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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Der Handverkaufstisch galt lange als zentrales Element der Apotheke – als Ort der persönlichen Beratung, fachlichen Verantwortung und unmittelbaren Nähe zum Patienten. Doch inzwischen ziehen sich viele Mitarbeitende spürbar aus dem direkten Kundenkontakt zurück. Unter dem Druck wachsender Aufgaben, personeller Engpässe und emotional belastender Situationen verliert die sogenannte Königsdisziplin ihren festen Platz im Arbeitsalltag. Der schleichende Rückzug vom HV-Tisch steht sinnbildlich für eine tiefere Krise im Apothekenwesen – und zwingt Betriebe wie Politik zum Umdenken, wenn die persönliche Beratung als Kernelement der Versorgung erhalten bleiben soll.
In vielen Apotheken im Bundesgebiet zeichnet sich eine tiefgreifende Veränderung ab, die bislang meist nur intern besprochen, in ihrer Tragweite aber selten öffentlich thematisiert wurde: Der Handverkaufstisch (HV-Tisch), traditionell der Ort der persönlichen Beratung und direkter Patienteninteraktion, verliert spürbar an Bedeutung. Immer häufiger ziehen sich Mitarbeitende aus der unmittelbaren Kundenberatung zurück. Der HV-Tisch bleibt leer oder wird lediglich zur Warenabgabe genutzt, während der eigentliche Dialog auf ein Minimum reduziert wird. Eine Entwicklung, die als stilles Symptom einer strukturellen Überlastung gelesen werden muss – nicht als individuelles Versagen.
Der Rückzug vom HV-Tisch ist Ausdruck eines vielschichtigen Spannungsverhältnisses zwischen gestiegenen Anforderungen und fehlenden betrieblichen Ressourcen. Während Apotheken in den vergangenen Jahren zunehmend mit neuen Aufgaben betraut wurden – etwa Impfleistungen, pharmazeutische Dienstleistungen, Medikationsanalysen oder die Verarbeitung von E-Rezepten –, hat sich die personelle und strukturelle Ausstattung vielerorts nicht in gleichem Maß weiterentwickelt. Das Ergebnis ist ein Arbeitsalltag, der durch hohe Taktung, permanente Unterbrechungen, zunehmende Kundenansprüche und komplexe organisatorische Abläufe geprägt ist.
Gerade am HV-Tisch verdichten sich diese Herausforderungen. Mitarbeitende stehen hier nicht nur unter Zeitdruck, sondern auch unter Erwartungsdruck. Sie sollen medizinisch fundiert beraten, empathisch auf die Kundschaft eingehen, Konflikte entschärfen und gleichzeitig den Betrieb aufrechterhalten. In der Realität ist diese Aufgabe häufig kaum noch mit der gebotenen Sorgfalt erfüllbar. Das Beratungsgespräch, eigentlich die Königsdisziplin des Apothekenberufs, verkommt unter diesen Bedingungen zur Pflichtübung – oder bleibt ganz aus.
Zahlreiche Apothekenleitungen berichten übereinstimmend von einer wachsenden Zurückhaltung im Team, was den Einsatz am HV-Tisch betrifft. Die Gründe reichen von Überforderung über Unsicherheit bis hin zu fehlender Anerkennung. In vielen Betrieben fehlt es an strukturierten Zeitfenstern für Beratung, an Rückzugsräumen bei emotional belastenden Situationen und an einer klaren Aufgabenverteilung. Oft übernehmen immer dieselben Mitarbeitenden die Beratung, während andere sich gezielt in Hintergrundtätigkeiten zurückziehen – ein Ungleichgewicht, das mittel- und langfristig zu Spannungen im Team führt.
Besonders problematisch ist, dass dieser Rückzug häufig nicht offen kommuniziert wird. Stattdessen etabliert sich in manchen Betrieben eine stille Kultur der Vermeidung: Der HV-Tisch wird nur auf Nachfrage besetzt, Gespräche werden delegiert oder verkürzt. Das führt nicht nur zu einem Verlust an Beratungsqualität, sondern auch zu einem schleichenden Vertrauensverlust auf Seiten der Kundschaft. Denn gerade in sensiblen gesundheitlichen Fragen ist die persönliche, fundierte und empathische Beratung entscheidend – und kann durch digitale Anwendungen oder Versandmodelle nicht ersetzt werden.
Für Apothekenleitungen ergibt sich daraus ein klarer Handlungsauftrag. Es gilt, den HV-Tisch neu zu denken – nicht als selbstverständlich besetzten Arbeitsplatz, sondern als besonders anspruchsvolle und schutzbedürftige Zone. Dazu gehört, strukturelle Voraussetzungen für Beratung zu schaffen: etwa durch rotierende Einsatzpläne, feste Beratungszeiten, Supervision bei belastenden Fällen, Kommunikationsschulungen sowie technische und organisatorische Entlastung in anderen Bereichen. Auch das Team muss stärker einbezogen werden – durch offene Gespräche über Belastung, regelmäßige Rückmeldungen und eine Kultur, die den Wert der Beratung klar herausstellt.
Zudem braucht es eine politische und standespolitische Debatte darüber, welchen Stellenwert die persönliche Beratung künftig haben soll. Wer sie aufrechterhalten will, muss sie besser absichern – finanziell, personell und organisatorisch. Andernfalls droht dem HV-Tisch nicht nur der Bedeutungsverlust, sondern seine funktionale Entleerung. Und mit ihm verliert die Apotheke vor Ort eines ihrer letzten Alleinstellungsmerkmale gegenüber einem zunehmend standardisierten und anonymisierten Gesundheitsmarkt.
Der Rückzug vom HV-Tisch ist keine Randnotiz – er ist ein Indikator für eine fundamentale Krise der Arbeitsbedingungen in Apotheken. Was einst als Herzstück des Berufs galt, wird heute vielerorts als Risikozone erlebt: unvorhersehbare Gesprächsdynamiken, aggressive Kundschaft, zu wenig Zeit, zu viele Aufgaben. Die Reaktion vieler Mitarbeitenden – Rückzug, Vermeidung, innere Kündigung – ist keine persönliche Schwäche, sondern ein logischer Selbstschutz in einem System, das Beratung fordert, aber nicht mehr ermöglicht.
Diese Entwicklung offenbart ein doppeltes Versäumnis: auf betrieblicher wie politischer Ebene. Apothekenleitungen, die weiterhin den HV-Tisch besetzen wollen, müssen mehr tun, als Dienstpläne zu schreiben. Sie müssen aktiv zuhören, Belastung ernst nehmen, Aufgaben neu verteilen und Beratung strukturell absichern. Wer das nicht tut, riskiert nicht nur die Qualität des Gesprächs, sondern auch das Vertrauen und die Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Beruf.
Gleichzeitig sind Berufsverbände und Politik gefordert, die Beratung nicht nur rhetorisch zu verteidigen, sondern konkret zu stärken. Dazu gehören auskömmliche Vergütungsmodelle, der Abbau unnötiger Bürokratie, eine bessere personelle Ausstattung und Schutzkonzepte für den Kundenkontakt. Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, dass die Apothekenberatung auch dann noch funktioniert, wenn man sie beständig weiter belastet, aber nicht stützt.
Der HV-Tisch ist ein Spiegel: Wer hinschaut, sieht, wie es um das System steht. Im Moment zeigt er Erschöpfung, Rückzug und stille Vermeidung. Doch er könnte auch wieder zeigen, was ihn einst auszeichnete: fachliche Stärke, menschliche Nähe, verantwortungsvolle Kommunikation. Dafür braucht es keine Appelle, sondern echte Veränderung – auf allen Ebenen. Nur so kann die Königsdisziplin der Apotheke gerettet werden, bevor sie endgültig zur Fußnote wird.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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