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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Während politische Reformpläne die Apotheken zukunftsfest machen sollen, bleibt die Umsetzung voller Unklarheiten und Widersprüche. Die angespannte Lage im Gesundheitswesen trifft auf wirtschaftliche Stagnation, globale Unsicherheiten und gesellschaftliche Umbrüche. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum Arzneimittelvertrieb über Amazon, die stockende Einführung der elektronischen Patientenakte sowie schleppende Förderinitiativen für Landapotheken verdeutlichen die strukturellen Schwächen. Gleichzeitig steigen wirtschaftliche Risiken für Apotheken – erste Rettungsmaßnahmen wie das StaRUG gewinnen an Bedeutung. Zwischen Unsicherheit und Aufbruchswillen zeigt sich aber auch neue Dynamik: Ob durch kritischen Blick auf den Coaching-Markt oder durch mutige Markenentscheidungen einzelner Apotheker – die Branche steht am Scheideweg. Auch international wird um neue Regeln gerungen: Der Pandemievertrag soll globale Gesundheitsvorsorge stärken und künftige Krisen verhindern. Doch während weltweit verhandelt wird, hakt es vielerorts schon im Alltag.
Apotheken im Reformnebel – Große Pläne, kleine Schritte
Die Reform der Apothekenlandschaft in Deutschland scheint auf dem Papier weit vorangeschritten, doch in der praktischen Umsetzung herrscht vielfach Unklarheit. Sowohl der Koalitionsvertrag der Bundesregierung als auch das Zukunftskonzept der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) beinhalten weitreichende Zielsetzungen für die Weiterentwicklung der Apothekenversorgung. Während politische Vertreter von einer modernen, patientennahen Arzneimittelversorgung sprechen, zeigen sich in den Details erhebliche Einschränkungen, Verzögerungen und strukturelle Leerstellen.
Der Koalitionsvertrag formuliert das Ziel, Apotheken in der Prävention, in der Digitalisierung und bei pharmazeutischen Dienstleistungen zu stärken. Doch viele dieser Vorhaben sind an finanzielle Vorbehalte geknüpft und sollen zunächst durch eine eingesetzte Expertenkommission überprüft werden. Eine Umsetzung ist frühestens bis Ende der laufenden Legislaturperiode vorgesehen – mit einem offenen Ausgang. Die Unsicherheit wächst, ob die angestrebten Reformen mit ausreichender politischer Priorität verfolgt und finanziell abgesichert werden.
Parallel dazu hat die ABDA ein eigenes Zukunftskonzept vorgelegt, das den Anspruch erhebt, die Apotheke fit für kommende Herausforderungen zu machen. Das Papier, das von 34 Kammern und Verbänden konsentiert wurde, beschränkt sich jedoch überwiegend auf bereits bekannte Forderungen und strukturell konsensfähige Punkte. Zukunftsweisende Impulse fehlen weitgehend. Statt konkreter Strategien für Digitalisierung, intersektorale Versorgung oder Honorierungsmodelle enthält das Konzept eine Sammlung an Arbeitsfeldern, deren Umsetzung vielfach unklar bleibt. Die fehlende Aussage zur finanziellen Abbildung neuer Leistungen sorgt in der Branche für zusätzliche Irritation.
Während Politik und Berufsvertretungen noch an der Definition der künftigen Apothekenstruktur arbeiten, verändern sich die Marktverhältnisse rasant. Der Drogeriekonzern dm drängt verstärkt in den OTC-Markt. Mit digitalen Gesundheitsplattformen und Beratungsangeboten im Bereich Selbstmedikation adressiert das Unternehmen gezielt Kundenbedürfnisse, die bislang in Apotheken bedient wurden. Experten sehen hierin ein strategisches Signal, das die Position inhabergeführter Apotheken zusätzlich schwächen könnte – insbesondere in städtischen Ballungsräumen mit hoher Kundenfrequenz.
Für viele Apothekenbetriebe stellt sich daher zunehmend die Frage nach der wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Zusätzliche Aufgaben ohne klare finanzielle Kompensation, zunehmender Wettbewerbsdruck und ein unsicherer Reformrahmen erschweren betriebliche Planungen. Ohne verbindliche Regelungen zur Honorierung und strukturelle Flankierung droht die angestrebte Modernisierung zum symbolischen Akt zu verkommen.
Die Apotheke der Zukunft bleibt vorerst eine rhetorische Konstruktion. Was in politischen und berufsständischen Programmen an Reformwillen formuliert wird, verliert in der praktischen Umsetzung rasch an Schärfe. Dass vieles unter Finanzierungsvorbehalt steht, ist ein politischer Reflex – aber auch ein strukturelles Alarmsignal. Wer Apotheken stärken will, muss ihre wirtschaftliche Grundlage sichern und sie vor marktferner Überforderung schützen.
Das ABDA-Zukunftskonzept dokumentiert vor allem den Wunsch nach Geschlossenheit in einer zersplitterten Standeslandschaft. Doch Konsens darf nicht zum Selbstzweck werden, wenn er echte Reformen verhindert. Visionen, die sich in Formulararbeit und Projektfloskeln erschöpfen, helfen den Betrieben nicht weiter.
Gleichzeitig zeigt der Vorstoß von dm, wie schnell Versorgung neu gedacht und kommerziell besetzt wird. Die Politik muss sich fragen, ob sie ein wohnortnahes, pharmazeutisch fundiertes Versorgungssystem erhalten will – oder bereit ist, dieses schrittweise zugunsten marktgesteuerter Gesundheitsplattformen preiszugeben. Die Zeit, das zu entscheiden, läuft.
Globale Machtverschiebung, fragile Märkte, überforderte Systeme – wie tiefgreifende Veränderungen Wirtschaft, Gesellschaft und Gesundheitswesen herausfordern
Die Welt befindet sich in einer Phase tektonischer Umbrüche. Was lange als stabil galt – wirtschaftliche Verflechtungen, internationale Allianzen, der Glaube an stetiges Wachstum und berechenbare Ordnungen – wird zunehmend infrage gestellt. Der globale Transformationsprozess, der sich seit Jahren ankündigt, hat durch Krisen wie die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine eine drastische Beschleunigung erfahren. In dieser neuen Wirklichkeit geraten nicht nur politische und wirtschaftliche Machtzentren unter Druck, sondern auch gesellschaftliche Modelle, die jahrzehntelang den Wohlstand vieler Staaten getragen haben.
Insbesondere westliche Industriegesellschaften sehen sich vor gewaltigen Herausforderungen. Ihre Demografie kippt, ihre Energiesysteme geraten unter Stress, technologische Umbrüche und geopolitische Rivalitäten stellen bewährte Modelle infrage. Deutschland – lange Zeit Exportweltmeister und Verfechter offener Märkte – erlebt zunehmend die Schattenseiten dieser globalen Abhängigkeiten. Während neue Wirtschaftszentren entstehen, verliert die hiesige Industrie an Wettbewerbsfähigkeit. Energiekosten, Fachkräftemangel und regulatorische Hürden dämpfen Investitionsbereitschaft und Innovationskraft.
Besonders sichtbar werden diese Entwicklungen im Gesundheitswesen – einem Bereich, der wie unter einem Brennglas die strukturellen Schwächen des Landes offenbart. In vielen Regionen fehlen Arztpraxen und Pflegekräfte, Kliniken schließen, und die Versorgung wird lückenhaft. Die Apotheken, traditionell eine tragende Säule der wohnortnahen Versorgung, leiden unter chronischer Unterfinanzierung, stagnierenden Honoraren und einer wachsenden Zahl betrieblicher Verpflichtungen. Der jüngst diskutierte Vorschlag, das Fixhonorar auf 9,50 Euro pro rezeptpflichtigem Medikament anzuheben, wurde zwar von Teilen der Politik in Aussicht gestellt, doch schon jetzt mehren sich Zweifel, ob dieser Schritt angesichts der Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt durchsetzbar ist.
Während in Teilen der Branche Erleichterung über die politische Gesprächsbereitschaft herrscht, bleibt die Realität ernüchternd. Die Apothekenbetriebszahlen sinken, Nachwuchs fehlt, und betriebliche Belastungen – von Lieferengpässen bis hin zu Digitalisierungspflichten – nehmen weiter zu. Die Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und realer Lage wächst. Viele Apothekeninhaber berichten von Resignation, andere von einem schleichenden Rückzug aus der Fläche.
Doch der Wandel beschränkt sich nicht auf Deutschland. Weltweit entstehen neue wirtschaftliche Machtzentren – insbesondere in Asien, aber auch in rohstoffreichen Regionen Afrikas und Südamerikas. Die Entkopplung von Lieferketten, Reindustrialisierungsinitiativen und nationale Sicherheitsinteressen haben zur Folge, dass sich das globale Kräfteverhältnis neu ordnet. Der Wohlstand des Westens, lange Zeit auf freien Handel und globale Märkte gebaut, ist nicht mehr selbstverständlich. Leistungsbilanzen geraten aus dem Gleichgewicht, Exportüberschüsse sinken, Importabhängigkeiten werden spürbar.
Inmitten dieser Unsicherheit sehen sich Anleger, Unternehmen und Institutionen gezwungen, neue Strategien zu entwickeln. Antizyklisches Verhalten – also investieren, wenn andere zögern – gewinnt wieder an Bedeutung. Doch solche Entscheidungen sind risikobehaftet und setzen Vertrauen in langfristige Entwicklungen voraus. Wer sich von kurzfristiger Stabilitätspolitik blenden lässt, könnte die eigentlichen Chancen verpassen. Die Märkte der Zukunft werden nicht dort entstehen, wo heute noch Subventionen Flächen decken, sondern dort, wo Anpassungsfähigkeit, Resilienz und Innovationsfreude zusammenkommen.
Die globale Ordnung ist nicht ins Wanken geraten – sie befindet sich bereits in einem Stadium fortgeschrittener Neuordnung. Die industrielle Hochphase westlicher Volkswirtschaften hat ihren Zenit überschritten, das zeigen nicht nur rückläufige Exportzahlen, sondern auch ein wachsender Verlust an strategischer Autonomie. Der Versuch, mit kleinteiligen politischen Stellschrauben wie einem leicht erhöhten Fixhonorar auf systemische Herausforderungen im Gesundheitswesen zu reagieren, mutet fast schon symbolisch an: Es ist der Versuch, einen Damm mit Pflastern zu flicken, während das Fundament bröckelt.
Die deutsche Apothekenlandschaft steht exemplarisch für diese Entwicklung. Ihre strukturelle Bedeutung für die Gesundheitsversorgung bleibt unbestritten, doch politische Maßnahmen reichen kaum über Reparaturansätze hinaus. Was fehlt, ist eine langfristige Vision, wie wohnortnahe Versorgung unter den Bedingungen von demografischem Wandel, Digitalisierung und Fachkräftemangel gesichert werden kann. Stattdessen wird über symbolische Beträge gestritten, während viele Inhaber überlegen, ihre Betriebe aufzugeben.
Diese lähmende Unsicherheit ist kein deutsches Phänomen allein. Weltweit erleben wir ein Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit. Staaten versuchen, Ordnung in eine Welt zu bringen, die sich durch Eigendynamik definiert. Doch der Versuch, wirtschaftliche Sicherheit durch staatliche Eingriffe zu gewährleisten, hat Grenzen – insbesondere dann, wenn die strukturelle Basis nicht reformiert wird. Die großen Themen unserer Zeit – Energiesouveränität, Resilienz der Gesundheitsversorgung, Innovationsfähigkeit in alternden Gesellschaften – lassen sich nicht mit kurzfristigen Kompromissen bewältigen.
Was es braucht, ist ein neuer Mut zur Realität. Wer glaubt, mit alten Instrumenten neue Probleme lösen zu können, wird scheitern. Investoren, Unternehmer, aber auch politische Entscheidungsträger sind gefordert, nicht auf den Erhalt vergangener Zustände zu setzen, sondern auf die aktive Gestaltung einer Zukunft, die anders sein wird. Eine Zukunft, die weniger vorhersehbar ist, aber auch mehr Spielraum bietet – für Innovation, Anpassung und neue Allianzen. Die Zeit der Gewissheiten ist vorbei. Was bleibt, ist die Aufgabe, darin handlungsfähig zu bleiben.
BGH urteilt zum Arzneimittelvertrieb über Amazon – Datenschutzverstöße sind Wettbewerbsverstoß
Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil Ende März 2025 die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Arzneimittelvertriebs über Internet-Marktplätze neu justiert. In zwei Verfahren (Az.: I ZR 222/19 und I ZR 223/19), die auf eine Klage des Münchener Apothekers Hermann Vogel jr. zurückgehen, wies das höchste deutsche Zivilgericht die Revisionen zweier Apotheker aus Sachsen-Anhalt ab. Diese hatten rezeptfreie Medikamente über den Amazon Marketplace vertrieben – nach Auffassung Vogels unter Missachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben und berufsethischer Grenzen.
Konkret rügte der Kläger die Übermittlung und Verarbeitung von Kundendaten ohne ausdrückliche Einwilligung. Aus seiner Sicht handelt es sich bei den Bestelldaten um besonders schützenswerte Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die nicht ohne vorherige Zustimmung weitergegeben oder verarbeitet werden dürften. Darüber hinaus sah Vogel in der Nutzung des Marktplatzes einen Verstoß gegen apothekenrechtliche Vorschriften und das Heilmittelwerbegesetz.
Nachdem die Vorinstanzen in Sachsen-Anhalt die Verfahren behandelt hatten, legte das Oberlandesgericht Naumburg dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) grundlegende Rechtsfragen vor. Die Luxemburger Richter bestätigten im Oktober 2024, dass die betroffenen Bestelldaten tatsächlich als Gesundheitsdaten im Sinne von Artikel 9 DSGVO einzustufen sind. Zudem urteilte der EuGH, dass auch einzelne Wettbewerber berechtigt sind, Datenschutzverstöße im Zivilrechtsweg geltend zu machen – eine Entscheidung, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet.
Der BGH übernahm diese rechtliche Einschätzung und wies die Revisionen der beklagten Apotheker vollumfänglich ab. Damit steht fest, dass die unzulässige Verarbeitung sensibler Daten durch den Plattformverkauf gegen geltendes Datenschutzrecht verstößt und gleichzeitig einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß darstellt. Die Revision des Klägers wurde hingegen nur teilweise angenommen: Zwar wurde sein Anspruch auf Unterlassung und Feststellung eines DSGVO-Verstoßes bestätigt, nicht jedoch seine weitergehenden Forderungen nach einem Verbot des Amazon-Vertriebs auf Grundlage von Apotheken- oder Werberecht.
Mit dem Urteil zieht der Bundesgerichtshof klare Grenzen für die Nutzung kommerzieller Verkaufsplattformen im sensiblen Bereich des Arzneimittelhandels. Zwar bleibt der Vertrieb rezeptfreier Medikamente über Marktplätze wie Amazon prinzipiell möglich, doch bedarf es dabei strikter datenschutzrechtlicher Compliance. Die Entscheidung dürfte Signalwirkung für zahlreiche Apotheken haben, die digitale Vertriebswege ausbauen wollen, ohne dabei in Konflikt mit Datenschutz- oder Berufsrecht zu geraten.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs markiert einen Wendepunkt für den digitalen Arzneimittelhandel in Deutschland. Zum einen stärkt das Urteil die Position von Mitbewerbern als Kontrollinstanz innerhalb des Gesundheitssystems – ein bislang umstrittenes Terrain. Zum anderen macht der BGH unmissverständlich klar, dass der Schutz sensibler Gesundheitsdaten auch im digitalen Raum nicht verhandelbar ist.
Die Einordnung von Bestelldaten als Gesundheitsdaten durch den EuGH war ein Meilenstein. Damit wurde ein zentraler Baustein des Datenschutzrechts bestätigt, der weitreichende Folgen für die tägliche Praxis in Apotheken hat. Wer Arzneimittel online vertreibt, muss künftig lückenlos dokumentieren können, dass Kundendaten nur mit ausdrücklicher Einwilligung verarbeitet werden – ein Standard, der in vielen Fällen bislang eher lax gehandhabt wurde.
Auch wenn das Urteil den Vertrieb über Plattformen wie Amazon nicht grundsätzlich verbietet, sendet es eine klare Botschaft: Kommerzielle Interessen dürfen nicht über Datenschutzprinzipien gestellt werden. Die Gesundheitsbranche steht vor der Aufgabe, ihre digitalen Prozesse nicht nur technisch, sondern auch rechtlich neu auszurichten. Dabei wird auch das Berufsrecht stärker ins Zentrum rücken – denn neben DSGVO und Wettbewerbsrecht bleibt die Frage offen, inwiefern digitale Vertriebsmodelle das Selbstverständnis des Apothekerberufs langfristig verändern.
Zweifel statt Digitalisierungsschub – Ärzte üben Kritik an ePA-Testphase
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) sorgt unter den teilnehmenden Ärzten der aktuellen Testphase in rund 230 Praxen in Hamburg, Franken und Teilen Nordrhein-Westfalens für Ernüchterung. Wie eine aktuelle Befragung zeigt, sehen sich 71,8 Prozent der befragten Mediziner durch die bisherigen Erfahrungen enttäuscht. Nur 15,4 Prozent gaben an, positiv überrascht worden zu sein, während 12,8 Prozent angaben, dass sich ihre Erwartungen erfüllt hätten.
Besonders stark kritisiert wird die eingesetzte Software. 61,0 Prozent der befragten Ärzte sehen hier deutlichen Verbesserungsbedarf. Aus ihrer Sicht ist die Systemarchitektur in der jetzigen Form nicht reif für den bundesweiten Rollout. Zusätzlich bemängeln 53,7 Prozent die mangelnde Informationsbereitstellung für Patienten – insbesondere durch Krankenkassen und andere beteiligte Akteure im Gesundheitswesen. Ebenso viele äußern weiterhin erhebliche Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit. Trotz technischer Schutzmaßnahmen bleibt das Vertrauen in den Schutz sensibler Gesundheitsinformationen aus Sicht vieler Praxen unzureichend.
Auch der personelle und organisatorische Aufwand spielt eine zentrale Rolle bei der kritischen Bewertung. Die durchschnittliche Vorbereitungszeit, bis die ePA in der Praxis einsatzbereit war, betrug laut den Rückmeldungen 8,8 Tage. In einem Arbeitsumfeld, in dem Zeit ohnehin knapp ist, stellt dies eine erhebliche Belastung dar. Der zusätzliche Schulungsaufwand für das Praxispersonal sowie die Integration der neuen digitalen Abläufe führen vielerorts zu einer Überforderung bestehender Strukturen.
Darüber hinaus zeigt sich ein hoher Bedarf an Kommunikation mit Patienten. Über 80 Prozent der Befragten empfinden den Erklärungsbedarf als hoch oder eher hoch. Da umfassende Informationsangebote von zentraler Stelle bisher ausbleiben, sehen sich viele Ärzte gezwungen, diese Aufgabe zusätzlich zu übernehmen – was wiederum zeitliche und personelle Ressourcen bindet.
Insgesamt bewerten mehr als 70 Prozent der teilnehmenden Ärzte den Gesamtaufwand für die Einführung der ePA als hoch oder eher hoch. Die Kritik richtet sich dabei nicht grundsätzlich gegen die Idee einer digitalen Patientenakte, sondern gegen deren Umsetzung im aktuellen Stadium. Die Ergebnisse der Testphase verdeutlichen, dass zentrale Voraussetzungen für einen erfolgreichen bundesweiten Start derzeit nicht erfüllt sind.
Die Kritik aus den Modellpraxen ist ein deutlicher Weckruf für die Verantwortlichen in Politik und Selbstverwaltung. Die elektronische Patientenakte soll das Rückgrat der digitalen Gesundheitsversorgung werden – doch wenn die technische Basis nicht funktioniert, droht das Projekt am Praxisalltag zu scheitern. Ärzte sind keine IT-Fachkräfte, und Arztpraxen keine Testlabore für unausgereifte Software. Die derzeitigen Rückmeldungen machen deutlich, dass es nicht an der grundsätzlichen Offenheit gegenüber digitalen Lösungen mangelt, sondern an der konkreten Umsetzung.
Es braucht funktionierende, sichere und intuitiv bedienbare Systeme sowie flankierende Maßnahmen wie strukturierte Schulungskonzepte, verlässliche Informationen für Patienten und eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten. Solange die organisatorische und kommunikative Last weitgehend auf die Arztpraxen abgewälzt wird, wird sich der Digitalisierungsschub ins Gegenteil verkehren. Die ePA darf nicht zu einem weiteren Symbol für überhastete Reformen im Gesundheitswesen werden – sie verdient eine ehrliche Bestandsaufnahme und eine solide Nachbesserung.
Wirtschaft am Wendepunkt – Deutschland rutscht in Wachstumsstarre
Deutschlands Wirtschaft befindet sich im Frühjahr 2025 in einem kritischen Zustand zwischen ausbleibendem Wachstum, globaler Unsicherheit und wachsendem Reformstau. Nachdem die deutsche Wirtschaftsleistung in den Jahren 2023 und 2024 jeweils leicht geschrumpft war, erwartet eine breite Mehrheit der Wirtschaftsforschungsinstitute für 2025 lediglich ein minimales Wachstum von 0,1 Prozent. Damit bleibt die Bundesrepublik weit hinter den dynamischen Entwicklungen vieler anderer Industrienationen zurück und verfehlt erneut die Chance auf eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung.
Besonders auffällig ist, dass nicht nur konjunkturelle, sondern zunehmend strukturelle Probleme die wirtschaftliche Entwicklung hemmen. Der anhaltende Fachkräftemangel beeinträchtigt zentrale Bereiche wie das verarbeitende Gewerbe, den Maschinenbau und den Gesundheitssektor. Viele Betriebe sehen sich gezwungen, Investitionen zurückzustellen oder Produktionskapazitäten zu verlagern. Zudem gelten hohe Energiepreise, Planungsunsicherheit bei der Steuer- und Regulierungspolitik sowie ein als überbordend empfundener Bürokratieapparat als zentrale Wachstumsbremsen.
Ein weiterer Belastungsfaktor ist die Zuspitzung globaler Handelskonflikte. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat erneut Strafzölle auf ausländische Produkte, darunter auch Arzneimittel, angekündigt. Die wirtschaftliche Antwort Chinas sowie mögliche Gegenmaßnahmen der Europäischen Union verschärfen die Lage zusätzlich. Die Exportnation Deutschland steht damit unter doppeltem Druck: Einerseits gefährden neue Handelshemmnisse bestehende Lieferketten, andererseits wachsen die geopolitischen Spannungen in vielen Absatzmärkten.
Auch die Finanzmärkte spiegeln die Unsicherheit wider. Der DAX erlebte in den letzten Tagen einen volatilen Verlauf, geprägt von panikartigen Verkäufen und einer raschen, aber labilen Erholung. Insbesondere klassische Industrie- und Finanzwerte geraten unter Druck. Die Stimmung unter Anlegern gilt als angespannt, die Risikobereitschaft ist spürbar gesunken. Gleichzeitig wächst die Sorge vor einem Rückgang der Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen, insbesondere im Mittelstand.
Um gegenzusteuern, plant die Bundesregierung gemeinsam mit der Opposition ein umfangreiches Investitionspaket. Rund 24 Milliarden Euro sollen ab dem zweiten Halbjahr 2025 in Infrastruktur, Verteidigung und digitale Transformation fließen. Wirtschaftsexperten erwarten davon einen Wachstumseffekt von bis zu 0,5 Prozentpunkten für das kommende Jahr. Ob das Paket jedoch ausreicht, um die verfestigten strukturellen Defizite zu überwinden, bleibt fraglich.
Auf Unternehmensseite häufen sich Meldungen über Konsolidierungen, Standortschließungen und Rationalisierungsmaßnahmen. Gleichzeitig gibt es erste Signale für Investitionen in Zukunftsbereiche, insbesondere im Bereich Softwareentwicklung, grüne Technologien und Robotik. Dennoch dominiert bei vielen Akteuren die Abwartehaltung – eine Folge der weiterhin unsicheren wirtschaftlichen Großwetterlage.
Die konjunkturelle Lage Deutschlands wird damit zunehmend zur Systemfrage: Wie lange kann eine stark exportorientierte Wirtschaft ohne tiefgreifende Strukturreformen international wettbewerbsfähig bleiben? Und wie gelingt es, neue Wachstumsimpulse zu setzen, ohne dabei die soziale und ökologische Balance aus dem Blick zu verlieren?
Deutschland steht vor einem ernüchternden wirtschaftlichen Befund: Die alte Stärke der Exportnation reicht nicht mehr aus, um globales Wachstum mitzunehmen. Die strukturellen Defizite – von der Bildungs- über die Energiepolitik bis zur Innovationsfähigkeit – sind lange bekannt, aber über Jahre verdrängt worden. Nun zeigt sich die Quittung in Form stagnierender Zahlen und schwindender Perspektiven.
Die Reaktion der Politik, ein Investitionsprogramm aufzulegen, ist im Grundsatz richtig. Doch sie kommt spät und wird allein nicht ausreichen. Was fehlt, ist eine konsequente Entschlackung der Bürokratie, eine kohärente Digitalstrategie und ein kraftvoller Umbau des Arbeitsmarktes, um die Herausforderungen des demografischen Wandels und der Transformation der Industrie zu meistern.
Besorgniserregend ist zudem, dass die aktuelle Wirtschaftspolitik zu oft von Symbolpolitik statt von Langfriststrategie geprägt ist. Die Unsicherheit über steuerliche Rahmenbedingungen, die inkonsistente Förderung klimafreundlicher Technologien und die politische Lähmung in Kernfragen blockieren Vertrauen und Innovationswillen.
Wenn Deutschland seinen Anspruch als wirtschaftliches Zugpferd Europas nicht dauerhaft verlieren will, braucht es mehr als Krisenbewältigung – es braucht einen mutigen wirtschaftspolitischen Aufbruch. Noch ist Zeit dafür. Aber sie läuft ab.
Apothekenreform 2025: Mehr Geld, weniger Struktur – neue Unsicherheit trotz Honoraranstieg
Die jüngsten Reformvorschläge der Regierungskoalition zur Stabilisierung der Apothekenversorgung in Deutschland setzen vor allem auf monetäre Impulse, lassen jedoch tiefgreifende strukturelle Korrekturen vermissen. Während das Maßnahmenpapier vordergründig mit zusätzlichen Mitteln Entlastung schaffen will, deutet sich bereits jetzt an, dass ein Großteil der vorgesehenen Gelder lediglich symptomatische Folgen der bestehenden Dysfunktionalitäten abfedert – ohne die Ursachen wirksam anzugehen.
Zentraler Bestandteil des Pakets ist die Erhöhung des Fixhonorars für verschreibungspflichtige Arzneimittel um 1,15 Euro auf 9,50 Euro netto pro Packung. Diese Anpassung soll vorerst einmalig erfolgen, wobei spätere Verhandlungen über weitere Honoraranpassungen in Aussicht gestellt werden. In anderen Teilen des Dokuments taucht ein Zielwert von bis zu 10,00 Euro auf. Parallel sollen 75 Millionen Euro zur Unterstützung von Landapotheken aus dem derzeit 450 Millionen Euro umfassenden Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen umgewidmet werden – ein Schritt, der im ländlichen Raum Wirkung entfalten könnte, aber zu Lasten anderer geplanter Aufgaben des Fonds geht.
Zudem sollen weitere 25 Millionen Euro für neue Präventionsangebote in Apotheken reserviert werden, die noch konkret definiert werden müssen. Bei rund 17.000 Apotheken im Bundesgebiet entspricht dies einem symbolischen Betrag von etwa 1.500 Euro pro Betriebsstätte – ein Einstieg, jedoch ohne kurzfristig spürbaren Effekt. Als positive Signale werten viele Apotheker die angekündigte Entlastung bei Retaxationen und die Vereinfachung der Austauschregeln bei nicht verfügbaren Arzneimitteln. Diese Maßnahmen sollen durch eine verminderte Bürokratielast zu Zeiteinsparungen führen. Kalkuliert wird mit einer Ersparnis von einer Minute pro Rx-Packung, was bei durchschnittlichen Personalkosten mit rund 0,75 Euro bewertet wird.
Ein weiteres Element der geplanten Entlastung betrifft die Rückkehr der Lieferanten-Skonti auf das Niveau vor 2024. Realistisch gilt eine Spanne von 1,0 bis 2,0 Prozent, abhängig von Apothekengröße, Verhandlungsposition und Lage. Auch im Hochpreissegment könnten durch Direktbestellungen wieder moderate Skonti möglich werden. Die Summe dieser Maßnahmen führt zu einer prognostizierten Verbesserung der Liquidität: Für kleine Apotheken mit einem Umsatz von rund 2 Millionen Euro jährlich könnten sich Mehreinnahmen in der Größenordnung von etwa 40.000 Euro ergeben, während größere Apotheken im sechsstelligen Bereich profitieren könnten.
Allerdings wird dieser Effekt möglicherweise durch die geplante Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro ab dem Jahr 2026 relativiert. In der Folge würde das Mindestgehalt bei einer 39-Stunden-Woche auf etwa 2.543 Euro steigen – ein Betrag, der insbesondere PKA-Gehälter betrifft. In manchen Bundesländern wie Sachsen liegen diese noch unterhalb der künftigen Mindestlohnschwelle. Eine Anpassung um rund 10 Prozent erscheint dort notwendig. Der tarifliche Abstand zu den PTA, die in den ersten beiden Berufsjahren aktuell nur leicht über diesem Niveau liegen, könnte sich damit ebenfalls verringern.
Die finanzielle Auswirkung auf die durchschnittliche Apotheke beläuft sich laut aktuellen Kalkulationen auf einen Lohnsummenzuwachs von etwa 20.000 Euro jährlich – inklusive Nebenkosten und möglicher Aufschläge für geringfügig Beschäftigte. Dieser Betrag liegt deutlich unter dem erwarteten zusätzlichen Rohertrag aus den geplanten Reformmaßnahmen. Die entscheidende Variable bleibt jedoch die tatsächliche Umsetzung: Noch sind zentrale Inhalte des Papiers vage formuliert, viele Details offen, die politischen Spielräume groß.
Die angekündigten Reformbausteine wirken auf den ersten Blick wie ein überfälliger Schritt in Richtung Stabilisierung des Apothekenmarktes. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Es handelt sich weniger um eine tiefgreifende Modernisierung als um eine kurzfristige Liquiditätsspritze. Die angestrebte Erhöhung des Festzuschlags ist sinnvoll und notwendig, doch sie bleibt ein pauschales Mittel ohne strukturelle Steuerungswirkung. Viel problematischer ist die Tatsache, dass erneut auf Umverteilungen innerhalb bestehender Fördertöpfe zurückgegriffen wird – etwa beim Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen –, anstatt dessen Zielsetzung konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Auch die versprochenen bürokratischen Erleichterungen klingen gut, bleiben jedoch auf dem Niveau technokratischer Optimierungen. Was fehlt, ist ein erkennbares Konzept zur nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen – etwa durch Digitalisierung, abgestufte Versorgungsmodelle oder eine funktionierende, differenzierte Honorierung der Apothekendienstleistungen. Dass nun erneut eine Mindestlohndebatte droht, die ausgerechnet die positiven Effekte neutralisieren könnte, zeigt das Dilemma deutlich: Solange die Politik keine kohärente Gesamtstrategie formuliert, wird auch dieses Reformpaket lediglich eine Zwischenlösung bleiben – mit hohem Erwartungsdruck, aber fraglicher Tragfähigkeit.
Zukunft der Landapotheken: Fördermillionen zwischen Bedarf und Symbolpolitik
Die Pläne zur Förderung von Apotheken in unterversorgten Regionen nehmen allmählich Konturen an, bleiben in vielen Punkten jedoch vage. Mit einem Fördertopf von 75 Millionen Euro will der Bund ländliche Apothekenstandorte stützen und so die flächendeckende Arzneimittelversorgung sichern. Doch die Frage, welche Regionen konkret gefördert werden sollen und nach welchen Kriterien die Mittelvergabe erfolgt, ist bislang nicht geklärt. Kritiker warnen daher vor einem möglichen Verpuffen der Wirkung.
Laut Modellrechnungen könnten mit den bereitgestellten Mitteln jährlich rund 750 Apotheken mit je 100.000 Euro unterstützt werden. Alternativ wären auch 1.500 kleinere Förderungen in Höhe von 50.000 Euro denkbar. Ob dies genügt, um gefährdete Landapotheken wirtschaftlich tragfähig zu machen, ist jedoch fraglich. Fachleute gehen davon aus, dass Apotheken einen jährlichen Rohertrag von mindestens 550.000 Euro erzielen müssen, um wirtschaftlich arbeiten zu können – ein Wert, der bereits optimistische Annahmen über Personalstruktur, Fixkosten und Umsatzmix voraussetzt.
Auf Basis der aktuellen Pro-Kopf-Roherträge, die bundesweit durchschnittlich bei rund 150 Euro liegen, müsste eine Apotheke mindestens 3.800 bis 4.000 Einwohner versorgen. In strukturschwachen Regionen mit geringerer Kaufkraft, weniger OTC-Umsätzen und fehlender ärztlicher Infrastruktur sinken die Erträge deutlich. Die jüngste Honorarerhöhung auf 9,50 Euro pro Rezeptpflicht-Arzneimittel verbessert die Ausgangslage zwar geringfügig, kann die strukturellen Schwächen des ländlichen Marktes aber nicht kompensieren.
Eine jährliche Fördersumme von 100.000 Euro könnte diese Lücke rechnerisch um etwa 700 bis 800 Einwohner verringern, wodurch bereits Gemeinden mit 3.200 bis 3.300 Einwohnern für eine wirtschaftliche Apothekenführung infrage kämen. Für abgelegene Solitärstandorte mit noch weniger Bevölkerung greift dieser Mechanismus jedoch nicht – sie bleiben trotz Förderung kaum überlebensfähig. Hier wären deutlich höhere Zuschüsse oder alternative Versorgungslösungen notwendig, etwa durch mobile Apotheken oder verstärkte Kooperationen mit Ärzten und Pflegeeinrichtungen.
Entscheidend für die Wirksamkeit der Maßnahme ist deshalb nicht nur die absolute Höhe des Fördervolumens, sondern vor allem dessen zielgenaue Verteilung. Sollte es nicht gelingen, die Mittel ausschließlich auf sogenannte Notstandsgebiete zu konzentrieren, droht eine weitgehende Wirkungslosigkeit der Förderung. Angesichts der geringen Gesamtsumme im Kontext des Bundeshaushalts wäre ein solcher Misserfolg zwar haushaltstechnisch vernachlässigbar, für die betroffenen Regionen jedoch von erheblicher Tragweite.
Nach wie vor fehlt es an konkreten Plänen zur Definition förderungswürdiger Standorte, ebenso an einem transparenten Auswahlverfahren. Derzeit dominieren Absichtserklärungen und Eckpunktpapiere die politische Diskussion. Die Umsetzung könnte sich damit verzögern – mit der Folge, dass strukturell wichtige Apothekenstandorte verloren gehen, bevor die Förderung überhaupt greift.
Die geplante Förderung ländlicher Apotheken ist ein Schritt in die richtige Richtung – zumindest dem Anspruch nach. In der Realität droht jedoch eine klassische Förderfalle: viel Symbolik, wenig Steuerung. Denn ohne klare Kriterien, wie und wo die Mittel eingesetzt werden sollen, verfehlt selbst ein dreistelliger Millionenbetrag seine Wirkung. Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Landapotheken sind real und vielschichtig – sie lassen sich nicht mit pauschalen Zahlungen oder Gießkannenprinzipien beheben. Entscheidend wird sein, ob die Politik den Mut aufbringt, eine bedarfsgerechte Auswahl zu treffen und Fördermittel ausschließlich dort einzusetzen, wo die Versorgung wirklich gefährdet ist. Andernfalls wird das Geld versickern – unbemerkt, aber folgenreich.
Apotheken in der Sanierungsfalle – Wie das StaRUG vor dem Insolvenz-Aus retten kann
Die wirtschaftliche Lage zahlreicher Apotheken in Deutschland verschärft sich zusehends. Zwar gelten Apotheken noch immer als systemrelevanter Bestandteil der Gesundheitsversorgung, doch die Realität vieler Betriebe ist von Liquiditätsengpässen, stagnierenden Honoraren, gestiegenen Kosten und strukturellen Belastungen geprägt. Im Jahr 2024 suchten laut Angaben aus insolvenzrechtlicher Beratungspraxis wöchentlich bis zu zwei Apothekeninhaber juristischen Beistand – oft in letzter Minute. Die wirtschaftliche Schieflage hat sich damit zum strukturellen Problem entwickelt. Vor allem inhabergeführte Betriebe, die in der Regel als Einzelunternehmen firmieren, sind besonders anfällig.
Der Grund: Im Unterschied zu Kapitalgesellschaften haften Apotheker mit ihrem gesamten Privatvermögen. Kommt es zur Regelinsolvenz, greifen nicht nur zivilrechtliche, sondern auch berufsrechtliche Konsequenzen. Die Betriebserlaubnis wird automatisch entzogen, weil ein Insolvenzverwalter nach den Vorgaben des Apothekengesetzes nicht die für den Betrieb erforderliche Approbation besitzt. Das in Deutschland geltende Fremdbesitzverbot schließt damit eine Weiterführung durch Dritte aus. In der Folge muss die Apotheke unmittelbar nach der gerichtlichen Bestellung des Insolvenzverwalters geschlossen werden – verbunden mit der Entlassung aller Mitarbeitenden. Zusätzlich droht dem Inhaber der Verlust der Approbation, insbesondere wenn strafrechtlich relevante Versäumnisse oder Pflichtverletzungen im Raum stehen. Damit steht nicht nur die Existenz des Betriebs, sondern auch die berufliche Zukunft des Apothekers auf dem Spiel.
Um diese drastischen Folgen zu vermeiden, eröffnet das deutsche Insolvenzrecht unter bestimmten Bedingungen alternative Wege. Zwei Instrumente stechen dabei hervor: die Eigenverwaltung und das StaRUG-Verfahren. Beide setzen nicht zwingend die Zahlungsunfähigkeit voraus, sondern können auch bei deren bloßem Eintrittsdrohung eingesetzt werden. Während bei der Eigenverwaltung der Apothekeninhaber die Funktion des Insolvenzverwalters übernimmt – unter Aufsicht eines vom Gericht eingesetzten Sachwalters –, bleibt die Führung der Apotheke in seinen Händen. Der Fortbetrieb ist somit rechtlich möglich. Gleichwohl bleibt die volle Haftung bestehen, auch das Privatvermögen wird zur Masse herangezogen. Der emotionale und wirtschaftliche Druck auf den Inhaber ist entsprechend hoch.
Deutlich größere Gestaltungsspielräume bietet das Verfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). Es erlaubt Apothekeninhabern, bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit ein förmliches Restrukturierungsverfahren einzuleiten – ohne Insolvenz, ohne Eintrag ins Schuldnerregister und ohne automatischen Eingriff in die unternehmerische Leitung. Voraussetzung ist eine positive Liquiditätskennziffer von mindestens 0,9, das heißt: Zum Zeitpunkt der Antragstellung müssen 90 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten noch durch liquide Mittel gedeckt sein. Zudem darf der Unternehmer gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern keine Rückstände haben und muss als zuverlässig gelten.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bietet das StaRUG-Verfahren Apotheken eine Reihe entscheidender Vorteile: Die Schulden können im Rahmen eines Restrukturierungsplans reduziert werden, häufig durch eine vereinbarte Quotenzahlung. Vollstreckungen können verhindert, laufende Verträge geschützt und Banken an der Kündigung bestehender Kredite gehindert werden. Auch neue Finanzierungen können anfechtungsfest und ohne persönliche Haftungsrisiken eingebracht werden. Besonders bedeutsam: Die Maßnahmen erfolgen unter gerichtlicher Aufsicht, aber außerhalb eines klassischen Insolvenzverfahrens. Damit bleibt das Apothekenimage gewahrt, was gerade im sensiblen Gesundheitsmarkt von erheblicher Bedeutung ist.
Sanierungsexperte Moritz Wollring, Fachanwalt für Insolvenzrecht, kennt die Praxis: In seiner Kanzlei werden Apotheken inzwischen regelmäßig vorstellig, um Hilfe bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu suchen. Viele hätten bis dahin jedoch weder eine betriebswirtschaftliche Planung noch ein aktives Controlling etabliert. „Mich erstaunt immer wieder, wie unvorbereitet selbst langjährig tätige Inhaber in eine wirtschaftliche Krise geraten“, sagt Wollring. In vielen Fällen fehle es an grundlegender Liquiditätssteuerung. Eine Restrukturierung könne nur dann erfolgreich sein, wenn vorher Klarheit über die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse herrsche. Hierzu gehöre nicht nur die Bewertung der Verbindlichkeiten, sondern auch eine realistische Planung der künftigen Einnahmen und Ausgaben.
Zugleich warnt Wollring eindringlich vor häufigen Fehlern im Vorfeld einer Restrukturierung. Wer etwa Löhne auszahlt, aber die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abführt, macht sich strafbar. Ebenso ist es strafrechtlich relevant, Lieferungen zu bestellen, obwohl klar ist, dass sie nicht bezahlt werden können – das gilt als Eingehungsbetrug. Auch die Übertragung von Vermögen an Dritte in der Krise ist verboten. Wer solche Handlungen begeht, verliert nicht nur die Vertrauenswürdigkeit gegenüber Gläubigern und Behörden, sondern auch die formalen Voraussetzungen für ein StaRUG-Verfahren. Der Weg in die Insolvenz ist dann kaum noch zu vermeiden – mit allen Konsequenzen.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Apotheken sind längst nicht mehr nur Einzelfälle. Sie spiegeln eine strukturelle Krise wider, die tief in das Versorgungssystem eingreift. Apotheken sind heute nicht nur mit einem wachsenden ökonomischen Druck konfrontiert, sondern auch mit regulatorischen Zwängen, die sie bei wirtschaftlichem Versagen besonders hart treffen. Das Berufsrecht, das dem Fremdbesitzverbot folgt, entzieht dem Apothekeninhaber im Insolvenzfall sofort die Grundlage zur Berufsausübung. Damit steht mehr auf dem Spiel als das Unternehmen selbst: Es geht um die persönliche und berufliche Existenz.
Doch der Weg in die Insolvenz ist kein unausweichliches Schicksal. Die rechtlichen Instrumente zur Vermeidung existieren – sie werden nur zu selten frühzeitig genutzt. Das StaRUG-Verfahren ist ein starkes, bislang unterschätztes Mittel zur Reorganisation. Es bietet die Chance, wirtschaftliche Stabilität zurückzugewinnen, ohne den unternehmerischen Handlungsspielraum zu verlieren oder öffentlich stigmatisiert zu werden. Entscheidend ist allerdings der Zeitpunkt: Wer zu lange zögert, verliert diese Option.
Zugleich zeigt die Praxis, dass es nicht ausreicht, sich auf rechtliche Instrumente zu verlassen. Eine wirksame Sanierung braucht unternehmerischen Realitätssinn, betriebswirtschaftliche Kompetenz und die Bereitschaft, sich unangenehmen Wahrheiten zu stellen. Apotheken müssen sich stärker als Unternehmen verstehen – mit allem, was dazugehört: von der Liquiditätsplanung über die strategische Ausrichtung bis zur Risikosteuerung. Das bedeutet auch, wirtschaftliche Signale ernst zu nehmen und nicht allein auf politische Lösungen zu hoffen.
Die aktuelle Entwicklung sollte als Weckruf verstanden werden. Wer seine wirtschaftliche Lage nüchtern analysiert, rechtzeitig handelt und verfügbare Sanierungsmöglichkeiten nutzt, hat eine reale Chance, seine Apotheke zu stabilisieren und zukunftsfähig aufzustellen. Wer hingegen aus Angst oder Überforderung abwartet, riskiert alles. Das StaRUG ist kein Allheilmittel – aber in vielen Fällen eine echte Alternative zum Stillstand in der Krise.
Coaching-Boom mit Nebenwirkungen – Wie man seriöse Angebote erkennt und sich vor Pseudo-Hilfe schützt
Coaching hat sich in den letzten Jahren zu einem Massenphänomen entwickelt. Was einst als diskrete Unterstützungsmaßnahme für Führungskräfte galt, ist heute in nahezu allen Lebensbereichen präsent – vom Vertriebscoaching im Einzelhandel über Gesundheitstraining in Unternehmen bis hin zu persönlicher Lebenshilfe im privaten Alltag. Die Zahl der Anbieter ist explodiert, die Themenpalette nahezu grenzenlos. Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten: Die fehlende Regulierung des Marktes öffnet unseriösen Praktiken Tür und Tor.
Der Begriff „Coach“ ist in Deutschland nicht rechtlich geschützt. Das bedeutet: Jeder kann sich ohne Ausbildung, Prüfung oder Nachweis so nennen und seine Dienste anbieten. Während einige Anbieter auf fundierte psychologische oder pädagogische Ausbildungen zurückgreifen, gründen andere ihr Geschäftsmodell auf esoterische Glaubenssätze, fragwürdige NLP-Techniken oder selbst erfundene Methoden, deren Wirksamkeit weder überprüfbar noch nachvollziehbar ist.
Immer wieder geraten Anbieter in die Kritik, die mit Heilsversprechen oder pseudowissenschaftlichen Konzepten arbeiten – etwa wenn Stress durch „Energiearbeit“ geheilt oder ein Burnout durch bloßes Umdenken „transformiert“ werden soll. Besonders heikel wird es, wenn Coaches psychische Belastungen wie Depressionen, Angstzustände oder Traumata zu behandeln versuchen, ohne über eine therapeutische Qualifikation zu verfügen. Hier drohen ernsthafte gesundheitliche Risiken für die Klientinnen und Klienten.
Gleichzeitig nutzen viele Unternehmen Coaching als Instrument zur Personalentwicklung oder zur Verbesserung des Betriebsklimas – oftmals mit gutem Willen, aber mangelhafter Vorbereitung. Wer etwa einem überlasteten Team lediglich ein Zeitmanagement-Coaching anbietet, ohne strukturelle Ursachen wie Personalmangel oder schlechte Führung zu adressieren, verlagert das Problem vom System auf das Individuum. Coaching wird dann zur Symptombehandlung – und verhindert echte Lösungen.
Der Markt selbst bietet nur wenig Orientierung. Zwar gibt es Verbände wie den Deutschen Coaching Verband (DCV) oder die International Coach Federation (ICF), die Qualitätsstandards setzen und Zertifizierungen anbieten. Doch auch hier fehlt eine einheitliche, verbindliche Regulierung. Für Interessenten bleibt es deshalb unerlässlich, kritisch zu prüfen: Welche Ausbildung hat der Coach? Welche Methoden werden eingesetzt? Gibt es Referenzen? Werden Ziele und Rahmenbedingungen im Vorfeld klar definiert?
Ein seriöser Coach arbeitet prozessorientiert, nicht problemlösend. Er oder sie begleitet den Klienten auf Augenhöhe, trifft keine Entscheidungen, stellt keine Diagnosen und respektiert persönliche Grenzen. Coaching ist keine Therapie und darf diese nicht ersetzen. Zudem zeichnet sich Qualität durch Transparenz, Professionalität und realistische Zielsetzungen aus – nicht durch charismatische Auftritte oder emotionale Versprechen.
In Zeiten zunehmender Arbeitsverdichtung, mentaler Belastungen und sozialer Unsicherheit ist der Bedarf an persönlicher Unterstützung ohne Zweifel gestiegen. Coaching kann hier wertvolle Impulse setzen – vorausgesetzt, es erfolgt mit Augenmaß, Verantwortungsbewusstsein und unter klarer Abgrenzung zu anderen Disziplinen. Die Gefahr besteht darin, dass sich Coaching zur vermeintlich universellen Lösung stilisiert – und so strukturelle Probleme überdeckt, statt sie zu beheben.
Der Coaching-Hype ist ein Symptom unserer Zeit: In einer Gesellschaft, die auf Selbstverwirklichung, Leistung und ständige Optimierung setzt, versprechen Coaches Hilfe zur Selbsthilfe – individuell, lösungsorientiert, effizient. Doch genau diese Versprechen machen den Markt anfällig für Übertreibung, Irreführung und in manchen Fällen sogar Missbrauch. Wo jeder Coach sein darf, fehlt es oft an Kontrolle – und das kann für Ratsuchende gefährlich werden.
Besonders problematisch ist die Verwischung der Grenzen zwischen Coaching und Therapie. Wer sich in einer Krise befindet und an einen Coach gerät, der sich selbst überschätzt oder psychische Probleme bagatellisiert, riskiert eine Verschärfung seines Zustands. In solchen Fällen ist Coaching nicht nur wirkungslos, sondern potenziell schädlich. Es braucht deshalb eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie Coaching qualitätsgesichert und verantwortungsvoll eingesetzt werden kann – und wo es aufhört.
Nicht weniger kritisch ist die Rolle von Unternehmen zu bewerten, die Coaching als universelles Allheilmittel einsetzen. Wenn individuelle Anpassung über systemische Veränderung gestellt wird, geraten Mitarbeitende unter Rechtfertigungsdruck: Wer trotz Coaching nicht funktioniert, scheint selbst schuld. Doch nicht jeder Konflikt, jede Überforderung, jede Unzufriedenheit lässt sich coachen. Manches lässt sich nur ändern, wenn sich Strukturen, Arbeitskulturen oder Erwartungen verändern.
Coaching kann ein wertvolles Instrument sein – als Reflexionshilfe, Impulsgeber, Entscheidungshilfe. Es entfaltet sein Potenzial dort, wo es ehrlich, professionell und eingebettet in ein größeres Verständnis von Arbeit, Verantwortung und persönlichem Wachstum angewandt wird. Doch ohne Regulierung, Aufklärung und kritische Distanz droht der Coaching-Markt, zur Spielwiese von Selbstdarstellern und Glücksversprechern zu werden – auf Kosten derer, die wirklich Hilfe suchen.
Neustart mit Tatze – Apothekeninhaber setzt auf Optimismus und klares Profil
Gut ein Jahr nach der Übernahme zweier Apotheken hat der Berliner Apotheker Oliver Hildebrandt einen sichtbaren Schlussstrich unter das bisherige Erscheinungsbild gezogen. Die traditionsreiche Marke „Bären-Apotheke“ mit dem markanten Bärengesicht gehört der Vergangenheit an – stattdessen ziert nun eine stilisierte Tatze die Außenwirkung der beiden Standorte. Der neue Markenauftritt soll Modernität, Klarheit und Eigenständigkeit signalisieren. Für Hildebrandt ist das mehr als eine kosmetische Entscheidung: „Ich bin ein positiver Mensch“, sagt er. Die Neuausrichtung sei Ausdruck seines unternehmerischen Selbstverständnisses.
Der Apotheker blickt auf zwölf Jahre Selbstständigkeit zurück und hat seine Expansion bewusst gewählt. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Apothekenmarkt – von Personalmangel über Bürokratielasten bis hin zur Debatte um das Apothekenhonorar – spricht Hildebrandt nicht von Krise, sondern von Chance. Mit der Übernahme der beiden Apotheken und dem Markenwechsel verbindet er nicht nur betriebswirtschaftliche Ziele, sondern auch einen Neuanfang im Denken: „Wir wollen eigenständig wahrgenommen werden und ein klares Signal an unser Team und unsere Kundschaft senden.“
Die Umgestaltung der Marke ging mit baulichen Anpassungen und Investitionen in moderne Technik einher. Digitales Warenmanagement, neue Beratungsbereiche und einheitliche Arbeitsprozesse sollen die Versorgung verbessern und die Mitarbeiter entlasten. Dass dies in einer Phase erfolgt, in der viele Kolleginnen und Kollegen von Filialaufgaben eher Abstand nehmen, ist für Hildebrandt kein Widerspruch. Vielmehr sieht er sich in der Verantwortung, aktiv zu gestalten: „Stillstand war für mich nie eine Option.“
Die neue Marke ist auch eine Ansage im Wettbewerb. In Zeiten, in denen Versandhandel und große Ketten an Präsenz gewinnen, will Hildebrandt mit Verlässlichkeit, Qualität und einem durchdachten Auftritt punkten. Dabei setzt er weniger auf Lautstärke als auf Haltung. „Wir sind da – nicht nur mit Arzneimitteln, sondern mit echter Aufmerksamkeit.“
Oliver Hildebrandt geht einen Weg, den viele aktuell scheuen: Expansion, Investition, Neupositionierung. In einem Umfeld, das geprägt ist von politischen Reformdebatten, wirtschaftlicher Unsicherheit und wachsender Konkurrenz durch Online-Angebote, ist der Schritt zur aktiven Markenbildung ein mutiges Zeichen. Dass Hildebrandt den alten „Bären“ verabschiedet und mit einer Tatze in eine neue Identität überführt, mag symbolisch klingen, ist aber strategisch klug. Denn die Apotheke der Zukunft braucht mehr als nur Rezeptabwicklung – sie braucht Profil.
Sein Vorgehen zeigt, dass es auch im Gegenwind Gestaltungsräume gibt. Während viele Inhaber sich auf das Notwendigste konzentrieren oder sich sogar aus der Versorgung zurückziehen, demonstriert Hildebrandt unternehmerische Haltung. Gerade diese ist es, die im politischen Diskurs oft zu kurz kommt: die Perspektive derjenigen, die gestalten wollen, statt zu resignieren. Seine positive Grundhaltung ist dabei kein naiver Zweckoptimismus, sondern Teil einer Führungsstrategie, die auf Sichtbarkeit, Verlässlichkeit und Eigenständigkeit setzt – Werte, die in der Apothekenlandschaft derzeit dringend gebraucht werden.
Globale Gesundheitsarchitektur auf dem Prüfstand – Verhandlungen zum Pandemievertrag in entscheidender Phase
In Genf steht die internationale Gemeinschaft kurz vor dem Abschluss eines weltweiten Pandemievertrags. Vertreter der Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wollen in dieser Woche ein letztes Mal zusammenkommen, um offene Streitfragen auszuräumen. Ziel ist es, das Abkommen bei der Weltgesundheitsversammlung im Mai offiziell zu verabschieden. Damit soll ein verbindlicher Rahmen geschaffen werden, der es erlaubt, zukünftige Pandemien früher zu erkennen, koordinierter zu bekämpfen und gerechter zu bewältigen.
Der Vertrag ist eine Reaktion auf die Versäumnisse während der Corona-Pandemie, die globale Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung offengelegt haben. Während in vielen wohlhabenden Ländern bereits Auffrischungsimpfungen verabreicht wurden, warteten Menschen in ärmeren Regionen monatelang auf eine erste Dosis. Der Entwurf des Vertrags sieht daher vor, dass Impfstoffe, Medikamente und Schutzausrüstung im Fall einer Pandemie weltweit schnell und gerecht verteilt werden sollen. Dafür sollen Länder verpflichtet werden, relevante Daten und Proben von neu auftretenden Krankheitserregern unverzüglich weiterzugeben. Im Gegenzug sollen sie schneller und angemessen von den auf Basis dieser Informationen entwickelten medizinischen Produkten profitieren.
Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen bleibt Artikel 12, der die globale Verteilungsgerechtigkeit regeln soll. Uneinigkeit besteht darüber, in welchem Umfang Pharmaunternehmen verpflichtet werden können, geistiges Eigentum, Technologie oder Produkte zu vergünstigten Preisen bereitzustellen. Besonders umstritten ist die Frage, ob und wie viel Impfstoffmaterial kostenfrei zur Verfügung gestellt werden soll. Für viele Entwicklungsländer ist dies eine entscheidende Bedingung für eine Ratifizierung des Vertrags.
Neben der Frage der Verteilungsgerechtigkeit belasten auch geopolitische Faktoren die Gespräche. Die drastische Kürzung von Entwicklungshilfe durch mehrere Industriestaaten und der zwischenzeitliche Rückzug der USA aus der WHO haben das Vertrauen in multilaterale Strukturen geschwächt. Auch heute ist unklar, wie stabil und verlässlich die finanzielle Unterstützung zentraler Akteure künftig ausfallen wird. Die USA trugen bislang rund 18 Prozent zum WHO-Budget bei.
Gleichzeitig betonen die Verhandler, dass der Vertrag keine Eingriffe in nationale Souveränität bedeutet. Die WHO soll keine rechtliche Befugnis erhalten, Lockdowns oder Reisebeschränkungen anzuordnen. Solche Maßnahmen bleiben weiterhin in der Verantwortung der jeweiligen Regierungen. Der Vertrag soll vielmehr als ein völkerrechtlicher Kooperationsrahmen dienen, um im Krisenfall schneller und wirksamer handeln zu können.
Die Uhr tickt. Die Verhandlungen liefen zuletzt rund um die Uhr, wie WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus mitteilte. Doch bis zur angestrebten Einigung bleibt die Frage offen, ob sich nationale Eigeninteressen dem Anspruch auf globale Solidarität und Verantwortung unterordnen lassen.
Der Pandemievertrag steht exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen globaler Verantwortung und nationaler Abschottung. Die Welt hat in der Corona-Pandemie erlebt, wie unkoordiniert, eigennützig und oft kurzfristig politische Entscheidungen in einer globalen Gesundheitskrise getroffen werden – mit dramatischen Folgen für Millionen Menschen, vor allem im globalen Süden.
Die Verhandlungen in Genf bieten eine historische Chance, dieses Versagen institutionell zu überwinden. Doch es zeigt sich erneut: Die Bereitschaft zu echter Solidarität endet oft dort, wo nationale oder wirtschaftliche Interessen berührt werden. Besonders bei der Frage, wie viel Verantwortung und finanzielle Belastung die pharmazeutische Industrie schultern soll, blockieren unterschiedliche Interessen den Fortschritt.
Ein Vertrag, der ohne klare Verbindlichkeiten bei Verteilung und Zugang zu medizinischen Ressourcen auskommt, droht zur bloßen Absichtserklärung zu verkommen. Gleichzeitig wäre ein zu schwacher Vertrag ein gefährliches Signal – nicht nur für den globalen Gesundheitsschutz, sondern auch für das Vertrauen in internationale Zusammenarbeit. Wenn die Weltgemeinschaft aus der Corona-Krise nichts anderes lernt als diplomatische Formelkompromisse, bleibt sie für künftige Pandemien strukturell unvorbereitet. Der Ernstfall ist nur eine Frage der Zeit.
Glosse: Lauterbach dreht frei – vom Gesundheitsminister zum Gesamtkunstwerk
Wenn politische Karrieren enden, zieht es viele Ex-Minister in die Wirtschaft, auf Podien oder in schwer erreichbare Jagdhütten. Karl Lauterbach hingegen nimmt einen anderen Weg: Er wechselt nicht einfach das Ressort, sondern gleich das Genre. Statt Gesetzesentwürfen nun Skripte, statt Kabinettsrunden jetzt Kameraschwenks – und statt Impfrate geht’s neuerdings um Einschaltquote.
Kaum war klar, dass die CDU das Gesundheitsministerium übernimmt, schien Lauterbach kurz zu überlegen, ob er noch einmal einen Corona-Alarm ausrufen soll, um seine Rückkehr zu erzwingen. Doch dann siegte der Pragmatismus: Warum weiter über Apothekenreform, ePA und Digitale Versorgung jammern, wenn man auch einen Podcast mit Richard David Precht moderieren kann? Das Setting bleibt gleich – viel reden, wenig Widerspruch, dafür maximaler Tonfall.
Die Ära „Lauterbach als Medienmensch“ hat begonnen. Und sie kennt keine Grenzen. Talkshows, Kinderfernsehen, Gesundheits-Kochshows, vielleicht auch bald eine Sitcom mit dem Titel „Die Praxis Dr. Karl – Sprechstunde mit Pointe“. Allein die Vorstellung, wie Lauterbach in weißem Kittel mit ernster Miene einen Patienten auf salzbedingte Hypertonie hinweist, während im Hintergrund eine Liveband „Stayin’ Alive“ anstimmt, ist schon halbes Kulturgut.
Dabei wirkt sein Sendungsbewusstsein mittlerweile fast schon pathologisch. Der Mann könnte vermutlich auch beim Bäcker einen Brötchenkauf in ein gesundheitspolitisches Plädoyer verwandeln: „Ich nehme drei Körnerbrötchen – wegen der Ballaststoffe. Wissen Sie, Weißmehl ist ein unterschätzter Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse.“ Und zack, sitzen alle Kunden wieder mit FFP2-Maske im Auto.
Besonders ambitioniert: die Idee eines eigenen Gesundheitsbots. Der „KarlBot3000“ soll künftig auf Fragen antworten wie „Ist mein Blutdruck zu hoch?“ oder „Soll ich lieber einen Spaziergang machen oder Netflix schauen?“ – letzteres natürlich immer mit dezenter Moralnote. Und falls der Bot mal falsch liegt: Keine Sorge, er entschuldigt sich in sechs Sprachen und legt sofort eine Studie aus Harvard nach.
Apropos Studien: Die neue Lauterbach-Show im Kinderprogramm dürfte pädagogisch bahnbrechend werden. Statt Elefant und Maus gibt’s dann eben FFP2-Maske und R-Wert. Wenn er dabei auch noch die Cannabislegalisierung in Reimform erklärt, stehen dem Grimme-Preis alle Türen offen.
Doch der wahre Coup bleibt seine geplante Solo-Show auf der Bühne. Wo andere sich Kabarettisten nennen, spricht Lauterbach lieber von „Erkenntnisvermittlung mit empathischer Tragikomik“. Der Programmtitel „Monologe über Maskenpflicht und Mitgefühl“ klingt, als hätte Kafka ein Zitat von Drosten vertont. Das Publikum darf sich auf 90 Minuten freuen, in denen das Lachen oft im Halse stecken bleibt – vielleicht sogar bewusst, aus infektiologischer Vorsicht.
Kurzum: Lauterbach erfindet sich neu. Als Influencer für Infektionsschutz, als Koch ohne Salz, als Kabarettist mit Kassenärztlichen Kassandrarufen. Ein Leben ohne Ministerium – aber nicht ohne Bühne. Denn eines ist sicher: Dieser Mann ist nicht weg. Er ist nur umgezogen – von der Politik in die Popkultur.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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