Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland / Ausgabe Juli
Essen - Ob Horst Seehofer
oder Andrea Fischer, ob Ulla Schmidt oder jetzt Philipp Rösler -
Gesundheitsminister scheinen nicht imstande zu sein, das Problem einer
sauberen und nachhaltigen Finanzierung der Gesetzlichen
Krankenversicherung zu lösen. Alles lief und läuft immer nach dem
gleichen Schema ab: Schröpfen und sparen - bei Patienten, bei
Versicherten, bei den Anbietern der Leistungen im Gesundheitswesen - nur
nicht bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen.
In ihrer Juli-Ausgabe greift die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für
Deutschland das Thema auf und zeigt die Unsinnigkeit und die Gefahren
der drastischen Sparmaßnahmen auf. Dass am Ende die Versicherten und -
nach letzten Meldungen - auch wieder die Unternehmen den Großteil der
fehlenden Finanzierung tragen müssen, war angesichts der desolaten
Kassenlage des von Ulla Schmidt (SPD) eingeführten Gesundheitsfonds
nicht anders zu erwarten.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint
deutschlandweit mit einer Auflage von einer Million Exemplaren und ist
kostenlos in Apotheken erhältlich.
KOPFPAUSCHALE DURCH DIE HINTERTÜR?
Zwangssparen alleine macht unser Gesundheitssystem nicht krisenfester.
Alle Jahre wieder: Ob AOK-Chef Dr. Herbert Reichelt oder Birgit Fischer,
Vorstandsvorsitzende der Barmer BEK, ob Ingo Kailuweit, Chef der
KKH-Allianz, oder Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbandes, - sie
alle sehen für das nächste Jahr schwarz für die Finanzen der
Gesetzlichen Krankenversicherung: 11 Milliarden Euro fehlen. Deshalb
fordern sie unisono und nachdrücklich die Politik zum sofortigen Handeln
- sprich, natürlich zum Sparen auf. Was sonst?
Und so sparen sie denn wieder. "Sie" - das sind diesmal die
Gesundheitspolitiker Jens Spahn (CDU) und Dr. Rolf Koschorrek (CDU).
Jens Spahn hat im münsterländischen Städtchen Ahaus Abitur gemacht und
eine Banklehre in Münster absolviert. Er ist gerade 30 geworden und
schon gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU. Dr. Koschorrek ist
immerhin gestandener Zahnarzt und Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
im Gesundheitsausschuss. Den beiden Gesundheitsexperten hatten die
Spitzen der Koalition aufgetragen, vier Milliarden (!) Euro an
Einsparungen im Gesundheitswesen zu identifizieren und sie dem
Koalitionsausschuss vorzutragen.
Keine leichte Arbeit für die beiden, aber auch nicht allzu schwer. Man
muss natürlich ein bisschen mit Millionen jonglieren können, und man
muss die "Verursacher" der Ausgaben im Gesundheitswesen kennen, als da
wären: die Arzneimittelindustrie, die Krankenhäuser, die Ärzte, der
pharmazeutische Großhandel und die Apotheken. Dann muss man nur noch
die einzusparenden vier Milliarden möglichst gleichmäßig auf alle
Gruppen verteilen - fertig. Wenn alle sich beklagen, hat man es richtig
gemacht.
Erinnern wir uns: Die Krankenhäuser schieben einen dringend benötigten
Investitionsbedarf von mehr als 50 Milliarden Euro vor sich her, am
Personal wird seit Jahren ebenso gespart wie an den Vergütungsstrukturen
für die Pflegekräfte. Und nicht wenige Patienten rümpfen die Nase über
einen Mangel an Sauberkeit in ihren Zimmern - auch dies sichtbarer
Ausdruck von Sparmaßnahmen. Jetzt sollen die Krankenhäuser auf Vorschlag
der beiden Experten noch einmal 850 Millionen im Jahr einsparen. Dabei
steigen die Kosten der Kliniken zwangsläufig: Gerade erst hat man, nach
Jahren der Blockade, den Krankenhausärzten endlich eine angemessenere
Vergütung zugestanden. Wo da noch gespart werden soll, weiß niemand.
Doch - Jens Spahn weiß es: "In den Ballungsräumen haben wir eher zu
viele als zu wenige Krankenhäuser". Das hat er in einem Interview dem
"Ärzteblatt" gesagt. Wieder eine dieser vordergründig griffigen Aussagen
eines Gesundheitspolitikers, doch deshalb muss sie nicht richtig sein.
Wenn es denn stimmt, dass eine dramatische Überalterung der Gesellschaft
vor uns liegt - und nur deshalb gibt es ja die ganzen Diskussionen um
eine krisenfestere Zukunft der Sozialsysteme -, dann werden immer mehr
Menschen immer älter. Und ab einem Alter von 60 Jahren steigt der
Patientenanteil im Krankenhaus dramatisch an - nachzulesen in der
Gesundheitsberichterstattung des Bundes auf http://www.gbe-bund.de . Weniger Krankenhäuser also? Das ist - auf die Zukunft
bezogen - töricht, falsch und gefährlich.
Oder nehmen wir die niedergelassenen Ärzte: Die Hälfte ihres Einkommens
haben die Mediziner in den letzten 20 Jahren inflationsbereinigt
verloren. Das hat das Hamburger Institut Statista in einem umfangreichen
Gehaltsreport im Auftrag der Zeitschrift "Stern" ermittelt. Die Folgen
sind sichtbar: aussterbende Arztpraxen auf dem Lande, Exodus der Ärzte
in Länder, die ihre Arbeit höher schätzen, und Flucht in die Industrie.
Hinzu kommt die wachsende Zahl älterer Ärzte, die in Pension gehen. Der
Ärztemangel in Deutschland ist also vorprogrammiert.
Doch die beiden Gesundheitsexperten schlagen vor, den gerade erst
vereinbarten, dringend notwendigen Honoraranstieg zur Hälfte wieder zu
kassieren. Das soll 500 Millionen einsparen. Damit löst man den
Ärztemangel auf dem Lande sicher nicht auf.
Wo die Ärzte bluten sollen, dürfen die Apotheker nicht fehlen. Das ist
man der Gerechtigkeit schuldig. Für den enormen Mehraufwand in den
Apotheken für die Verwaltung der von allen Beteiligten - außer den
Krankenkassen - ungeliebten Rabattverträge für Generika hat man gerade
den Apotheken einen Kostenersatz zugestanden. Den wollen die
Krankenkassen jetzt wieder kassieren.
Das ist noch nicht alles: 150 000 verschiedene Arzneimittel und
Gesundheitsprodukte werden in Apotheken an Patienten und Kunden
abgegeben. Die kann eine Apotheke nicht alle vorrätig halten. Sie muss
beim Großhandel bestellen. Der logistische Aufwand ist enorm. Apotheken
bekommen für kluge und rationelle Bestellungen beim Großhandel einen
Rabatt. Das ist in jedem Wirtschaftszweig üblich. Viele Apotheken können
ohne diesen Rabatt nur schwer überleben.
Die Gesundheitspolitiker Spahn und Koschorrek schlagen vor, diese
Rabatte den Apotheken abzunehmen und sie den Gesetzlichen Kassen zu
geben - ohne Gegenleistung natürlich. 400 Millionen soll das bringen.
Dass Arzneimittel Geld kosten, ist nicht neu. Neu ist, dass
hochwirksame, biotechnisch entwickelte Medikamente für bestimmte
Krankheiten aufgrund immenser Forschungskosten so teuer sind, dass
kleine Krankenkassen pleitegehen können, wenn sie nur zwei oder drei
Patienten mit einer dieser extrem seltenen Krankheiten unter ihren
Versicherten haben. Unter den Medikamenten sind diese Arzneimittel denn
auch die größten "Kostentreiber" - so heißen sie bei den Krankenkassen.
Und Kostentreiber muss man "killen". Das weiß jeder Manager. Also plant
Gesundheitsminister Rösler, dass die Arzneimittelhersteller in Zukunft
über Preise für neue Arzneimittel verhandeln müssen, statt sie einfach
festzulegen. Das hört sich gut an, doch wer garantiert, dass Hersteller,
um den in ihren Augen "richtigen" Preis durchzusetzen, nicht vorher den
Rabatt auf den Verhandlungspreis aufschlagen? Schließlich sind
Arzneimittelhersteller auch Wirtschaftsunternehmen. Und wirklich
innovative Arzneimittel sind einzigartig - Vergleichspreise gibt es
nicht.
Doch gespart werden muss. Und so wird zum 1. August auch ein
"Arzneimittel-Sparpaket" mit einem Preisstopp für Medikamente und einem
Zwangsrabatt für Arzneimittelhersteller auf den Weg gebracht. Was es
bringen soll? 1,2 Milliarden, 1,5 Milliarden, 2 Milliarden - so genau
weiß es keiner. Zahlen sollen allerdings alle Hersteller, ganz gleich,
ob sie forschen oder nicht.
Doch alles Zwangssparen reicht hinten und vorne nicht. Sieben
Milliarden fehlen immer noch. Und die müssen die Versicherten wohl
alleine aufbringen. Mit einer "Gesundheitsprämie", einer "Kopfpauschale"
oder einem "Zusatzbeitrag". Ganz gleich, wie auch immer die Belastung
heißen wird - mit 20 Euro pro Monat muss man sicher rechnen. Doch das
wird erst der Anfang sein. Genaueres wird man im Juli erfahren.
Übrigens - 8,9 Milliarden Euro gaben die Krankenkassen netto im Jahre
2009 für ihre Verwaltungskosten aus. Trotz aller Fusionen. Von Sparen
keine Rede.
LEVEL 2
Ein Kommentar der Redaktion
Planungssicherheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein
erfolgreiches Handeln als Unternehmer. Davon haben Gesundheitspolitiker
noch nie etwas gehört. Sie belasten ganze Branchen von heute auf morgen
mit Milliarden Euro. Sie jonglieren mit Summen, die einem den Atem
nehmen. Sie verteilen und kassieren wieder - ohne Sinn und Verstand. Sie
spielen mit Patienten, Versicherten und Unternehmen wie die
Jugendlichen an der Spielkonsole mit dem Joystick - wild hin und her.
Doch während die Kids am Computer Level um Level erklimmen, stürzen die
Gesundheitspolitiker immer wieder ab. Aber sie empfinden es nicht so.
Schließlich geht es "nur" um fremdes Geld.
NOWEDA eG
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