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  • 11.04.2025 – Teilschuld trotz Vorfahrt
    11.04.2025 – Teilschuld trotz Vorfahrt
    SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse | Ein Motorradfahrer kollidiert nachts auf regennasser Fahrbahn mit einem abbiegenden Pkw – obwohl er Vorfahrt hatte, wird ihm eine erhe...

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ApoRisk® Nachrichten - SICHERHEIT:


SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |

Teilschuld trotz Vorfahrt

 

Ein Motorradfahrer kollidiert mit einem abbiegenden Pkw – das OLG wertet überhöhte Geschwindigkeit und schlechte Sicht als entscheidend für die Mitschuld

Ein Motorradfahrer kollidiert nachts auf regennasser Fahrbahn mit einem abbiegenden Pkw – obwohl er Vorfahrt hatte, wird ihm eine erhebliche Mitschuld zugesprochen. Das Saarländische Oberlandesgericht betont: Wer bei Dunkelheit und schlechter Sicht deutlich zu schnell fährt, trägt trotz Vorfahrt Verantwortung für die Folgen. Die Richter entschieden, dass eine reine Regelverletzung des Abbiegenden nicht automatisch zu voller Haftung führt, wenn der Unfall bei angepasster Fahrweise vermeidbar gewesen wäre. Ein Urteil mit Signalwirkung für die Bewertung komplexer Verkehrsunfälle.


Ein Motorradfahrer, der bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr und mit einem linksabbiegenden Pkw kollidierte, muss sich trotz Vorfahrtsberechtigung eine erhebliche Mitschuld anrechnen lassen. Das entschied das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) in einem Berufungsverfahren und korrigierte damit ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Saarbrücken. Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer angepassten Fahrweise im Straßenverkehr – selbst dann, wenn die rechtliche Vorfahrt eindeutig ist.

Der Unfall ereignete sich in einer regnerischen Nacht auf einer Landstraße. Der Motorradfahrer hatte zuvor einen Lkw überholt und befand sich laut Sachverständigengutachten beim Zusammenstoß bereits wieder auf seiner eigenen Fahrspur. Ein entgegenkommender Pkw-Fahrer beabsichtigte, nach links auf das Gelände einer Tankstelle abzubiegen. Dabei kam es zur Kollision. Der Kradfahrer erlitt schwere Verletzungen und verlangte von dem Pkw-Fahrer sowie dessen Haftpflichtversicherung Schadensersatz für materielle und immaterielle Schäden.

Das Landgericht Saarbrücken hatte dem Kläger zunächst in wesentlichen Punkten recht gegeben. Es sah eine überwiegende Schuld beim Pkw-Fahrer, der gegen die Wartepflicht beim Linksabbiegen verstoßen habe, und legte die Haftung mit 80 zu 20 Prozent zulasten des Autofahrers aus. Dabei stützte sich das Gericht auf den sogenannten Anscheinsbeweis, der in solchen Verkehrssituationen grundsätzlich für eine Pflichtverletzung des Abbiegenden spricht.

Die beklagte Partei legte jedoch Berufung ein und kritisierte insbesondere die Bewertung der unfallursächlichen Umstände. In der Berufungsinstanz befasste sich das OLG Saarbrücken eingehend mit dem Unfallhergang. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Motorradfahrer zum Zeitpunkt des Unfalls mit einer Geschwindigkeit zwischen 80 und 100 km/h unterwegs war – deutlich über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Angesichts der Dunkelheit, der nassen Fahrbahn und des Umstands, dass das Motorrad aufgrund technischer Mängel und seiner schlechten Erkennbarkeit nur schwer wahrnehmbar gewesen sei, sei die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht nur ordnungswidrig, sondern unfallursächlich gewesen.

Zwar blieb es auch in zweiter Instanz bei der Feststellung, dass der Pkw-Fahrer gegen die Wartepflicht verstoßen habe. Doch der Senat stellte klar, dass dieser Verstoß angesichts der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung des Motorradfahrers relativiert werden müsse. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit möglicherweise vermeidbar gewesen wäre – jedenfalls hätte er weniger gravierend ausfallen können. Deshalb sei eine Haftungsverteilung von 60 zu 40 Prozent zulasten des Autofahrers gerechtfertigt.

Bemerkenswert ist, dass das Gericht andere potenzielle Pflichtverletzungen des Motorradfahrers – etwa die abgefahrenen Reifen, die überfällige Hauptuntersuchung oder das Fehlen einer gültigen Fahrerlaubnis – ausdrücklich nicht in die Haftungsabwägung einbezog. Diese Mängel seien im konkreten Fall nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Das Urteil verdeutlicht damit, dass bei der Zurechnung von Mitverursachung ausschließlich relevante Umstände berücksichtigt werden, die tatsächlich zum Unfallgeschehen beigetragen haben.

Das OLG stützte sich bei seiner Entscheidung auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach ein rechtlich kausaler Zusammenhang zwischen einer Geschwindigkeitsüberschreitung und einem Unfall besteht, wenn dieser bei regelkonformer Fahrweise vermeidbar gewesen wäre oder zumindest deutlich glimpflicher hätte verlaufen können. Der Anscheinsbeweis zugunsten des Vorfahrtberechtigten wird unter diesen Umständen entkräftet.


Kommentar:

Das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts stellt ein wichtiges Signal für alle Verkehrsteilnehmer dar – insbesondere für jene, die sich in trügerischer Sicherheit wiegen, allein aufgrund einer formellen Vorfahrtsregelung im Recht zu sein. Es erinnert daran, dass das Verkehrsrecht nicht nur auf Regeln, sondern auch auf Verantwortung basiert. Wer sich im Straßenverkehr bewegt, trägt nicht nur Rechte, sondern vor allem Pflichten – insbesondere gegenüber der allgemeinen Verkehrssicherheit.

Gerichte sind zunehmend bemüht, Unfallsituationen nicht nach starren Schuldzuschreibungen, sondern anhand des konkreten Gefährdungspotenzials zu bewerten. Die Entscheidung des OLG Saarbrücken macht deutlich, dass eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann zu einer Mithaftung führen kann, wenn der andere Beteiligte objektiv gegen eine Verkehrsregel – in diesem Fall die Wartepflicht beim Linksabbiegen – verstoßen hat. Entscheidend ist die Frage, ob der Unfall durch ein verantwortungsbewussteres Verhalten auf der anderen Seite hätte vermieden oder zumindest abgeschwächt werden können.

Dass das Gericht die technischen Mängel und das Fehlen der Fahrerlaubnis außen vor ließ, zeigt gleichzeitig, dass rechtliche Bewertungen differenziert erfolgen müssen. Nicht jeder Verstoß ist automatisch unfallrelevant – nur das, was tatsächlich in das Unfallgeschehen eingreift, darf in die Haftungsabwägung einfließen. Dieser juristische Pragmatismus trägt dazu bei, das Straßenverkehrsrecht realitätsnäher und gerechter auszugestalten.

Im Ergebnis verdeutlicht das Urteil, dass Vorfahrt kein Freibrief für riskantes Verhalten ist. Wer schneller fährt als erlaubt, insbesondere bei schwierigen Witterungsverhältnissen, setzt nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer einem erhöhten Risiko aus. Das Vertrauen auf den eigenen Vorrangrecht darf niemals dazu führen, dass grundlegende Sorgfaltspflichten vernachlässigt werden. Die Rechtsprechung gibt damit ein klares Signal: Verantwortung und Rücksichtnahme wiegen oft schwerer als das bloße Recht auf Vorfahrt.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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