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Steuer & Recht
Mit heute in den Entscheidungsgründen veröffentlichtem Urteil vom 12.12.2012 (Az. B 6 KA 5/12 R) hat das BSG über die Abrechenbarkeit von Laboruntersuchungen der Blutalkoholkonzentration und des C-reaktiven Proteins durch ein Krankenhaus im Rahmen der Teilnahme am vertragsärztlichen Notdienst entschieden. Die Beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hatte mit dem klagenden Krankenhausträger einen Vertrag über die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V abgeschlossen, nach dem die ambulante Notfallversorgung in der hier betroffenen Region im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) in Räumlichkeiten des Krankenhauses der Klägerin durchgeführt wurde. Den Notfalldienst versahen auf der Grundlage des Vertrages zum Teil Vertragsärzte und zum anderen Teil Ärzte des Krankenhauses. In dem Vertrag war unter anderem geregelt, dass die diensthabenden Notfallärzte die notfallmäßig erforderlichen Röntgen- und Laboruntersuchungen, soweit diese nicht in der Notfallpraxis vorgehalten werden, vom Krankenhaus beziehen, das sie von der Beklagten vergütet erhält. Auf Basis dieser Regelungen reichte das Krankenhaus Abrechnungen unter anderem für die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration und des C-reaktiven Proteins auf Basis des EBM-Ä ein. Für diese Leistungen versagte die Beklagte die Vergütung, weil sie im Rahmen der Notfallversorgung nicht abrechenbar seien. Klage und Berufung blieben zunächst ohne Erfolg, vor dem BSG konnte das klagende Krankenhaus nunmehr einen Teilerfolg erzielen.
Die Entscheidung:
Das BSG differenziert danach, in welcher Eigenschaft das Krankenhaus die entsprechenden Laboruntersuchungen durchgeführt hat. Soweit das Krankenhaus im Rahmen der originären Notfallversorgung (hier in den Nachtstunden) als solches tätig wurde, versagt das BSG die Abrechnung. Soweit es sich jedoch um Untersuchungen im Auftrage (auf entsprechende Überweisung) eines Vertragsarztes handelte, seien die Laboruntersuchungen jedoch vergütungspflichtig.
Der Abrechnungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Beklagten galt - so das BSG - nur für "notfallmäßig erforderliche Leistungen wie Röntgen- oder Laboruntersuchungen, die nicht in der Notfallpraxis vorgehalten werden". Danach hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung, wenn Leistungen den Rahmen einer Notfall-Erstversorgung überschritten und das Krankenhaus dies zu verantworten hatte. In diesem Fall war die Beklagte berechtigt, dem Krankenhaus die Vergütung zu versagen; dh sie durfte insoweit die Honoraranforderung des Krankenhauses sachlich-rechnerisch richtigstellen.
Der Notfalldienst ist - nur - auf die Notfall-Erstversorgung ausgerichtet: Der Arzt darf nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen, als es dem Rahmen der Notfall-Erstversorgung entspricht. Behandlungen im Rahmen des Notfalldienstes haben sich auf die Erstversorgung zu beschränken; sie sind darauf zu konzentrieren, Gefahren für Leib und Leben sowie unzumutbaren Schmerzen der Patienten zu begegnen sowie die Notwendigkeit einer stationären Behandlung abzuklären (vgl hierzu und zum Folgenden BSG vom 17.9.2008 - SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 18 zur Abrechenbarkeit der Leistung der Fremdanamnese im Notfalldienst). Der Behandlungsumfang ist beschränkt auf die Maßnahmen, die bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen Sprechstundenzeiten erforderlich sind (BSG aaO RdNr 18 mwN; ebenso auch BSG vom 5.2.2003, SozR 4-2500 § 75 Nr 1 RdNr 6 und 14). Der Umfang der Diagnostik ist auf die Erstversorgung des Patienten ausgerichtet. Befunde, die dazu nicht benötigt werden, sind im Notfalldienst nicht zu erheben. Das schließt prinzipiell weder Röntgen- noch Laboruntersuchungen aus, begrenzt diese indessen vom Ziel der sofortigen, aber oft nur zeitlich begrenzten Behandlung her auf Maßnahmen, die bis zum Übergang des Patienten in die ambulante oder stationäre Regelversorgung unerlässlich sind. Der medizinische Bedarf für die Erstversorgung und nicht die medizinische Infrastruktur der Praxis, in der der Notfalldienst angeboten wird, bestimmen den Umfang der Diagnostik. So kann ein vollwertiger Notfalldienst nach wie vor in Arztpraxen durchgeführt werden, in denen - wenn überhaupt - nur einfache Laboruntersuchungen sofort ausgeführt werden können. Schon deshalb kann eine umfangreiche Labordiagnostik nicht zur Basisversorgung im organisierten Notfalldienst gehören.
Entsprechend diesen Abgrenzungen gehören BAK- und CRP-Laboruntersuchungen - jedenfalls im Regelfall - nicht zur Notfall-Erstversorgung. Sie sind für die Erstversorgung in der Regel medizinisch nicht erforderlich und sinnvoll. Der Senat hält es zwar nicht für völlig ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Einzelfällen die für den Notfalldienst verantwortlichen Ärzte die Bestimmung der BAK und/oder des CRP auch für die Erstversorgung eines Patienten für erforderlich halten können. Wegen des Ausnahmecharakters solcher Fälle müssten die insoweit maßgeblichen medizinischen Diagnosen jedenfalls für die Abrechnungsprüfung erkennbar sein. Die Darlegungslast trägt das Krankenhaus für jeden Einzelfall.
Werden hingegen Zielaufträge von Ärzten, die im Rahmen des von der beklagten KÄV organisierten Notfalldienstes tätig sind, an das Krankenhaus(labor) gerichtet, so sind Auftraggeber und Auftragnehmer verschiedene Personen bzw. Institutionen und bestimmen sich die Verantwortlichkeiten nach den Grundsätzen über Auftragsleistungen.
Nach diesen Grundsätzen ist im Falle eines gezielten Überweisungsauftrags - auch Zielauftrag genannt in Abgrenzung von Überweisungen zur Weiter- oder Mitbehandlung - der Auftragnehmer, der die vom Auftraggeber angeforderte Leistung erbringt, an den Überweisungsauftrag gebunden. Den Auftragnehmer trifft grundsätzlich keine Pflicht zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Umfangs des Auftrags. Dementsprechend hat er auch dann Anspruch auf Vergütung, wenn der Auftrag zu weit greift, zB nicht mehr vom Versorgungsauftrag gedeckt oder unwirtschaftlich ist. Eine (Mit-)Verantwortung des Auftragnehmers kann nur dann in Betracht kommen, wenn sich ihm nach seinem Kenntnis- und Erfahrungsstand hätte aufdrängen müssen, dass der Auftraggeber außerhalb seines Versorgungsauftrags handelte oder eine medizinisch nicht sachgerechte oder nicht notwendige Leistung anforderte. In einem solchen Fall kann bzw muss der Auftragnehmer aufgrund der auch ihm selbst obliegenden Sorgfaltspflicht die Ausführung des Auftrags ablehnen. Eine solche Konstellation lag jedoch nicht vor.
Dr. Robert Kazemi
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