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  • 22.11.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Rechtliche, wirtschaftliche und digitale Veränderungen
    22.11.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Rechtliche, wirtschaftliche und digitale Veränderungen
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Die Schließung einer Apotheke bringt für Betreiber nicht nur das Ende ihres beruflichen Lebens, sondern auch erhebliche finanzielle und ...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Rechtliche, wirtschaftliche und digitale Veränderungen

 

Lieferengpässe, Vertragsstreitigkeiten, Krankenhausreform und die Einführung der elektronischen Patientenakte – zentrale Themen prägen die Zukunft des Gesundheitswesens

Die Schließung einer Apotheke bringt für Betreiber nicht nur das Ende ihres beruflichen Lebens, sondern auch erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken. Ein aktueller Fall zeigt, wie langjährige Softwareverträge zu hohen Forderungen führen können, selbst wenn der Betrieb eingestellt wird. Gleichzeitig kämpfen Apotheken mit Lieferengpässen, die zunehmend durch wirtschaftlich motivierte Entscheidungen von Pharmaunternehmen verschärft werden, was die Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten gefährdet. Eine positive Wendung gab es jedoch beim Medikament Agakalin, dessen Versorgung nach monatelangen Engpässen wieder gesichert ist. In der Politik steht zudem die Krankenhausreform zur Abstimmung, deren Ausgang weitreichende Folgen für die Krankenhauslandschaft hat. Im Gesundheitswesen sorgt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kostenübernahme von Cytotect für Aufsehen und verdeutlicht die Grenzen individueller Gesundheitsansprüche. Gleichzeitig nehmen Nikotinbeutel, eine unterschätzte Gefahr für Jugendliche, in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung zu. Auf der familienpolitischen Seite sorgt die neue Regelung zu Kinderkrankentagen für eine Entlastung von berufstätigen Eltern. Auch die Versorgung von KHK-Patienten gewinnt zunehmend an Bedeutung, mit einer verstärkten Rolle der Apotheker in der interdisziplinären Behandlung. In Hinblick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens stellt die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) einen Wendepunkt dar, der Apotheken vor neue Herausforderungen und Chancen stellt.

 

Vertragsstreit nach Apothekenschließung: Welche Risiken drohen und wie Betreiber sich schützen können

Die Schließung einer Apotheke bedeutet für Betreiber oft nicht nur das Ende ihres beruflichen Wirkens, sondern zieht zahlreiche finanzielle und rechtliche Herausforderungen nach sich. Ein aktueller Fall macht dies besonders deutlich: Nach der Aufgabe einer Apotheke forderte ein Softwareanbieter die Zahlung der verbleibenden Lizenzgebühren für den Rest der Vertragslaufzeit. Der Apothekenbetrieb war eingestellt, die Software nicht mehr in Gebrauch – doch die vertraglich vereinbarte Bindung bestand weiterhin. Die ursprüngliche Forderung belief sich auf einen hohen fünfstelligen Betrag, der nach zähen Verhandlungen reduziert wurde, jedoch für den ehemaligen Betreiber immer noch eine erhebliche Belastung darstellt.

Softwareanbieter argumentieren in solchen Fällen oft mit der Vertragslage. Der abgeschlossene Vertrag enthalte keine Regelungen für eine außerordentliche Kündigung im Falle einer Betriebsschließung, sodass die Zahlungspflicht bestehen bleibe. Diese Position stellt Betreiber, die aus gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen ihre Apotheke schließen müssen, vor große Probleme. Oft fehlt die finanzielle Flexibilität, um zusätzliche Kosten zu tragen, und die Notwendigkeit, rechtliche Schritte einzuleiten, erhöht den Druck.

Dieser Fall beleuchtet eine Schwachstelle in der Struktur vieler Vertragsverhältnisse, die speziell Apotheken betrifft. Betreiber stehen oft unter Zeitdruck, sei es durch akute Belastungen oder äußere Umstände, und gehen langfristige Verträge ein, ohne sich ausreichend mit deren Risiken zu befassen. Insbesondere Klauseln, die den Betrieb in außergewöhnlichen Situationen wie einer Schließung regeln, fehlen in den meisten Standardverträgen.

Eine branchenspezifische Beratung durch Rechtsanwälte oder spezialisierte Berater könnte hier Abhilfe schaffen. Doch solche Maßnahmen werden häufig als zusätzlicher Kostenfaktor wahrgenommen und nicht in Anspruch genommen – ein Fehler, der im Ernstfall teuer werden kann. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie Apothekenbetreiber sich gegen solche Szenarien absichern können, insbesondere durch den Abschluss geeigneter Versicherungen.

Eine branchenspezifische Rechtsschutzversicherung spielt dabei eine zentrale Rolle. Diese deckt nicht nur Streitfälle wie den beschriebenen ab, sondern bietet häufig auch präventive Leistungen. Dazu gehören die Prüfung von Verträgen vor Abschluss oder die Beratung in komplexen rechtlichen Angelegenheiten. Viele Versicherer bieten inzwischen auf Apotheken zugeschnittene Policen an, die sich an den besonderen Bedürfnissen dieser Branche orientieren. Für Betreiber, die langfristig planen, ist eine solche Absicherung unerlässlich.

Auch von politischer Seite könnte Unterstützung kommen. Eine stärkere Regulierung solcher Vertragsverhältnisse, etwa durch verpflichtende Klauseln für Härtefälle oder kürzere Vertragslaufzeiten, könnte Betreibern mehr Sicherheit geben. Branchenverbände fordern bereits seit Langem, dass die Verträge mit Dienstleistern flexibler gestaltet werden, insbesondere in Bezug auf außerordentliche Kündigungen bei Schließungen.

Letztlich bleibt festzuhalten, dass Betreiber, Dienstleister und die Politik gefordert sind, um gemeinsam eine Lösung für dieses Problem zu finden. Der Fall zeigt deutlich, wie wichtig ein umfassendes Risikomanagement für Apothekenbetreiber ist – von der Vertragsgestaltung bis hin zur finanziellen Absicherung durch Versicherungen. Nur so lassen sich die erheblichen Belastungen, die mit einer Schließung einhergehen können, wirksam minimieren.

Der beschriebene Fall zeigt auf eindringliche Weise, wie gravierend die Folgen starrer Vertragsbindungen für Apothekenbetreiber sein können. Der Fokus liegt oft auf den unmittelbaren Herausforderungen des Betriebs – Personalgewinnung, Kundenbindung, wirtschaftliche Stabilität. Dabei werden langfristige Risiken wie Vertragsstreitigkeiten bei einer Schließung häufig unterschätzt. Das Ergebnis: Betreiber stehen plötzlich vor Forderungen, die ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen und rechtliche Konflikte nach sich ziehen.

Die Verantwortung liegt jedoch nicht allein bei den Anbietern. Apothekenbetreiber müssen sich bewusst machen, dass jeder Vertrag eine potenzielle Kostenfalle darstellt, wenn er nicht sorgfältig geprüft wird. Hier sind Experten gefragt, die Betreiber über mögliche Risiken aufklären und beim Abschluss unterstützen. Doch die Praxis zeigt, dass viele Betreiber sich diesen Aufwand sparen, um kurzfristig Zeit oder Geld zu sparen – eine Entscheidung, die sich später rächen kann.

Eine branchenspezifische Rechtsschutzversicherung ist in diesem Kontext kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie bietet nicht nur finanzielle Sicherheit im Streitfall, sondern auch präventive Unterstützung durch Vertragsprüfungen und juristische Beratung. Besonders in einer Branche, die zunehmend unter wirtschaftlichem Druck steht, können solche Leistungen entscheidend sein, um existenzielle Risiken abzufedern.

Gleichzeitig sollten Softwareanbieter und andere Dienstleister stärker auf die Bedürfnisse der Apotheken eingehen. Der Verweis auf die Vertragslage mag rechtlich korrekt sein, ignoriert jedoch die Realität vieler Betreiber, die aus unvorhersehbaren Gründen ihren Betrieb aufgeben müssen. Flexiblere Vertragsmodelle, die außergewöhnliche Umstände berücksichtigen, wären nicht nur ein Zeichen von Kundenorientierung, sondern auch ein Beitrag zur Stärkung des Vertrauens in solche Dienstleistungsbeziehungen.

Auch die Politik sollte aktiv werden. Verpflichtende Regelungen für Dienstleister, etwa durch Standards für Kündigungsrechte in Härtefällen, könnten dazu beitragen, die rechtliche und finanzielle Stellung von Apothekenbetreibern zu verbessern. Gleichzeitig könnten Branchenverbände verstärkt auf die Sensibilisierung ihrer Mitglieder setzen, um die Bedeutung von Risikomanagement und Absicherung stärker ins Bewusstsein zu rücken.

Der Fall ist ein deutlicher Weckruf für alle Beteiligten. Nur durch eine Kombination aus präventiven Maßnahmen, verbesserter Kundenorientierung und politischer Unterstützung können solche Konflikte künftig vermieden werden. Apothekenbetreiber stehen vor komplexen Herausforderungen – die richtige Absicherung und vorausschauendes Handeln können ihnen helfen, diese erfolgreich zu bewältigen.

 

Reform oder Rückschritt? Streit um ABDA-Satzungsänderung spaltet Apothekerschaft

Die Diskussion um die im Rahmen des Apothekertags in München beschlossene Satzungsänderung der ABDA und die daraus resultierende neue Rolle der Hauptversammlung zieht weiterhin weite Kreise. Auch die Kammerversammlung in Hamburg am 20. November 2024 widmete sich intensiv dem Thema und brachte kontroverse Standpunkte hervor. Während die einen die Reform als überfällig und praxisorientiert betrachten, sehen andere in der Neuregelung eine Schwächung der demokratischen Strukturen innerhalb der Apothekerschaft.

Der Hamburger Kammerpräsident Holger Gnekow versuchte, die Wogen zu glätten. In seinem Bericht über die Arbeit der Kammer seit der letzten Delegiertenversammlung erklärte er, dass sich durch die Satzungsänderung faktisch wenig ändere. Bereits jetzt seien die Beschlüsse des Apothekertags nicht bindend, sofern sie in die Rechte der ABDA-Mitgliederversammlung eingreifen. Dennoch nahm er die Kritik ernst und plädierte für eine Weiterentwicklung des Formats der Hauptversammlung.

Gnekow schlug vor, die bisherigen Plenardebatten durch eine strukturierte Workshop-Arbeit zu ergänzen. Nach einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung könnten in kleineren Gruppen Anträge intensiver diskutiert und präzise formuliert werden. Diese sollten anschließend in einer Schlussveranstaltung zur Abstimmung gebracht werden. Ziel sei es, Entscheidungen fachlich zu fundieren und mit den Zielen der ABDA in Einklang zu bringen. Zudem forderte er mehr Verantwortung bei der Formulierung von Anträgen, die er teilweise als wenig zielführend und unglaubwürdig kritisierte. Er verwies auf Beispiele wie die immer wieder geforderte Mehrwertsteuersenkung auf Arzneimittel, deren Einnahmeverluste für den Staat durch zusätzliche Gelder für Apotheken ausgeglichen werden sollten. Solche Vorschläge schadeten der Glaubwürdigkeit des Berufsstands, so Gnekow.

Die Vorschläge stießen jedoch auf heftige Kritik. Einzelne Delegierte warfen Gnekow vor, mit seinen Reformideen die Demokratie des Apothekertags weiter auszuhöhlen. Der Vorwurf der „Entdemokratisierung“ stand im Raum, wobei unklar blieb, ob er sich ausschließlich auf die Satzungsänderung oder auch auf die Workshop-Idee bezog. Ein weiterer Einwand lautete, dass strukturelle Veränderungen nicht aus Bequemlichkeit oder aufgrund unbequemer Beschlüsse vorgenommen werden dürften.

Parallel zur politischen Debatte wurden in Hamburg auch die Kammerbeiträge für 2025 diskutiert. Während die Beiträge stabil bleiben sollen, steigen die Ausgaben erheblich – unter anderem durch höhere ABDA-Beiträge und einen Sonderbeitrag für die Renovierung des Zentrallaboratoriums der deutschen Apotheker in Eschborn. Gnekow zeigte sich skeptisch gegenüber beiden Vorhaben. Die Beitragssteigerung der ABDA sei in der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Apotheken nicht zu rechtfertigen, und bei der ZL-Sanierung kritisierte er das fehlende Konzept für ein tragfähiges Geschäftsmodell. „Was uns das ZL jenseits der Ringversuche bringt, ist nicht ausreichend klar“, so Gnekow.

Am Ende der Versammlung wurde Gnekow beauftragt, die Diskussion um die Rolle der Hauptversammlung in die nächste ABDA-Mitgliederversammlung zu tragen, um dort erneut über mögliche Anpassungen zu beraten.

Die Kontroversen um die ABDA-Satzungsänderung und die damit einhergehende Neuordnung der Hauptversammlung zeigen ein tiefes Dilemma innerhalb der Apothekerschaft: Wie lässt sich ein traditionsreiches, demokratisches Gremium reformieren, ohne seinen demokratischen Kern zu beschädigen? Während es berechtigt ist, die Qualität und Zielgerichtetheit der Anträge zu hinterfragen, darf die Kritik an den Inhalten nicht dazu führen, die Strukturen selbst infrage zu stellen. Demokratie lebt von Debatten – auch von unbequemen.

Der Vorschlag von Holger Gnekow, die Hauptversammlung durch Workshops zu ergänzen, hat Potenzial. Er bietet die Chance, Anträge besser vorzubereiten und Entscheidungsprozesse zu professionalisieren. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Ansatz nicht als Mittel zur Einschränkung der Mitbestimmung verstanden wird. Transparenz und Offenheit müssen gewahrt bleiben.

Die Kritik an den steigenden Beiträgen, insbesondere an der ABDA, ist ebenfalls nachvollziehbar. In Zeiten, in denen Apotheken mit finanziellen und personellen Engpässen kämpfen, müssen auch die Spitzenorganisationen wirtschaftlich haushalten. Der Ruf nach klaren Konzepten, insbesondere im Fall der ZL-Renovierung, ist mehr als berechtigt.

Die Apothekerschaft steht vor einer wegweisenden Entscheidung. Gelingt es, Reformen mit Weitsicht und im Dialog umzusetzen, kann dies die Stärke und Einheit des Berufsstands sichern. Wird jedoch der Vorwurf der Entdemokratisierung laut, droht ein Verlust des Vertrauens – mit potenziell weitreichenden Folgen.

 

Lieferengpässe bei Medikamenten – Wenn wirtschaftliche Interessen die Patientenversorgung gefährden

Die Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln in Deutschland gerät zunehmend unter Druck. Apotheken stehen vor der Herausforderung, Engpässe zu managen, die nicht nur auf globale Lieferkettenprobleme, sondern vor allem auf wirtschaftlich motivierte Entscheidungen großer Pharmaunternehmen zurückzuführen sind. Das Hauptproblem liegt in der systemischen Abhängigkeit von wenigen Produktionsstätten und Anbietern, die im Falle von Ausfällen oder Verzögerungen die gesamte Versorgung gefährden.

Zentrale Ursachen sind die Konzentration der Produktion in Niedriglohnländern und die Dominanz von Rabattverträgen. Insbesondere bei Generika hat sich die Vergabe von Exklusivverträgen an einzelne Anbieter etabliert. Diese Praxis reduziert den Wettbewerb, führt jedoch bei Produktionsstörungen oder Lieferproblemen zu gravierenden Engpässen. Ein Beispiel sind Antibiotika, deren Wirkstoffproduktion inzwischen fast ausschließlich in Asien stattfindet. Fällt eine dieser Produktionsstätten aus, ist die weltweite Lieferfähigkeit gefährdet.

Apothekenbetreiber stehen in dieser Situation an vorderster Front. Sie müssen Patienten beruhigen, Lösungen finden und alternative Beschaffungswege nutzen – eine Aufgabe, die nicht nur zeitaufwendig, sondern oft auch rechtlich heikel ist. Die Beschaffung von Ersatzpräparaten aus dem Ausland oder der Einsatz von individuellen Rezepturen erfordern sowohl rechtliche Expertise als auch organisatorischen Aufwand. Zudem laufen Apotheken Gefahr, bei solchen Maßnahmen durch Krankenkassen retaxiert zu werden, was die wirtschaftliche Situation vieler Betreiber zusätzlich belastet.

Hinzu kommt der zunehmende Frust in der Bevölkerung, der sich häufig gegen Apotheken entlädt, obwohl diese selbst Opfer der systemischen Probleme sind. Patienten erwarten eine reibungslose Versorgung – eine Erwartung, die Apotheker zwar nachvollziehen können, die sie jedoch nicht immer erfüllen können, solange die strukturellen Probleme ungelöst bleiben.

Die Politik hat die Problematik zwar erkannt, doch konkrete und vor allem nachhaltige Maßnahmen fehlen. Vorschläge wie der Aufbau strategischer Arzneimittelreserven oder die Rückverlagerung der Produktion nach Europa sind bisher entweder unzureichend umgesetzt oder von der Wirtschaftlichkeit torpediert worden. Auch eine breitere Diversifizierung von Rabattverträgen wird diskutiert, doch die Umsetzung lässt auf sich warten.

Für Apothekenbetreiber bleibt die Lage angespannt. Neben organisatorischen Maßnahmen wie einem frühzeitigen Monitoring von Lieferengpässen und der engen Zusammenarbeit mit Großhändlern sollten sie auch ihre rechtliche Position bei alternativen Beschaffungsmaßnahmen stärken. Zudem könnte der Einsatz von Softwarelösungen zur Bestandsüberwachung und -optimierung dazu beitragen, die Situation besser zu bewältigen. Dennoch ist klar: Ohne grundlegende Veränderungen bleibt die Hauptlast bei den Apotheken – und letztlich bei den Patienten.

Die Lieferengpässe bei Medikamenten sind längst kein temporäres Problem mehr, sondern ein Symptom eines tiefgreifenden Systemversagens. Es ist skandalös, dass in einem hochentwickelten Gesundheitssystem wie dem deutschen Patienten in existenzieller Abhängigkeit von Medikamenten zunehmend vertröstet werden müssen. Der eigentliche Skandal liegt jedoch in der Rolle der großen Pharmaunternehmen, die offenbar wirtschaftliche Optimierung über die Gesundheit der Bevölkerung stellen.

Die Konzentration der Produktion in Niedriglohnländern mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheinen, doch die Risiken sind offensichtlich. Ein einzelner Zwischenfall in einer Produktionsstätte kann globale Lieferketten ins Wanken bringen. Kombiniert mit der Praxis von Rabattverträgen, die Monopole schaffen und alternative Anbieter aus dem Markt drängen, entsteht ein Teufelskreis, der die Versorgungssicherheit massiv gefährdet. Es ist unverantwortlich, dass wirtschaftliche Interessen von Konzernen derart ungehindert die Stabilität der Patientenversorgung untergraben.

Apothekerinnen und Apotheker tragen in dieser Situation eine Last, die sie nicht allein bewältigen können. Sie improvisieren, beschaffen Ersatz und stehen ihren Patienten mit Beratung zur Seite – oft ohne Unterstützung und unter ständigem Druck. Dabei sind es nicht die Apotheken, die diese Engpässe verursachen, sondern ein System, das sich zunehmend von der Versorgung der Bevölkerung entfernt und stattdessen auf Effizienz und Gewinnmaximierung setzt.

Die Politik ist gefordert, endlich konsequent zu handeln. Strategische Arzneimittelreserven sind ein Schritt in die richtige Richtung, reichen jedoch nicht aus, um das Problem an der Wurzel zu lösen. Notwendig sind verbindliche Auflagen für Pharmaunternehmen, die sicherstellen, dass wesentliche Wirkstoffe auch in Europa produziert werden. Zudem müssen Rabattverträge so reformiert werden, dass sie keine Monopole schaffen, sondern den Wettbewerb fördern.

Auch die Krankenkassen sollten stärker in die Pflicht genommen werden. Die Praxis der Retaxationen bei alternativen Beschaffungsmaßnahmen durch Apotheken ist nicht nur unverständlich, sondern kontraproduktiv. Sie belastet jene, die ohnehin schon am Limit arbeiten, und verhindert pragmatische Lösungen, die im Interesse der Patienten liegen.

Am Ende muss klar sein: Gesundheit darf kein Spielball wirtschaftlicher Interessen sein. Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung ist eine Kernaufgabe des Staates und darf nicht den Launen globaler Märkte überlassen werden. Jetzt ist die Zeit für konsequente Reformen – bevor das Vertrauen in das Gesundheitssystem irreparabel geschädigt wird.

 

Agakalin wieder verfügbar: Entspannung beim Atomoxetin-Engpass

Nach monatelangen Lieferengpässen gibt es gute Nachrichten für ADHS-Patient:innen und Behandelnde: Das Atomoxetin-haltige Medikament Agakalin ist wieder verfügbar. Die Versorgungslage hatte sich seit Sommer 2024 stark verschärft, da Qualitätsmängel in der Produktion zu Rückrufaktionen führten. Zudem verzögerten strengere regulatorische Anforderungen die Herstellung. Mit einer überarbeiteten Formulierung und revidierten Grenzwerten für kritische Substanzen wie Nitrosoverbindungen steht das Medikament nun erneut zur Verfügung.

Die Schwierigkeiten begannen mit Schwankungen im Wirkstoffgehalt von Atomoxetin-Kapseln, die bei der Produktion auftraten und erhebliche Sicherheitsbedenken auslösten. Die betroffenen Chargen wurden vom Markt genommen, wodurch die Verfügbarkeit massiv eingeschränkt wurde. Hinzu kamen neue Grenzwerte für Nitrosoverbindungen, die von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Frühjahr 2024 eingeführt wurden. Diese Substanzen, die bei der Herstellung entstehen können, wurden mit potenziellen Gesundheitsrisiken in Verbindung gebracht. Die Anpassung der Grenzwerte erforderte eine zeitintensive Überprüfung jeder Charge, was die Produktion weiter verzögerte.

Der Hersteller Medice reagierte mit einer Optimierung der Formulierung, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Parallel dazu wurden die toxikologischen Bewertungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die EMA überarbeitet. Diese Maßnahmen führten letztlich zur Wiederverfügbarkeit von Agakalin, das nun den strengen Qualitätskriterien entspricht.

Atomoxetin wird in der ADHS-Behandlung nur bei einem kleinen Teil der Patient:innen eingesetzt. Laut aktuellen Daten entfallen rund 4 Prozent der Verordnungen auf diesen Wirkstoff, während die Mehrheit der Betroffenen mit Methylphenidat behandelt wird. Weitere Alternativen umfassen Amphetamine und Guanfacin, die insbesondere bei Kindern und Jugendlichen Anwendung finden.

Dennoch war die eingeschränkte Verfügbarkeit von Atomoxetin eine große Herausforderung für Ärzt:innen und Patient:innen, da viele Behandelnde ihre Therapiepläne kurzfristig anpassen mussten. Experten empfehlen, weiterhin den Dialog mit Betroffenen zu suchen und individuelle Therapieentscheidungen sorgfältig abzuwägen.

Die Wiederverfügbarkeit von Agakalin dürfte die Versorgungssituation spürbar entspannen. Apotheken sollten dennoch wachsam bleiben, da der Nachholbedarf groß sein könnte und eine reibungslose Belieferung sicherzustellen ist.

Die Rückkehr von Agakalin auf den Markt zeigt einmal mehr, wie fragil die Lieferketten im Gesundheitswesen sein können. Besonders bei Medikamenten für chronische Erkrankungen wie ADHS ist eine zuverlässige Versorgung essenziell, um die Lebensqualität der Betroffenen zu sichern.

Der Fall verdeutlicht auch die Bedeutung von flexiblen Therapieansätzen. Ärzt:innen und Apotheker:innen mussten in den vergangenen Monaten alternative Behandlungspläne entwickeln und dabei eng mit den Patient:innen zusammenarbeiten. Diese Krise könnte langfristig zu einem stärkeren Fokus auf Diversifizierung in der ADHS-Therapie führen.

Positiv zu bewerten ist die rasche Anpassung der Produktion durch Medice sowie die Überarbeitung der regulatorischen Rahmenbedingungen durch die EMA und das BfArM. Beide Schritte waren notwendig, um ein sicheres und qualitativ hochwertiges Produkt zurück auf den Markt zu bringen.

Doch die Verantwortlichen sollten die Versorgungsproblematik nicht als gelöst betrachten. Gerade bei Medikamenten mit geringem Marktanteil wie Atomoxetin braucht es vorausschauende Planungen, um Engpässe zu vermeiden. Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen für die Arzneimittelproduktion und -verfügbarkeit so zu gestalten, dass ähnliche Situationen in Zukunft schneller entschärft werden können.

Die Wiederverfügbarkeit von Agakalin ist ein Erfolg. Doch sie sollte auch Anlass sein, die strukturellen Schwächen im Arzneimittelmarkt zu überdenken und langfristige Lösungen voranzutreiben.

 

Letzter Showdown: Krankenhausreform im Bundesrat

Die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht heute vor der finalen Entscheidung im Bundesrat. Die Ländervertreter müssen darüber befinden, ob das Gesetz ohne Änderungen verabschiedet oder zur Nachbesserung in den Vermittlungsausschuss geschickt wird. Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die Zukunft der deutschen Krankenhauslandschaft.

Die Reform sieht vor, das bisherige Finanzierungssystem, das sich stark auf Fallpauschalen stützt, zu überarbeiten. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung für das Vorhalten medizinischer Leistungen erhalten, unabhängig von der Anzahl der behandelten Fälle. Mit diesem Schritt soll der ökonomische Druck auf die Krankenhäuser reduziert und die Qualität der Versorgung gestärkt werden. Eine zentrale Neuerung sind sogenannte „Leistungsgruppen“, die bundesweit einheitliche Qualitätsstandards vorgeben und die Finanzierung transparenter gestalten sollen. Unterstützt werden die Reformmaßnahmen durch einen Transformationsfonds in Milliardenhöhe, der die Umstrukturierungen finanziell absichern soll.

Befürworter der Reform, darunter der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, appellieren an den Bundesrat, das Gesetz passieren zu lassen. Dahmen betonte, dass die Reform zwar nicht perfekt sei, jedoch die Grundvoraussetzungen schaffe, um Krankenhäuser wirtschaftlich und strukturell zu stabilisieren. Auch die gesetzlichen Krankenkassen drängen auf eine rasche Umsetzung. Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, warnte vor den Folgen eines Stillstands. Sie mahnte, dass eine Verbesserung der Reform in einer späteren Legislaturperiode möglich sei, das System aber sofortige Veränderungen benötige.

Kritik kommt hingegen vom Deutschen Landkreistag und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Beide Organisationen fordern Nachbesserungen und plädieren für den Gang in den Vermittlungsausschuss. Der Landkreistag macht insbesondere auf die prekäre finanzielle Situation vieler Kliniken aufmerksam, von denen seit 2022 bereits 48 Insolvenz anmelden mussten. Ein rückwirkender Inflationsausgleich und sofortige Finanzhilfen seien unverzichtbar, um die Krankenhauslandschaft zu stabilisieren, erklärte Landkreistagspräsident Achim Brötel.

Während die Abstimmung im Bundesrat unmittelbar bevorsteht, bleibt unklar, ob das Gesetz in seiner aktuellen Form Bestand haben wird. Sollte es zu einem Vermittlungsverfahren kommen, könnten die Verhandlungen durch die anstehenden Neuwahlen im Bundestag weiter erschwert werden. Klar ist jedoch, dass die Reform nicht nur auf strukturelle, sondern auch auf politische Widerstände stößt.

Die Krankenhausreform ist ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung, doch sie zeigt auch die Grenzen des politischen Konsenses auf. Einerseits schafft sie die Grundlage für eine nachhaltigere Finanzierung, andererseits fehlen Soforthilfen, die viele Kliniken akut benötigen. Die berechtigten Einwände des Landkreistages und der DKG zeigen, dass die Reform ohne Rücksicht auf die Realität vieler Kliniken konzipiert wurde.

Trotz dieser Schwächen bleibt die Reform alternativlos. Ein weiteres Zögern würde das ohnehin fragile Gesundheitssystem zusätzlich destabilisieren. Der Bundesrat hat die Verantwortung, das Gesetz entweder zu verabschieden oder durch konstruktive Kritik substanziell zu verbessern. Eines ist jedoch sicher: Die Reform allein wird die strukturellen Probleme des deutschen Gesundheitssystems nicht lösen. Sie ist ein Anfang, der in den kommenden Jahren mit Mut und Weitsicht fortgeführt werden muss.

 

Bundesverfassungsgericht: Schwangere hat keinen Anspruch auf Cytotect-Behandlung

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde einer schwangeren Frau aus Bayern abgewiesen, die die Kostenübernahme für das Antikörperpräparat Cytotect CP durch ihre Krankenkasse einforderte. Die Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die rechtlichen und medizinischen Grenzen individueller Gesundheitsansprüche sowie auf die Herausforderung, eine Balance zwischen Patientenbedürfnissen und den Vorgaben des solidarischen Gesundheitssystems zu finden.

Die Frau, die ihr ungeborenes Kind vor einer Zytomegalie-Infektion (CMV) schützen wollte, hatte argumentiert, dass die Nichtbewilligung der Behandlung durch ihre Krankenkasse einen Eingriff in ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ihres Kindes darstelle. CMV-Infektionen können bei Ungeborenen zu schwerwiegenden Schäden wie Entwicklungsstörungen, Seh- oder Hörverlust führen. Cytotect CP, ein Antikörperpräparat, das für die Behandlung bestimmter CMV-Erkrankungen zugelassen ist, wurde in diesem Fall off-label eingesetzt – eine Praxis, bei der ein Medikament außerhalb seiner zugelassenen Indikationen verwendet wird.

Das BVerfG stellte jedoch klar, dass der Gesetzgeber bei der Regelung von Kostenübernahmen durch die gesetzlichen Krankenkassen an wissenschaftliche Standards gebunden sei. Nach Ansicht des Gerichts liegt es im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens, die Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und andere Gremien prüfen zu lassen. In der Begründung des Urteils betonten die Richter, dass Cytotect CP für die beantragte Indikation nicht zugelassen sei und es an ausreichenden Studien zur Wirksamkeit in der vorbeugenden Behandlung ungeborener Kinder fehle.

Die Krankenkasse der Klägerin hatte argumentiert, dass sie ohne eine solche wissenschaftliche Grundlage weder eine medizinische noch eine rechtliche Basis für die Kostenübernahme sehe. Das BVerfG folgte dieser Argumentation und verwies darauf, dass die gesetzlichen Regelungen keine unverhältnismäßige Einschränkung individueller Grundrechte darstellen, sondern vielmehr dem Schutz der Solidargemeinschaft dienen.

Die Entscheidung des BVerfG könnte weitreichende Konsequenzen haben, da sie die Grenzen der Kostenübernahme bei Off-Label-Verwendungen von Medikamenten verdeutlicht. Kritiker warnen jedoch, dass die Rechtsprechung dazu führen könnte, dass schwangere Frauen und andere Risikogruppen auf innovative, aber nicht ausreichend erforschte Behandlungsmöglichkeiten verzichten müssen. Befürworter begrüßen hingegen die Klarstellung, dass medizinische Innovationen erst dann Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung werden sollten, wenn deren Nutzen wissenschaftlich nachgewiesen ist.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Diskussion um die Grenzen individueller Gesundheitsansprüche im Rahmen des solidarischen Krankenversicherungssystems. Es verdeutlicht, wie komplex und vielschichtig die Abwägung zwischen dem Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung und den finanziellen Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems ist.

Auf der einen Seite steht das berechtigte Anliegen der Klägerin: Als werdende Mutter wollte sie alles tun, um ihr Kind vor möglichen Schäden zu bewahren. Ihre Entscheidung, Cytotect CP einzufordern, basierte auf dem Wissen um die Gefahren einer CMV-Infektion und den Wunsch, durch eine frühzeitige Intervention das Risiko erheblich zu reduzieren. Aus Sicht der betroffenen Familie erscheint die Forderung nach der Kostenübernahme durch die Krankenkasse nicht nur verständlich, sondern zwingend.

Auf der anderen Seite muss jedoch das Gesundheitssystem als Ganzes betrachtet werden. Die gesetzlichen Krankenkassen können keine unbegrenzten Leistungen finanzieren. Sie sind auf evidenzbasierte Kriterien angewiesen, um sicherzustellen, dass die begrenzten Ressourcen gerecht verteilt werden. Ein Präzedenzfall, der die Kostenübernahme für Off-Label-Verwendungen ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage ermöglicht, könnte Tür und Tor für eine unkontrollierte Ausweitung von Leistungsansprüchen öffnen. Dies würde nicht nur die finanzielle Stabilität des Systems gefährden, sondern auch die Versorgung anderer Patienten beeinträchtigen.

Das Urteil betont die Bedeutung wissenschaftlicher Standards und evidenzbasierter Medizin als Grundlage für Entscheidungen im Gesundheitssystem. Dies ist grundsätzlich positiv, doch es wirft auch Fragen auf. Gerade in sensiblen Bereichen wie der Schwangerschaft und der pränatalen Medizin sind die bestehenden Forschungslücken erheblich. Viele Medikamente werden in klinischen Studien nicht ausreichend auf ihre Wirkung bei Schwangeren untersucht – ein Umstand, der betroffene Frauen oft in schwierige ethische und medizinische Dilemmas stürzt.

Die Entscheidung des Gerichts sollte daher auch als Weckruf an Politik und Forschung verstanden werden. Es braucht dringend mehr Anstrengungen, um die Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten für pränatale Behandlungsoptionen zu verbessern. Ziel muss es sein, künftigen Patientinnen und ihren ungeborenen Kindern bessere, wissenschaftlich fundierte Therapiemöglichkeiten anzubieten.

Das Urteil verdeutlicht aber auch, dass der Gesetzgeber gefordert ist, klarere Regelungen für Off-Label-Verwendungen zu schaffen. Eine differenzierte Betrachtung von Fällen, in denen der medizinische Nutzen vermutet, aber noch nicht abschließend bewiesen ist, könnte ein Ausweg aus der aktuellen rechtlichen Grauzone sein.

Letztlich zeigt die Entscheidung des BVerfG die Grenzen des bestehenden Systems, aber auch die Notwendigkeit, dieses weiterzuentwickeln – im Interesse aller Beteiligten. Das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitssystem hängt nicht zuletzt davon ab, wie gut es gelingt, individuelle Bedürfnisse und kollektive Verantwortung in Einklang zu bringen.

 

Nikotinbeutel: Unterschätzte Gefahr für Jugendliche trotz Verbots

Nikotinbeutel, sogenannte Pouches, erweisen sich zunehmend als unterschätzte Gefahr für Jugendliche. Diese kleinen Beutel, die diskret zwischen Oberlippe und Zahnfleisch platziert werden, enthalten hochkonzentrierte Nikotinsalze, die über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Sie wirken ähnlich wie Zigaretten, verursachen jedoch keine sichtbaren Rückstände oder Gerüche, was ihre Entdeckung durch Eltern, Lehrer oder Trainer erschwert.

Die Beliebtheit dieser Produkte nimmt vor allem bei Jugendlichen rapide zu. Laut Präventionsveranstaltungen im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick kannten im vergangenen Jahr bis zu 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Nikotinbeutel oder hatten sie bereits ausprobiert. Erste Fälle von akuten Vergiftungen, darunter Bewusstseinsverlust und Notarzteinsätze, wurden bei Siebtklässlern dokumentiert. Bereits ein einzelner Beutel kann den Nikotingehalt mehrerer Zigaretten enthalten, was das Risiko einer Überdosierung deutlich erhöht.

Während Profi-Sportler die Beutel aufgrund ihrer stimulierenden und entspannenden Effekte schätzen, warnen Suchtmediziner vor einer hohen Abhängigkeitsgefahr. „Die Tabakindustrie hat gezielt ein Produkt entwickelt, das sich durch Einfachheit, Geschmack und Diskretion ideal an die Bedürfnisse junger Konsumenten anpasst“, erklärt Dr. Andrea Rabenstein, Suchtmedizinerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Aromastoffe wie Mango oder Wassermelone verleihen den Beuteln einen harmlosen Anschein, der jedoch die gravierenden gesundheitlichen Risiken verschleiert.

Nikotinbeutel sind in Deutschland verboten, werden jedoch leicht über das Internet oder sogar in lokalen Geschäften wie Kiosken oder Tankstellen verkauft. Dies wirft Fragen zur Effektivität der Jugendschutzgesetze auf. Der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) fordert unterdessen eine Legalisierung, um den Schwarzmarkt einzudämmen. Kritiker sehen darin eine Gefahr, die Verbreitung weiter zu fördern.

Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) warnt vor erheblichen gesundheitlichen Risiken, insbesondere für Jugendliche, Nichtraucher und vulnerable Gruppen wie Schwangere. Zwar könnten Raucher durch einen Umstieg auf Nikotinbeutel ihr Schadensrisiko verringern, doch ist die Produktverfügbarkeit für Kinder und Jugendliche eine besorgniserregende Entwicklung. Auch die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen bleiben mangels Studien unklar.

Die Forderungen nach strengeren Kontrollen und einer Ausweitung des Werbeverbots auf soziale Medien nehmen zu. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert appelliert an die Politik, entschieden gegen die Strategien der Tabakindustrie vorzugehen, die gezielt junge Konsumenten anspricht. „Nikotinbeutel sind keine harmlose Alternative, sondern ein gefährliches Suchtmittel“, betont Blienert. Ohne wirksame Präventionsmaßnahmen droht eine neue Welle von Nikotinabhängigkeit, die bereits in jungen Jahren beginnt.

Nikotinbeutel sind mehr als nur ein Tabakprodukt; sie sind ein Beispiel dafür, wie effektiv die Tabakindustrie Schwachstellen in der Regulierung nutzt, um ihre Zielgruppen zu erreichen. Jugendliche werden durch geschicktes Marketing und scheinbar harmlose Geschmacksvarianten in eine Suchtfalle gelockt, deren Folgen sie nicht abschätzen können.

Der Vorstoß zur Legalisierung unter strikten Auflagen mag auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, doch bleibt er ein zweischneidiges Schwert. Zwar könnte der Schwarzmarkt eingedämmt werden, doch die Legalisierung würde unweigerlich die Verfügbarkeit erhöhen und somit den Zugang für Jugendliche erleichtern.

Die Verantwortung liegt nicht nur bei der Politik, sondern auch bei Eltern, Schulen und der Gesellschaft. Aufklärungskampagnen müssen intensiver und gezielter gestaltet werden, um die Attraktivität solcher Produkte zu verringern. Gleichzeitig bedarf es einer konsequenten Durchsetzung der Jugendschutzgesetze und empfindlicher Strafen bei Verstößen.

Es bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die Folgen von Nikotinabhängigkeit und gesundheitlichen Schäden begleiten die Betroffenen oft ein Leben lang. Die Politik muss jetzt handeln, bevor eine weitere Generation an diese Suchtmittel verloren geht.

 

Einheitliche Regelungen für Kinderkrankentage: Keine Unterschiede zwischen Teilzeit und Vollzeit

Eltern, die 2024 und 2025 berufstätig sind, können bis zu 15 Kinderkrankentage pro Kind und Elternteil beanspruchen, unabhängig davon, ob sie in Vollzeit oder Teilzeit beschäftigt sind. Alleinerziehenden steht ein erweiterter Anspruch von bis zu 30 Tagen pro Kind zu. Diese Regelung, verankert in § 45 des Sozialgesetzbuches V (SGB V), sichert berufstätige Eltern finanziell ab, wenn sie ihre Arbeit aufgrund der Betreuung eines erkrankten Kindes nicht wahrnehmen können.

Besonders bemerkenswert ist, dass der Anspruch auf Kinderkrankentage nicht an die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage gekoppelt ist. Teilzeitbeschäftigte haben somit denselben Anspruch wie Vollzeitkräfte. Diese Gleichbehandlung unterstreicht die Bedeutung einer einheitlichen sozialen Absicherung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Auszahlung des Kinderkrankengeldes erfolgt über die gesetzliche Krankenkasse. Dabei werden 70 Prozent des Bruttogehalts, maximal jedoch 90 Prozent des ausgefallenen Nettogehalts, erstattet. Voraussetzung hierfür ist ein ärztliches Attest, das die Notwendigkeit der Betreuung bescheinigt. Wichtig: Das Kind darf nicht älter als zwölf Jahre sein, es sei denn, es liegt eine Behinderung vor, die eine besondere Betreuung erfordert.

Für Minijobber gelten diese Regelungen nicht in gleicher Weise. Obwohl sie meist gesetzlich krankenversichert sind, besteht kein Anspruch auf Kinderkrankengeld. Sie haben jedoch das Recht auf unbezahlte Freistellung, wenn die Voraussetzungen des § 45 SGB V erfüllt sind.

Besondere Klarheit schafft die Regelung auch bei halben Betreuungstagen. Verlässt ein Elternteil seinen Arbeitsplatz während des Tages, weil das Kind erkrankt ist, wird dies als vollständiger Kinderkrankentag gewertet. Die Berechnung des Kinderkrankengeldes erfolgt anteilig nach dem entgangenen Arbeitsentgelt.

Diese einheitliche Regelung für Kinderkrankentage sorgt für Planungssicherheit und Gerechtigkeit – ein wichtiger Schritt zur Entlastung von Familien in Deutschland.

Die Kinderkrankentage-Regelung ist ein zentraler Baustein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dass Teilzeitkräfte denselben Anspruch wie Vollzeitbeschäftigte haben, ist ein Zeichen für soziale Gerechtigkeit und familienfreundliche Politik. In einer Zeit, in der immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer flexibel arbeiten, bleibt die Absicherung konstant. Allerdings zeigt sich bei Minijobbern eine Lücke, die dringend adressiert werden sollte.

Eine Ausweitung des Kinderkrankengeldanspruchs auf geringfügig Beschäftigte wäre ein notwendiger Schritt, um die soziale Absicherung für alle Erwerbstätigen zu gewährleisten. Denn auch diese Gruppe trägt Verantwortung für die Betreuung von Kindern und sollte nicht vor die Wahl zwischen finanzieller Einbuße und unbezahltem Urlaub gestellt werden.

Die Regelungen zu halben Kinderkrankentagen hingegen schaffen Flexibilität und Transparenz, da sie den tatsächlichen Betreuungsbedarf berücksichtigen. Doch die Einführung weiterer digitaler Prozesse, wie die direkte Übermittlung von Attesten an Arbeitgeber und Krankenkassen, könnte den Ablauf zusätzlich vereinfachen. Letztlich profitiert die gesamte Gesellschaft, wenn die Betreuung erkrankter Kinder nicht durch bürokratische Hürden erschwert wird.

 

Interdisziplinäre Versorgung von KHK-Patienten: Leitlinien betonen zentrale Rolle der Apotheker

Die aktualisierte Nationale Versorgungsleitlinie zur koronaren Herzerkrankung (KHK) stellt einen wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung der Patientenversorgung dar. Im Fokus steht eine stärkere Einbindung der Patienten in den Therapieprozess, was nicht nur die Adhärenz zur Behandlung fördern soll, sondern auch den Grundstein für eine patientenzentrierte Versorgung legt. Die aktualisierte Leitlinie betont die Notwendigkeit einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient. Dabei soll der Patient nicht nur als Empfänger der Behandlung, sondern als aktiver Partner in die Therapieentscheidungen eingebunden werden.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein zentrales Element dieser Leitlinie. Apotheker spielen dabei eine wichtige Rolle, vor allem in der Medikationsanalyse und bei der Betreuung von Patienten mit Polypharmazie und Multimorbidität. Ihre Expertise hilft dabei, Arzneimittelwechselwirkungen zu erkennen und die medikamentöse Therapie optimal anzupassen. Dies trägt zur Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen bei und sorgt dafür, dass die Behandlung individueller und gezielter gestaltet wird.

Die pharmakologische Therapie der KHK bleibt im Wesentlichen unverändert, jedoch gibt es neue Empfehlungen, die für Apotheken und Patienten gleichermaßen von Bedeutung sind. Patienten mit stabiler KHK sollten täglich 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS) oder 75 mg Clopidogrel erhalten. Nach einer Koronarintervention ist eine Kombinationstherapie mit beiden Thrombozytenaggregationshemmern vorgesehen, die für sechs Monate durchgeführt werden sollte. Danach ist eine Umstellung auf eine Monotherapie mit ASS möglich. Wenn ASS nicht vertragen wird, kann alternativ Clopidogrel verwendet werden.

Darüber hinaus wird allen Patienten mit chronischer KHK unabhängig von ihren Ausgangslipidwerten die Einnahme eines Statins empfohlen. Dies gilt besonders für die Zielwertstrategie, bei der ein LDL-Cholesterinwert von unter 55 mg/dl angestrebt wird. Falls dieser Wert mit Statinen alleine nicht erreicht werden kann, wird zusätzlich Ezetimib empfohlen. Diese Entscheidung basiert auf dem individuellen Risiko des Patienten und den jeweiligen Therapieansätzen.

Die neue Leitlinie enthält auch klare Empfehlungen zur Antikoagulationstherapie. Bei Patienten mit hohem ischämischen Risiko kann eine Tripeltherapie aus Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern für kurze Zeit in Betracht gezogen werden. Diese Therapieform soll jedoch nur dann zum Einsatz kommen, wenn das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse besonders hoch ist.

Ein bedeutender Schritt in der Versorgung von KHK-Patienten ist die Einführung von Disease-Management-Programmen. Diese Programme bieten eine strukturierte Versorgung, die sowohl die medizinische Behandlung als auch die psychologische Unterstützung umfasst. Hierbei wird das gesamte interdisziplinäre Team, einschließlich der Apotheker, eingebunden, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Besonders betont wird die Bedeutung der Therapieadhärenz, da mangelnde Compliance sowohl bei der medikamentösen Behandlung als auch bei der Umsetzung von Lebensstiländerungen nach wie vor ein zentrales Problem darstellt.

Die Diagnostik von Brustschmerzen, einem der häufigsten Symptome der KHK, hat sich ebenfalls geändert. Die Leitlinie empfiehlt nun, vor invasiven Untersuchungen zunächst nicht-invasive Verfahren einzusetzen. Patienten mit einem geringen Risiko für eine KHK sollten von weiteren invasiven Diagnoseschritten verschont bleiben. So wird nicht nur die Belastung der Patienten verringert, sondern auch die Effizienz der Gesundheitsressourcen gesteigert.

Die neue Leitlinie zur KHK zeigt eine klare Ausrichtung auf eine ganzheitliche, interdisziplinäre Patientenversorgung, bei der Apotheker als unverzichtbare Partner im therapeutischen Team hervorgehoben werden. Diese Entwicklung trägt dazu bei, die Behandlung der KHK weiter zu optimieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Die aktualisierte Leitlinie zur koronaren Herzerkrankung (KHK) setzt einen bedeutenden Meilenstein in der Patientenversorgung. Durch die stärkere Einbindung der Patienten in den Behandlungsprozess und die Betonung der interdisziplinären Zusammenarbeit wird ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht. Die Patienten profitieren davon, dass ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche stärker berücksichtigt werden, was zu einer höheren Therapieadhärenz führen sollte. Apotheker spielen dabei eine Schlüsselrolle, da ihre Expertise in der Medikationsanalyse und der Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen entscheidend für den Behandlungserfolg ist.

Der Ansatz, auf eine gemeinschaftliche Entscheidungsfindung zu setzen, fördert nicht nur das Vertrauen der Patienten, sondern auch deren Eigenverantwortung für die Therapie. Besonders hervorzuheben ist die Empfehlung, nicht-invasive Diagnoseschritte vor invasiven zu bevorzugen. Diese patientenschonende Maßnahme zeigt, wie durch kluge Priorisierung wertvolle Ressourcen im Gesundheitswesen eingespart und gleichzeitig eine effektive Versorgung gewährleistet werden können.

Dennoch bleibt die Herausforderung, die Therapieadhärenz zu steigern. Trotz aller Fortschritte im Bereich der medikamentösen Therapie und interdisziplinären Zusammenarbeit ist es entscheidend, dass Patienten auch in der Umsetzung von Lebensstiländerungen unterstützt werden. Hier müssen auch Apotheker ihre Rolle als Berater und Unterstützer noch stärker ausbauen. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich diese neuen Leitlinien in der täglichen Praxis auswirken und ob sie tatsächlich zu einer signifikanten Verbesserung der Versorgung und der Lebensqualität der Patienten führen.

 

Die Einführung der ePA für alle: Ein Wendepunkt für Apotheken und das deutsche Gesundheitswesen

Am 15. Januar 2025 wird die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland verpflichtend eingeführt. Diese Maßnahme, die durch das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (DigiG) ins Leben gerufen wurde, markiert einen bedeutenden Schritt hin zu einer flächendeckenden digitalen Gesundheitsversorgung. Zukünftig werden die medizinischen Daten aller Versicherten, es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich, automatisch in einer zentralen Akte gespeichert. Die Einführung der ePA betrifft nicht nur Ärzte und Kliniken, sondern stellt auch Apotheken vor neue Anforderungen und Chancen.

Die ePA soll als zentraler Sammelpunkt für alle medizinischen Informationen dienen. Ab dem 15. Januar 2025 werden Befunde, Arztbriefe, Medikationslisten und Verordnungen automatisch in die Akte aufgenommen. Diese Daten werden allen an der Behandlung beteiligten Leistungserbringern zugänglich gemacht, um eine lückenlose Versorgung zu gewährleisten, Doppeluntersuchungen zu vermeiden und letztlich die Patientenversorgung zu optimieren. Insbesondere die automatische Übertragung der verordneten Medikation aus dem E-Rezept-Server in die ePA wird für Apotheken eine zentrale Rolle spielen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen und eine umfassende technische Anpassung der Apothekensysteme.

Ein zentrales Ziel der ePA ist es, nicht nur die individuelle Patientenversorgung zu verbessern, sondern auch die Allgemeinheit von den gesammelten Daten zu profitieren. Diese sollen anonymisiert und pseudonymisiert an das Forschungsdatenzentrum (FDZ) im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitergeleitet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können zur Verbesserung der Versorgungsqualität, der Prävention und der Gesundheitsforschung genutzt werden. Hierbei geht es nicht nur um eine Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten, sondern auch um eine stärkere Einbindung von Apotheken in die Gesamtversorgung und damit eine Stärkung ihrer Rolle im Gesundheitswesen.

Doch auch die Apotheken selbst stehen vor mehreren Herausforderungen. Sie müssen ihre IT-Infrastruktur auf die neuen Anforderungen der ePA anpassen. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit, die Mediationsdaten aus der ePA korrekt zu verarbeiten und in den Apothekensystemen zu integrieren. Während zu Beginn des Projekts nur PDF/A-Dokumente zugelassen werden, was zusätzliche technische Anforderungen mit sich bringt, sollen ab Mitte 2025 auch Bilddateien in die ePA aufgenommen werden können. Dies erfordert umfangreiche Schulungen für Apothekenmitarbeiter und möglicherweise auch Investitionen in neue Softwarelösungen.

Neben der technischen Anpassung müssen Apotheken auch im Hinblick auf den Datenschutz sensibilisiert werden. Insbesondere bei der Handhabung sensibler Informationen, wie etwa psychischer Erkrankungen oder Schwangerschaftsabbrüchen, müssen Apotheken sicherstellen, dass sie die Rechte der Patienten achten und deren Daten entsprechend den Vorgaben des Datenschutzes behandeln. Das Recht auf Widerspruch gegen das Hochladen bestimmter Dokumente in die ePA ist ein weiterer Aspekt, der in der täglichen Praxis berücksichtigt werden muss.

Die GesundheitsID, die seit Januar 2024 auf Wunsch der Versicherten ausgestellt wird, wird es den Patienten ermöglichen, sich digital im Gesundheitswesen auszuweisen. Apotheken könnten zukünftig eine Rolle bei der Vergabe dieser GesundheitsID spielen, um den Zugang zur ePA und anderen digitalen Gesundheitsdiensten zu ermöglichen. Dies stellt jedoch eine zusätzliche Herausforderung dar, da die notwendige Hardware und die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür noch nicht vollständig etabliert sind. Ein weiteres Hindernis stellt die mangelnde Verfügbarkeit der technischen Ausstattung dar, die für das „Apo-Ident“-Verfahren erforderlich ist. Dieser Identifikationsprozess könnte frühestens 2026 realisiert werden, falls es zu einer Umsetzung kommt.

Für Apotheken gibt es auch neue Möglichkeiten, von der ePA zu profitieren. Die systematische Erfassung der Medikationsdaten und deren einfache Abrufbarkeit durch die Apotheken könnte die Arzneimittelberatung und -abgabe optimieren. Zugleich wird der Austausch von Informationen zwischen Ärzten und Apothekern erleichtert, was zu einer besseren Zusammenarbeit und einer insgesamt höheren Patientensicherheit führen sollte.

Trotz der Chancen, die die ePA bietet, bleiben offene Fragen zur Vergütung der zusätzlichen Aufgaben, die den Apotheken durch die ePA entstehen werden. Es gibt derzeit keine konkreten Regelungen, wie Apotheken für ihre Beteiligung an der digitalen Patientenakte vergütet werden sollen. Diese Unsicherheit betrifft nicht nur die technische Implementierung, sondern auch die anfallenden administrativen Aufgaben. Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, die ePA anzubieten, aber die konkrete Umsetzung und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für Apotheken bleiben bisher unklar.

Die Einführung der ePA für alle ist ohne Zweifel ein großer Schritt in Richtung einer modernen, digitalen Gesundheitsversorgung. Für die Apotheken bedeutet dies jedoch nicht nur eine Umstellung in der Technik, sondern auch eine Veränderung in ihrer Rolle innerhalb des Gesundheitssystems. Zukünftig wird ihre Aufgabe nicht nur darin bestehen, Arzneimittel abzugeben und zu beraten, sondern auch als integraler Bestandteil der digitalen Gesundheitsinfrastruktur zu agieren. Diese Entwicklung birgt enorme Potenziale, sowohl für die Apotheken selbst als auch für die gesamte Patientenversorgung.

Apotheken können von der ePA profitieren, indem sie besser auf die Bedürfnisse ihrer Patienten eingehen und die Qualität ihrer Beratung und Versorgung steigern. Die Möglichkeit, auf Medikationslisten und Arztbriefe direkt aus der ePA zuzugreifen, dürfte die Arzneimitteltherapie weiter optimieren und dazu beitragen, dass Doppelverordnungen und -untersuchungen vermieden werden. Doch gleichzeitig bedeutet dies auch eine erhebliche Verantwortung, insbesondere in Bezug auf den Datenschutz. Apotheken müssen sicherstellen, dass sie die Informationen der Patienten verantwortungsbewusst behandeln und gleichzeitig den rechtlichen Anforderungen gerecht werden.

Doch die Einführung der ePA stellt die Apotheken vor Herausforderungen, die nicht nur technischer, sondern auch organisatorischer Natur sind. Die notwendige technische Ausstattung, um mit den Daten aus der ePA zu arbeiten, ist in vielen Apotheken noch nicht vollständig vorhanden. Zudem müssen die Mitarbeiter geschult werden, um die neuen Anforderungen im täglichen Betrieb umsetzen zu können. Dies führt zwangsläufig zu höheren Kosten und einem zusätzlichen Arbeitsaufwand, ohne dass bislang eine klare Vergütung dafür festgelegt wurde. Hier muss die Politik dringend nachbessern und die Apotheken angemessen für ihre Rolle im Rahmen der ePA entschädigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die freiwillige Nutzung der ePA durch die Versicherten. Zwar wird die ePA ab Januar 2025 automatisch erstellt, doch viele Patienten könnten sich gegen die Nutzung der digitalen Akte entscheiden, insbesondere wenn sie Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes haben. Die Akzeptanz der ePA wird entscheidend davon abhängen, wie gut es gelingt, das Vertrauen der Patienten zu gewinnen und ihnen die Vorteile einer zentralisierten, digitalen Patientenakte verständlich zu machen.

Insgesamt wird die ePA für Apotheken zu einer Chance, ihre Rolle im Gesundheitswesen weiter zu stärken, aber auch zu einer Herausforderung, die nicht unterschätzt werden darf. Die digitale Transformation der Apotheke ist ein fortlaufender Prozess, der von allen Beteiligten Flexibilität, Zusammenarbeit und Innovation erfordert. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik die Apotheken bei diesem Prozess unterstützt und klare Regelungen zur Vergütung der neuen Aufgaben trifft, um sicherzustellen, dass die Apotheken nicht nur als digitale Datendrehbank fungieren, sondern auch weiterhin als verlässliche Partner in der Gesundheitsversorgung agieren können.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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