Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Essen - Die Neue
Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland thematisiert in der
aktuellen Ausgabe neben vielen interessanten Gesundheitsthemen noch
einmal die Folgen der Rabattverträge zwischen
Krankenkassen und Herstellern, die in den Apotheken oftmals chaotische Lieferzustände herbeiführten.
Die Rabattverträge sorgten und sorgen deshalb für massives Chaos in
Apotheken, weil viele Patienten von ihren gewohnten Arzneimitteln auf
Präparate von anderen Herstellern umsteigen müssen. Eine
repräsentative Studie deckte jüngst die damit verbundenen
gesundheitlichen und emotionalen Probleme der Patienten auf: Mangelnde
Akzeptanz und große Verunsicherung.
Desungeachtet greifen Krankenkassen wie die Barmer Ersatzkasse, die
Deutsche BKK und die DAK die Apotheken an, die im Vertragschaos nicht
immer das Rabattarzneimittel, sondern ein anderes Generikum abgegeben
haben. Ihnen drohen jetzt Null-Retaxationen.
Die "Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland" erscheint
monatlich mit einer Auflage von einer Million Exemplaren und ist
kostenlos in Apotheken erhältlich. Alle Artikel sind online auch unter
http://www.neue-allgemeine.de nachzulesen.
APOTHEKEN SOLLEN BLUTEN FÜR PATIENTENFREUNDLICHKEIT
Die Apotheken in Deutschland versorgen die Bevölkerung mit
Arzneimitteln. Das ist ihr gesetzlicher Auftrag. Und zwar an 365 Tagen
im Jahr, rund um die Uhr. Selbst wenn der letzte Drogeriemarkt schon
geschlossen hat, sind die Apotheken in einem lückenlosen
Notdienstsystem für ihre Patienten da. Und wer mitten in der Nacht
diese Leistung in Anspruch nimmt, bekommt nicht nur ein Fiebermittel
in die Hand gedrückt, sondern auch die Beratung eines hervorragend
ausgebildeten Menschen: einer Apothekerin oder eines Apothekers. Denn
Krankheit kennt keinen Feierabend.
Aber seit Jahren wird diese Leistung, die Patienten eine sichere und
unmittelbare Versorgung mit Arzneimitteln garantiert und vor
Arzneimittelfälschungen schützt, zunehmend untergraben. Der
Arzneimittelsektor droht zur Ramschplattform zu verkommen, denn
angesichts gesundheitspolitischer Fehlentscheidungen wird die
"Geiz-ist-geil-Mentalität" sogar auf Tabletten, Pillen und Zäpfchen
übertragen; auf hochwertige und lebensnotwendige Produkte, die die
Gesundheit wieder herstellen, aber gleichzeitig - bei falscher
Anwendung - auch Schaden anrichten können.
Animiert von unsinnigen Gesetzen versuchen Krankenkassen Billigpreise
durchzusetzen. Und so ist es kein Wunder, dass die meisten Kassen das
Wohl ihrer Patienten zunehmend wirtschaftlichen Interessen opfern. Das
klappt nicht immer reibungslos, ein Schuldiger muss her. Mal schimpft
man auf die Krankenhäuser, mal auf die Ärzte, selten auf die
Gesundheitspolitik. Ob BARMER, ob Deutsche BKK, ob DAK - der Bannstrahl
der Schuldzuweisungen trifft zurzeit die Apotheken. Und das für
Missstände, die von den Krankenkassen selbst verursacht wurden.
Seit der vorletzten Gesundheitsreform haben Krankenkassen die
Möglichkeit, Rabattverträge mit Arzneimittelherstellern zu vereinbaren.
Das bedeutet, ein Hersteller verspricht einer Krankenkasse einen Rabatt
auf einige seiner Arzneimittel. Will die Krankenkasse diesen Rabatt in
Anspruch nehmen, muss sie dafür sorgen, dass die Patienten genau diese
Rabatt-Medikamente auch bekommen. Deshalb sind die Apotheken
verpflichtet, bis auf wenige Ausnahmen, kein anderes Arzneimittel
abzugeben. Und so erhalten Patienten plötzlich nicht mehr das gewohnte,
schon lange vom Arzt verordnete Präparat, sondern ein Austauschpräparat
von einem anderen Hersteller.
Welche Folgen das für Patienten hat - vor allem für ältere Menschen und
chronisch Kranke, die täglich viele Medikamente benötigen -
verdeutlicht eine aktuelle, repräsentative Umfrage des
Marktforschungsinstituts GfK. Im Auftrag des NAV-Virchow-Bundes in
Berlin wurde die Einstellung der Patienten zum von den Krankenkassen
verursachten Pillenchaos ermittelt. Die Ergebnisse sind alarmierend:
Für jeden zweiten Befragten brachte die medikamentöse Umstellung
Probleme mit sich. Jeder vierte Patient äußerte, dass das neue Präparat
ungewohnt war und jeder siebte Kranke beklagte sogar
Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen. Zwar wird von Krankenkassen
immer wieder betont, ein Präparat sei wie das andere, doch jeder
Fachmann weiß um die Probleme der Bioverfügbarkeit. Mag auch der
Wirkstoff identisch und dessen Dosierung exakt dieselbe sein wie beim
gewohnten Präparat - andere Hilfsstoffe in der Tablette können durchaus
zu Unverträglichkeiten führen und auch die Wirkung des Medikaments kann
auf sich warten lassen: es ist die von Produkt zu Produkt
unterschiedliche Verteilung der Wirkstoffe innerhalb der Tablette, die
die Freisetzung und damit die Wirksamkeit verzögern oder beschleunigen
kann.
Die Schlussfolgerung des NAV-Virchow-Bundes und der Deutschen
Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) ist
unmissverständlich: 87 Prozent der Patienten lehnen den wachsenden
Einfluss der Krankenkassen auf die Verschreibungen ab.
Dass sage und schreibe jeder sechste Patient der Umfrage von dem neuen
Medikament nach wie vor nicht überzeugt ist - interessiert das die
Krankenkassen? Immer wieder betonen sie, dass der Patient letztlich
profitiere, da mit den Rabattverträgen Einsparungen in Millionenhöhe
möglich seien. Mögliche Zwischenfälle durch nicht oder falsch
eingenommene Arzneimittel und die dadurch entstehenden zusätzlichen
Kosten werden in den Hochrechnungen freilich nicht berücksichtigt. Auch
die massiv gesteigerte Bürokratie bleibt außen vor. Und von
Beitragssenkungen wird schon lange nicht mehr geredet.
Haben Apotheken dennoch das gewohnte Arzneimittel an ihre über die neue
Situation aufgebrachten Patienten abgegeben, z. B. weil der von der
Kasse ausgewählte Arzneimittelhersteller gar nicht ausreichend
lieferfähig war, so werden sie heute für ihre patientenfreundliche
Einstellung bestraft. Deutsche BKK, BARMER und DAK drohen den Apotheken
mit der so genannten "Null-Retaxation". Das bedeutet, die Kasse bezahlt
das Arzneimittel einfach nicht. Die Apotheke bleibt auf den Kosten für
das abgegebene Präparat sitzen. "Wir wissen, dass die Rabattverträge
funktionieren. Das beweisen uns die engagierten Apotheker, die zu 80
bis 90 Prozent preisgünstige Generika abgeben.
Wir dulden keine Verweigerer. Das Gesetz ist in Kraft. Und wer es
systematisch unterläuft, muss mit Regress rechnen", lautet das herrisch
anmutende Statement des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen
BKK, Ralf Sjuts. Dass die öffentlichen Apotheken für die Deutsche BKK
ohnehin nur Lückenbüßer sind, geht aus dem Online-Auftritt hervor. Dort
wirbt die Kasse bei ihren Mitgliedern schon auf der Startseite
aktiv für zwei Internetapotheken.
Die zusätzlichen, unbezahlten Leistungen der Apotheken finden in den
Anfeindungen keinerlei Erwähnung. Dazu zählt der deutlich erhöhte
bürokratische Aufwand ebenso wie die Installation von
Computerprogrammen, die es ermöglichen sollen, das Vertragschaos der
verschiedenen Kassen halbwegs zu überblicken. Auch die geduldige
Aufklärung der Patienten über die Folgen der unsinnigen Rabattverträge
- eigentlich Aufgabe der Krankenkassen - gehört zum aufgezwungenen
Dienstleistungspaket. Persönlichen Service, wie die Zustellung nach
Hause, honorieren die Kassen natürlich ebenfalls nicht. Und das, obwohl
das Lieferchaos bei den Rabatt-Arzneimitteln diesen Service in den
vergangenen Monaten immer wieder nötig machte.
Und nicht zuletzt: Wie oft mussten die Mitarbeiter in den Apotheken als
Blitzableiter für aufgebrachte oder enttäuschte Patienten herhalten?
Die Apotheken haben den Krankenkassen mehr als einmal aus der Patsche
geholfen. Auch kürzlich wieder im Hilfsmittelchaos. Dafür sollten die
Kassen sich großzügig zeigen, haben die Apotheker doch guten Glaubens
in dem von den Versicherungen angerichteten Rabattchaos zum Wohle des
Patienten gehandelt. Aber Großzügigkeit ist wohl kein ökonomischer
Tatbestand.
ARMER BARMER-PATIENT
Ein Kommentar der Redaktion
Es war einmal eine renommierte Krankenkasse. Die hieß BARMER
ERSATZKASSE. Die war immer für ihre Versicherten da. Deshalb traten
immer mehr Menschen in die BARMER ein. Und weil die Menschen ihr
vertrauten, wurde sie eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Auch
die Apotheken glaubten, in ihr einen fairen Partner gefunden zu haben.
Deshalb schlossen sie mit ihr den "Hausapotheken-Vertrag". Und alle
waren glücklich und zufrieden.
Das ging solange gut, bis eine unweise Regierung ein neues Gesetz
erließ. Das erlaubte den Krankenkassen, wie richtige
Wirtschaftsunternehmen Ausschreibungen für Arzneien und Hilfsmittel zu
machen. Auch die BARMER wollte ein richtiges Wirtschaftsunternehmen
sein. Aber sie vergaß, dass richtige Wirtschaftsunternehmen von der
Begeisterung ihrer Kunden leben. Stattdessen beschloss sie,
"Vorreiter" in Deutschland zu werden in der "zentralen
Hilfsmittelversorgung". Oh, die anderen Krankenkassen würden schon
Augen machen. Sie würde es ihnen allen zeigen, und bald würden sie der
BARMER nacheifern. Und so befahl die BARMER ihren Mannen, eine
bundesweite Ausschreibung über die Inkontinenz-Versorgung ihrer
Versicherten zu machen. Gesagt - getan.
Aber noch eines hatte die BARMER in ihrer schönen neuen
Ausschreibungswelt vergessen: ihre Versicherten. Viele
Inkontinenz-Patienten waren sauer und traurig und frustriert und
hilflos. Sie fanden es empörend, dass die BARMER ohne ihre Zustimmung
ihre intimsten Daten an irgendwelche Unternehmen weitergab, die eine
Ausschreibung gewonnen hatten. Und sie verstanden ihre BARMER nicht
mehr. Denn sie waren sehr zufrieden mit ihrer Apotheke, die bisher
immer für sie da war.
Aber die BARMER focht das nicht an. Sie fand alles halb so schlimm und
dachte bei sich: Wäre ja noch schöner, wenn man die Interessen und
Gefühle der Patienten ernst nehmen müsste. Und so ließ sie den Hochmut
nicht sinken.
NOWEDA eG
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