Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Berlin - Eigentlich
soll das Bundeskartellamt ein Auge auf Monopole haben und für
funktionierenden Wettbewerb sorgen. Dass ausgerechnet die 21.500
deutschen Apotheken bei der Bonner Behörde Chefsache und wiederholter
Anlass für politische Willensäußerungen sind, könnte am laufenden
Kartellverfahren gegen verschiedene Apothekerverbände liegen. Es könnte
aber auch strukturelle Gründe haben.
Anderthalb Jahre ist es her, dass Kartellamtschef Dr. Bernhard Heitzer
öffentlich auf die Apotheken losging: Arzneimittelsicherheit und
Patientenschutz seien nur vorgeschobene Argumente und dienten eher dem
Schutz der eigenen Geschäftsinteressen, ließ Heitzer damals wissen und
verteidigte den Versandhandel sowie Pick-up-Stellen.
Sein Nachfolger Andreas Mundt schlägt nun in dieselbe Kerbe: Die
schwarz-gelben Pläne für ein Pick-up-Verbot seien „ärgerlich" - die
Apotheker würden „unnötig geschützt - zum Schaden der Verbraucher".
Dass sich der Beamte gegen die politische Linie seiner Dienstherren
stellt, ist auch deswegen überraschend, weil Mundt in den 1990er-Jahren
selbst für die FDP-Fraktion gearbeitet hatte.
Vielleicht kommen Mundts Äußerungen aber auch nicht von ungefähr. Das
Bundeskartellamt ist dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi)
unterstellt, und das reklamiert für sich bekanntermaßen den Anspruch,
„Politik für die Wirtschaft" zu machen. Selbst Ressortchef Rainer
Brüderle (FDP) kam unlängst nicht umhin, sich entgegen des
Koalitionsvertrags für eine schrittweise Liberalisierung des
Apothekenmarktes auszusprechen.
Im BMWi ist Ex-Kartellwächter Heitzer neuerdings als Staatssekretär für
den Kontakt zur Wirtschaft zuständig. Öffentlich äußern kann er sich in
dieser Funktion zum Pick-up-Verbot nur schwerlich. Schließlich haben es
die Regierungsparteien explizit in ihren Koalitionsvertrag geschrieben
- im Kapitel Gesundheit übrigens, nicht Wirtschaft.
Etwas anders sieht es bei den nachgelagerten Behörden aus - zumal wenn
wie im vorliegenden Fall ohnehin ein gewisses Spannungsfeld besteht.
Bekanntermaßen ist auch die Monopolkommission, organisatorisch dem
Bundeskartellamt angegliedert, kein Freund des deutschen
Apothekensystems.
Vielleicht hat Heitzer vor seinem Wechsel nach Berlin seinem Nachfolger
auf dem Schreibtisch einen Klebezettel mit dem Stichwort „Apotheken"
hinterlassen. Mundt sollte aufpassen, die Glaubwürdigkeit seiner
Behörde und seines Amts nicht den politischen Bestrebungen und der
„Klientelpolitik" aus dem Wirtschaftsministerium zu opfern.
Patrick Hollstein, Montag, 15. Februar 2010, 13:13 Uhr
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