Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Auf dem staatlich nicht geregelten und überwachten Kapitalmarkt gehen jährlich mehrstellige Millionensummen verloren, die gutgläubige Anleger in der Hoffnung auf eine ergänzende Altersvorsorge und auf steuerliche Vorteile in geschlossene Fonds und Beteiligungen investieren. Die meist im häuslichen Bereich geschlossenen Verträge werden nicht selten vollständig durch Kredite finanziert.
Die "Finanzberater" begründen dies damit, dass die Zinsen steuerlich geltend gemacht werden könnten und die Einnahmen aus der angeblich lukrativen Anlage die Kreditrate ausgleichen, also quasi eine Kapitalbildung zum Nulltarif erfolgt. Verschwiegen wird, dass satte Anteile der Beteiligungssummen in die Taschen der Initiatoren und Vermittler fließen und so ein Gewinn von vornherein vielfach unrealistisch ist. Eine lange Liste von Beteiligungsunternehmen und Fonds zahlte in der Vergangenheit nur geringe oder gar keine Ausschüttungen mehr.
Vor der Unterschrift sollten dubios erscheinende Angebote, die im häuslichen Bereich und mit hohen Renditeversprechungen angeboten werden, genau geprüft werden. Dazu bietet die Verbraucherzentrale die nachfolgende Checkliste an.
Außerdem können Sie sich über die Finanzberater auf dem Grauen Kapitalmarkt und deren Offerten aus den Bereichen Leasing, Immobilienfonds, Erwerbermodelle, Grüne Geldanlagen und Genussscheine sowie über ein Urteil des Bundesgerichtshofs informieren.
Was ist der Graue Kapitalmarkt?
Unter "Grauer
Kapitalmarkt" wird der nicht durch Rechtsvorschriften und Behörden
kontrollierte Geldanlagemarkt verstanden. Auf diesem nicht regulierten
Kapitalmarkt bemühen sich Investoren aller Art, Geld aufzutreiben, das
in häufig nicht einmal näher beschriebene Projekte fließt und angeblich
hohe Renditen erwirtschaften soll.
Bei Geldanlageprodukten, die von
Banken vertrieben werden, wie etwa Sparverträge oder Wertpapieranlagen,
gelten dagegen klare Regeln: Hier existiert eine Aufsicht durch
Behörden. Außerdem gibt es zahlreiche gesetzliche Vorgaben und
wirtschaftliche Anforderungen, die Anbieter erfüllen müssen, wenn sie
in das Bankgeschäft einsteigen wollen.
Tipp: Egal, wo Sie Ihr Geld anlegen wollen: vor der Unterschrift ist immer eine aufmerksame Angebotsprüfung und neutrale Beratung, z.B. durch eine Verbraucherzentrale, nötig. Bei Produkten des Grauen Kapitalmarkts sollten Sie doppelt vorsichtig sein, denn hier drohen unüberschaubare Risiken.
Was wird angeboten?
Auch wenn im Gespräch das Wort immer
wieder fällt: Was auf dem Grauen Kapitalmarkt angeboten wird, sind
keine normalen "Sparverträge". Ganz im Gegenteil: Im Allgemeinen werden
Unternehmensbeteiligungen verkauft. Interessierte sollen sich als
"atypisch stiller Gesellschafter", manchmal auch in einer anderen Form,
z.B. als typisch stiller Gesellschafter oder als Kommanditist an einer
Gesellschaft beteiligen. D.h.: Man wird Mitunternehmer. Und als solcher
kann man nicht nur Geld verdienen, sondern es auch verlieren. Es ist
das volle Unternehmerrisiko zu tragen, ohne über die Geschäftspolitik
entscheiden zu können. Das kann bedeuten, dass das Geld teilweise oder
bei einer Pleite des Unternehmens sogar komplett verloren gehen kann.
Das wird von den "Finanzberatern" gerne verschwiegen.
Tipp: Lassen Sie sich erklären, was der Inhalt des Produkts ist, das Ihnen angeboten wird und wofür die Gelder konkret verwendet werden. Fragen Sie nach und holen Sie auch an anderer Stelle Informationen ein, z.B. über das Internet (z.B.: www. Anlageschutzarchiv.de), über die Zeitschrift Finanztest der Stiftung Warentest oder über die Verbraucherzentralen. Fragen Sie auch Ihre Hausbank, was sie davon hält. Unterschreiben Sie nichts, bevor Sie hundertprozentig verstanden haben, worum es geht.
Wo wird das Geld investiert?
Viele Anlageunternehmen
lassen ihre Kunden über die Verwendung der Gelder im Unklaren.
Investitionen sollten aber nur in Frage kommen, wenn klar und eindeutig
beschrieben wird, in welche Objekte wie viel investiert wird. Werden
die Objekte beim Namen genannt? Bleiben die Investitionsobjekte
ungenannt, handelt es sich um einen so genannten "blind pool". Wer sich
an einem "blind pool" beteiligt, weiß überhaupt nicht, was mit seinem
Geld geschieht. Er ist auf Gedeih und Verderb der Geschäftsführung des
Unternehmens ausgeliefert, denn er investiert "blind".
Tipp: Entscheiden Sie sich gegen das Angebot, wenn Zweifel über die konkrete Verwendung Ihres Anlagekapitals bleiben. Holen Sie auf jeden Fall von neutralen Stellen Informationen zu Angebot und Anbieter ein. Investieren Sie keinesfalls "blind" allein im Vertrauen auf die Aussagen des Verkäufers.
Wie wird die Beteiligung finanziert?
Im Allgemeinen gibt
es drei Möglichkeiten: Entweder werden laufende Raten gezahlt. Dann
muss überlegt werden, ob man auch auf längere Sicht in der Lage sein
wird, die Rate zu tragen. Zu bedenken ist, dass sich Lebensverhältnisse
im Laufe der Zeit erheblich ändern können. Manche Anlagen laufen
zwanzig Jahre und länger, was kaum überschaubar ist.
Oder: Die Beteiligung wird als einmaliger Betrag aus dem
Ersparten gezahlt. Hierbei muss dann überprüft werden, ob hierfür
andere Vermögensanlagen aufzulösen sind z.B.
Lebensversicherungsverträge, Bausparverträge oder Sparverträge. Das
geht meist nur mit einem Verlust. Außerdem muss genau überprüft werden,
ob nicht eine sichere und solide Anlage ("konservative" Anlage) gegen
eine riskante Anlage getauscht wird.
Besonders riskant ist die
Finanzierung der einmaligen Beteiligung über ein Darlehen. Oft werden
solche Kredite vom "Finanzberater" unter dem Motto "Geld verdienen ohne
eigenen Kapitaleinsatz" im Paket mit der Anlage angeboten. Geht die
Beteiligung schief, weil das Unternehmen mit Verlust arbeitet oder
sogar insolvent wird, besteht die Gefahr, dass man gegenüber der Bank
dennoch zur Zahlung verpflichtet bleibt.
Tipp: Prüfen Sie, ob Sie auf das angelegte Geld dauerhaft verzichten können und ob Sie außerdem in der Lage sind, dieses zu ersetzen, wenn die Investition scheitert. Ihr "Super-Gau" ist die Insolvenz der Beteiligungsgesellschaft bei gleichzeitig weiter bestehender Kreditverbindlichkeit. Meiden Sie deshalb unbedingt kreditfinanzierte Beteiligungen. Legen Sie nur Kapital an, das Sie tatsächlich haben. Wer sich das Geld erst bei der Bank beschaffen muss, besitzt gar kein Kapital, das angelegt werden kann.
Werden wirklich Steuern gespart?
Viele Produkte des Grauen
Kapitalmarkts werden als ideale Möglichkeit zum Steuern sparen
verkauft. In größerem Umfang sparen kann hier jedoch nur, wer viel
verdient und deshalb auch hohe Abzüge hat. Bei vielen Anlegern im
Grauen Kapitalmarkt ist das aber nicht der Fall. Selbst wenn sich die
Anlage rein steuerlich lohnen sollte, ist zu prüfen, ob das auch auf
längere Sicht so bleibt. Familiäre Entwicklungen oder berufliche
Veränderungen können die steuerliche Situation schnell verändern.
Tipp: Das Steuersparargument ist der Hauptlockvogel vieler Vertriebsmitarbeiter. Doch die Versprechungen sind häufig überzogen. Trauen Sie deshalb nicht den Steuerberechnungen der "Finanzberater": Fragen Sie Ihren Steuerberater vor der Unterschrift, was er von der Sache hält. Die dabei entstehenden Kosten sollten Sie nicht scheuen. Denn hierfür zu zahlen ist immer noch billiger als eine spätere steuerliche Pleite mit der Anlage.
Wie lange bindet man sich?
Auch wenn das in vielen Fällen
mühsam ist: Wer sich für ein Anlageangebot interessiert, sollte die
Vertragsbedingungen genau lesen. Meistens hat jeder Paragraph eine
Überschrift, sodass nur nach dem Stichwort "Kündigung" oder "Beendigung
der Gesellschaft" gesucht werden muss, um die notwendigen Informationen
zu finden. Häufig binden sich Anleger bei Produkten des Grauen
Kapitalmarktes auf Jahrzehnte. Wer früher kündigen will, ist auf die
Kulanz der Gesellschaft angewiesen und kommt nur mit erheblichen
Abstandszahlungen ("Stornoaufwand") aus den Verträgen heraus. Wenn der
Vermittler behauptet, dass ein Ausstieg schon nach kurzer Zeit
problemlos und ohne Verlust wieder möglich sei, stimmt das fast nie.
Zu
bedenken ist, dass sich Einkommensverhältnisse im Laufe der Jahre
ändern können. Bei langfristigen Verträgen bleibt man trotzdem
weiterhin gebunden. Arbeitslosigkeit oder veränderte
Familienverhältnisse sind kein Kündigungsgrund.
Tipp: Lassen Sie sich, wenn es um die Frage der Vertragslaufzeit geht, nicht mit allgemeinem Gerede der Vertriebsmitarbeiter abspeisen ("Das machen wir dann schon", "Wir werden Ihnen helfen", "Alles kein Problem"). Hinterher gilt nur, was im Vertrag steht. Und dieser sieht fast nie einen schnellen Ausstieg ohne Geldverlust vor.
Wurde ein Prospekt ausgehändigt?
Ein ordentlicher
Anlageprospekt ist kein Bilderbuch oder kurzes Faltblatt, sondern
häufig eine sehr dicke und ernst zu nehmende Broschüre, die umfassend
über das Investment, seine Konzeption, die Chancen und Risiken sowie
alle einschlägigen Rechtsvorschriften Auskunft gibt. Ein Umfang von bis
zu 100 Seiten ist keine Seltenheit. Er sollte verständlich gegliedert
sein und schon eingangs und gut sichtbar Risikohinweise enthalten. Dem
Prospekt sollte auch ohne lange Suche zu entnehmen sein, wie viel an
"Nebenkosten" von dem Anlagebetrag abgeht. So kassieren Treuhänder,
Rechtsberater, der Vertrieb, die Bank usw. Je höher die Abzüge sind,
desto unwahrscheinlicher wird eine gute Rendite.
Tipp: Ein Prospekt muss gelesen werden. Das übliche Vertriebsgerede: "Das liest sowieso keiner" oder "Den muss ich Ihnen nur aus formalen Gründen geben", zählt nicht. Verweigern Sie jede Unterschrift, wenn Sie nicht wenigstens einen Tag Zeit haben, den Prospekt in Ruhe zu lesen. Studieren Sie insbesondere die Risikohinweise, die Hinweise zu den Kosten und die Kündigungsregelungen intensiv. Ohne Aushändigung eines aussagekräftigen Prospekts sollte nichts unterschrieben werden.
Wird eine hohe Rendite versprochen?
Zaubern kann niemand.
Je höher die versprochene Rendite, desto misstrauischer sollten Anleger
werden. Werden mehr als jährlich 5 Prozent auf Dauer und ohne Risiko
avisiert, sind ernste Zweifel angebracht.
Bei Werbeunterlagen, die
hohe Erträge versprechen, bringt meist ein genauer Blick die Wahrheit
an den Tag: Ein Sternchen bei der fettgedruckten Renditezahl und ein
klein gedruckter Hinweis zeigen, dass gar nichts garantiert und die
Werberendite nur eine unverbindliche Prognose ist.
Tipp: Weit über dem Marktdurchschnitt liegende Renditen können nicht zuverlässig auf Dauer erwirtschaftet werden. Entsprechende Renditechancen - aber keine Garantie - bieten allenfalls hochspekulative und deswegen sehr riskante Geschäfte, bei denen jederzeit das Risiko des Totalverlusts besteht. Werden sichere jährliche Renditen von 5 % und mehr versprochen, ist erhöhte Vorsicht geboten.
Was wird unterschrieben?
Häufig lassen sich die Verkäufer
von Produkten des Grauen Kapitalmarkts den Erhalt von Unterlagen
quittieren, die der Kunde gar nicht bekommen hat. Teilweise werden auch
zusätzliche Formblätter vorgelegt, mit deren Unterzeichnung bestätigt
wird, dass eine umfassende und komplette Beratung und Aufklärung über
das Produkt erfolgt ist - auch wenn das gar nicht der Fall war.
Tipp: Lesen Sie, was Sie unterschreiben. Unterschreiben Sie nichts, was nicht der Wahrheit entspricht. Lassen Sie sich Zeit, der Verkäufer will etwas von Ihnen, nicht umgekehrt. Ihre Unterschrift ist seine Provision! Ein Verkäufer, der Druck macht, hat etwas zu verbergen, denn zeitlich befristete "Schnäppchen" gibt es auf diesem Markt nicht. Quittieren Sie nichts, was Sie nicht erhalten haben und unterschreiben Sie keine Erklärungen zur ordnungsgemäßen Beratung. Ob die Beratung tatsächlich in Ordnung war, kann im Streitfall nämlich nur ein Gericht abschließend bewerten.
Was kann nach der Unterschrift noch getan werden?
Unterschrieben
ist unterschrieben. Wurde eine Anlagevertrag unterzeichnet und ist die
Widerrufsfrist abgelaufen, ist eine ordentliche Kündigung erst zu dem
Zeitpunkt möglich, der im Vertrag vorgesehen ist. Eine fristlose
außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn auch
außerordentliche Umstände vorliegen, die es unzumutbar machen, weiter
am Vertrag festgehalten zu werden. Das aber trifft nur in besonderen
Ausnahmefällen zu. Wer sich falsch beraten oder getäuscht fühlt, sollte
kompetenten Rechtsrat einholen.
Wird der Vertrag in einer
Privatwohnung, am Arbeitsplatz oder auf der Straße angebahnt oder
abgeschlossen, gibt es ein Widerrufsrecht. Hierüber muss schriftlich
belehrt werden. Die Widerrufsbelehrung sollte genau gelesen und die
zweiwöchige Widerrufsfrist unbedingt eingehalten werden. Wenn die Frist
verstrichen sein sollte, können die Verbraucherzentrale oder
Rechtsanwälte die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung prüfen. Wenn keine
Belehrung erteilt oder war diese fehlerhaft, ist der Widerruf auch nach
langer Zeit noch möglich. Auch hier geht es nicht ohne Rechtsrat.
Wurde
falsch beraten, kommt möglicherweise ein Schadenersatzanspruch in
Betracht. Die Verbraucherzentrale oder Rechtsanwälte beraten hierbei.
Tipp: Kommen Ihnen nach der Unterschrift Zweifel, so holen Sie sofort Rechtsrat ein. Häufig läuft eine zweiwöchige Widerrufsfrist, die Sie beachten müssen. Die Kosten einer Rechtsberatung sind eine sinnvolle Investition. Denn die langfristige Bindung an eine ungünstige und riskante Kapitalanlage wird in der Regel wesentlich teurer.
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