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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
INTERVIEW BVDAK
Berlin - In der kommenden Woche will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit den Apothekerverbänden über die Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sprechen. Die geplanten Neuerungen haben im Vorfeld für viel Diskussionsbedarf gesorgt. Dr. Stefan Hartmann, Präsident des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooparationen (BVDAK), sprach mit APOTHEKE ADHOC über neue Qualitätsanforderungen, die Verantwortung des Apothekenleiters und die Kompetenz von PTAs.
Nicht praxistauglich: BVDAK-Präsident Dr. Stefan Hartmann hält zahlreiche geplante Vorschriften der ApBetrO für schwer umsetzbar. Foto: Elke Hinkelbein
ADHOC: Was ändert sich mit der geplanten ApBetrO für Apotheken?
HARTMANN: Noch ist ja nichts entschieden. Aber das Korsett wird deutlich
enger, wenn die ApBetrO tatsächlich so beschlossen wird. Die
vorgesehenen Änderungen wären nur mit erheblichem zusätzlichen Sach- und
Personalaufwand umsetzbar. Das ist für viele Apotheken nur schwer zu
leisten - gerade in Zeiten, in denen die Roherträge durch Kürzungen beim
Großhandel überproportional zu sinken drohen.
ADHOC: Wie beurteilen Sie die geplante Anwesenheitspflicht des
Apothekenleiters?
HARTMANN: Ich begrüße die Intention der Novelle, die inhabergeführte
Apotheke zu stärken. Die vorgesehenen Präsenzpflichten sind allerdings
realitätsfern. Nur drei Tage Abwesenheit ohne Genehmigung sind zu wenig.
Da müssten wir ja alle schon zum Deutschen Apothekertag einen Antrag
auf Vertretung stellen.
ADHOC: Die PTA wird künftig häufiger den Apotheker fragen müssen.
HARTMANN: Das Berufsbild der PTA gehört dringend überarbeitet, wenn es
attraktiv bleiben soll. Die PTA sollte mit mehr Kompetenzen ausgestattet
werden, anstatt mit weniger. Gängige Praxis ist doch heute, dass
Berufseinsteiger über einen bestimmten Zeitraum immer alle Rezepte
vorzeigen sollten. Haben PTAs die nötige Berufserfahrung, kann man ihnen
die Kompetenz der Abgabe durchaus übertragen.
ADHOC: Sind die neuen Qualitätsstandards bei der Rezeptur angemessen?
HARTMANN: Neue Vorgaben müssen immer mit vertretbarem Mehraufwand
umsetzbar sein. Die Forderungen nach Einhaltung der Guten
Herstellungspraxis sind grundsätzlich berechtigt. Wenn man jedoch den
strengen Industriemaßstab auch für die Rezeptur anlegt, müssten viele
Apotheken umbauen oder sich überlegen, wie sie die Rezepturherstellung
anders organisieren könnten, gesetzliche Regelung hin oder her.
ADHOC: Um Arzneimittelmüll zu reduzieren, sollen Apotheken künftig nicht
benutzte Arzneimittel zurücknehmen und wieder verkaufen.
HARTMANN: Natürlich nehmen Apotheken Altarzneimittel zurück, das stärkt
die Arzneimittelsicherheit. Warum diese Medikamente allerdings erneut
verkauft werden sollen, verstehe ich schon aus pharmazeutischer Sicht
nicht. Woher soll der Apotheker wissen, was mit dem Produkt in der
Zwischenzeit passiert ist? Dieser Passus trägt sicherlich nicht zur
Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei und sollte daher gestrichen
werden. Wissen Sie, was passiert, wenn man beim Aldi eine gekaufte Milch
nach einer Woche zurückgeben möchte?
ADHOC: Künftig müssen alle in Apotheken verkauften Produkte einen
Gesundheitsbezug haben.
HARTMANN: Diese Eingrenzung ist grundsätzlich richtig. Der
Interpretationsraum ist jedoch zu ungenau gefasst. Die Entscheidung, was
in Apotheken verkauft werden soll, sollte doch weitgehend den Apotheken
überlassen werden. Insbesondere wenn die Erträge im Rx-Bereich sinken,
muss man auch andere Geschäftsfelder mit Gesundheitsbezug in Erwägung
ziehen. Ich werde doch sicher keine Bohrmaschinen in meinen Apotheken
verkaufen. Schauen Sie sich einmal an, was der Apothekenversandhandel
alles verschickt. Die Vorgabe, dass Nicht-Arzneimittel künftig nur noch
30 Prozent der Offizinfläche ausmachen dürfen, greift ebenfalls viel zu
stark in die Freiheit der Apotheken ein.
ADHOC: Ist ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) für Apotheken sinnvoll?
HARTMANN: Auf jeden Fall, viele Apotheken haben QMS ohnehin schon
umgesetzt. Allerdings wird der Markt dies auch von selbst regeln können,
das haben wir auch im Hilfsmittelbereich gesehen. Bei vielen
Kooperationen gehört QMS ohnehin schon zum Pflichtprogramm. Allerdings
erschließt sich mir der Sinn eines QMS ohne Zertifizierung nicht.
ADHOC: Sie hatten gestern einen Termin bei Bundesgesundheitsminister Dr.
Philipp Rösler. Was meinte er zu Ihren Vorstellungen?
HARTMANN: Herr Rösler hat den BVDAK aufgefordert, sich an der Anhörung
aktiv zu beteiligen. Die inhabergeführte Apotheke sollte mit
vertretbaren und praxistauglichen Mitteln gestärkt werden. Hierzu können
Apotheker mit eigenen Apotheken einen aktiven Beitrag leisten.
Désirée Kietzmann, Donnerstag, 08. Juli 2010, 10:31 Uhr
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