Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Berlin - Gewinner
auf der ganzen Linie, aber dennoch keine Liefergarantie. Die
Stern-Apotheke am Hasselbachplatz in Magdeburg kann sich nur
eingeschränkt darüber freuen, dass sie den Zuschlag für die Versorgung
mit Grippeimpfstoffen in allen drei der ausgeschriebenen Lose
(Magdeburg, Halle, Dessau) erhalten hat. Denn die Kasse darf den Ärzten
nicht vorschreiben, bei welcher Apotheke sie ihre Grippe-Vakzine
beziehen soll.
„Die Auftraggeber haben keine Berechtigung, den verordnenden Ärzten
eine bestimmte Apotheke zum Bezug der Impfstoffe vorzuschreiben", heißt
es in den Ausschreibungsunterlagen. Auch alle anderen Apotheken in
Sachsen-Anhalt sind damit weiterhin berechtigt, Arztpraxen zu beliefern.
„Wir wissen nicht, wie hoch die Umsetzungsquote sein wird", sagte
Ausschreibungsgewinner Boris Osmann gegenüber APOTHEKE ADHOC. Der
Apotheker steht vor zwei Unwägbarkeiten: Die Abgabemengen kann immer
nur aus den Volumina der vergangenen Jahre abgeschätzt werden und wie
viele der rund 2000 Ärzte tatsächlich bei ihm bestellen werden, ist
offen.
Bei der IKK gesund plus sieht man dieses Problem nicht: „Die Apotheke
weiß, worauf sie sich einlässt", sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE
ADHOC. Sie müsse gewisse Risiken in ihr Angebot mit einkalkulieren.
Unterstützen will die Kasse aber schon: „Wir können dem Arzt zwar
nichts vorschreiben, wir dürfen ihn aber sehr wohl auf wirtschaftliche
Bezugswege aufmerksam machen", so der Sprecher. Auch droht man
unkooperativen Ärzten recht unverhohlen mit
Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Die Ärzte können nicht-adjuvante und adjuvante Grippeimpfstoffe
bestellen. Allerdings werden dem IKK-Sprecher zufolge nicht alle auf
dem deutschen Markt verfügbaren Impfstoffe zur Verfügung stehen.
Osmann hat eigenen Angaben zufolge bereits einen Vorvertrag über eine
größere Impfstoffmenge mit einem Hersteller geschlossen. „Unser Ziel
ist es natürlich, den Ärzten ein möglichst großes Spektrum an
Impfstoffen zur Verfügung zu stellen", so Osmann. Die hänge jedoch von
der tatsächlichen Bestellmenge der Ärzte ab.
Zusätzliche Lagerkapazitäten braucht Osmann eigenen Angaben zufolge
nicht. „Wir haben bereits eine sehr große Kühlzelle im Haus", so der
Apotheker. Es sei zudem nicht geplant, die Impfstoffe tage- oder
wochenlang in der Apotheke zwischen zu lagern. Hat ein Arzt eine
Bestellung aufgegeben, muss die Lieferung laut Vertrag ohnehin
innerhalb von 24 Stunden erfolgen. In den Schwerpunktzeiten im Herbst
will Osmann bei Bedarf Kühlfahrzeuge anmieten und zusätzliche
Mitarbeiter einstellen.
Der Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt (LAV-SA) sieht den Vorstoß
der Krankenkassen kritisch: „Im Gegensatz zur dezentralen Versorgung,
kann bei einem Ausfall der Apotheke keiner die Belieferung übernehmen",
sagte der LAV-Vorsitzende, Mathias Arnold, gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Denn es sei davon auszugehen, dass andere Apotheken ihre bereits
aufgegebenen Impfstoffbestellungen stornieren würden.
Zudem ist Arnold zufolge bisher nicht geklärt, ob die Ausschreibung von
Grippeimpfstoffen und die Bildung von Landeskartellen durch Kassen
durch das Sozialgesetzbuch V abgedeckt seien. Man habe deshalb die
Aufsichtsbehörden um eine sozialrechtliche Prüfung gebeten. Die Antwort
stehe allerdings noch aus.
Die Kassen berufen sich auf die Vorgabe des Sozialgesetzbuches wonach
das Vergaberecht grundsätzlich auch für Krankenkassen anzuwenden ist.
Drei Beschwerdeverfahren haben die Kassen in der Sache bereits vor dem
Bundeskartellamt gewonnen. Derzeit ist noch ein Verfahren beim
Landessozialgericht Essen anhängig. Da das Gericht im Vorabentscheid
den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Zuschlagsverbots abgelehnt
hatte, ist die Kasse jedoch optimistisch, dass auch diese
Nachprüfverfahren zu ihren Gunsten entschieden wird.
Désirée Kietzmann, Freitag, 05. März 2010, 12:52 Uhr
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