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  • 16.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: AfD auf dem Vormarsch, Arztkabinen in Apotheken, Investoren prägen Praxen
    16.04.2025 – Apotheken-Nachrichten von heute: AfD auf dem Vormarsch, Arztkabinen in Apotheken, Investoren prägen Praxen
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Die politische Lage in Deutschland spitzt sich zu: Die AfD erreicht in mehreren Bundesländern Rekordwerte und könnte bald Regierungsvera...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute: AfD auf dem Vormarsch, Arztkabinen in Apotheken, Investoren prägen Praxen

 

Zwischen politischer Verschiebung, digitaler Medizin und wirtschaftlichem Einfluss auf die Gesundheitslandschaft steht Deutschland vor tiefgreifenden Veränderungen

Die politische Lage in Deutschland spitzt sich zu: Die AfD erreicht in mehreren Bundesländern Rekordwerte und könnte bald Regierungsverantwortung übernehmen – mit potenziell dramatischen Folgen für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gleichzeitig wandelt sich die Gesundheitsversorgung rasant. Während Arztkabinen für Videosprechstunden Einzug in Apotheken und Supermärkte halten, verändert sich auch die Ärzteschaft selbst: Investoren übernehmen immer mehr Praxen, insbesondere in lukrativen Fachrichtungen, was Hausärzte als Gefahr für die Patientenversorgung sehen. Die Digitalisierung schreitet weiter voran – ab Oktober 2025 wird die elektronische Patientenakte verpflichtend, ein tiefgreifender Umbruch für das gesamte Gesundheitswesen. Doch nicht alle Reformen greifen: So bleibt die Versorgung mit Tamoxifen wirtschaftlich unattraktiv, trotz Festbetragserhöhung, und auch bei medizinischem Cannabis gibt es keine Entlastung – ADHS-Patienten erhalten trotz Gesetzesänderung weiterhin keine erleichterte Therapie. Der Pharmamarkt steht zudem unter Druck: Eine neue Studie zu Ibuprofen zeigt widersprüchliche Wirkungen auf das Gehirn, was Fragen zur Anwendung bei Alzheimer aufwirft. Parallel dazu fordert die Industrie einen Strategiewechsel: Die Gesundheitswirtschaft soll als Wachstumsmotor verstanden werden, nicht als Kostenfaktor. Auch kulturelle und hygienische Standards geraten in Bewegung – statt Toilettenpapier setzen immer mehr Menschen auf Wasserreinigung. Die Diskussion über Komfort, Gesundheit und Nachhaltigkeit erhält damit neuen Auftrieb.

 

Rechtsruck mit Folgen – Wie gefährlich eine Regierungsbeteiligung der AfD wäre

Die politische Landschaft in Deutschland steht vor einem potenziellen Wendepunkt. In mehreren Bundesländern verzeichnet die Alternative für Deutschland (AfD) Umfragewerte, die sie zur zweitstärksten oder gar stärksten Kraft machen. Die Möglichkeit, dass rechtsradikale Parteien in Regierungsverantwortung gelangen, ist längst keine theoretische Frage mehr, sondern ein Szenario mit wachsender Realität. Dabei stellt sich die Frage, welche Gefahren mit einer Regierungsbeteiligung der AfD für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland verbunden wären.

Die AfD wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. In Thüringen gilt der dortige Landesverband sogar als gesichert rechtsextrem. Mit ihrer Rhetorik gegen Migranten, die EU, die Medien sowie Teile der Justiz und mit einer völkisch-nationalistischen Agenda entfernt sich die Partei von zentralen Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Eine Regierungsbeteiligung könnte daher den Weg für eine Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien bereiten.

Beobachter ziehen Parallelen zur Weimarer Republik, als sich demokratische Institutionen schleichend selbst entmachteten, um extremistischen Kräften Raum zu geben. Heute zeigt sich ein ähnliches Muster: Der politische Mainstream ringt um klare Abgrenzung, während Teile der Bevölkerung sich durch wirtschaftliche Unsicherheit, Abstiegsängste oder gezielte Desinformation von extremistischen Erzählungen einfangen lassen. Besonders gefährlich ist hierbei der zunehmende Verlust an Vertrauen in die etablierte Politik – eine Entwicklung, die durch die wachsende Zustimmung zur AfD befeuert wird.

Ein weiterer Risikofaktor liegt im Zustand des Bildungssystems. Studien zeigen, dass politische Bildung oft zu kurz kommt, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Dies begünstigt eine naive Offenheit für populistische Versprechungen und einfache Antworten auf komplexe Probleme. Wenn demokratisches Wissen fehlt, sinkt die Widerstandskraft gegen Manipulation und autoritäre Tendenzen.

Das Parlament steht daher in der Pflicht, konsequent für die Verfassung einzutreten. Neben der juristischen Beobachtung extremistischer Tendenzen muss es auch die politische Auseinandersetzung mit klarer Haltung führen. Dazu gehören die Stärkung der politischen Bildung, der Schutz unabhängiger Medien und ein klarer institutioneller Ausschluss von Verfassungsfeinden aus Regierungsverantwortung. Die Geschichte zeigt: Demokratie ist kein Selbstläufer, sondern muss aktiv verteidigt werden.

Die Frage, wie gefährlich eine Regierungsbeteiligung der AfD wäre, lässt sich nur mit einem entschiedenen „sehr“ beantworten. Wer meint, die demokratischen Institutionen in Deutschland seien unangreifbar, irrt. Demokratie ist kein Zustand, sondern ein Prozess – und dieser kann kippen. Die Strategie der AfD, mit provokativen Tabubrüchen die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, zeigt bereits Wirkung. Ihre Beteiligung an der Regierung würde nicht nur einen symbolischen Dammbruch bedeuten, sondern institutionelle Türöffnungen für eine Politik, die Minderheitenrechte, Pressefreiheit und europäische Zusammenarbeit infrage stellt.

Es wäre ein schwerer Fehler, diese Entwicklung mit dem Argument der politischen Normalisierung zu beschwichtigen. Extremismus wird nicht gemäßigt, wenn er Verantwortung erhält – er wird entschlossener. Wenn Parteien, die Grundrechte relativieren, an der Macht beteiligt werden, steht nicht weniger als der demokratische Kern dieses Landes auf dem Spiel. Das Parlament, die Zivilgesellschaft und jeder einzelne Bürger sind gefragt, dem mit Wachsamkeit, Bildung und Haltung zu begegnen – bevor es zu spät ist.

 

Arztkabinen auf dem Vormarsch: Telemedizin zieht in Apotheken und Handelsfilialen ein

Inmitten wachsender Versorgungsengpässe und zunehmender Digitalisierungsbemühungen im Gesundheitswesen nimmt ein neues Konzept an Fahrt auf: In Apotheken, Drogerien und Supermärkten sollen künftig sogenannte Arztkabinen für Videosprechstunden installiert werden. Entwickelt vom Start-up Medivise, versprechen diese Kabinen niedrigschwelligen Zugang zur ärztlichen Versorgung – ohne Wartezimmer, ohne lange Anfahrtswege und außerhalb regulärer Praxiszeiten.

Die Kabinen sind als autarke, schallisolierte Räume konzipiert, ausgestattet mit medizinisch-technischen Geräten wie digitalen Stethoskopen, Blutdruckmessgeräten, Thermometern, Kameras zur dermatologischen Beurteilung und Schnittstellen für EKGs oder Blutzuckerwerte. Über eine gesicherte digitale Verbindung erfolgt die Konsultation mit approbierten Ärztinnen oder Ärzten. Diese leiten die Patientinnen und Patienten bei der Nutzung der Geräte an, erheben die Anamnese, stellen Diagnosen und können bei Bedarf direkt ein elektronisches Rezept ausstellen. Dieses kann unmittelbar in der angebundenen Apotheke eingelöst oder digital an eine Versandapotheke übermittelt werden.

Vor allem für Apotheken eröffnen sich mit dem Modell neue Möglichkeiten. Sie könnten nicht nur als Ausgabestelle für Medikamente fungieren, sondern als integrierter Teil eines modernen Gesundheitszentrums wahrgenommen werden – mit diagnostischem Angebot und direkter therapeutischer Anbindung. In Zeiten stagnierender Apothekenhonorare, Nachwuchsmangel und wachsender betriebswirtschaftlicher Belastung wird das zusätzliche Leistungsangebot vielfach als Zukunftsoption verstanden.

Auch große Handelsketten wie Supermärkte und Drogeriemärkte signalisieren Interesse an der Integration medizinischer Versorgungsangebote in ihre Filialkonzepte. Für sie stellt die Arztkabine eine Möglichkeit dar, sich als Anbieter alltagsnaher Daseinsvorsorge zu profilieren. Erste Pilotprojekte sollen in hochfrequentierten urbanen Lagen ebenso wie in unterversorgten ländlichen Regionen erprobt werden.

Rückenwind erhalten solche telemedizinischen Initiativen aus der Politik. Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat wiederholt betont, dass digitale Versorgungsformen einen festen Platz im künftigen Gesundheitswesen haben sollen. Die ärztliche Versorgung dürfe nicht an Öffnungszeiten, Wohnort oder Praxisdichte scheitern. Telemedizin könne – richtig eingesetzt – Versorgungslücken schließen, Wege verkürzen und Wartezeiten reduzieren.

Trotz des digitalen Fortschritts bleiben Fragen offen. Medizinische Fachgesellschaften äußern Zweifel, ob telemedizinische Angebote komplexe Diagnostik und persönliche Arzt-Patienten-Beziehungen ersetzen können. Kritiker warnen davor, dass standardisierte Prozesse nicht für jede gesundheitliche Fragestellung geeignet sind. Die Qualität medizinischer Versorgung dürfe nicht dem Effizienzgedanken geopfert werden.

Zudem bestehen datenschutzrechtliche Bedenken. In hochfrequentierten Handelsfilialen müssen der Schutz sensibler Gesundheitsdaten, die Sicherheit der IT-Infrastruktur und die Qualifikation des technischen Personals sichergestellt sein. Auch die Frage der Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen ist noch nicht flächendeckend geklärt.

Die entscheidende Frage bleibt: Wird das Angebot von der Bevölkerung angenommen? Die spontane Nutzung einer Videosprechstunde inmitten des Wocheneinkaufs mag für manche attraktiv, für andere jedoch befremdlich wirken. Akzeptanz, Vertrauen und niedrigschwellige Nutzerführung werden maßgeblich über den Erfolg entscheiden. Der Rollout telemedizinischer Arztkabinen in Apotheken und Supermärkten ist damit ein vielversprechender, aber nicht unumstrittener Schritt in Richtung einer neuen Versorgungsrealität.

Die Vision klingt verlockend: Ein kurzer Stopp beim Einkaufen, ein paar Minuten in die Arztkabine, Rezept per Klick, Medikament direkt nebenan – effizient, digital, alltagsnah. Was auf den ersten Blick nach einer Revolution der medizinischen Versorgung klingt, ist in Wirklichkeit ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und struktureller Schwächen.

Denn dass derartige Konzepte überhaupt notwendig erscheinen, verweist auf tieferliegende Probleme: Der Ärztemangel, vor allem auf dem Land, ist Realität. Wartezeiten auf Facharzttermine können Wochen, manchmal Monate dauern. Viele Hausarztpraxen arbeiten an der Belastungsgrenze, während ältere Patientinnen und Patienten immer häufiger auf Versorgung angewiesen sind. In dieser Gemengelage verspricht Telemedizin schnelle Abhilfe – doch zu welchem Preis?

Eine Arztkabine ist kein Ersatz für eine kontinuierliche, persönliche medizinische Betreuung. Die Videosprechstunde kann einfache Anliegen effizient lösen, aber sie ist kein gleichwertiger Ersatz für körperliche Untersuchungen, langfristige Begleitung chronisch Kranker oder das Vertrauen, das über Jahre in einer Hausarztpraxis wächst. Wenn Gesundheitsversorgung zu einem beiläufigen Bestandteil des Supermarkterlebnisses wird, droht eine Banalisierung dessen, was eigentlich höchste Professionalität, Diskretion und Empathie verlangt.

Zudem wirft die Kombination von medizinischer Beratung und kommerziellem Umfeld grundsätzliche ethische Fragen auf. Wenn zwischen Shampoo und Sonderangebot die ärztliche Versorgung stattfindet, muss sichergestellt sein, dass wirtschaftliche Interessen nicht medizinische Entscheidungen beeinflussen. Auch darf es nicht zu einer sozialen Spaltung kommen, bei der digitale Schnellversorgung den Standard darstellt, während persönliche Medizin zum Luxus wird.

Telemedizinische Arztkabinen können zweifellos ein wertvoller Baustein in einem vielfältigen Versorgungssystem sein – als Ergänzung, nicht als Ersatz. Entscheidend ist, dass die Nutzung freiwillig, transparent und datenschutzkonform erfolgt, dass Qualitätsstandards eingehalten werden und dass die ärztliche Versorgung nicht aus der Fläche abgezogen, sondern gestärkt wird.

Wenn die Politik aus der Not eine Tugend machen will, muss sie mehr bieten als Hightech im Einzelhandel. Notwendig sind nachhaltige Investitionen in die ambulante Versorgung, in die Digitalisierung der Arztpraxen selbst und in eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit. Nur so wird das Vertrauen der Bevölkerung in ein modernes, gerechtes und zugängliches Gesundheitssystem erhalten bleiben. Die Arztkabine mag ein Symbol der Zukunft sein – sie darf jedoch nicht zur Kulisse für den Rückzug staatlicher Gesundheitsverantwortung werden.

 

Arztkabinen auf dem Vormarsch: Telemedizin zieht in Apotheken und Handelsfilialen ein

Inmitten wachsender Versorgungsengpässe und zunehmender Digitalisierungsbemühungen im Gesundheitswesen nimmt ein neues Konzept an Fahrt auf: In Apotheken, Drogerien und Supermärkten sollen künftig sogenannte Arztkabinen für Videosprechstunden installiert werden. Entwickelt vom Start-up Medivise, versprechen diese Kabinen niedrigschwelligen Zugang zur ärztlichen Versorgung – ohne Wartezimmer, ohne lange Anfahrtswege und außerhalb regulärer Praxiszeiten.

Die Kabinen sind als autarke, schallisolierte Räume konzipiert, ausgestattet mit medizinisch-technischen Geräten wie digitalen Stethoskopen, Blutdruckmessgeräten, Thermometern, Kameras zur dermatologischen Beurteilung und Schnittstellen für EKGs oder Blutzuckerwerte. Über eine gesicherte digitale Verbindung erfolgt die Konsultation mit approbierten Ärztinnen oder Ärzten. Diese leiten die Patientinnen und Patienten bei der Nutzung der Geräte an, erheben die Anamnese, stellen Diagnosen und können bei Bedarf direkt ein elektronisches Rezept ausstellen. Dieses kann unmittelbar in der angebundenen Apotheke eingelöst oder digital an eine Versandapotheke übermittelt werden.

Vor allem für Apotheken eröffnen sich mit dem Modell neue Möglichkeiten. Sie könnten nicht nur als Ausgabestelle für Medikamente fungieren, sondern als integrierter Teil eines modernen Gesundheitszentrums wahrgenommen werden – mit diagnostischem Angebot und direkter therapeutischer Anbindung. In Zeiten stagnierender Apothekenhonorare, Nachwuchsmangel und wachsender betriebswirtschaftlicher Belastung wird das zusätzliche Leistungsangebot vielfach als Zukunftsoption verstanden.

Auch große Handelsketten wie Supermärkte und Drogeriemärkte signalisieren Interesse an der Integration medizinischer Versorgungsangebote in ihre Filialkonzepte. Für sie stellt die Arztkabine eine Möglichkeit dar, sich als Anbieter alltagsnaher Daseinsvorsorge zu profilieren. Erste Pilotprojekte sollen in hochfrequentierten urbanen Lagen ebenso wie in unterversorgten ländlichen Regionen erprobt werden.

Rückenwind erhalten solche telemedizinischen Initiativen aus der Politik. Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat wiederholt betont, dass digitale Versorgungsformen einen festen Platz im künftigen Gesundheitswesen haben sollen. Die ärztliche Versorgung dürfe nicht an Öffnungszeiten, Wohnort oder Praxisdichte scheitern. Telemedizin könne – richtig eingesetzt – Versorgungslücken schließen, Wege verkürzen und Wartezeiten reduzieren.

Trotz des digitalen Fortschritts bleiben Fragen offen. Medizinische Fachgesellschaften äußern Zweifel, ob telemedizinische Angebote komplexe Diagnostik und persönliche Arzt-Patienten-Beziehungen ersetzen können. Kritiker warnen davor, dass standardisierte Prozesse nicht für jede gesundheitliche Fragestellung geeignet sind. Die Qualität medizinischer Versorgung dürfe nicht dem Effizienzgedanken geopfert werden.

Zudem bestehen datenschutzrechtliche Bedenken. In hochfrequentierten Handelsfilialen müssen der Schutz sensibler Gesundheitsdaten, die Sicherheit der IT-Infrastruktur und die Qualifikation des technischen Personals sichergestellt sein. Auch die Frage der Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen ist noch nicht flächendeckend geklärt.

Die entscheidende Frage bleibt: Wird das Angebot von der Bevölkerung angenommen? Die spontane Nutzung einer Videosprechstunde inmitten des Wocheneinkaufs mag für manche attraktiv, für andere jedoch befremdlich wirken. Akzeptanz, Vertrauen und niedrigschwellige Nutzerführung werden maßgeblich über den Erfolg entscheiden. Der Rollout telemedizinischer Arztkabinen in Apotheken und Supermärkten ist damit ein vielversprechender, aber nicht unumstrittener Schritt in Richtung einer neuen Versorgungsrealität.

Die Vision klingt verlockend: Ein kurzer Stopp beim Einkaufen, ein paar Minuten in die Arztkabine, Rezept per Klick, Medikament direkt nebenan – effizient, digital, alltagsnah. Was auf den ersten Blick nach einer Revolution der medizinischen Versorgung klingt, ist in Wirklichkeit ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und struktureller Schwächen.

Denn dass derartige Konzepte überhaupt notwendig erscheinen, verweist auf tieferliegende Probleme: Der Ärztemangel, vor allem auf dem Land, ist Realität. Wartezeiten auf Facharzttermine können Wochen, manchmal Monate dauern. Viele Hausarztpraxen arbeiten an der Belastungsgrenze, während ältere Patientinnen und Patienten immer häufiger auf Versorgung angewiesen sind. In dieser Gemengelage verspricht Telemedizin schnelle Abhilfe – doch zu welchem Preis?

Eine Arztkabine ist kein Ersatz für eine kontinuierliche, persönliche medizinische Betreuung. Die Videosprechstunde kann einfache Anliegen effizient lösen, aber sie ist kein gleichwertiger Ersatz für körperliche Untersuchungen, langfristige Begleitung chronisch Kranker oder das Vertrauen, das über Jahre in einer Hausarztpraxis wächst. Wenn Gesundheitsversorgung zu einem beiläufigen Bestandteil des Supermarkterlebnisses wird, droht eine Banalisierung dessen, was eigentlich höchste Professionalität, Diskretion und Empathie verlangt.

Zudem wirft die Kombination von medizinischer Beratung und kommerziellem Umfeld grundsätzliche ethische Fragen auf. Wenn zwischen Shampoo und Sonderangebot die ärztliche Versorgung stattfindet, muss sichergestellt sein, dass wirtschaftliche Interessen nicht medizinische Entscheidungen beeinflussen. Auch darf es nicht zu einer sozialen Spaltung kommen, bei der digitale Schnellversorgung den Standard darstellt, während persönliche Medizin zum Luxus wird.

Telemedizinische Arztkabinen können zweifellos ein wertvoller Baustein in einem vielfältigen Versorgungssystem sein – als Ergänzung, nicht als Ersatz. Entscheidend ist, dass die Nutzung freiwillig, transparent und datenschutzkonform erfolgt, dass Qualitätsstandards eingehalten werden und dass die ärztliche Versorgung nicht aus der Fläche abgezogen, sondern gestärkt wird.

Wenn die Politik aus der Not eine Tugend machen will, muss sie mehr bieten als Hightech im Einzelhandel. Notwendig sind nachhaltige Investitionen in die ambulante Versorgung, in die Digitalisierung der Arztpraxen selbst und in eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit. Nur so wird das Vertrauen der Bevölkerung in ein modernes, gerechtes und zugängliches Gesundheitssystem erhalten bleiben. Die Arztkabine mag ein Symbol der Zukunft sein – sie darf jedoch nicht zur Kulisse für den Rückzug staatlicher Gesundheitsverantwortung werden.

  

Berliner Palliativarzt unter Mordverdacht: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen 15 Tötungsdelikten

Ein Berliner Palliativmediziner steht im Verdacht, mindestens 15 Patienten im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit gezielt getötet zu haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat nun nach monatelangen Ermittlungen Anklage wegen Mordes erhoben. Der 40-jährige Arzt sitzt seit August 2024 in Untersuchungshaft. Ursprünglich war lediglich von vier Todesfällen die Rede gewesen, inzwischen geht die Anklagebehörde von mindestens 15 Opfern aus. Die Ermittlungen dauern an, eine höhere Opferzahl gilt als möglich.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den mutmaßlichen Taten um vorsätzliche Tötungen, die durch die Verabreichung eines sogenannten tödlichen Medikamentengemischs erfolgt sein sollen. Die betroffenen Patienten befanden sich nicht in einer terminalen Krankheitsphase, sondern waren teils schwer erkrankt, jedoch nicht akut im Sterben. In mindestens einem Fall – dem einer 25-jährigen Frau im September 2021 – soll der Mediziner laut Anklage ohne medizinische Notwendigkeit gehandelt und den Tod gezielt herbeigeführt haben.

Im Rahmen der Ermittlungen wurden mehrere Leichname exhumiert und durch die Rechtsmedizin untersucht. Dabei konnten toxikologische Auffälligkeiten festgestellt werden, die den Verdacht erhärteten. Der Arzt war für einen ambulanten Pflegedienst tätig und in mehreren Bundesländern im Einsatz. Hinweise von Pflegekräften sowie Unstimmigkeiten in Dokumentationen trugen maßgeblich dazu bei, den Tatverdacht zu konkretisieren.

Der Fall war zunächst durch vier Todesfälle im Sommer 2024 in den Fokus geraten, bei denen es in Berliner Wohnungen zu Bränden kam. Diese sollen laut Ermittlungen gezielt gelegt worden sein, um die Spuren der Tötungen zu vernichten. Die Polizei hatte in diesem Zusammenhang zunächst wegen Brandstiftung mit Todesfolge ermittelt. Der Mediziner geriet schnell ins Zentrum der Ermittlungen. Der Vorwurf der Mordlust, der zu Beginn im Raum stand, wurde im weiteren Verlauf durch die Merkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe ersetzt.

Das Berliner Landeskriminalamt hat für den Fall eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet. Aktuell werden weitere Patientenunterlagen gesichtet, um zusätzliche Fälle auszuschließen oder zu identifizieren. Parallel dazu bereitet sich das Landgericht Berlin auf das Verfahren vor. Der Prozess könnte aufgrund der Schwere der Vorwürfe und des Umfangs der Ermittlungen besondere öffentliche Aufmerksamkeit erlangen.

Der Fall wirft ein erschütterndes Licht auf einen Bereich der Medizin, in dem Vertrauen und Fürsorge eine zentrale Rolle spielen. Palliativmedizin bedeutet Begleitung am Lebensende – nicht das willkürliche Setzen eines solchen. Wenn sich der Tatverdacht bestätigt, stehen nicht nur strafrechtliche Konsequenzen an, sondern auch die Frage nach strukturellem Versagen: Wie konnte ein einzelner Arzt über einen so langen Zeitraum unbemerkt Patienten töten?

Pflegedienste, ärztliche Kontrollinstanzen und Aufsichtsbehörden müssen sich in der Folge mit möglichen Versäumnissen auseinandersetzen. Es braucht wirksame Mechanismen, um Verdachtsmomenten frühzeitig nachzugehen, ohne dabei die ärztliche Autonomie in der Palliativversorgung grundsätzlich in Frage zu stellen. Der mutmaßliche Täter steht nun im Zentrum eines der wohl schwerwiegendsten Fälle von Missbrauch medizinischer Verantwortung in Deutschland – mit Folgen, die über das Strafmaß hinausreichen dürften.

  

Telemedizin auf neuen Wegen: Beratungskabinen im Einzelhandel sollen medizinische Versorgung erweitern

Die Telemedizin erlebt in Deutschland seit der Corona-Pandemie einen nachhaltigen Bedeutungszuwachs. Insbesondere Videosprechstunden gelten als zukunftsweisendes Element einer modernen, digitalen Gesundheitsversorgung. Während sich viele Anbieter auf Onlineplattformen konzentrieren, geht das Start-up Medivise einen alternativen Weg: Mit einer eigens entwickelten Telemedizin-Kabine will das Unternehmen die ärztliche Fernbehandlung direkt in den stationären Einzelhandel bringen – darunter Apotheken, Drogeriemärkte und Supermärkte.

Im Kern handelt es sich um eine schallgeschützte Beratungseinheit, ausgestattet mit einem Bildschirm, Kamera, Mikrofon und medizinischen Geräten zur Erfassung von Vitalwerten wie Blutdruck oder Pulsfrequenz. Patientinnen und Patienten sollen darin – unabhängig von Ort und Zeit – mit zugelassenen Ärztinnen und Ärzten in Kontakt treten können, um sich beraten oder Rezepte ausstellen zu lassen. Die Abwicklung erfolgt datenschutzkonform und über zertifizierte Systeme, versichert Medivise-Geschäftsführer Dr. Sven Jansen.

Zielgruppe sind vor allem Menschen in ländlichen Regionen mit dünner medizinischer Infrastruktur, aber auch Stadtbewohner, die keine Hausarztbindung haben oder lange Wartezeiten vermeiden wollen. Besonders angesprochen werden sollen zudem Personen, die mit digitalen Anwendungen überfordert sind oder keinen ruhigen Rückzugsort für eine Videosprechstunde zu Hause haben. Durch die physische Präsenz im Alltag – etwa beim Besuch einer Apotheke oder beim Einkauf – soll die Schwelle zur Nutzung telemedizinischer Angebote spürbar gesenkt werden.

Kritik an bestehenden Telemedizinmodellen gibt es seit Jahren, vor allem mit Blick auf ihre eingeschränkte Erreichbarkeit, technischen Hürden oder mangelnde Integration in bestehende Versorgungsketten. Hier setzt Medivise an: Durch die Kooperation mit Apotheken und dem Einzelhandel will man niedrigschwellige Zugänge schaffen und gleichzeitig die medizinische Verantwortung nicht an anonyme Callcenter abgeben. Laut Jansen sei eine enge Zusammenarbeit mit Apothekenteams vorgesehen, um Patienten im Prozess zu begleiten.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte sich in der Vergangenheit zwar offen für digitale Innovationen gezeigt, aber zugleich betont, dass Apotheken keine beliebigen Plattformen für technologische Experimente sein dürften. Telemedizinische Leistungen müssten mit den heilberuflichen Aufgaben der Apotheken in Einklang gebracht werden. Auch Fragen zu Aufsichtspflichten, Hygieneanforderungen, Abrechnungsmodalitäten und Haftung stehen bislang unbeantwortet im Raum.

Ob die Beratungskabinen also als Ergänzung zur Präsenzmedizin wahrgenommen werden oder als Eingriff in bestehende Versorgungsstrukturen, wird auch von der konkreten Umsetzung abhängen. Die ersten Pilotprojekte sollen noch in diesem Jahr starten. Branchenbeobachter sehen in dem Vorstoß ein Signal für einen tiefgreifenden Wandel – hin zu hybriden Versorgungsformen, bei denen digitale und analoge Angebote ineinandergreifen.

Für den Einzelhandel könnte das Modell zusätzliche Kundenfrequenz bringen, für Apotheken möglicherweise neue Versorgungsaufgaben – sofern rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stimmen. Für die Patientinnen und Patienten aber steht vor allem eines im Mittelpunkt: der unkomplizierte Zugang zu ärztlicher Hilfe im Alltag.

Die Beratungskabinen von Medivise könnten ein Meilenstein auf dem Weg zur echten Alltagsintegration telemedizinischer Versorgung sein. Während sich die Telemedizin bisher vor allem in den digitalen Räumen der gut vernetzten urbanen Bevölkerung etabliert hat, eröffnet das Konzept erstmals einen realweltlichen Zugang für breitere Bevölkerungsschichten.

Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft mit zunehmender Arztknappheit in vielen Regionen sind kreative Lösungen gefragt – allerdings nicht um jeden Preis. Dass eine Videosprechstunde zwischen Shampoo-Regal und Kassenbereich künftig Teil der medizinischen Versorgung sein könnte, mag zunächst befremdlich wirken. Doch in einer Gesellschaft, in der Arzttermine vielerorts zur Geduldsprobe werden, zählt vor allem eines: Erreichbarkeit.

Die Umsetzung dieses Konzepts muss jedoch höchsten Ansprüchen genügen. Datenschutz, medizinische Qualität, Vertraulichkeit – all das darf nicht dem Pragmatismus geopfert werden. Eine ärztliche Beratung ist kein rein technischer Vorgang, sondern ein sensibler Austausch zwischen Mensch und Medizin. Die Beratungskabine muss daher mehr sein als eine schicke Box mit Bildschirm – sie muss Teil eines verantwortungsvollen Versorgungskonzepts sein, das professionell betreut, qualitätsgesichert und sinnvoll eingebettet ist.

Auch die Rolle der Apotheken in diesem Zusammenhang darf nicht marginalisiert werden. Wenn Beratungskabinen in Apotheken aufgestellt werden, darf dies nicht zur Entwertung der heilberuflichen Tätigkeit der Apothekerinnen und Apotheker führen. Im Gegenteil: Ihre fachliche Begleitung kann dazu beitragen, das Angebot qualitativ aufzuwerten und Vertrauen bei den Patientinnen und Patienten zu schaffen.

Der Einzelhandel als Standort für Telemedizin mag ungewöhnlich erscheinen – aber vielleicht ist es gerade dieser Ansatz, der das Gesundheitssystem näher an die Lebensrealität der Menschen bringt. Entscheidend ist, dass das medizinische Prinzip dabei nicht zur Dienstleistung unter vielen verkommt. Wenn die Balance zwischen Innovation und Integrität gelingt, könnten die Beratungskabinen tatsächlich ein Weg sein, Versorgung neu zu denken – und vor allem: sie besser zugänglich zu machen.

 

Gesundheitswirtschaft als Wachstumsmotor – Forderung nach Strategiewechsel

Die deutsche Gesundheitswirtschaft soll nicht länger als Subventionsobjekt gelten, sondern als tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung eine zentrale Rolle einnehmen. Das fordert Michael Sen, Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns Heraeus, in einem Gastbeitrag und skizziert dazu fünf strategische Ansätze, die dem ineffizienten System neue Impulse geben sollen. Geld sei ausreichend vorhanden, betont Sen – das Problem liege in strukturellen Schwächen, nicht in mangelnder Finanzierung.

An erster Stelle fordert Sen ein Ende der „Subventionsspirale“. Statt immer neuer Hilfszahlungen sei eine aktive Industriepolitik gefragt, die verlässliche Rahmenbedingungen schafft und Investitionen begünstigt. Der europäische Binnenmarkt für medizinische Produkte müsse vertieft werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit zu stärken. Die Erwähnung entsprechender Zielsetzungen im Koalitionsvertrag bewertet Sen als Schritt in die richtige Richtung.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung des Gesundheitssystems. Durchgängige digitale Prozesse und der Einsatz künstlicher Intelligenz könnten laut Sen zu spürbaren Fortschritten in Behandlungsqualität und Effizienz führen. Deutschland hinke bei der Digitalisierung, insbesondere in der stationären Versorgung, hinterher. Die vielfach beschworene Spannung zwischen Datenschutz und Innovation müsse überwunden werden, um das volle Potenzial moderner Technologien auszuschöpfen.

Auch bestehende Strukturen und Vergütungssysteme stehen aus Sicht Sens zur Disposition. Die strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung führe zu Reibungsverlusten, ebenso wie ein Abrechnungssystem, das eher auf Menge als auf Ergebnis und Qualität setze. Sen plädiert für eine Reform, die den medizinischen Nutzen in den Vordergrund rückt und Fehlanreize korrigiert.

Als vierten Punkt hebt Sen die Bedeutung einer standortnahen Produktion essenzieller Arzneimittel hervor. Die Rückverlagerung der Herstellung wichtiger Wirkstoffe, Impfstoffe und Antibiotika nach Europa sei unverzichtbar, um Versorgungsengpässen entgegenzuwirken. Planungssicherheit und faire Rahmenbedingungen seien entscheidend, damit die Industrie wieder in europäische Produktionsstandorte investiert.

Abschließend kritisiert Sen die übermäßige Bürokratie im Gesundheitswesen. Dokumentationspflichten raubten medizinischem Personal täglich mehrere Stunden – Zeit, die bei der Patientenversorgung fehle. Auch regulatorische Hürden bei der Zulassung neuer Produkte und Studien müssten innerhalb des EU-Binnenmarkts abgebaut werden, um Innovationen schneller in die Praxis zu bringen.

Mit mehr als acht Millionen Beschäftigten und einem Anteil von rund zwölf Prozent an der Bruttowertschöpfung sei die Gesundheitswirtschaft eine tragende Säule der deutschen Volkswirtschaft. Der Sektor verfüge über enormes Potenzial, das durch gezielte Strukturreformen freigesetzt werden könne. Deutschland könne auf diesem Weg seine frühere Rolle als „Apotheke der Welt“ zurückgewinnen.

Die Forderungen von Michael Sen sind weder revolutionär noch neu, aber sie treffen einen Nerv. Seit Jahren ist bekannt, dass das deutsche Gesundheitswesen weniger an Geldmangel als an struktureller Trägheit leidet. Was fehlt, ist nicht Erkenntnis, sondern Entschlossenheit. Die politischen Programme betonen zwar regelmäßig die Bedeutung von Digitalisierung, Versorgungssicherheit und Bürokratieabbau, doch der Weg von der Absicht zur Umsetzung ist lang.

Insbesondere die Rückverlagerung pharmazeutischer Produktion nach Europa erfordert mehr als symbolische Bekenntnisse. Sie braucht Planungssicherheit, Standortförderung und eine langfristige Strategie. Ähnlich sieht es bei der Digitalisierung aus: Fortschritt lässt sich nicht verordnen, er muss gestaltet und mit realistischen Zeitplänen sowie Ressourcen unterlegt werden.

Sen formuliert berechtigte Erwartungen an eine Branche, die wirtschaftlich bedeutend und gesellschaftlich unverzichtbar ist. Wenn daraus ein konkreter Aktionsplan wird, der über Wahlperioden hinaus Bestand hat, könnte die Gesundheitswirtschaft tatsächlich zur Zukunftsbranche avancieren – nicht durch Subventionen, sondern durch Struktur, Vernunft und Strategie.

 

Elektronische Patientenakte ab Oktober Pflicht – Gesundheitswesen vor digitalem Umbruch

Ab dem 1. Oktober 2025 wird die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) für Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken in Deutschland verpflichtend. Bereits ab dem 29. April soll die ePA bundesweit technisch zur Verfügung stehen. Das geht aus einem Schreiben des scheidenden Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach an die Gesellschafter der Gematik hervor. Die Gematik verantwortet als zentrale Instanz die digitale Infrastruktur des Gesundheitswesens.

Seit dem 15. Januar dieses Jahres haben knapp 70 Millionen gesetzlich Versicherte automatisch eine ePA von ihren Krankenkassen zugewiesen bekommen – es sei denn, sie haben dieser aktiv widersprochen. Die Nutzung der Akte durch die Versicherten bleibt freiwillig. Leistungserbringer im Gesundheitswesen sind hingegen künftig gesetzlich verpflichtet, auf die ePA zuzugreifen und sie in ihren Versorgungsabläufen zu integrieren.

Die ePA soll medizinische Daten wie Arztbriefe, Laborwerte, Befunde und verordnete Medikamente an einem digitalen Ort bündeln. Über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) erfolgt der Zugriff in den Praxen, Apotheken und Kliniken. Versicherte können über eine App ihrer Krankenkasse steuern, welche Einrichtungen wann und wie lange Zugriff erhalten. Auch das Hochladen eigener Gesundheitsdokumente ist möglich.

In einem auf drei Modellregionen beschränkten Pilotbetrieb – darunter Hamburg, Franken und Teile Nordrhein-Westfalens – wurde die ePA in den vergangenen Monaten unter Alltagsbedingungen getestet. Etwa 300 Einrichtungen nahmen daran teil. Laut Angaben der Gematik sind die Zugriffszahlen in der Pilotphase kontinuierlich gestiegen.

Trotz anfänglicher Warnungen von Datenschutzexperten und dem Chaos Computer Club, wonach bei unzureichender Absicherung der Infrastruktur sensible Patientendaten gefährdet sein könnten, hält das Bundesgesundheitsministerium an der Umsetzung fest. Die ePA sei laut Ministerium auf dem neuesten Stand der Technik und erfülle höchste Sicherheitsanforderungen. Unbefugte Zugriffe auf Massendaten seien ausgeschlossen.

Mit dem verpflichtenden Einsatz der ePA soll die medizinische Versorgung effizienter und besser vernetzt werden. Insbesondere bei der Vermeidung von Doppeluntersuchungen, der Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit und der besseren Koordination zwischen Leistungserbringern erhoffen sich Politik und Krankenkassen deutliche Fortschritte.

Die verpflichtende Einführung der elektronischen Patientenakte markiert eine Zäsur im deutschen Gesundheitswesen. Die Idee, relevante Gesundheitsdaten über Sektorengrenzen hinweg verfügbar zu machen, ist nicht neu – ihre konsequente Umsetzung wurde jedoch jahrelang verschleppt.

Nun kommt Tempo in die Digitalisierung, doch die Grundsatzfrage bleibt: Ist das System technisch und organisatorisch reif für den flächendeckenden Betrieb? Die Erfahrungen aus den Modellregionen liefern positive, aber noch begrenzte Erkenntnisse.

Klar ist: Ohne Vertrauen der Versicherten wird die ePA nicht zu dem Fortschrittsinstrument, das sie sein soll. Transparente Informationen, einfache Steuerungsmöglichkeiten und ein nachweislich sicheres System sind zentrale Voraussetzungen, damit Patientinnen und Patienten die freiwillige Nutzung als Chance begreifen – nicht als Risiko.

Für Arztpraxen, Apotheken und Kliniken bedeutet die Verpflichtung ab Oktober eine Herausforderung im Praxisalltag. IT-Infrastruktur, Datenschutz und Prozessanpassungen müssen reibungslos ineinandergreifen. Wenn das gelingt, kann die ePA langfristig zum Rückgrat einer modernen und patientenzentrierten Versorgung werden.

 

Hausärzte schlagen Alarm: Investoren verändern Arztpraxenlandschaft in Bayern

Der Bayerische Hausärzteverband warnt eindringlich vor einem tiefgreifenden Wandel in der medizinischen Versorgung. Immer häufiger übernehmen Investoren ärztliche Praxen – mit weitreichenden Folgen für Patientinnen und Patienten. Laut dem Verband stehen hinter diesen Übernahmen vor allem wirtschaftliche Interessen, die sich zunehmend negativ auf die Qualität der medizinischen Betreuung auswirken. In Großstädten wie München sind entsprechende Entwicklungen bereits sichtbar: Große Laborketten und Gesundheitskonzerne kaufen systematisch hausärztliche und fachärztliche Sitze auf, insbesondere in lukrativen Bereichen wie der Onkologie.

Nach Einschätzung des Verbandes führen diese strukturellen Veränderungen zu einer gefährlichen Entwicklung. Die medizinische Versorgung entferne sich zusehends von ihrem eigentlichen Auftrag, Menschen über Jahre hinweg kontinuierlich und individuell zu begleiten. Stattdessen trete eine profitorientierte Behandlungslogik in den Vordergrund, bei der auch unnötige medizinische Maßnahmen nicht ausgeschlossen seien. Der Verbandsvorsitzende Wolfgang Ritter kritisiert, dass sich eine Versorgung etabliere, die nicht mehr den chronisch Kranken diene, sondern auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sei.

Vor diesem Hintergrund begrüßen die Hausärzte das von der Bundesregierung geplante Primärarztmodell, bei dem die hausärztliche Praxis als erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen gestärkt werden soll. Dieses Modell könne dazu beitragen, die Versorgung gezielter zu steuern und medizinische Leistungen bedarfsgerechter zu erbringen. Allerdings gibt es auch hier Vorbehalte. So sei vorgesehen, dass bestimmte Vorsorgeuntersuchungen weiterhin ohne hausärztliche Überweisung möglich bleiben – ebenso wie direkte Besuche bei Augenärzten, Zahnärzten oder Gynäkologen. Dies unterlaufe die Steuerungsfunktion des Hausarztes.

Nach Angaben des Verbandes könnten Allgemeinmediziner rund 80 Prozent der Patientenanliegen eigenständig lösen. Nur etwa ein Fünftel der Fälle müsse tatsächlich an Fachärztinnen und Fachärzte weitergeleitet werden. Um diese Versorgungsfunktion nachhaltig zu sichern, fordert der Verband bessere Rahmenbedingungen – insbesondere in der Vergütung. Die derzeitige Honorierung favorisiere technische Disziplinen wie die Radiologie, während die aufwendige sprechende Medizin im hausärztlichen Bereich im unteren Drittel der Einkommensskala liege.

Die Kritik ist nicht neu, erhält aber angesichts der zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitswesens eine neue Dringlichkeit. Die Sorge: Wenn sich die Entwicklung ungebremst fortsetzt, droht langfristig eine medizinische Versorgung, in der wirtschaftliche Interessen den ärztlichen Ethos verdrängen.

Die Warnungen der Hausärzte verdienen ernsthafte Beachtung. Wenn Investoren die Struktur der medizinischen Versorgung verändern, steht nicht weniger als das Vertrauen der Bevölkerung in ein solidarisches Gesundheitssystem auf dem Spiel. Die medizinische Behandlung darf kein Geschäftsmodell sein, das allein betriebswirtschaftlichen Logiken folgt. Gerade in der hausärztlichen Versorgung braucht es Stabilität, Kontinuität und Nähe zum Patienten – Werte, die mit kurzfristigen Renditeinteressen kaum vereinbar sind. Die Politik ist gefordert, klare Leitplanken zu setzen. Ein starker hausärztlicher Bereich darf nicht dem freien Spiel des Marktes überlassen werden.

 

Tamoxifen bleibt Minusgeschäft – Festbetragserhöhung ohne Wirkung

Trotz einer politisch initiierten Festbetragserhöhung bleibt die Herstellung des Brustkrebsmedikaments Tamoxifen für Generikahersteller wirtschaftlich unattraktiv. Drei Jahre nach dem massiven Lieferengpass infolge des Produktionsstopps eines wichtigen Wirkstoffherstellers zeichnet sich weiterhin keine tragfähige Lösung für die dauerhafte Versorgung ab. Der jetzt angehobene Festbetrag könne laut Branchenvertretern die strukturellen Probleme nicht kompensieren, da andere preisregulierende Maßnahmen die Entlastung neutralisieren.

Tamoxifen gilt als versorgungsrelevanter Wirkstoff in der adjuvanten Therapie hormonrezeptor-positiver Mammakarzinome und ist in der onkologischen Nachsorge von zentraler Bedeutung. Dennoch erhalten Hersteller für eine Dreimonatspackung lediglich 8,80 Euro – ein Betrag, der angesichts der Produktionskosten nicht kostendeckend ist. Zwar wurde im Rahmen des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) die Möglichkeit geschaffen, den Festbetrag für kritische Wirkstoffe um 50 Prozent anzuheben, doch die Wirkung bleibt in der Praxis begrenzt.

Der Grund: Weiterhin gültige Rabattverträge und Regulierungsinstrumente wie die 4G-Regelung oder Generikarabatte führen dazu, dass die zusätzlichen Einnahmen nicht bei den Herstellern ankommen, sondern den Krankenkassen zugutekommen. Apotheker sind zudem verpflichtet, eines der vier günstigsten Präparate abzugeben – eine Regelung, die den Preiswettbewerb weiter verschärft. In der Konsequenz können selbst moderate Preisanhebungen die Produktion nicht wirtschaftlich machen.

Als Beispiel wird der Hersteller Sandoz genannt, der während der damaligen Versorgungskrise durch zusätzliche Produktionsmengen am Standort Barleben eine drohende Marktlücke kurzfristig schließen konnte. Dass selbst solche Unternehmen langfristig keine Perspektive zur rentablen Herstellung haben, unterstreicht die Dringlichkeit struktureller Reformen.

Fachkreise bewerten die Festbetragserhöhung dennoch als wichtiges Signal des Gesetzgebers, warnen jedoch vor einem zu großen Vertrauen in isolierte Maßnahmen. Die politischen Zielsetzungen – Erhalt der Anbietervielfalt, Absicherung der Versorgung und Vermeidung weiterer Marktaustritte – seien zwar richtig, ließen sich mit dem derzeitigen Regelwerk jedoch nicht erreichen. Es fehle an kohärenten Lösungsansätzen, die das Zusammenspiel aller preispolitischen Mechanismen berücksichtigen.

Die Festbetragserhöhung für Tamoxifen zeigt ein grundlegendes Dilemma deutscher Gesundheitspolitik: Symbolpolitik ersetzt keine strukturelle Reform. Während der Gesetzgeber versucht, mit punktuellen Anpassungen Versorgungssicherheit zu schaffen, bleibt die Realität von Kostendruck und Marktzwängen unbeachtet. Hersteller produzieren unterhalb der Wirtschaftlichkeit, Apotheken kämpfen mit starren Abgaberegeln, und Krankenkassen profitieren von Mechanismen, die die Marktattraktivität untergraben. Wer ernsthaft Engpässen vorbeugen will, muss das System neu denken – statt nur an einzelnen Stellschrauben zu drehen. Die Versorgung darf nicht am Preis scheitern.

 

Ibuprofen zwischen Schutz und Risiko: Neue Studie stellt Alzheimer-Wirkung infrage

Ibuprofen, eines der am häufigsten verwendeten Schmerzmittel, zeigt in einer aktuellen Studie ein widersprüchliches Wirkungsmuster auf zentrale Hirnfunktionen. Forschende konnten sowohl potenziell schützende als auch möglicherweise schädliche Effekte im Zusammenhang mit Alzheimer-Demenz feststellen. Die Untersuchung basiert auf der Analyse menschlicher Nervenzellen in vitro und stellt den Einfluss des nichtsteroidalen Antirheumatikums auf bestimmte Lipidklassen im Gehirn in den Mittelpunkt.

Konkret beobachtete das Forschungsteam, dass Ibuprofen die Konzentration der Lipide Phosphatidylcholin und Sphingomyelin erhöht – zwei essentielle Bestandteile der neuronalen Zellmembranen. Diese Stoffe sind bei Alzheimer-Patienten typischerweise vermindert, was mit einer gestörten Kommunikation zwischen Nervenzellen und erhöhter Zellanfälligkeit in Verbindung steht. Die Zunahme dieser Lipide wird daher als möglicher positiver Effekt gewertet, der eine stabilisierende Wirkung auf Synapsen und Zellfunktionen entfalten könnte.

Gleichzeitig traten jedoch auch potenziell nachteilige Veränderungen auf. So erhöhte sich unter Ibuprofen-Einfluss der Spiegel von Triacylglyceriden – Neutralfetten, die sich als Fetttropfen im Zellinneren ansammeln können und im Verdacht stehen, Stoffwechselprozesse im Gehirn negativ zu beeinflussen. Zusätzlich wurde ein Rückgang der sogenannten Plasmalogene festgestellt. Diese speziellen Lipide wirken antioxidativ und schützen Zellen vor oxidativem Stress. Ihr bereits bei Alzheimer-Patienten reduzierter Spiegel wurde durch die Behandlung mit Ibuprofen weiter abgesenkt.

Die Ergebnisse verdeutlichen die Komplexität pharmakologischer Einflüsse auf das zentrale Nervensystem. Während bestimmte Wirkmechanismen von Ibuprofen potenziell neuroprotektiv erscheinen, könnten andere Effekte langfristig das Risiko für zelluläre Schäden erhöhen. Wie sich diese gegenläufigen Prozesse im Gesamtorganismus tatsächlich auswirken, bleibt bislang unklar.

Die Studie liefert damit keine eindeutige Handlungsempfehlung, sondern betont vielmehr die Notwendigkeit weiterer Forschung. In zukünftigen Arbeiten könnte der Fokus auf der Entwicklung von Substanzen liegen, die selektiv positive Lipidveränderungen hervorrufen, während unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden. Die Rolle etablierter Schmerzmittel bei neurodegenerativen Erkrankungen muss differenzierter betrachtet werden als bislang angenommen.

Die neuen Erkenntnisse zur Wirkung von Ibuprofen im Zusammenhang mit Alzheimer-Demenz verdeutlichen einmal mehr die Doppelnatur pharmakologischer Substanzen. Was einerseits als potenziell hilfreich gilt, kann unter bestimmten Umständen auch schaden. Die verbreitete Hoffnung, mit bekannten Entzündungshemmern unkompliziert präventiv gegen neurodegenerative Erkrankungen vorgehen zu können, erhält durch die aktuellen Daten einen deutlichen Dämpfer.

Zugleich zeigen die Ergebnisse aber auch, dass bereits etablierte Wirkstoffe neue Einsichten in biochemische Zusammenhänge liefern können – vorausgesetzt, sie werden unter kontrollierten Bedingungen und mit einem klaren Forschungsansatz untersucht. Entscheidend wird sein, nicht vorschnell aus In-vitro-Daten klinische Schlüsse zu ziehen, sondern langfristig angelegte Studien zu initiieren, die die tatsächliche Relevanz im menschlichen Organismus bewerten.

Die Studie mahnt zu wissenschaftlicher Besonnenheit: Statt auf schnelle pharmakologische Lösungen zu setzen, braucht es differenzierte Bewertungen und zielgerichtete Weiterentwicklungen. Ibuprofen bleibt damit ein bekanntes Präparat mit unerwartetem Potenzial – und ebenso mit bisher unterschätzten Risiken.

 

Gericht lehnt Cannabis bei ADHS ab – Keine Lockerung durch neues Gesetz

Trotz der Entkriminalisierung von Cannabis im April 2024 bleibt der Zugang zu medizinischem Cannabis für ADHS-Patienten weiterhin streng reglementiert. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass gesetzlich Versicherte mit ADHS keinen Anspruch auf eine Therapie mit Cannabis haben, wenn keine fundierte ärztliche Begründung vorliegt. Auch die seit April geltende neue Gesetzeslage ändert daran nichts.

Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei ADHS zwar um eine schwerwiegende Erkrankung. Dennoch stehen zur Behandlung anerkannte medizinische Standardtherapien zur Verfügung, die Vorrang genießen. Eine Verordnung von Cannabis komme daher nur in Betracht, wenn der behandelnde Vertragsarzt eine ausführliche, medizinisch nachvollziehbare Beurteilung vorlegt. Diese müsse unter anderem Angaben zur bisherigen Medikation, zu Wirkungen und Nebenwirkungen sowie zu nichtmedikamentösen Therapieansätzen enthalten. Zudem müsse eine kritische Abwägung erfolgen, ob die Standardbehandlungen tatsächlich ausgeschöpft und unzureichend seien, und welche Risiken mit einer Cannabisanwendung verbunden wären.

Im konkreten Fall hatte ein heute 44-jähriger Mann die Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisblüten der Sorte Bedrocan beantragt. Der Patient leidet unter ADHS im Erwachsenenalter sowie an weiteren psychiatrischen Diagnosen wie bipolarer Störung, Zwangsstörung und einer Persönlichkeitsstörung. Er wies auf erfolglose Therapieversuche mit Medikamenten wie Medikinet und Strattera sowie auf starke Nebenwirkungen hin. Eine Behandlung mit Lisdexamphetamin wurde aufgrund eines früheren Amphetaminkonsums und einer bestehenden Bipolarität ausgeschlossen. Die Krankenkasse verweigerte die Genehmigung, nachdem der Medizinische Dienst keine Empfehlung für die Kostenübernahme ausgesprochen hatte.

Das Gericht kritisierte insbesondere, dass die ärztliche Stellungnahme lediglich aus einem ausgefüllten Fragebogen bestand und keine detaillierten Angaben zu Dauer, Dosierung und konkreten Auswirkungen der bisherigen Therapien enthielt. Auch sei auf mögliche nichtmedikamentöse Alternativen nicht eingegangen worden. Eine strukturierte Nutzen-Risiko-Abwägung fehle ebenso wie eine Auseinandersetzung mit den potenziellen Gefahren einer Cannabistherapie – ein Punkt, der angesichts der bekannten Suchtproblematik des Patienten besonders relevant gewesen wäre.

Mit Blick auf das neue Cannabisgesetz, das Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz entlässt, stellte das Gericht klar, dass sich daraus keine veränderten Maßstäbe für die Versorgung gesetzlich Versicherter ableiten lassen. Die sozialrechtlichen Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen blieben unverändert. Auch das Bundessozialgericht sehe weiterhin keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS.

Die aktuelle S3-Leitlinie spricht sich explizit gegen den Einsatz von Cannabinoiden zur Behandlung von ADHS aus. Auch eine umfangreiche Auswertung des zentralen ADHS-Netzes hatte bereits 2019 ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis festgestellt. Insofern könne offenbleiben, ob in Einzelfällen geringe Erfolgsaussichten bestehen – denn selbst diese würden einen Anspruch nur dann begründen, wenn die übrigen medizinischen Voraussetzungen erfüllt sind.

Das Urteil des Landessozialgerichts ist ein deutliches Signal an Patienten, Ärzte und Krankenkassen: Die Entkriminalisierung von Cannabis führt nicht automatisch zu einer erleichterten medizinischen Nutzung auf Kassenkosten. Der Gesetzgeber hat zwar die rechtliche Bewertung der Substanz verändert, nicht aber die Anforderungen an die medizinische Versorgung im gesetzlichen System gesenkt. Das Sozialrecht bleibt von politischen Symbolmaßnahmen unberührt.

Besonders heikel ist der Fall auch deshalb, weil er zeigt, wie wichtig eine sorgfältige ärztliche Dokumentation ist. Ein ausgefüllter Fragebogen ersetzt keine medizinische Begründung, schon gar nicht bei einem so umstrittenen Einsatzgebiet wie der ADHS-Therapie mit Cannabis. Auch die Kritik des Gerichts an der fehlenden Abwägung von Risiken ist berechtigt – vor allem, wenn eine Suchterkrankung in der Vorgeschichte besteht.

Wer Cannabis als Kassenleistung verordnet haben will, muss nachweisen, dass alle Alternativen versagt haben und eine klare medizinische Indikation besteht. Daran hat sich durch das neue Gesetz nichts geändert – und das ist auch gut so. Denn die Sicherheit der Patienten sollte nicht hinter Legalisierungsdebatten zurückstehen.

 

Wasser statt Papier – neue Maßstäbe bei der Toilettenhygiene

Während in Deutschland Toilettenpapier als Standard gilt, setzen zahlreiche Länder weltweit längst auf eine Alternative: die Reinigung mit Wasser. Ob durch Dusch-WCs, Handbrausen oder Bidets – der Verzicht auf Papier ist in vielen Regionen Asiens, des Nahen Ostens, Nordafrikas und Südeuropas längst Alltag. Der hygienische und gesundheitliche Nutzen der Wasserreinigung rückt auch hierzulande zunehmend in den Fokus.

Die herkömmliche Reinigung mit trockenem Papier entfernt zwar sichtbare Rückstände, gilt aber aus medizinischer Sicht nicht als optimal. Dermatologen weisen darauf hin, dass die mechanische Reibung durch trockenes Toilettenpapier zu mikrotraumatischen Verletzungen führen kann, insbesondere bei empfindlicher Haut im Analbereich. Die Folge können Entzündungen, Analfissuren oder eine Verschlechterung bestehender Hämorrhoiden sein.

Wasser hingegen reinigt schonend, ohne Reibung und ohne zusätzliche Reizstoffe. Gerade bei Menschen mit Hautproblemen, Allergien oder chronischen Beschwerden im Intimbereich bietet Wasser eine verträglichere Lösung. Der Einsatz lauwarmen Wassers mit moderatem Druck kann laut Fachärzten die Haut schonen und den Heilungsverlauf bei entzündlichen Erkrankungen unterstützen.

Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Umweltbilanz. Zwar verbrauchen Dusch-WCs oder Handbrausen aktiv Wasser, der Ressourcenaufwand für die Produktion von Toilettenpapier liegt jedoch deutlich höher. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Deutschland bei rund 134 Rollen jährlich – ein ökologisch relevanter Faktor, der zunehmend kritisch hinterfragt wird.

Internationale Studien liefern ein gemischtes Bild. Während manche Analysen Keimbelastungen an Warmwasserdüsen kritisieren, betonen andere die deutlich geringere mikrobielle Verunreinigung der Hände nach Nutzung eines Dusch-WCs im Vergleich zur alleinigen Verwendung von Papier. Auch mögliche Risiken wie Juckreiz oder Hautirritationen durch zu intensiven Gebrauch von Wasserstrahlen sind dokumentiert, lassen sich jedoch durch sachgerechte Anwendung vermeiden.

Feuchtes Toilettenpapier, oft als Mittelweg genutzt, gilt nur bedingt als geeignete Alternative. Enthaltene Duftstoffe und Konservierungsmittel können die Haut zusätzlich belasten. Empfohlen wird allenfalls unparfümiertes, sanft formuliertes Papier – oder das Anfeuchten von trockenem Papier mit klarem Wasser als pragmatische Übergangslösung.

Ob in Japan mit hochtechnisierten Washlets, in Thailand mit der Handbrause oder in Italien mit dem klassischen Bidet – Wasser ist vielerorts längst Teil der alltäglichen Intimhygiene. In Deutschland hingegen bleibt es bislang eine Ausnahme. Dennoch mehren sich die Stimmen, die für eine neue Kultur der Toilettenhygiene plädieren – mit Blick auf Gesundheit, Komfort und Umwelt.

Die Debatte über Toilettenhygiene mag banal wirken, berührt jedoch zentrale Fragen von Gesundheit, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit. Der jahrzehntelange Vorrang von Toilettenpapier ist kulturell geprägt, aber keineswegs medizinisch begründet. Es ist an der Zeit, hygienische Standards neu zu denken – ohne Berührungsängste. Die Einführung wasserbasierter Reinigungsmethoden verdient ernsthafte Beachtung, nicht als exotischer Luxus, sondern als gesundheitlich und ökologisch überlegene Alternative. Wer langfristig denkt, spart nicht nur Papier, sondern schützt auch die Haut.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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