Er signalisiert Bereitschaft, eines der schwierigsten Ministerien zu übernehmen – das Gesundheitsressort. Was auf den ersten Blick forsch wirkt, offenbart bei näherer Betrachtung strategisches Kalkül. Der Virologe bringt nicht nur fachliche Expertise mit, sondern auch ein feines Gespür für politische Debattenlagen. Seine Kritik an der Versorgungssituation trifft einen Nerv, seine Vorschläge zur Strukturreform sind anschlussfähig.

Ob seine Partei bereit ist, ihm tatsächlich diese Rolle zuzutrauen, bleibt offen. Der CDU fehlt bislang ein klares gesundheitspolitisches Profil in der Opposition. Mit Streeck könnte sich das ändern – vorausgesetzt, er kann sich auch parteiintern durchsetzen. Seine Positionierung ist ein Signal: Die Union sucht Anschluss an aktuelle Gesundheitsfragen – und setzt dabei auf neue Köpfe.

 

Linnemanns Verzicht bringt CDU-Personalpläne ins Wanken

Carsten Linnemann wird nicht in ein mögliches Bundeskabinett wechseln, sondern bleibt Generalsekretär der CDU. Diese Entscheidung gilt parteiintern als Signal für Kontinuität, sorgt zugleich jedoch für neue Unsicherheit bei der Besetzung zentraler Ministerposten. Ursprünglich war Linnemann als Favorit für das Wirtschafts- und Energieministerium gehandelt worden.

Der Generalsekretär begründete seinen Schritt mit dem Verweis auf den innerparteilichen Erneuerungsprozess, der laut seiner Einschätzung noch nicht abgeschlossen sei. Die CDU müsse handlungsfähig und geschlossen auftreten, um bei einer möglichen Regierungsübernahme Stabilität ausstrahlen zu können. Die Parteiführung sieht sich nun gezwungen, alternative Personalvorschläge für das Wirtschaftsressort zu entwickeln, während parallel weitere Schlüsselpositionen in Fraktion und Partei neu besetzt werden sollen.

Parteiintern wird die Entscheidung als Versuch gedeutet, die Organisationseinheit der CDU nicht zusätzlich zu belasten. Die Vielzahl an personellen Veränderungen im Zuge eines angestrebten Regierungswechsels habe laut Beobachtern den Wunsch nach einem stabilen Ankerpunkt in der Parteizentrale verstärkt. Darüber hinaus wird spekuliert, dass Linnemann inhaltliche Bedenken gegenüber dem Koalitionsvertrag hegen könnte, insbesondere im Hinblick auf das Bürgergeld, das im bisherigen Entwurf weiterhin im Zuständigkeitsbereich eines SPD-geführten Ministeriums verbleiben soll.

Offen bleibt, wer nun das Wirtschafts- und Energieministerium übernehmen könnte. Als möglicher Kandidat gilt Jens Spahn, der ursprünglich als Fraktionsvorsitzender vorgesehen war. Ein Wechsel Spahns ins Kabinett würde jedoch auch hier eine Neubesetzung erforderlich machen und könnte zu weiteren Verschiebungen führen.

Die CDU steht damit erneut vor einem komplexen Personalpuzzle. Der Verzicht Linnemanns ist nicht nur eine Absage an ein Ministeramt, sondern verschiebt die gesamte strategische Aufstellung der Partei im Vorfeld eines möglichen Regierungsantritts.

Linnemanns Entscheidung, in der Parteizentrale zu bleiben, ist nachvollziehbar – und zugleich politisch riskant. In einer Phase, in der die CDU einen glaubwürdigen Anspruch auf Regierungsverantwortung formulieren will, bedarf es nicht nur eines überzeugenden Programms, sondern auch einer klaren personellen Handschrift. Die Erwartung, dass bewährte Kräfte ins Kabinett wechseln, ist in der Öffentlichkeit ebenso verbreitet wie parteiintern.

Stattdessen setzt Linnemann auf den langfristigen Aufbau parteiinterner Strukturen. Das ist konsequent, aber auch eine Wette auf Zeit. Denn je näher eine Regierungsbildung rückt, desto deutlicher wird sich die CDU fragen lassen müssen, wer für welche Verantwortung bereitsteht. Insofern verschiebt sein Verzicht die drängende Personaldebatte nicht – er macht sie nur dringlicher.

 

Oropouche-Virus breitet sich in Lateinamerika aus – Schwangere sollen Reisen überdenken

Das Oropouche-Virus ist in mehreren Ländern Lateinamerikas deutlich weiter verbreitet als bislang angenommen. Eine umfassende Analyse von über 9.400 Blutproben aus Bolivien, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador und Peru ergab, dass durchschnittlich 6,3 Prozent der getesteten Personen Antikörper gegen den Erreger aufwiesen. Daraus ergibt sich, dass mindestens jede sechzehnte Person im Untersuchungsgebiet bereits eine Infektion durchgemacht haben dürfte. Fachleute gehen davon aus, dass die tatsächliche Durchseuchung sogar höher liegen könnte, da unklar ist, wie lange die Antikörper im Blut nachweisbar bleiben.

Besonders hohe Prävalenzraten wurden in den Amazonasgebieten festgestellt, wo bei mehr als zehn Prozent der Proben Antikörper vorhanden waren. In Costa Rica lag der Anteil hingegen bei rund zwei Prozent, in Ecuador bei etwa fünf Prozent. Die analysierten Proben stammen aus dem Zeitraum zwischen 2001 und 2022. Fachleute sehen in den regionalen Unterschieden einen Hinweis auf die ökologischen Bedingungen, die die Verbreitung des Virus beeinflussen könnten.

Das Oropouche-Virus verursacht grippeähnliche Symptome wie Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber, Übelkeit und Durchfall. In einigen Fällen kommt es auch zu Hautausschlägen. Der Verlauf ist meist mild, allerdings sind auch schwere Erkrankungen dokumentiert worden. Besorgniserregend sind Hinweise auf mögliche Auswirkungen auf ungeborene Kinder. Bislang existieren weder eine spezifische Therapie noch ein Impfstoff gegen das Virus.

Seit Ende 2023 wird eine deutliche Zunahme der Infektionszahlen registriert. Wurden zuvor jährlich nur vereinzelte Fälle gemeldet, stieg die Zahl der dokumentierten Infektionen jüngst auf über 20.000 pro Jahr. Als mögliche Ursache gelten klimatische Veränderungen, insbesondere starke Regenfälle und höhere Temperaturen, die zu einer vermehrten Ausbreitung der übertragenden Mückenarten beigetragen haben könnten.

Gesundheitsbehörden raten Reisenden dringend, konsequente Schutzmaßnahmen gegen Mückenstiche zu ergreifen. Dazu zählen das Tragen langer Kleidung, die Nutzung von Insektenabwehrmitteln sowie das Schlafen unter engmaschigen Moskitonetzen. Schwangeren wird besonders geraten, die Notwendigkeit einer Reise in betroffene Regionen kritisch zu prüfen. In bestimmten Fällen kann ein Verzicht auf Reisen in Ausbruchsgebiete ratsam sein.

In Deutschland sind bislang vier Fälle des Oropouche-Fiebers bekannt geworden – drei davon im vergangenen Jahr, ein weiterer in diesem Jahr. Alle Betroffenen hatten sich zuvor in Mittel- oder Südamerika aufgehalten. Eine Übertragung des Virus innerhalb Deutschlands wurde bisher nicht festgestellt. Fachkreise betonen dennoch die Bedeutung einer wachsamen Beobachtung, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel und die zunehmende Verbreitung tropischer Mückenarten auch in Europa.

Die Ausbreitung des Oropouche-Virus verdeutlicht, wie schnell sich bislang wenig beachtete Erreger durch globale Mobilität und veränderte Umweltbedingungen ausbreiten können. Die sprunghaft gestiegenen Fallzahlen werfen Fragen nach der Vorbereitung auf künftige Ausbrüche auf – nicht nur in den betroffenen Regionen, sondern weltweit. Besonders für Schwangere ist die Situation alarmierend. Angesichts der unklaren Datenlage zu möglichen Risiken für das ungeborene Kind erscheint es geboten, eine Reise in Ausbruchsgebiete genau abzuwägen. Die Empfehlung, Reisen unter Umständen zu verschieben, ist kein Alarmismus, sondern Ausdruck medizinischer Vorsicht. Der Fall des Oropouche-Virus ist ein Beispiel dafür, dass die Gesundheitsvorsorge nicht an nationalen Grenzen endet – und dass Mückenschutz mehr als nur eine Reiseempfehlung ist.

 

Bilastin: EMA warnt vor Herzrisiken bei bestimmten Patientengruppen

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die Fachinformation des Antihistaminikums Bilastin aktualisiert und warnt vor einem potenziellen Risiko für Herzrhythmusstörungen. Nach der Bewertung neuer Sicherheitsdaten hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) beschlossen, Hinweise auf mögliche QT-Intervall-Verlängerungen und das Risiko ventrikulärer Arrhythmien in die Produktinformationen aufzunehmen. Die QT-Verlängerung im EKG kann ein Vorläufer gefährlicher Herzrhythmusstörungen sein, insbesondere der Torsade-de-pointes, einer potenziell tödlichen ventrikulären Tachykardie.

Bilastin gilt zwar weiterhin als gut verträgliches Antihistaminikum mit geringer sedierender Wirkung und wird seit 2022 in Deutschland rezeptfrei angeboten, dennoch rückt die kardiologische Sicherheit bei bestimmten Risikogruppen nun verstärkt in den Fokus. Betroffen sind insbesondere Patienten mit vorbestehenden Herzrhythmusstörungen, signifikanter Bradykardie, bekannter QT-Verlängerung oder Störungen des Elektrolythaushalts wie Hypokaliämie, Hypomagnesiämie oder Hypokalzämie. Auch Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion können durch verlangsamte Wirkstoffausscheidung gefährdet sein.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn gleichzeitig andere Medikamente eingenommen werden, die das QT-Intervall verlängern oder den Herzrhythmus beeinflussen können. Dazu zählen etwa bestimmte Antidepressiva, Antimykotika oder Wirkstoffe wie Betahistin und Melitracen. Die EMA empfiehlt eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung und gegebenenfalls eine engmaschige Überwachung bei entsprechend vorbelasteten Patienten.

Bilastin wird vor allem zur symptomatischen Behandlung von allergischer Rhinitis und Urtikaria eingesetzt und zeigt im Vergleich zu älteren Antihistaminika eine geringere zentralnervöse Nebenwirkungsrate. Die klinischen Vorteile bleiben bestehen, doch die aktuellen Sicherheitsbedenken erfordern ein erhöhtes Maß an Vorsicht und Aufmerksamkeit in der Anwendungspraxis.

Die Entscheidung der EMA, die Fachinformationen zu Bilastin anzupassen, ist ein notwendiger Schritt hin zu mehr Patientensicherheit – auch wenn sie spät kommt. Dass ein Medikament im breiten OTC-Vertrieb steht, darf nicht dazu führen, potenzielle Risiken für bestimmte Gruppen zu vernachlässigen. Gerade im Bereich der Selbstmedikation ist die Aufklärung durch Apothekenpersonal von zentraler Bedeutung, insbesondere bei Vorerkrankungen oder Komedikation. Die erneute Mahnung zeigt: Auch scheinbar harmlose Arzneimittel können unter bestimmten Bedingungen erhebliche Risiken bergen. Ein kritischer Blick auf die individuelle Situation des Patienten ist unerlässlich.

 

Streptokokken-Selbsttests: Verkauf erlaubt, Durchführung in Apotheken verboten

Apotheken in Deutschland dürfen seit einer Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) Ende Februar Streptokokken-Selbsttests an Verbraucher abgeben. Die Erweiterung der Verordnung erlaubt die Abgabe von In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung, die über die bislang beschränkten Testarten – etwa auf SARS-CoV-2 oder HIV – hinausgehen. Dennoch bleibt die Durchführung dieser Tests in der Apotheke selbst unzulässig. Grund dafür ist das weiterhin geltende Infektionsschutzgesetz (IfSG), das medizinische Diagnosen grundsätzlich Ärztinnen und Ärzten vorbehält.

Laut § 24 Absatz 1 Satz 2 IfSG sind lediglich Schnelltests auf HIV, das Hepatitis-C-Virus, SARS-CoV-2 sowie Treponema pallidum von diesem Arztvorbehalt ausgenommen. Für Streptokokken-Tests existiert keine derartige Sonderregelung. Damit ist Apothekenpersonal rechtlich nicht befugt, solche Tests vor Ort durchzuführen oder die Testergebnisse zu bewerten. Dies gilt auch dann, wenn Kundinnen und Kunden einen Selbsttest in der Apotheke erworben haben und dort um Anwendung oder Auswertung bitten.

Streptokokken der Gruppe A gelten als Hauptverursacher von Scharlach, einer klassischen Kinderkrankheit, die jedoch auch Erwachsene betreffen kann. Zu den ersten Symptomen zählen Halsschmerzen, Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl. Typisch für den weiteren Verlauf ist ein feinfleckiger Hautausschlag sowie die sogenannte „Himbeerzunge“. In seltenen Fällen können ernsthafte Komplikationen wie eine Entzündung des Mittelohrs, der Lunge oder sogar rheumatisches Fieber auftreten. Umso wichtiger ist eine rechtzeitige ärztliche Diagnose und gegebenenfalls eine vollständige antibiotische Behandlung.

Ein zu Hause durchgeführter Selbsttest kann ein erster Hinweis auf eine Streptokokken-Infektion sein. Bei positivem Testergebnis sollte umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden. Der Test allein liefert keine Informationen über den Schweregrad der Erkrankung oder mögliche Folgeerkrankungen. Eine Behandlung in Eigenregie ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Auch wenn Apotheken durch die Gesetzesänderung nun mehr Testvarianten verkaufen dürfen, zeigt sich einmal mehr die rechtliche Trennung zwischen Verkaufs- und Durchführungskompetenz.

Die aktuelle Gesetzeslage offenbart eine klare Trennlinie zwischen der niederschwelligen Verfügbarkeit medizinischer Schnelltests und der weiterhin strengen Reglementierung diagnostischer Tätigkeiten. Während die erweiterte Abgabemöglichkeit von Streptokokken-Tests in Apotheken ein begrüßenswerter Schritt zu mehr Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten ist, bleibt der Handlungsspielraum der Apotheken begrenzt. Der Arztvorbehalt im Infektionsschutzgesetz mag aus Gründen der Patientensicherheit nachvollziehbar sein, doch in der Praxis führt er zu einer paradoxen Situation: Der Test ist im Regal verfügbar, darf aber nicht dort angewendet werden, wo Fachpersonal präsent ist. Eine differenzierte Neubewertung wäre angebracht – im Sinne einer sinnvollen Aufgabenverteilung zwischen Apotheken und Arztpraxen, ohne die medizinische Verantwortung zu verwässern.

 

Tolebrutinib zeigt Potenzial bei MS: Fortschreiten der Behinderung verlangsamt – Schubrate unverändert

Ein neuer Wirkstoff aus der Klasse der Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren (BTKI) sorgt in der Forschung zur multiplen Sklerose (MS) für Aufmerksamkeit. Tolebrutinib, entwickelt von Sanofi, konnte in aktuellen Studien das Fortschreiten der Behinderung bei bestimmten MS-Formen verlangsamen – zeigte jedoch keine Überlegenheit gegenüber Teriflunomid bei der Verhinderung von Schüben.

In zwei Phase-III-Studien mit insgesamt 1.873 Patientinnen und Patienten mit schubförmiger MS (GEMINI 1 und 2) wurden Tolebrutinib und Teriflunomid direkt miteinander verglichen. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied bei der jährlichen Schubrate. Der primäre Endpunkt der Studien wurde damit verfehlt. Dennoch deutet eine gepoolte Auswertung der Daten auf einen möglichen Vorteil hin: Das Risiko einer über mindestens sechs Monate anhaltenden Behinderungsverschlechterung war unter Tolebrutinib um 29 Prozent geringer als unter Teriflunomid. Die Hazard Ratio lag bei 0,71. Da dieser sekundäre Endpunkt jedoch formal nicht geprüft werden durfte, bleibt das Ergebnis ein Hinweis und keine belastbare Wirksamkeitsbestätigung.

Mehr Klarheit bringt eine weitere Phase-III-Studie mit dem Namen HERCULES. Darin wurde Tolebrutinib bei 1.131 Personen mit sekundär progredienter MS (SPMS) gegen Placebo getestet. Der primäre Endpunkt – eine über mindestens sechs Monate fortschreitende Verschlechterung des EDSS-Werts – wurde hier signifikant erreicht. 22,6 Prozent der Tolebrutinib-Gruppe und 30,7 Prozent der Placebo-Gruppe zeigten eine Behinderungsprogression, was einer Reduktion des Risikos um 31 Prozent entspricht. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit bereits fortgeschrittener MS ohne akute Schubaktivität könnte Tolebrutinib damit eine therapeutische Option darstellen.

Begleitet wurden die Ergebnisse allerdings von einem spezifischen Nebenwirkungsprofil. Unter Tolebrutinib traten häufiger Petechien, verstärkte Menstruationsblutungen und Erhöhungen der Leberenzyme auf. In einem Fall kam es zu einem schweren Leberversagen, das eine Transplantation erforderte. Auch COVID-19-bedingte Komplikationen traten unter Tolebrutinib vermehrt auf. Die Zahl schwerwiegender unerwünschter Ereignisse lag insgesamt höher als in der Vergleichsgruppe.

Tolebrutinib unterscheidet sich in seinem Wirkmechanismus von bisherigen MS-Therapien, die vor allem auf periphere Lymphozyten abzielen. Der BTKI wirkt auch im zentralen Nervensystem und greift dort in entzündliche Prozesse ein, die für die sogenannte schubunabhängige Krankheitsprogression verantwortlich gemacht werden. Gerade dieser Aspekt gewinnt zunehmend an Bedeutung, da viele MS-Betroffene auch ohne akute Schübe kontinuierlich an Funktionsverlusten leiden.

Ob Tolebrutinib sich langfristig als neue Behandlungsoption etablieren kann, hängt von weiteren Studiendaten und einer sorgfältigen Bewertung der Risiken ab. Die laufende PERSEUS-Studie zur primär progredienten MS dürfte weitere Erkenntnisse liefern.

Tolebrutinib steht für einen Paradigmenwechsel in der MS-Therapie – zumindest in der Theorie. Während klassische Wirkstoffe vor allem auf die Vermeidung akuter Schübe setzen, rückt mit dem BTKI ein neuer therapeutischer Ansatz in den Vordergrund: die Bekämpfung der schleichenden, entzündlichen Prozesse im zentralen Nervensystem. Die Studienergebnisse sind zwar nicht in allen Punkten eindeutig, doch der Trend zur Verlangsamung der Behinderungsprogression ist bemerkenswert.

Gerade für Menschen mit fortschreitender MS ohne akute Schübe bedeutet das neue Hoffnung – ein Patientenkollektiv, das bislang nur wenige wirksame Therapien zur Verfügung hatte. Die Sicherheitsaspekte müssen jedoch ernst genommen werden. Insbesondere die Beobachtungen zu Leberwerten und schweren Infektionen zeigen, dass Tolebrutinib nicht ohne Risiko ist. Entscheidend wird sein, ob sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis auch im klinischen Alltag bewährt.

Die MS-Therapie steht an einem möglichen Wendepunkt. Doch neue Wirkprinzipien verlangen auch neue Bewertungsmaßstäbe. Tolebrutinib könnte den Anfang gemacht haben – endgültige Antworten stehen allerdings noch aus.

 

Virologen kritisieren Pandemiepolitik: Vertrauen durch falsche Kommunikation verspielt

Im Corona-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages haben zwei angesehene Virologen deutliche Kritik an der politischen Krisenbewältigung während der Pandemie geäußert. Professor Dr. Alexander Kekulé von der Universität Halle-Wittenberg und Professor Dr. Detlev Krüger, ehemaliger Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, warfen Politik und Wissenschaft gleichermaßen gravierende Fehler in der Kommunikation und Entscheidungsfindung vor.

Kekulé betonte in seiner Aussage, dass die Impfpflicht nicht nur medizinisch fragwürdig, sondern kommunikativ ein Fehler gewesen sei. Bereits mit dem Auftreten der Delta-Variante sei klar gewesen, dass eine Herdenimmunität durch Impfung unrealistisch sei. Dennoch habe die Bundesregierung an diesem Ziel festgehalten und durch widersprüchliche Aussagen das Vertrauen in staatliches Handeln geschwächt. Die Bevölkerung sei bereit gewesen, Maßnahmen mitzutragen, doch es habe an einer nachvollziehbaren Begründung und Transparenz gefehlt. Die Kommunikation sei aus seiner Sicht derart misslungen, dass sie das Lager der Impfgegner ungewollt gestärkt habe.

Kritisch äußerte sich Kekulé auch über die Auswahl wissenschaftlicher Berater durch die Bundesregierung. Die Reduktion auf wenige Stimmen habe zu einseitigen Einschätzungen und letztlich zu wissenschaftlichen Fehlbeurteilungen geführt. Ein pluralistischer Ansatz mit breiter aufgestellten Expertenrunden hätte aus seiner Sicht tragfähigere und akzeptablere Entscheidungen hervorgebracht. Stattdessen sei fachliche Diskussion politischen Zielsetzungen untergeordnet worden.

Professor Krüger, der bereits vor der Pandemie im Ruhestand war, bekräftigte diese Einschätzungen. Er forderte eine unabhängige Rolle des Robert Koch-Instituts und kritisierte die Darstellung Ungeimpfter als Pandemietreiber. Diese moralisch aufgeladene Kommunikation sei nicht nur sachlich falsch, sondern habe die Gesellschaft gespalten. In einer Demokratie dürfe nicht mit Schuldzuweisungen gearbeitet werden, sondern mit wissenschaftlich fundierter Aufklärung.

Auch er äußerte Zweifel am Nutzen einzelner Maßnahmen, insbesondere an der langen Schließung von Bildungseinrichtungen und der aufrechterhaltenen Kontaktverfolgung, obwohl diese in einer Phase hoher Virusverbreitung kaum noch wirksam gewesen sei. Die Ressourcen hätten effizienter eingesetzt werden können.

Beide Experten sehen in der Aufarbeitung der Pandemie eine Chance, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Entscheidend sei der Aufbau einer neuen Vertrauensbasis zwischen Staat, Wissenschaft und Bevölkerung. Dafür müsse jedoch eine offene Fehlerkultur etabliert und in künftigen Krisen eine faktenbasierte, verständliche Kommunikation sichergestellt werden.

Der Untersuchungsausschuss wurde auf Initiative der AfD-Fraktion eingerichtet und untersucht die Maßnahmen der sächsischen Landesregierung im Zeitraum von 2019 bis 2024. In Sachsen starben laut Angaben etwa 17.750 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion. Die politische Debatte über den richtigen Umgang mit der Pandemie und ihre Aufarbeitung bleibt weiterhin kontrovers.

Der Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtags bringt nicht nur politische Versäumnisse ans Licht, sondern zwingt auch Wissenschaftler zur kritischen Selbstreflexion. Die Aussagen von Kekulé und Krüger verdeutlichen, wie zentral die Rolle der Kommunikation in einer Krise ist – und wie gravierend die Folgen sind, wenn diese versagt.

Es geht nicht darum, vergangene Entscheidungen pauschal zu verurteilen. Vielmehr zeigt sich, dass die Reduktion auf wenige Berater, die moralische Aufladung politischer Maßnahmen und die Abwertung Andersdenkender das gesellschaftliche Klima nachhaltig belastet haben. Eine funktionierende Demokratie lebt vom offenen Diskurs, auch in der Krise. Wenn stattdessen mit Vereinfachungen, Druck und Ausgrenzung gearbeitet wird, sind Vertrauensverluste unausweichlich.

Gerade deshalb ist die Forderung nach einer breiteren wissenschaftlichen Beratung und mehr Unabhängigkeit staatlicher Institute keine Nebensächlichkeit, sondern ein Gebot demokratischer Hygiene. Wer künftige Pandemien meistern will, braucht nicht nur Impfstoffe, sondern auch den Mut zur Selbstkritik – und eine Sprache, die erklärt statt ausgrenzt.

 

FDA leitet Kurswechsel ein: Alternativen zu Tierversuchen rücken in den Vordergrund

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat eine schrittweise Abkehr vom Einsatz von Versuchstieren in der präklinischen Arzneimittelentwicklung angekündigt. Künftig sollen innovative Testmethoden wie Organoid-Modelle und computergestützte Simulationen stärker zum Einsatz kommen. Ziel sei es, die Arzneimittelsicherheit für den Menschen zu erhöhen, ethische Bedenken zu berücksichtigen und gleichzeitig Zeit- sowie Kostenaufwand zu reduzieren.

Bislang schreiben sowohl die US-amerikanischen als auch die europäischen Zulassungsbehörden Tierversuche verpflichtend vor, etwa zur Ermittlung der Toxizität neuer Wirkstoffe. Vor allem bei der Entwicklung monoklonaler Antikörper sind entsprechende Tierstudien bislang unverzichtbarer Bestandteil der präklinischen Prüfung. Der nun eingeleitete Kurswechsel der FDA zielt darauf ab, diese Praxis grundlegend zu überdenken.

Anlass für die Initiative sind unter anderem Vorfälle, bei denen trotz unauffälliger Tierversuchsdaten schwere Nebenwirkungen bei klinischen Studien am Menschen aufgetreten waren. Ein prominentes Beispiel ist der Wirkstoffkandidat TGN1412, der nach erfolgreichen Tests an Affen bei der ersten Verabreichung am Menschen schwere Immunreaktionen auslöste. Solche Fälle verdeutlichen laut FDA die Grenzen tiergestützter Modelle und unterstreichen die Notwendigkeit neuer, stärker am Menschen orientierter Methoden.

Unter dem Begriff „New Approach Methodologies“ (NAMs) fasst die Behörde innovative Verfahren wie sogenannte „Organ-on-a-Chip“-Systeme zusammen. Diese basieren auf menschlichen Zellkulturen, die spezifische Organfunktionen realitätsnah nachbilden. Hinzu kommen computergestützte Modellierungen, die mithilfe bestehender Daten toxikologische Risiken simulieren. Diese Technologien sollen nicht nur verlässlicher sein, sondern auch das Entwicklungsverfahren beschleunigen.

Darüber hinaus plant die FDA, bereits vorhandene Sicherheitsdaten aus Ländern mit vergleichbaren regulatorischen Standards zu berücksichtigen. So könnten etwa Studienergebnisse aus Europa künftig in das US-Zulassungsverfahren einfließen. Damit wolle man Mehrfachprüfungen vermeiden und Ressourcen gezielter einsetzen.

Im Laufe des kommenden Jahres soll ein Pilotprojekt starten, das ausgewählten Unternehmen erlaubt, neue Antikörper ohne Tierversuche zu testen. Die FDA stellt in Aussicht, dass Anträge, die auf anerkannte Alternativmethoden setzen, künftig schneller bearbeitet werden. Langfristig soll die Tierversuchspflicht zur Ausnahme werden.

Die Entscheidung der FDA markiert einen überfälligen Paradigmenwechsel. Jahrzehntelang galt das Tiermodell als unumstößlicher Standard in der Arzneimittelentwicklung – trotz bekannter Limitationen bei der Übertragbarkeit auf den Menschen. Nun öffnet sich die Behörde für wissenschaftlich fundierte Alternativen, die den medizinischen Fortschritt beschleunigen könnten, ohne das Leid unzähliger Versuchstiere in Kauf zu nehmen.

Zugleich ist die Ankündigung ein Signal an die internationale Forschungslandschaft: Wer in der Entwicklung neuer Medikamente auf innovative Technologien setzt, kann künftig auf regulatorische Unterstützung hoffen. Der Schutz von Mensch und Tier steht nicht im Widerspruch – im Gegenteil: Fortschrittliche Modelle auf Basis menschlicher Biologie versprechen belastbarere Daten und frühzeitigere Risikobewertungen. Die Herausforderung wird sein, diese Ansätze konsequent weiterzuentwickeln und in den regulierten Standard zu überführen. Die Richtung stimmt.

 

Humor aus dem Apothekenalltag wird zum Internet-Hit

Mit einem humorvollen Kurzvideo hat die Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA) Cindy Schröter aus der Linden-Apotheke in Görlitz eine Alltagsszene aus dem Apothekenbetrieb ins Netz gebracht – und damit einen viralen Erfolg gelandet. Rund 700.000 Aufrufe verzeichnet der Beitrag mittlerweile auf Instagram. Schröter spielt darin mit einem altbekannten Szenario: Kundinnen und Kunden betreten die Apotheke oder rufen an, möchten jedoch nicht „irgendeine“ Auskunft, sondern bestehen ausdrücklich auf eine bestimmte Kollegin oder einen bestimmten Kollegen.

Das Video greift dieses wiederkehrende Verhalten mit einem ironischen Unterton auf und wurde von zahlreichen Nutzerinnen und Nutzern gefeiert. Kommentare wie „Das passiert bei uns täglich!“ oder „Ich fühle es zu 100 Prozent!“ belegen die breite Resonanz innerhalb der Branche. Auch außerhalb der Apothekenwelt sorgte Schröters Darstellung für Schmunzeln – offenbar trifft der Clip einen Nerv, der über den Berufsalltag hinausreicht.

Die Motivation der PKA ist dabei keineswegs kommerzieller Natur. „Instagram soll keine Dauerwerbesendung sein“, erklärt Schröter gegenüber mehreren Fachportalen. Vielmehr wolle sie mit einem Augenzwinkern zeigen, wie facettenreich und manchmal auch skurril der Apothekenalltag sein kann. Dass der Beitrag in kurzer Zeit solch eine Reichweite erzielt, war für sie selbst eine Überraschung.

Apothekenpersonal in ganz Deutschland nutzt soziale Medien zunehmend, um auf Missstände, Herausforderungen oder auch den humorvollen Alltag aufmerksam zu machen. Schröters Beitrag reiht sich ein in eine wachsende Zahl von Formaten, die pharmazeutisches Fachpersonal abseits klassischer Öffentlichkeitsarbeit sichtbar machen. Dabei beweist der Erfolg: Authentizität, Selbstironie und Alltagsthemen erzielen oft mehr Wirkung als aufwendig inszenierte Kampagnen.

Die Reaktion auf Cindy Schröters Instagram-Video zeigt, wie groß das Bedürfnis ist, den Apothekenberuf mit einem Augenzwinkern darzustellen – und das völlig ohne PR-Kalkül. Der Clip kommt zur richtigen Zeit: Inmitten hitziger Reformdebatten, gestiegener Belastung und Personalmangel tut es der Branche gut, auch einmal über sich selbst zu lachen.

Es ist ein Zeichen von Stärke, wenn Berufsgruppen wie Apothekenteams ihre alltäglichen Kuriositäten öffentlich machen – nicht larmoyant, sondern mit Charme und Witz. Dass sich so viele Kolleginnen und Kollegen wiedererkennen, unterstreicht zudem, wie sehr sich die Apothekenrealität vielerorts gleicht. Schröters Video bringt dabei nicht nur Apothekenpersonal zum Lachen, sondern macht auch einem breiteren Publikum bewusst, mit welchen zwischenmenschlichen Eigenheiten das pharmazeutische Personal täglich konfrontiert ist.

Das sollte nicht unterschätzt werden. Denn gerade in einer Zeit, in der Apotheken um Anerkennung und Sichtbarkeit kämpfen, kann ein viraler Clip mehr bewirken als ein Hochglanz-Spot.

 

Prominente Verantwortungslosigkeit? Günther Jauch gerät wegen Shop Apotheke-Werbung unter Beschuss

Die neue Werbekampagne der Shop Apotheke mit Günther Jauch als prominentem Testimonial sorgt bundesweit für Empörung – vor allem unter Apothekenbetreiberinnen und -betreibern, die sich durch den bekannten Fernsehmoderator verraten fühlen. Auf riesigen Werbeflächen, in TV-Spots und im Internet wirbt Jauch mit vertrauensvoller Stimme und seriösem Auftreten für den niederländischen Versandriesen. Die Botschaft: bequem, günstig, online – doch der Preis für diese Werbewelt könnte eine weitere Schwächung des ohnehin angeschlagenen Apothekennetzes in Deutschland sein.

Die Kampagne trifft einen empfindlichen Nerv, denn die wirtschaftliche Lage der Apotheken vor Ort ist so angespannt wie selten zuvor. Seit Jahren kämpfen inhabergeführte Betriebe mit einem wachsenden Kostendruck, einem Mangel an pharmazeutischem Personal, regelmäßigen Lieferengpässen und einer Vergütungspolitik, die viele als realitätsfern empfinden. Der zunehmende Kundenverlust an Online-Apotheken beschleunigt die Abwärtsspirale – besonders in strukturschwachen oder ländlichen Regionen, wo jede geschlossene Apotheke ein echtes Versorgungsproblem hinterlässt.

Dass ausgerechnet Günther Jauch – für viele ein Inbegriff von Glaubwürdigkeit und Zurückhaltung – nun das Gesicht einer Plattform wird, die diesen Wandel forciert, trifft viele in der Branche hart. Der „Stern“ bringt es in einem aktuellen Cartoon auf den Punkt: Vor dem geschlossenen Rolltor einer Apotheke steht eine überdimensionale Werbetafel mit Jauchs Porträt und dem Slogan der Shop Apotheke. Der Spott trifft ins Schwarze und entlarvt das Spannungsverhältnis zwischen öffentlicher Wahrnehmung und wirtschaftlicher Realität.

Die Reaktionen sind entsprechend heftig. Auf sozialen Plattformen ist von „Verantwortungslosigkeit“ und „Doppelmoral“ die Rede. Apothekerinnen und Apotheker, die sich seit Jahren für eine patientennahe Versorgung einsetzen, fühlen sich durch den Auftritt des langjährigen ARD- und RTL-Moderators brüskiert. „Es ist ein Schlag ins Gesicht aller, die in Apotheken täglich Überstunden leisten, Notdienste fahren und inmitten von Bürokratie und Personalmangel das Gesundheitssystem am Laufen halten“, sagt eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen.

Auch Standesvertretungen melden sich deutlich zu Wort. „Solche Werbekampagnen sind nicht nur geschmacklos, sie untergraben auch das Vertrauen in die wohnortnahe Versorgung“, erklärt der Vorsitzende eines Apothekerverbands. Es sei besorgniserregend, wenn bekannte Persönlichkeiten ihre Glaubwürdigkeit zur Verfügung stellen, um ein Geschäftsmodell zu bewerben, das in Teilen von der Zerschlagung des bisherigen Versorgungssystems profitiere.

Juristisch ist gegen die Kampagne nichts einzuwenden. Die Shop Apotheke agiert im Rahmen geltender Gesetze. Doch die gesellschaftliche Verantwortung öffentlicher Figuren wird dabei nicht berücksichtigt. Anders als bei beliebigen Produkten geht es im Gesundheitsbereich um Versorgungssicherheit, Prävention und Beratungskompetenz – all das kann ein Klick auf den „Jetzt bestellen“-Button nicht ersetzen.

Günther Jauch selbst schweigt bislang zu der Kritik. Sein Management ließ lediglich verlauten, man habe sich für eine Kooperation mit einem „vertrauenswürdigen Anbieter“ entschieden. Eine persönliche Stellungnahme bleibt aus – und genau das verstärkt den Eindruck, dass hier nicht nur ein Prominenter, sondern auch ein Stück Integrität verkauft wurde.

Günther Jauch genießt in Deutschland seit Jahrzehnten ein hohes Maß an Vertrauen. Er steht für Seriosität, Nachdenklichkeit, Zurückhaltung. Und gerade deshalb wirkt seine Beteiligung an der Shop Apotheke-Kampagne wie ein Dammbruch – nicht rechtlich, aber moralisch. Hier nutzt ein Unternehmen das Image eines Mannes, der mit seiner Medienpräsenz ganze Generationen geprägt hat, um einen Markt zu erobern, dessen Wachstum auf dem Ruin anderer beruht.

Wer für Online-Versandapotheken wirbt, wirbt zugleich gegen die Apotheken vor Ort. Diese einfache Wahrheit wird in der Debatte gern verdrängt – doch sie ist entscheidend. Eine Versandapotheke ersetzt keine persönliche Beratung, kein vertrauensvolles Gespräch, keinen Notdienst bei Nacht. Sie ersetzt nur die Illusion von Bequemlichkeit. Und wenn sich Prominente wie Jauch für diese Illusion hergeben, dann verlieren sie nicht nur ein Stück Glaubwürdigkeit, sondern befördern auch ein schleichendes gesellschaftliches Problem: die Entwertung lokaler, menschlicher Strukturen in der Gesundheitsversorgung.

Die Bundesregierung spricht von der Notwendigkeit, das Apothekennetz zu erhalten. Sie ruft öffentlich zur Unterstützung auf. Doch solche politischen Appelle werden ad absurdum geführt, wenn gleichzeitig millionenschwere Werbekampagnen mit staatlich bekannten Gesichtern eine gegenteilige Richtung propagieren. Die mediale Reichweite eines Günther Jauch wirkt – und sie wirkt dort, wo es weh tut: beim Vertrauen der Menschen.

Diese Verantwortung sollte nicht kleingeredet werden. Niemand verlangt, dass Prominente keine Werbeverträge abschließen dürfen. Aber sie sollten sich fragen, ob ihre Popularität wirklich dem schnellen Onlineverkauf dienen sollte – oder ob es nicht gerade in sensiblen Bereichen wie der Gesundheitsversorgung einer anderen Haltung bedarf. Die Werbung ist legal. Aber ist sie auch legitim? Jauch wird diese Frage beantworten müssen – spätestens, wenn ihn das nächste Mal jemand auf der Straße anspricht.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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