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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
INTERVIEW BARBARA STEFFENS
Berlin - In Nordrhein-Westfalen ist seit einer Woche eine rot-grüne Minderheitsregierung an der Macht. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat Barbara Steffens als Gesundheitsministerin ins Kabinett geholt. Die Grünen-Politikerin verlangt auch von den Apothekern an Rhein und Ruhr ein Umdenken. Gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärte sie, wo sie die Herausforderungen für Apotheken sieht und was sie gegen Sonderangebote bei Arzneimitteln hat.
Umdenken erforderlich: Die nordrhein-westfälische
Gesundheitsministerin Barbara Steffens will die Rolle der Apotheken
stärken. Foto: Staatskanzlei/Sondermann
ADHOC: Was sind die drängenden gesundheitspolitischen Probleme in NRW?
STEFFENS: Wir müssen NRW nicht nur gesundheitspolitisch demografiefest
machen, sondern auch die flächendeckende Versorgung im ambulanten und
stationären Bereich garantieren.
ADHOC: Was können die Apotheken da beitragen?
STEFFENS: Die Apotheker müssen sich wieder verstärkt als Heilberufler
einen Platz im System suchen. Gerade in ländlichen Gebieten können sie
wichtige zusätzliche Aufgaben übernehmen. Die reine Abgabe von
Arzneimitteln und Beratung in der Apotheke kann nicht alles sein. Ich
möchte aber niemandem eine Rolle zuschreiben und freue mich auf einen
offenen Diskurs mit den Apothekern und den anderen Akteuren im
Gesundheitssystem.
ADHOC: Wie sehen Sie Apotheken heute?
STEFFENS: Für die Patienten muss deutlicher klar sein, dass es nicht
Ziel der Apotheke ist, möglichst viele Arzneimittel zu verkaufen. Ich
kenne viele inhabergeführte Apotheken, die ihre Rolle als Heilberufler
sehr ernst nehmen. Aber es gibt auch Sonderangebote im
Schmerzmittelbereich, die ich aus heilberuflicher Sicht problematisch
finde.
ADHOC: Aber die Apotheken sollen doch in Preiswettbewerb treten.
STEFFENS: Natürlich kann und soll es diesen Wettbewerb geben. Aber
bitte keine Rabatte auf größere Packungen oder 3-für-2-Angebote. Denn
damit animiere ich die Menschen zum Mehrverbrauch von Arzneimitteln.
Eine Sonderangebotspolitik passt einfach nicht zu potentiell
gesundheitsschädlichen Produkten.
ADHOC: Wie ist das bei Versandapotheken?
STEFFENS: Ich habe grundsätzlich ein Problem, wenn Medikamente ohne
Beratung an Patienten abgegeben werden. Das mag in Einzelfällen bei
Chronikern funktionieren, sollte aber nicht der Regelfall sein. Für
mich ist es etwas anderes, ob man sich gegenüber steht oder die
Beratung am Telefon oder per E-Mail stattfindet.
ADHOC: Sollte bei den Apotheken mehr gespart werden?
STEFFENS: Im Moment kann ich noch nicht einschätzen, ob es da
Wirtschaftlichkeitsreserven gibt. Aber eines ist klar: Wenn man jetzt
über die Apothekenbetriebsordnung den Hahn zudreht bei den
Nebenprodukten, werden die Reserven kleiner. Ich sehe auch überhaupt
keinen Grund für einen solchen Eingriff in einen laufenden Betrieb. Und
gerade im ländlichen Raum müssen die Apotheken oft auch Teile einer
Drogeriemarktfunktion erfüllen.
ADHOC: Der Apotheker sollte also im Zusatzsortiment Kaufmann sein?
STEFFENS: Marktwirtschaftliche Aspekte sollten nie an erster Stelle
stehen. Wir reden hier nicht von einem normalen Wirtschaftszweig.
Apotheken sind etwas anderes als Supermarktketten. Deshalb habe ich
mich auch immer für das Fremdbesitzverbot eingesetzt. In dem Moment, wo
solche übergeordneten Interessen die Arzneimittelversorgung
beeinflussen, wird das Heilberufliche vernachlässigt.
Alexander Müller, Donnerstag, 22. Juli 2010, 16:18 Uhr
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